Herausforderung Zukunft: Townhall-Meeting mit Thomas Eiskirch (SPD) und Klaus Franz (CDU)
Mitte August fand ein sogenanntes „Townhall-Meeting“ zwischen den Oberbürgermeisterkandidaten von SPD und CDU – also zwischen Thomas Eiskirch und Klaus Franz statt.
Das ganze fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Herausforderung Zukunft“ statt und wurde von Sascha Hellen moderiert.
Ja, genau der Sascha Hellen, den man oft in einem Satz mit den Wörtern „Stadtwerke Bochum“, „Peer Steinbrück“, Steiger Award“ usw. nennt – aber auch eben mit der Reihe „Herausforderung Zukunft“ und dem „NRW-Israel-Forum“.
Kurzum: Sascha Hellen ist nicht unbedingt unumstritten in Bochum.
Zuletzt gab es beispielsweise auch Berichte über eine Insolvenz seiner (einer seiner?) GmbH(s?), die jedoch von ihm selbst gegenüber anderen Medien schon korrigiert wurden.
Die Veranstaltung fand im Norden Bochums auf Gut Mausbeck statt und obwohl sie als Townhall-Meeting nach amerikanischen Vorbild angekündigt war, fand sie im Garten des Restaurants bei schönstem Wetter statt.
Beginn der Veranstaltung war um 19 Uhr, der Einlass war schon ab 18 Uhr möglich, was vor allem die Unterstützer von Klaus Franz rege genutzt hatten.
Gegen 18:15 Uhr waren schon sehr viele (der leider nicht wirklich bequemen) Sitzplätze mit Klaus Franz-Schildern bedeckt. Was dem deutschen Touristen auf Mallorca das Handtuch auf den Strandliegen ist, das ist den CDU-Anhängern wohl das „für Bochum“-Schild.
Die CDU hatte auch einiges an Prominenz aufgefahren:
Von ex-Bundesministern und ex-Landesministerinnen, ex-Fraktionsvorsitzenden über amtierende Staatssekretäre, Bürgermeister, Ratsmitglieder und Ortsverbandsvorsitzende bis hin zu „einfachen“ Parteimitgliedern. Die SPD Bochum selber war nicht so prominent vertreten und deutlich in der Minderheit und zu Beginn scherzte der eine oder andere politische Kenner, ob denn überhaupt nicht-Parteimitglieder vor Ort unter den rund 300-350 Gästen waren (angeblich ja).
Die beiden Kandidaten Thomas Eiskirch und Klaus Franz sollten immer abwechselnd zu Wort kommen und dabei auf Fragen aus dem interessierten Publikum antworten. Vorher gab es jedoch noch eine Vorstellungsrunde im Fragebogenstil:
Lässigkeit und Patzer…
So konnte man erfahren, dass beide Politiker durch die Politik selbst politisiert worden sind. War es bei Thomas Eiskirch die Begeisterung für Helmut Schmidt Anfang der 80’er Jahre, wurde Klaus Franz eher durch die schlechte nordrhein-westfälische Bildungspolitik motiviert und erst zum JU- und dann zum CDU-Mitglied.
Beide Kandidaten versuchten hier teilweise witzig zu wirken – so wurde die Frage, was denn dem einen Kandidaten am liebsten beim anderen mag nicht wirklich seriös beantwortet (dem einen gefielen die schönen Rosen des anderen, umgekehrt war es das Einstecktuch). Nachdem Klaus Franz auf die Frage antworten musste, was er an der SPD mag, dachte Thomas Eiskirch, dass er die umgekehrte Frage zur CDU bekommt und antwortete dementsprechend – hatte da aber auch die Frage nach der SPD bekommen. Diesen Fehler versuchte er dann mit Humor zu nehmen.
Klaus Franz hingegen merkte bei seiner Antwort auf die Frage, was Bochum für ihn sei, er beinahe mit dem SPD-Wahlkampfslogan „Heimat mit Zukunft“ geantwortet hätte.
Nach der Vorstellungsrunde ging es in die Themenblöcke, wo zuerst die Kandidaten zwei Minuten lang etwas sagen konnten, bevor es an die Fragen ging. Zu Beginn unterlief Thomas Eiskirch der Fehler, als er in zwei Minuten sein gesamtes Programm skizzierte – so soll es ursprünglich verabredet gewesen sein.
Konkrete Fragen
Teilweise wurden dann in den Runden recht konkrete Fragen gestellt und es gab überraschend viele direkte und ehrliche Antworten. So wurde beispielsweise Thomas Eiskirch (interessanterweise aus dem CDU-Lager) nach der Grundsteuer gefragt, wo eine Erhöhung in der Diskussion ist. Doch just an dem Tag hatten Thomas Eiskirch und die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bochum öffentlich erklärt, dass man gegen eine solche Erhöhung sei, was unlängst noch einmal deutlich von Thomas Eiskirch bestätigt wurde.
Auf den Wunsch des Fragestellers nach einer Senkung wollte er ihm jedoch auch nichts dazu versprechen. Klaus Franz hatte hier dann den undankbaren zweiten Part und konnte – wie öfters an dem Abend – dann eigentlich nur sagen, dass er es inhaltlich genau so sehen würde, wobei er dann gerne noch hinzufügte, dass er bzw. die CDU das schon vor Jahren gefordert hatte.
Im Umkehrzug freute sich Thomas Eiskirch über eine Aussage von Klaus Franz. Denn seine inhaltliche Aussage, die unter der Kurzformel „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“ zusammengefasst werden konnte, sei ja, so jedenfalls Eiskirch, das erste Bekenntnis eines CDU-Politikers zum 3. Arbeitsmarkt, den die SPD schon lange fordern würde.
Wahrheitsgehalt von Aussagen?
Ob das immer stimmt kann man bei einer solchen Diskussion natürlich nicht überprüfen – aber wer die CDU-Veranstaltung zur Integration von Flüchtlingen vor kurzem besucht hat, konnte sich vor einigen Tagen die Augen reiben. Nicht weil Klaus Franz da nicht wusste, wieviele Einwohner Bochum hat und sich grob mit einer Zahl aus den 1970er Jahren verschätzte, sondern weil er dort das rot-grüne Zuwanderungsgesetz, entstanden aus einer entsprechenden Kommission unter Rita Süßmuth (CDU), über den Klee lobte und bedauerte, dass dieses Gesetz nicht wirklich in Kraft treten konnte. Ein Gesetz, welches maßgeblich von der CSU – aber auch von den Parteifreunden von Klaus Franz aus der CDU bekämpft wurde…
ex-CDU-Landesministerin, CDU-Fraktionschef, CDU-Bürgermeisterin und CDU-Ortsvorsitzender befragen den SPD-Kandidaten Thomas Eiskirch
Natürlich – bei einer solchen Veranstaltung wo gefühlt 90 % der Zuschauer (wie auch der Autor dieser Zeilen) einer der beiden auf dem Podium vertretenen Parteien angehören, da ist es nicht unwahrscheinlich, dass eben besagte Parteivertreter auch Fragen stellen. Und mal ehrlich: Damit kann man ja auch rechnen.
Das jedoch ausgerechnet diverse hochrangige Vertreter der CDU Bochum versuchten den SPD-Kandidaten Thomas Eiskirch mit ihren Fragen in Bedrängnis zu bringen war alleine schon amüsant, noch interessanter wurde es jedoch, wenn man bedenkt, dass es eigentlich fast immer gefühlte Eigentore waren. Beispielsweise sei hier die Frage der CDU-Bürgermeisterin Erika Stahl genannt, die die Forderung nach einer weiteren Gesamtschule, die Thomas Eiskirch schon vor einigen Monaten öffentlich gemacht hatte, kritisierte. Sie fragte ihn, welche Schule denn dafür geschlossen werden müsse und wo die neue Gesamtschule gebaut wird. Schließlich sei es ja Fakt, dass es weniger Kinder insgesamt geben würde.
Hier konnte Thomas Eiskirch ihr und dem restlichen Publikum klar machen, dass er nicht die Schließung einer Schule fordern würde und auch keine neue Schule bauen wolle. Es sei jedoch so, dass es – frei von allen Ideologien – in Bochum einen deutlichen Mehrbedarf an Gesamtschulplätzen geben würde, der Jahr für Jahr nicht erfüllt werden kann und der gerade auch im Oberstufenbereich für Probleme sorgen würde. Da sei es doch sinnvoll den Elternwillen als Maßstab heranzuziehen – ein Elternwillen, der sich Jahr für Jahr durch die Anmeldezahlen ganz genau belegen lassen würde. Außerdem sei ja der Elternwille als Zielsetzung doch erst am Tag zuvor bei einer Veranstaltung von Erika Stahl als Richtschnur des politischen Handelns bezeichnet worden – dann doch auch bitte in dieser Frage.
Konkrete Aussagen
Es gab natürlich auch Diskussionen zu altbekannten Themen wie z.B. die Frage nach den Aufgaben der Stadtwerke bzw. allgemein der städtischen Tochtergesellschaften. Klaus Franz zeigte sich hier rigoros und empfahl den Verkauf aller ausländischen Beteiligungen, denn das könnte man eh nicht kontrollieren. Eiskirch entgegnete dazu, dass es sich hierbei gerade um die finanzkräftigen Beteiligungen handelt, die bares Geld einbringen, so dass es fatal sei darauf zu verzichten.
Bis 2025 fordert Eiskirch nicht nur eine Nettoneuverschuldung von 0 Euro, sondern auch eine Erstklassigkeit des VfL Bochum – angesichts des aktuellen Laufes auch gerne eher.
Wahlkampfgeschenk für Wolfgang Wendland
Als ein Beispiel von unvernünftigem Verwaltungshandeln machte Klaus Franz beispielsweise die Erhebung einer städtischen Gebühr (in Höhe von 5 Euro) für Straßenmusiker aus. Die würde er doch am liebsten gleich abschaffen – und das sei auch als ein Gruß an die parallel stattgefundene Alternativveranstaltung, dem Theken-Meeting in der Bochumer Innenstadt, zu verstehen. Hier standen sich die Oberbürgermeisterkandidaten Horst Hohmeier (von der Linkspartei) und Wolfgang Wendland (parteilos) gegenüber und die Forderung nach einer Streichung dieser Gebühr gehört zum Wahlprogramm von Wendland.
Wirtschaftsförderung
Beide Kandidaten waren sich einig, dass die Wirtschaftsförderung wichtig sei und das die Verwaltung Anreize schaffen müsse, damit Unternehmen nach Bochum kommen und auch vor allem damit sie hier bleiben. Klaus Franz sprach dahingehend von einer Willkommens-Kultur für Unternehmen, die man leben müsse. Ihm hätte ein Unternehmer gesagt, der irgendwann seinen Familienbetrieb geschlossen hätte, dass ihm der zuständige Mitarbeiter der Stadt geantwortet hatte, dass das ja gut sei, denn dann würden endlich die Beschwerden von betroffenen Bürgern ob des Betriebes enden…
Miteinander in der Verwaltung
Sowohl Thomas Eiskirch, der die Mitarbeiter vor allem motivieren und mitnehmen will, als auch Klaus Franz, der die Arbeitsbedingungen der Verwaltungsmitarbeiter kritisierte, betonten die Wichtigkeit der städtischen Mitarbeiter und der Tochtergesellschaften. Thomas Eiskirch erklärte dazu, dass er sich als Teamplayer in der Verwaltungsspitze aber auch gegenüber den weiteren Mitarbeitern sehen würde, was von Klaus Franz süffisant kommentiert wurde, dass es bisher ja eher keine Teamplayer im Verwaltungsvorstand gab.
Wer die Politiker-WG des WDR gesehen hat, der dürfte vielleicht beim Stichwort „Teamplay“ gerade durch den Kandidaten Klaus Franz erstaunt sein… – das aber nur am Rande angemerkt.
Franz erklärte, dass er jetzt erst kürzlich ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin im 5. Stock des Rathauses geführt hätte, wo das Bürofenster seit Jahren nicht aufgehen würde und die klimatischen Bedingungen insbesondere an heißen Tagen katastrophal seien. Er stellte dazu die Frage, wie solche Mitarbeiter überhaupt noch motiviert werden können und dass sie dankbar gewesen sei, dass sich das überhaupt mal jemand anschauen würde.
Doch nur vom Anschauen wird die Situation natürlich auch nicht besser und der in der Diskussion von Klaus Franz selbst erwähnte Punkt, der Neubau des Verwaltungszentrums, wurde von ihm ja aufgrund der Kosten abgelehnt. Auch Thomas Eiskirch ließ mehr oder weniger deutlich durch die Blume klingen, dass er diesen Neubau eher ablehnt als befürwortet.
Allgemeinplätze und Widersprüche
Bei einigen Fragen bzw. den Antworten dazu gab es jedoch auch eher Allgemeinplätze zu hören. Als beispielsweise Klaus Franz ganz konkret nach einer inhaltlichen Sache in Harpen gefragt wurde, gab es eine fast so lange Antwort wie die Frage, aber auf das eigentliche Kernthema (warum die CDU ein bestimmtes Projekt als einzige Fraktion nicht unterstützt hat) wurde so gut wie gar nicht geantwortet.
Wo es dann konkreter wurde, da wurde es auf beiden Seiten nicht immer unbedingt besser. Konkret sei da beispielsweise das Beispiel von Klaus Franz genannt, der Automobilzulieferer auf dem Gebiet des Opel-Geländes unterbringen und dafür durch ganz Europa reisen will, um entsprechende Firmen anzusiedeln. Doch eigentlich sollte klar sein, dass der Automobilsektor genau an diesem Standort wohl keine Zukunftsfähigkeit besitzt.
Sieger der Veranstaltung?
Fragt man die gefühlten 60 % CDU-Teilnehmer wer gewonnen hat dürfte das Ergebnis fast so klar sein, wie bei den gefühlten 35 % SPD-Teilnehmern (nur halt anders herum).
Beide Kandidaten hatten ihre Stärken und Schwächen bzw. teilweise Patzer. Beide nutzen gerne Anglizismen (Thomas Eiskirch etwas mehr als Klaus Franz) und nehmen damit nicht unbedingt immer alle Zuhörer mit. Franz merkte man mehr die Routine ab, die er mit 25 Jahren Erfahrungen in der Kommunalpolitik mit sich bringt, während Eiskirch am Anfang etwas nervöser wirkte, sich aber fasste und dann den agileren Eindruck machte – vielleicht mit dem einen oder anderen Scherz zu viel.
Kein Kandidat hatte einen Totalausfall, kein Kandidat hatte aber auch die tolle Idee, die er alleine umsetzen kann und weswegen sich eine Wahl lohnt.
Wie fanden die Kandidaten das Townhall-Meeting?
Einige Tage nach dem Townhall-Meeting (am selben Tag ging es aufgrund der Lichtverhältnisse nicht mehr) habe ich beide Kandidaten zu ihren Eindrücken von der Veranstaltung befragt. Anbei die entsprechenden kurzen Video-Statements: