Dortmund: Größter Unterbezirk der SPD einstimmig gegen die Vorratsdatenspeicherung #VDS

Parteitag der SPD Dortmund (Bild: SPD Dortmund via Twitter)
Am Wochenende fand ein außerordentlicher Parteitag der SPD Dortmund statt, bei der unter anderem auch die umstrittene Vorratsdatenspeicherung #VDS debattiert wurde. Bei der Vorratsdatenspeicherung geht es darum, dass ohne Verdacht personenbezogene Telekommunikations-Daten gespeichert werden.
Was ist die Vorratsdatenspeicherung?
Auch wenn die eigentlichen „Inhalte“ (also worüber man beispielsweise am Telefon gesprochen hat, was in einer E-Mail stand usw.) nicht gespeichert werden sollen, können anhand der sogenannten „Metadaten“ viele Dinge ausgelesen werden.
So ist es beispielsweise ohne Probleme möglich durch die Vorratsdatenspeicherung Bewegungsprofile nahezu aller Bewohner Deutschlands anzulegen – denn jeder Handynutzer wird von der Vorratsdatenspeicherung erfasst. Auch wenn man tatsächlich gar kein Smartphone hat – denn zu den Vorratsdaten gehören auch die Verbindungen zu den Mobilfunkmasten aus denen die Position ermittelbar ist. Nicht umsonst lehnen viele die Vorratsdatenspeicherung ab, obwohl gerade manche Behörden, Innenminister usw. die Vorratsdatenspeicherung gerne nutzen würden. Es gibt jedoch keinerlei Beleg, dass die Vorratsdatenspeicherung bei der Verhinderung von Straftaten hilfreich ist.
Stattdessen gibt es viele Gegenbeispiele – in vielen Fällen, wo der eine oder andere Politiker oder Polizeifunktionär nach der Vorratsdatenspeicherung gerufen hat, gab es diese bereits – und hat nicht geholfen. Beispielsweise bei der Attacke auf Charlie Hebdo. Das tatsächliche Problem ist: Es gibt nicht zu wenig Daten zur Ermittlung, die bereits vorhandenen werden nicht richtig ausgewertet!
Situation der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland
Nachdem die Gerichte der Vorratsdatenspeicherung, so wie sie schon Gesetz war, enge Grenzen gesetzt haben, ging es immer wieder um eine mögliche Überarbeitung der Vorratsdatenspeicherung. Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte in der Vergangenheit sich da recht kritisch zu geäußert:

Tweet von Justizminister Heiko Maas, wo er die Vorratsdatenspeicherung #VDS ablehnt
Jedoch hat sich Heiko Maas inzwischen umentschieden – bzw. zuerst wurde bekannt, dass der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Meinung ist, dass die Vorratsdatenspeicherung sinnvoll sei und argumentiert auf eine Weise, die dann Artikel wie Keine Vorratsdatenspeicherung in Norwegen: Sigmar Gabriel sagte nicht die Wahrheit zur Folge hatte.
Antrag gegen die Vorratsdatenspeicherung zum Parteitag der SPD Dortmund:
Am Wochenende tagte ein außerordentlicher Parteitag der SPD Dortmund und ein Thema war unter anderem die Vorratsdatenspeicherung. Der ursprüngliche Antrag forderte den SPD-Parteivorstand und die SPD-Bundestagsfraktion auf, einem neuen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nicht zuzustimmen.
Die Jusos Dortmund stellten noch einen Änderungsantrag dazu, wonach die eigentliche Beschlussfassung deutlich ergänzt wurde, wie Maximilian Schulz von den Jusos Dortmund (siehe Bild) dem Pottblog mitteilte.
Die neue Formulierung lautet:
Die SPD Dortmund bedauert den aktuellen Kompromiss der Bundestagsfraktion zur Vorratsdatenspeicherung. Sie spricht sich weiterhin gegen jegliche Form der Vorratsdatenspeicherung aus.
Die übergeordneten Gremien der SPD werden aufgefordert, sich ebenfalls gegen jegliche Form der Vorratsdatenspeicherung zu positionieren und sich gegen jegliches Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
Den Jusos war es mit ihrem Antrag wichtig, dass durch die Änderung nochmal ein deutliches Zeichen gesetzt wird, dass die Entwicklungen in Berlin hin zur Vorratsdatenspeicherung abgelehnt werden.
Auch will man damit erreichen, „dass Genoss*innen aus Dortmund in allen Gremien (Parteivorständen, Parlamenten, Parteitagen etc.) diese Meinung deutlich vertreten. Wir haben berechtigten Zweifel, dass die Vorratsdatenspeicherung irgendetwas bewirkt, sowohl im Bezug auf Prävention, als auch im Nachhinein. Die Aussagen von Gabriel, was durch die VDS hätte verhindert werden können, sind, vorsichtig gesprochen, sehr zweifelhaft.“
Damit bezieht sich Schulz natürlich nicht nur auf kommende Gremien der SPD die tagen (wie z.B. dem Parteikonvent der SPD im Juni), sondern auch explizit auf die Bundestagsfraktion und deren Mitglieder. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow (SPD) schließt sich dem auch an und erklärt in einer Pressemitteilung u.a.:
Wir brauchen keine Vorratsdatenspeicherung. Ich werde deshalb meine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion dazu auffordern, dem Gesetz der Regierung nicht zuzustimmen. Mich bestärkt hier auch noch einmal deutlich der kürzlich auf dem Parteitag gefasste Beschluss der Dortmund SPD, der sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausspricht.
Die Vorratsdatenspeicherung greift tief in unsere Grundrechte ein und höhlt den Rechtsstaat aus. Ihre Wirksamkeit ließ sich bisher nicht nachweisen und die Argumente, die für eine Vorratsdatenspeicherung vorgebracht werden, sind aus meiner Sicht nicht stichhaltig.
Terrorakte oder Verbrechen wurden durch das anlasslose Speichern von Verbindungsdaten nicht verhindert. In Frankreich z.B. gibt es die Vorratsdatenspeicherung. Trotzdem konnten dadurch die schrecklichen Attentate auf die Redaktion von Charlie Hebbdo nicht verhindert werden. Die Vorratsdatenspeicherung hat auch nicht bei der Aufklärung des Breivik-Attentats in Norwegen geholfen. Dieser Fall wurde ohne Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt. Auch Wissenschaftler haben deutlich gemacht, dass die Vorratsdatenspeicherung bei der Aufklärung schwerer Verbrechen keinen messbaren Vorteil bringt.
Des Weiteren ist die Behauptung, Inhalte würden bei der geplanten Speicherung nicht erfasst, nicht richtig. Natürlich werden Inhalte erfasst. Mit Metadaten lassen sich weitreichende Netzwerke von Kommunikationspartnern abbilden, mit Standortdaten prinzipiell binnen kürzester Zeit Bewegungsprofile erstellen. Verbindungsinformationen verraten private Details wie Hobbies, Nachrichten- und Shoppingvorlieben, religiöse oder vergleichbare Überzeugungen, Gesundheitszustand, Finanzsituation oder sexuelle Interessen.
Nicht umsonst haben das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof die bisherigen Gesetze dazu für gescheitert erklärt und hohe Hürden für eine Vorratsdatenspeicherung aufgestellt. Selbst die Bundesdatenschützerin Andrea Voßhoff, die vor Ihrer Ernennung zu Datenschützerin immer für eine Vorratsdatenspeicherung war, lehnt diese mittlerweile ab.
Ich werde mich weiterhin in meiner Fraktion und auch gegenüber der Regierung und meiner Partei gegen eine Vorratsdatenspeicherung einsetzen. Hier darf auch die GroKo nicht als Argument herhalten.
Wenn der größte Unterbezirk der SPD sich so eindeutig gegen die Vorratsdatenspeicherung ausspricht (wie übrigens auch der Landesparteitag der NRWSPD im vergangenen Jahr), dann ist das schon ein Zeichen.
Auch in anderen Gliederungen der SPD regt sich derzeit der parteiinterne Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung – siehe dazu auch die Internet-Seite Keine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und Europa vom D64 e.V., der Anträge zum Parteikonvent der SPD gegen die Vorratsdatenspeicherung sammelt.
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[…] Vor kurzem hatte wir auf eine Initaitive verwiesen, die einen Musterantrag gegen die Vorratsdatenspeicherung für SPD-Gliederungen bereitstellt. Vergangenes Wochenende stimmte die Dortmunder SPD auf einem außerordentlichen Parteitag einstimmig für diesen Antrag der Jusos Dortmund, wie das Pottblog berichtet: […]
Was nützt das?
Die Basis ist dagegen, die da oben beschließen das trotzdem. Der Aufstand der Basis bleibt aus, der Idiot oben an der Macht.
Und wenn man wieder aus der Regierung geflogen ist, wirft man den Idioten (Jahre zu spät) raus. Und versucht über 10 Jahre das desaströse Image wieder zu reparieren. Wie damals bei Hartz IV. Wird aber nicht klappen. Wahrscheinlich gelten in 10 Jahren 25% bei der BTW für die SPD als Erfolg so wie heute 35% als Erfolg gelten würden.