Klammheimliche Abschaffung der Stichwahlen bei Kommunalwahlen in NRW durch Schwarz-Gelb?
Vor über zehn Jahren gab es das schon einmal in Nordrhein-Westfalen: Die Stichwahlen bei den Kommunalwahlen wurden durch die damalige CDU/FDP-Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers abgeschafft.
Bis zu dem Zeitpunkt musste eine Bürgermeisterin, ein Landrat oder eine Oberbürgermeisterin die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen, um als gewählt zu gelten. War das nicht der Fall, gab es zwischen den beiden erstplatzierten KandidatInnen eine Stichwahl. Erst danach war dann klar, wer dieses Amt bekommt – und diese Person war dann auch durch die Mehrheit der (abgegebenen) Stimmen entsprechend legitimiert.
Damals hat die CDU/FDP-Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) die Stichwahl abgeschafft. Das konnte man damals – schon etwas – polemisch wie folgt kommentieren: Dank Jürgen Rüttgers ist der Kongo demokratischer als Nordrhein-Westfalen. Schließlich hat man damals die Bundeswehr in den Kongo geschickt, um die Stichwahlen abzusichern – und in NRW wurden sie abgeschafft.
Diese Regelung wurde dann durch die rot-grüne Landesregierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) abgeschafft – damals auch mit Zustimmung durch die FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag.
Im vergangenen Juni wurde auf einem CDU-Parteitag über die (erneute) Abschaffung der Stichwahlen diskutiert und das ganze an die CDU-Fraktion überwiesen. Danach passierte lange nichts und das Thema blieb lange Zeit unter der Decke, wiewohl in der Landespolitik immer wieder hinter verschlossenen Türen darüber diskutiert wurde. So wurde gemunkelt, dass die CDU/FDP-Landesregierung vermutlich eine Änderung an der Kreisordnung (die die Regularien für die Landkreise und ihre innere Struktur festlegt) nutzen möchte, um auch mal eben „nebenbei“ die Stichwahlen komplett abzuschaffen.
Das scheint sich jetzt zu bestätigen, wie die Rheinische Post heute berichtet.
Demnach soll es demnächst (die nächsten Kommunalwahlen sind 2020) keine Stichwahlen mehr bei den Kommunalwahlen geben. Dem Bericht nach hat die CDU-Landtagsfraktion einen einstimmigen Beschluss dazu gefasst und ist dahingehend auf die FDP zugegangen – oder aber um die RP zu zitieren „macht Druck bei der FDP“.
Begründung (offiziell):
Offiziell heißt es, dass die geringe(re) Wahlbeteiligung bei Stichwahlen und der hohe bürokratische Aufwand der Grund sei. Laut der Rheinischen Post gab es 2015 bei den Oberbürgermeisterwahlen in rund 50 Städten und Gemeinden Stichwahlen, die Kosten dafür lagen Expertenangaben zufolge landesweit insgesamt im einstelligen Millionenbereich.
Begründung (inoffiziell, mutmaßlich):
Die eigentliche Begründung wird man vermutlich in keinem Gesetzesvorschlag finden… dadurch versucht die CDU vermutlich sich eine bessere Ausgangsposition bei den kommenden Kommunalwahlen zu verschaffen. Denn traditionell war es in der Vergangenheit oft so, dass in den Fällen, in denen es Stichwahlen gab, die CDU-Kandidaten im ersten Wahlgang knapp vorne lagen und dann in der zweiten Wahlrunde oftmals sich anderen Kandidaten (zumeist von der SPD) geschlagen geben mussten.
Insofern könnte das die Begründung sein, dass die CDU dadurch versucht zukünftig mehr Bürgermeister, Landrätinnen und Oberbürgermeister zu stellen – in dem man einfach den zweiten Wahlgang abschafft.
Zur Wahl im Kongo schicken wir die Bundeswehr, die (auch die Stich-)Wahl absicherte – in Nordrhein-Westfalen wollen Armin Laschet & Co. die Stichwahl wieder abschaffen…
… und das man in diesen Zeiten bei demokratischen Vorgängen von zu hohen Kosten spricht ist auch eine interessante Argumentationsweise. Vor allem wenn die Stichwahlen landesweit nur einen einstelligen Millionenbetrag gekostet haben. Die Demokratie und die entsprechende Legitimation der gewählten Personen sollte uns dieses Geld wert sein!