Ralf Meyer (Wirtschaftsförderung Bochum) zur Wirtschaftsentwicklung in Bochum, MARK 51°7, City-Tor Süd, Gesundheitscampus, Opel-Denkmalschutz usw.
Im Rahmen von Sommergesprächen bezieht Bochums Verwaltungsspitze (in diesem Fall die Mitglieder des Verwaltungsvorstandes – ohne den Hauptverwaltungsbeamten) zu wichtigen programmatischen Entwicklungen und Veränderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs Stellung. Der Hauptverwaltungsbeamte, sprich Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, ist dabei außen vor – jedoch wird er im Rahmen eines Open Air-Sommergesprächs vor Publikum diskutieren.
Zum aktuellen Sommergespräch stand Ralf Meyer von der Wirtschaftsförderung bzw. Wirtschaftsentwicklung Bochum zur Verfügung.
Hierbei sprach Meyer dann einige Themen an:
Wirtschaftsförderung, Wirtschaftsentwicklung, EGR, Holding usw.:
Zu Beginn erläuterte Meyer erst einmal die gesellschaftlichen Umstrukturierungen in den einzelnen Gesellschaften. Aus der Holding-Gesellschaft und der Entwicklungsgesellschaft Ruhr (EGR; in Bochum vor allem durch den Bau von Gebäuden aber auch den Betrieb von Parkhäusern bekannt) wurde die Wirtschaftsentwicklung, die einen etwas anderen Themenschwerpunkt hat als die klassische Wirtschaftsförderung.
Früher durften beispielsweise die einzelnen Tochtergesellschaften nicht wirtschaftlich tätig werden, was jetzt auch geändert wurde. Natürlich wird sich eine Wirtschaftsförderung nie selbst tragen können, so Meyer, dass man aber jetzt mit allen Gesellschaften Gewinne erzielen kann, um den Zuschussbedarf zu senken, sei wichtig. Doch neben den rechtlichen und finanziellen Anpassungen sind auch Mentalitätsänderungen notwendig.
„Bisher ist man in das Amt gekommen, wenn man was wollte. Jetzt gehen wir zu den Unternehmen hin.“
– Ralf Meyer
Meyer zufolge gibt es einige Erfolge, seitdem er in Bochum tätig ist (rund zwei Jahre). Er nannte da beispielsweise die Entscheidung von DHL für Bochum (siehe unten), den Verbleib von Vonovia als DAX-Konzern in Bochum und die deutlich steigende Nachfrage bei der Vermarktung von Gewerbeflächen (in 2015 um 30 %, in 2016 bisher um 40 %). Seiner Meinung nach müsste es weiterhin Ziel von Bochum sein, diese Werte zu steigern.
MARK 51°7 – zwei neue Verträge für die ehemaligen Opelflächen:
Bis Mitte 2016 werden die Grundstücke aufbereitet sein, die Sanierungsmaßnahmen sollen jetzt – nach den anfänglichen rechtlichen Schwierigkeiten – Ende des 1. Quartals 2017 abgeschlossen sein und 2019 wäre man dann fertig.
Neben DHL gibt es bereits Verträge über zwei weitere Ansiedlungen und viele Unternehmen interessieren sich für das Gelände, welches jetzt unter dem neuen Namen MARK 51°7 vermarktet wird (da das besser klingt als „ehemalige Opelflächen“). Oftmals muss man diesen jedoch sagen, dass das zeitlich noch dauert, so dass man ihnen dann oft auch andere Flächen anbietet.
Die weitere Sanierung der weiteren Bereiche von MARK 51°7 wird nochmal einen höheren Millionenbetrag kosten, wofür Fördermittel (wie für den ersten Abschnitt) beantragt werden.
Die Entscheidung, dass es keine weitere Logistik grundsätzlich auf dem Gelände geben soll wird aufrecht erhalten. Auf dem Gelände sollen, so die Vorstellungen der Wirtschaftsentwickler, auch Synergieeffekte mit der großen Hochschullandschaft der Stadt genutzt werden können. Insofern würde es auch Gespräche mit Instituten geben, die da eventuell Interesse dran hätten – als reine Beispiele(!) wurden dabei die Fraunhofer-Gesellschaft bzw. die Max-Planck-Institute genannt.
Bezüglich der weiteren Entwicklung auch insbesondere des Bochumer Ostens verwies Meyer darauf, dass ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) erarbeitet wird, welches beispielsweise Aspekte in Sachen Einzelhandel und Wohnen rund um MARK 51°7 behandeln soll.
Probleme bei der verkehrlichen Erschließung erwartet er nicht – so wird die Brücke über die Wittener Straße bekanntlich im nächsten Jahr neu gebaut und es wird einen Anschluss an das Stadtbahnnetz geben. Außerdem wird der Bereich auch für Fahrräder erschlossen werden, so dass er da verkehrstechnisch keine Probleme sieht.
Denkmalschutz für das Opel-Verwaltungsgebäude:
In der hiesigen Politik wurde die Bekanntgabe, dass der Denkmalschutz beim ehemaligen Opel-Verwaltungsgebäude berührt sei, eher zwiespältig aufgenommen. Einige Ratsmitglieder fragten sich zurecht, ob das nicht die Entwicklung des Geländes und die Neuschaffung von Arbeitsplätzen behindern würde. Doch auf die Pottblog-Frage zum Denkmalschutz wies Ralf Meyer darauf hin, dass man auch berücksichtigen müsste, dass so richtig historische Gebäude die Stadt Bochum zwar vielleicht ein, zwei besitzt – die aber sogar außerhalb des Stadtgebietes liegen. Insofern sei natürlich der Wunsch, dass man mit historischen Gebäuden vorsichtig umgeht sehr verständlich.
Dazu wurde aber auch darauf hingewiesen, dass das Gebäude an sich nur wegen der Bedeutung als Symbol für die Automobilproduktion schutzwürdig sei. Insofern sei auch eine komplette Entkernung denkbar. Derzeit sei man auch mit einem Bewerber im Gespräch, der sich auf den wirtschaftlichen Betrieb von denkmalgeschützten Gebäuden spezialisiert hätte.
Sollte es sich jedoch zeigen, dass es wirtschaftlich nicht tragbar sei, dann müsste zur Not auch über einen Abriss nachgedacht werden.
Gerthe-Süd und Gesundheitscampus:
Der Bereich Gerthe-Süd würde gut laufen, hier hätte man schon drei Einheiten auf dem Gelände, vier unterschriebene Verträge und fünf Reservierungen. Ähnlich gut habe sich der Gesundheitscampus (bzw. Biomedizinpark) entwickelt, hier hätten sich in diesem Jahr schon drei Unternehmen angesiedelt.
City-Tor Süd:
Beim sogenannten City-Tor Süd (am ehemaligen Katholikentagsbahnhof – am Rande des Bermuda3ecks) sollte ursprünglich ein Kreativquartier eingerichtet werden. Jedoch habe sich gezeigt, dass das – wohl aus finanziellen Gründen – so nicht der Fall ist. Außerdem sei Kreativwirtschaft nicht DER entscheidende Bereich oder gar ein Alleinstellungsmerkmal für Bochum. Da wären eher die IT-Sicherheit oder die Gesundheitswirtschaft zu nennen.
Die aktuellen Pläne eines Hotelbaus findet die Wirtschaftsentwicklung gut, denn dass sei ja nicht nur das einzelne Hotel. Auch ein gewerblich zu nutzendes Gebäude soll entstehen und dass sich ein Investor dafür interessieren würde, zeige, dass Bochum eine hohe Attraktivität habe. In dem gewerblich zu nutzenden Gebäude könnten dann auch „Kreative“ unterkommen.
Zur Attraktivität Bochums gehört jedoch sicherlich auch das Bermuda3eck und insofern sollte man darauf achten, dass die Pläne für ein Hotel an dieser Stelle nicht mit den berechtigten Interessen des Bermuda3ecks und seiner Besucher kollidieren.
Wohnen und Arbeiten im Ehrenfeld #boEhrenfeld auf der Fläche von Jahnel-Kestermann:
Das Getriebewerk Jahnel-Kestermann im Bochumer Ehrenfeld (Hunscheidtstr.) wurde vom neuen Eigentümer aufgegeben. Dahingehend hat nun die Bochumer Wirtschaftsentwicklung zugegriffen und das Grundstück in der vergangenen Woche gekauft. Damit stehen rund 20.000 qm Fläche „in schönster Wohnlage“ zur Verfügung.
Ziel sei es nun die Gebäude abzureißen, dann zu sanieren und dann eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten dort zu ermöglichen. Im Idealfall findet man einen Investor, der beides aus einer Hand realisieren kann. Die Wirtschaftsentwicklung selbst sollte Ralf Meyer zufolge nur dann tätig werden, wo der Markt nicht funktioniert – und nicht dort, wo man dem Markt Konkurrenz macht.
Weiteres…
Auch weitere Themen wurden angesprochen- beispielsweise wie man der bereits bestehenden Wirtschaft vor Ort helfen könne, sich innovativ aufzustellen.
Die klassischen Branchen Eisen, Metall und Stahl spielen immer noch eine Rolle vor Ort – teilweise nutzen beispielsweise Ausgliederungen der Ruhr-Universität die fachliche Expertise der ehemaligen Opelaner.
Die Gewerbesteuer in Bochum sieht er als tendenziell zu niedrig an, das würde aber auch daran liegen, dass große öffentliche Arbeitgeber der Stadt nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Das würde dann auch erklären, warum Bochum trotz der niedrigen Gewerbesteuerergebnissen recht gute, sprich geringe Arbeitslosenzahlen aufweisen könne.
Experimente wie in Monheim könne Bochum sich aber schon alleine deswegen nicht erlauben, da man nicht – wie in Monheim – die grüne Wiese mit reichlich Platz für Gewerbeentwicklung habe.