SPD Bochum diskutierte über Willkommens-Kultur für Flüchtlinge / Am Rande: SPD-Termin zur OB-Wahl
Vorgestern fand in der Stadthalle von Wattenscheid ein Parteitag der SPD Bochum statt, der unter dem Motto Flüchtlingspolitik: Willkommen in Bochum?! stand und sich thematisch quasi nur um dieses Thema drehte (nachdem man zuletzt über die die Ukraine, (Bochums Partnerstadt) Donezk und sozialdemokratische Friedenspolitik in Europa diskutierte).
Kommunalpolitisches: Opel, Bäume für Bochum, offene K-Frage der SPD
Bevor es jedoch um dieses Thema ging, eröffnete Bochums Parteivorsitzender Thomas Eiskirch den Parteitag und berichtete in aller Kürze vom aktuellen Geschehen – in der Stadt wie in der Partei.
So erwähnte er auch kurz das Thema Opel (letzte Woche lief ja das letzte Auto vom Band, vorgestern fand die letzte Betriebsversammlung statt); siehe auch den Brief an den Betriebsrat von Opel Bochum.
Doch Thomas Eiskirch (Archivbild links) nutzte – wie auch beim letzten Ukraine-Parteitag – die Chance, kurz etwas zur Kommunalpolitik zu sagen (damals erklärte er unter Beifall der Genossen, dass man für die CDU nicht den Verwaltungsvorstand der Stadt vergrößern würde).
Das hier interessante Thema ist natürlich die K-Frage der SPD Bochum – die Kandidaten-Frage. Spötter könnten da auch eine O-Frage (die Oberbürgermeister-Frage) raus machen – und in Kombination bekommt man die momentane K.O.-Frage der Bochumer Sozialdemokratie.
Während in einigen anderen Städten die SPD schon weiß, wie man sich personell für das nächste Jahr aufstellt (wenn man nicht sogar schon in diesem Jahr die oberste Position in der Stadt bzw. dem Kreis bereits gewählt hat), ist das in Bochum anders. Die Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz (SPD) will sich erst im nächsten Jahr erklären, ob sie beispielsweise noch einmal antritt. Falls nicht, stellt sich die Frage, wer dann für die SPD für das Rathaus kandidieren wird.
Auch dieses Thema wurde nur kurz angesprochen – jedoch unter der Chiffre „Terminplanung 2015“. Dahingehend wies Thomas Eiskirch die Delegierten darauf hin, dass der neue Vorstand der SPD Bochum auf einem Wahlparteitag am 8. Juni 2015 gewählt werden wird. Die Frage der OB-Kandidatur dürfte vorher geklärt sein, denn am 23. März 2015 findet ein Parteitag zur Wahl der OB-Kandidatin bzw. des OB-Kandidaten statt. Bis dahin wird dann wohl auch schon klar sein (müssen), ob a) die amtierende Oberbürgermeisterin erneut kandidiert und b) falls nein, wer für die SPD kandidieren wird.
Außerdem berichtete er über die Aktion Bäume für Bochum (siehe dazu auch den Pottblog-Bericht über die am Ruhrstadion gepflanzte „Pohl-Platane“) und dass diese Aktion natürlich nicht so präsent in der Öffentlichkeit war wie die entsprechende der WAZ – dafür aber habe man schon einiges gepflanzt.
Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute:
Der nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretär erklärte die Bedeutung der Integration und stellte auch gleich fest, dass es eigentlich gar nicht (mehr) um Integration gehen würde, sondern um Teilhabe. Der Junge, dessen Großeltern nach Deutschland eingewandert sind, dessen Eltern sich hier eine Existenz aufgebaut haben und der selber hier im Vereinsleben aktiv ist – der muss nicht mehr integriert werden.
Der Staatssekretär ging aber auch auf die generelle Flüchtlingssituation ein und erklärte, dass man derzeit weltweit über 51 Millionen Flüchtlinge habe – das sei die größte Zahl seit dem 2. Weltkrieg. Das das Thema „Flüchtlinge“ für die SPD wichtig sei, würde man beispielsweise daran erkennen, dass auch niemand geringeres als Willy Brandt ein Flüchtling war.
Zurück in der Gegenwart hob er die Bedeutung der Kommunen vor, die mit am wichtigsten sind in Sachen Integration. Hier gelte getreu des Fußballmottos „Entscheidend ist auf dem Platz“ die Variante „Entscheidend ist in der Kommune“. Daher müsse man die Kommunen noch stärker unterstützen, was das Land ja auch vorhabe.
Natürlich sei auch das Thema Sprache ein wichtiges – aber zur aktuellen Diskussion (die durch die CSU angestoßen wurde), wonach auch Zugewanderte zu Hause immer deutsch sprechen solle, erklärte er unter lautem Beifall:
„Ãœbrigens zuhause darf man sprechen wie man will.“
Er kritisierte die CSU-Vorstellung sehr deutlich, seiner Meinung nach gehört diese ursprünglich bekannt gewordene Forderung in den Mülleimer. Sie sei sogar gefährlich und er schilderte wie die entsprechende Schlagzeile seine 9-jährige Tochter irritiert hätte, die ihn daraufhin folgendes fragte:
„Papa, warum soll ich mit Mama eigentlich nicht mehr polnisch sprechen?“
Neben weiteren Punkten (wie z.B. den Arbeitsmarktzugang, wo bei jedoch die Inländer und EU-Bürger weiterhin Vorrang genießen) sprach er am Ende noch eine ganz wichtige Angelegenheit an:
„Wir müssen Armut in Europa bekämpfen, nicht arme Menschen.“
Diskussionsrunden:
Nach dem Einführungsreferat gab es zwei (hintereinander stattfindende) Diskussionsrunden zur Thematik.
In der ersten Runde äußerte sich Prof. Brakelmann, nachdem zuvor viele positive Aspekte erwähnt worden sind, dass man bei den bisherigen Aussagen den Eindruck gewinnen könnte, dass alle Probleme dahingehend gelöst sein. Das würde er aber nicht glauben und daher mahnte er ein wenig mehr Problembewusstsein an.
Außerdem erklärte er, dass man klarmachen müsse, dass man nicht nur fördern soll, sondern auch die Menschen fordern soll – jedenfalls die, die dazu befähigt sein. Außerdem müsse man klare Standpunkte vertreten:
„Diese Kuschelpädagogik geht überhaupt nicht.“
In der zweiten Runde wurden auch die Chancen angesprochen, die man durch Flüchtlinge haben würde – so wurde beispielsweise erwähnt, dass es inzwischen Gewerke im Handwerk geben würde, die Ausbildungsplätze ausschreiben, wo es aber keine Bewerberinnen und Bewerber geben würde. Hier hätte man vielleicht zukünftig die Chance auf entsprechend versierte Personen zurückzugreifen.
Ein ähnliches Beispiel sei z.B. das Erstaufnahmelager an der Lewackerstraße: Hier gab es beispielsweise eine Familie in der fünf(!) Familienmitglieder gut ausgebildete Ärzte waren.
Am Ende des Parteitages berichtete Farut Toku von seiner Reise in den Nordirak (siehe auch DerWesten) und schildete die dortige Situation der Jesiden sehr eindrücklich und plastisch. Das relativierte natürlich manch angesprochenes Problem hierzulande sehr deutlich.
Mit diesen eindrucksvollen Worten endete dann auch der Parteitag.