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Jens Matheuszik — 27. April 2015, 05:42 Uhr

Update: Piraten Bochum fordern Stephanie Kotalla zur Rückgabe ihres Mandats auf #ratBO #kw14bo


Kommunalwahlkampf 2014: Ratsgruppe der Piraten Bochum (André Kasper und Stephanie Kotalla)

Kommunalwahlkampf 2014: Ratsgruppe der Piraten Bochum (André Kasper und Stephanie Kotalla), Foto: DieEmmy

Am vergangenen Freitag berichtete das Pottblog, dass die Ratsgruppe der Piraten in Bochum zerbricht, da Ratsfrau Stephanie Kotalla aus der Gruppe austritt.

Als Grund nannte sie dabei „erhebliche inhaltliche Differenzen innerhalb der Gruppe der Piraten […] die nicht mehr überbrückt werden können – auch nicht unter Vermittlung der Partei“.

Inzwischen hat die Piratenpartei Bochum Stephanie Kotalla aufgefordert ihr Ratsmandat zurückzugeben. Stephanie Kotalla wurde nicht direkt in den Rat der Stadt Bochum gewählt, sondern kam – und das auch „nur“ als Nachrückerin – über die Reserveliste der Piratenpartei in den Stadtrat.

Auf Pottblog-Nachfrage wollten (Stephanie Kotalla) bzw. konnten (André Kasper, der verbleibende Pirat im Bochumer Rat) keine Angaben zu den inhaltlichen Gründen machen. Dem Pottblog gegenüber erklärte André Kasper, dass ihm keine unüberbrückbaren inhaltlichen Differenzen bekannt seien. Dementsprechend sei ihm auch nicht bekannt, dass es jemals einen inhaltlichen Vermittlungsversuch gegeben hätte.

Das es anscheinend andere Gründe für das jetzige Zerbrechen der Ratsgruppe gab, zeigt sich auch durch die Pressemitteilung der Piratenpartei.

Aus dieser geht hervor, dass Stephanie Kotalla am Tag vor ihrer eigenen Erklärung „ultimativ“ aufgefordert wurde, das „Mandat, dass sie durch die Liste der Partei und nicht als Einzelperson erhalten hat, niederzulegen“. Diesem Wunsch kam sie jedoch nicht nach, stattdessen trat sie aus der Piratenpartei und der Bochum Ratsgruppe der Piraten aus – wodurch die Ratsgruppe zerbrach, da sie nur aus zwei Personen bestand. Die Piraten in Bochum wie auch die von ihr abhängig Beschäftigten (Mitarbeiter der Ratsgruppe) wurden von dieser Entscheidung anscheinend auch erst durch die Pressemitteilung informiert.

Insofern scheint es schon längeren Streit zwischen der Piratenpartei und Stephanie Kotalla zu geben und es scheint schon ein wenig so, als ob die „inhaltlichen Differenzen innerhalb der Gruppe“ nur vorgeschoben sind.

Gegenüber dem Pottblog erklärte Stephanie Kotalla, dass sie nach dem Ultimatum der Partei für sich keine andere Wahl sah, als sich so zu entscheiden.

Wie geht es weiter – mit den Ratsmitgliedern und den Beschäftigten?

Der Austritt von Stephanie Kotalla aus der Ratsgruppe (und der damit verbundenen Auflösung der Ratsgruppe, da diese neben ihr nur noch aus André Kasper bestand) hat weitere Auswirkungen:

Als Einzelkämpfer im Rat hat man weniger Möglichkeiten und Unterstützungen im politischen Prozess als beispielsweise die im Rat vertretenen Fraktionen, so dass dadurch der politische Einfluss der Piraten geringer wird.

Stephanie Kotalla erklärte gegenüber dem Pottblog, dass sie erst einmal als „Einzelkämpferin“ im Rat weiter machen wolle. Gedanken, sich einer anderen politischen Gruppierung im Rat der Stadt Bochum anzuschließen, habe sie derzeit nicht. Selbst die Hospitanz bei einer anderen Gruppierung stehe für sie – jedenfalls bis zur Sommerpause – nicht zur Diskussion.

Auf die Frage nach ihrer sozialen Verantwortung – insgesamt beschäftigte die Ratsgruppe der Piraten bis zu fünf Personen (in einem Vollzeit- und mehreren Teilzeitverhältnissen) – erklärte Frau Kotalla, dass sie das natürlich bedauern würde. Jedoch habe sie sich vorher bei der Stadt Bochum informiert und man hätte ihr mitgeteilt, dass niemand dadurch plötzlich vor einem Jobverlust stehen würde – denn die laufenden Arbeitsverhältnisse würden vertragsgemäß bis zum Ende der Vertragslaufzeit fortgeführt. (Update, siehe Hinweis unten!) „erst“ zum Ende der regulären Kündigungsfrist beendet.

Diese Informationen teilte sie jedoch anscheinend exklusiv dem Pottblog mit – ein Großteil der betroffenen Mitarbeiter wusste davon nichts und ob diese Information stimmt, kann derzeit auch noch nicht abschließend beurteilt werden.
André Kasper erklärte dazu, dass er das gemeinsam mit den betroffenen Person erst in den kommenden Tagen klären könne, aber momentan würde man davon ausgehen, dass die Arbeitsplätze keinesfalls länger gehalten werden können, als die gesetzliche Kündigungsfrist dies vorsieht.

Im weiteren Gespräch mit dem Pottblog wies Kotalla explizit auch darauf hin, dass die Auflösung der Ratsgruppe nicht von ihr als erstes zur Diskussion gestellt worden sei.

Auf Rückfrage des Pottblogs erklärte André Kasper, dass er natürlich auch – und mit Unterstützung des Vorstandes der Piratenpartei Bochum – weiter im Rat der Stadt Bochum „für eine transparentere und bürgernahe Stadt kämpfen“ wolle. Eine Mitgliedschaft in einer anderen Partei würde für ihn nicht zur Debatte stehen.

Update (06:40 Uhr):

Stephanie Kotalla hat sich direkt nach dem Erscheinen des Artikels gemeldet und erklärte, dass der Bericht anscheinend fehlerhaft sei in Bezug auf das Ende der Arbeitsverhältnisse. Sie schreibt:

Nach ihrer Aussage (nach Rücksprache mit der Stadt) gilt die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist mit den Arbeitnehmern. Mit Auflösung der Gruppe wird das Arbeitsverhältnis gemäss Vertrag aufgelöst So lange werden die Mitarbeiter von der Stadt weiterbezahlt.

Im gestrigen Gespräch mit dem Pottblog klang das noch anders…

Das stellt natürlich eine völlig neue Situation dar – denn dadurch droht den Mitarbeitern Ungemach durch den plötzlichen Schritt von Stephanie Kotalla.

Kommentar zur Lage der Piratenpartei in Bochum:

Es scheint bei den Piraten Bochum zu gären – wenn ein Vorstand eine Ratsfrau „ultimativ“ auffordert ihr Mandat abzugeben, dann scheint es sich nicht um eine kleinere Meinungsverschiedenheit zu handeln.

Es spricht jedoch ein wenig für die politische Naivität der Bochumer Piraten, dass sie geglaubt haben, dass ein solches Ultimatum in ihrem Sinne verlaufen würde. Insofern erstaunt es, dass man bei den Piraten überrascht war, als Stephanie Kotalla erklärte, sie wolle ihr Mandat behalten.
Überraschend ist da vielleicht nur das Ungehen mit den abhängig beschäftigten Mitarbeitern. Aus einer Pressemitteilung indirekt zu erfahren, dass man vermutlich bald keinen Arbeitsplatz mehr hat, gehört zu den Erfahrungen, die man wahrscheinlich selbst nie machen möchte.

Die Forderung der Piraten ist natürlich logisch:
Stephanie Kotalla hat ihren Ratssitz nicht bekommen, weil sie in ihrem Wahlkreis eine Mehrheit der Bevölkerung überzeugt hat. Sie hat ihren Ratssitz, weil sie auf der Reserveliste der Piratenpartei auf Platz 3 stand. Direkt nach der Kommunalwahl trat der eigentliche Spitzenkandidat der Piratenpartei Bochum von seinem Mandat zurück (ursprünglich exklusiv im Pottblog berichtet) und Stephanie Kotalla konnte deswegen in den Rat „nachrücken“.

Insofern ist sie natürlich nicht direkt (Wahlkreis) und auch nicht indirekt (in der ersten Anwendung der Reserveliste), sondern nur über Umwege, in den Rat der Stadt Bochum gewählt worden. Wer von Differenzen mit seiner (ehemaligen) Partei berichtet, sollte dann auch nicht das Mandat, das die Wähler dieser Partei erteilt haben, behalten.

Es ist jedoch auch leider fast genau so logisch, dass Stephanie Kotalla diesem Wunsch nicht nachkommt. In den seltensten Fällen geben Ratsmitglieder, die ihre bisherige Partei verlassen haben, ihre Ratsmandate auf. Ob das nun richtig ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Bei direkt gewählten Ratsmitgliedern, die von einer Mehrheit in ihrem Wahlkreis gewählt wurden, kann man natürlich von einem Mandat der Wähler sprechen, bei den Vertretern von Kleinstparteien, die oft nur über die Liste in den Rat rücken, kann man das aber auch anders sehen…

Update: Unsoziales Verhalten den Mitarbeitern gegenüber und Missachtung des Wählerwillens?

Was genau vorgefallen ist, wird man vielleicht nie genau klären können. Tatsache ist jedoch, dass es sehr merkwürdig wirkt, wenn man sich von der Partei, die einen aufgestellt hat, distanziert und sie sogar verlässt – und dann noch behauptet, man wolle sich weiter für die Anliegen der Piraten einsetzen.

Es kann nicht Anliegen der Piraten sein, dass die Ratspiraten durch Auflösung der Ratsgruppe geschwächt werden.
Es ist auch nicht Anliegen der Piraten, dass die Mitarbeiter der Ratspiraten mittelfristig ihre Arbeit verlieren.

Wählerwille ist es gewesen, dass die Piraten mit zwei Mitgliedern im Rat vertreten sind. Wenn Stephanie Kotalla nicht mehr Mitglied der Piratenpartei sein will und dennoch dem Wählerwillen entsprechen will, dann kann es nur eine Konsequenz geben: Rücktritt.


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