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Jens Matheuszik — 26. September 2014, 06:23 Uhr

3. Ratssitzung in Bochum: Ausschüsse gewählt, AfD-Chaos, Dringlichkeit beim Musikzentrum? #ratBO


Abstimmung bei der Ratssitzung in Bochum (hier vom 25.09.2014)

Abstimmung bei der Ratssitzung in Bochum (hier vom 25.09.2014)

Heute fand die lange erwartete dritte Ratssitzung der Stadt Bochum (nach den Kommunalwahlen im Mai) statt und diesmal sollten – mit einer kleineren Holperei – dann auch endlich die Ausschüsse endgültig gewählt werden.

Warum sind die Ausschüsse noch nicht endgültig gewählt worden?
Die Hintergründe (siehe auch die folgenden Pottblog-Einträge: I, II, III und IV und insbesondere V) – hier noch einmal in einer Kurzfassung:

In der letzten Ratssitzung wurde die Wahl der Ausschüsse unterbrochen – nachdem die FDP/UWG-Fraktion „Beratungsbedarf“ hatte. Kurz zuvor hatte – was jedoch absehbar war! – der Rat für einen Ausschuss so abgestimmt, dass die Mehrheit von Rot-Grün nicht mehr gegeben war. Aufgrund einer Beanstandung der Entscheidung über die Bildung der Ausschüsse muss dieser Beschluss neu gefasst werden – der Nebeneffekt dabei (der sicherlich nicht ungelegen kommt): Auch der Ausschuss für Beteiligungen und Controlling, in dem Rot-Grün die Mehrheit verloren hatte, wird neu gewählt.

Kurzfassung zur 3. Ratssitzung in Bochum vom 25. September 2014:

Dieser Beitrag wird etwas länger, daher hier auch die Kurzfassung für die, die sich nur kurz und stichwortartig informieren wollen. Themen in der Ratssitzung waren:

  • die endlich durchgeführte Wahl der Fachausschüsse der Stadt
  • Wahlpannen der AfD die zu einer (erneuten!) Wiederholungswahl bei einem Ausschuss führten
  • die Benennung von Mitgliedern für Aufsichtsräten, Gremien usw. (und mit einem leichten AfD-Eklat)
  • die Bewilligung von Mitteln für die Schenkung in Sachen Musikzentrum und dem Verwaltungstrakt
  • Fracking auf Bochumer Grund und Boden
  • administrative Unterstützung von Einzelbewerbern im Rat (sprich: Nutzung von städtischen Räumlichkeiten für die Vertreter von beispielsweise NPD und ProNRW)
  • Fremdwährungskredite

Das dürfte so ungefähr das wichtigste gewesen sein, nachfolgend eine ausführlichere Schilderung:

Tagesordnung und eine Beanstandung:

Zuerst ging es um die Tagesordnung die zum Teil ergänzt bzw. reduziert wurde (letzteres bei Themen wo die Fraktionen noch Redebedarf hatten – das war unter anderem bei der außerplanmäßigen Mittelbewilligung in zwei Fällen so; diese Themen werden dann bei der nächsten Ratssitzung behandelt). Einstimmig (bei einer ProNRW-Enthaltung) wurde dann eine Solidaritätsadresse an die Partnerstadt Donezk beschlossen.

Danach ging es dann um die Ausschüsse – zuerst stand die Beanstandung des Ratsbeschlusses der letzten Sitzung an. Denn damals wurde für einen Ausschuss eine nicht satzungskonforme Größe festgelegt. Da jedoch der Rat damals in einem Beschluss alle Ausschussgrößen festgelegt hatte, wurde der gesamte Beschluss beanstandet. Netter Nebeneffekt nicht nur für die rot-grüne Koalition: Auch der Ausschuss für Beteiligungen und Controlling war davon betroffen – das war der Ausschuss, in dem ursprünglich Rot-Grün keine Mehrheit mehr hatte.

Die Beanstandung wurde mit großer Mehrheit so akzeptiert – gegen die einheitlich abstimmenden Ratsmitglieder von AfD, NPD und ProNRW (mit Enthaltungen). Ein einheitliches Abstimmungsverhalten was sich so immer wieder – auch mit Variationen davon – wiederholen sollte.

Wahl der Ausschüsse und Gremien:

Da es zu keinem einheitlichen Wahlvorschlag kam (die Linkspartei wollte nicht gemeinsam mit der AfD auf einer Liste stehen) musste einzeln abgestimmt werden.

Vorher thematisierte jedoch André Kasper von der Piratenpartei erstmals öffentlich, dass auf der Vorschlagsliste der AfD ein umstrittener Politiker steht, der ursprünglich im Juli auch schon gewählt wurde (siehe den Pottblog-Beitrag Bochums Rat wählt kommentarlos umstrittenen AfD-Politiker (den mit den Pistoleneinsatz im Wahlkampf!) in städtischen Ausschuss #ratBO). Dahingehend fragte Ratsmitglied Kasper, ob eine solche Person wirklich in einem Gremium der Stadt vertreten sein soll. Eine Reaktion (durch die AfD) erfolgte hier nicht – dafür aber später.

Vorher kam es jedoch zu einer leicht chaotisch anmutenden Situation:

Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

Denn gerade beim AGS-Ausschuss, der Ausschuss, in den damals der umstrittene AfD-Politiker gewählt wurde, kam es zu einer kuriosen Situation: Obwohl die AfD eine Liste mit Personalvorschlägen eingereicht hatte, verneinte sie dies auf ausdrückliche Nachfrage durch die Oberbürgermeisterin, die die Ratssitzungen bekanntlich leitet.
Insofern wurde diese nicht zur Abstimmung aufgerufen und nur die Liste der anderen Parteien wurde gewählt. Da standen aber nur 14 Leute drauf und eigentlich sollte besagter Ausschuss ein 15’er Ausschuss sein.

Nach einer Unterbrechung wurde darüber diskutiert wie weiter zu verfahren sei, und das Missgeschick wurde dann dahingehend geheilt, in dem einfach die Abstimmung noch einmal korrekt durchgeführt wurde – auch um für Rechtssicherheit zu sorgen.
Seitens der AfD wird keine Chance ausgelassen sich mehr oder weniger passend in den Sitzungen zu melden – aber dann sollte man das vielleicht auch machen, wenn es um die eigene Liste geht. Aber wenn man auf die direkten Nachfragen dazu falsch antwortet, dann hat man das wohl „verpennt“, wie es der AfD-Fraktionsvorsitzende selbst gegenüber Medien gesagt haben soll.

Bei den Ausschüssen mit 15 Mitgliedern hatte die gemeinsame Vorschlagsliste von SPD, CDU, Grünen, Linkspartei, FDP/UWG, Piraten, Soziale Liste, Freie Bürger jeweils 14 Plätze erzielt, während die AfD-Liste jeweils eine Person in den jeweiligen Ausschuss entsenden kann. Interessanterweise haben einige Mitglieder der Piratenpartei (hier geht es aber nicht um die beiden Ratsmitglieder!) Plätze auf der gemeinsamen Liste gefunden, die den Kontingenten von CDU und FDP zuzurechnen waren. Hier wurde – weit im Vorfeld der aktuellen Ratssitzung – bereits von Vertretern der Koalition die Formulierung „die haben sich die Piraten eingekauft“ verwendet. Doch ging es hier wohl eher um einen klassischen Handel nach dem Motto „Hilfst Du mir, so helfe ich Dir“ – dementsprechend votierten die Piraten bei einigen Entscheidungen (insbesondere bei der Benennung von Gremien) öfters mit der CDU respektive FDP.

Danach ging es dann um die Mitglieder des Rates, die noch in keinem Ausschuss vertreten waren. Hier insbesondere also die Vertreter der kleineren Parteien. Diese haben das Recht in mindestens einem Ausschuss als beratendes Mitglied (ohne Stimmrecht) vertreten zu sein. Hier musste der Vertreter von ProNRW über das übliche Vorgehen informiert werden, denn sein angeblich gestellter Antrag dazu war nicht eingegangen, wiewohl Sitzungsleiterin und Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz dann die mündliche Vorsprache entsprechend interpretierte.

Wahl der Gremien:

Nach den Ausschüssen ging es in diversen Abstimmungen um die Benennung von Vertretern der Stadt in diversen Gremien, Aufsichtsräten usw.

Nachdem zuerst André Kasper von den Piraten sich gegen den umstrittenen AfD-Politiker aussprach, machte dies nun auch noch einmal Ralf-D. Lange von der Linkspartei, der jetzt vom „Wahlkampf-Pistolero“ sprach. Diesmal reagierte die AfD und erklärte, dass die Drohung mit der Schusswaffe gegen einen Antifa-Vertreter erfolgt sei (als ob das irgendetwas rechtfertigen würde). Außerdem informierte er darüber, dass die dahingehend anhängigen Verfahren inzwischen eingestellt seien und abschließend verbat er sich die Beleidigungen.

AfD-Widerspruch gegen die offene Wahl:

Quasi während der laufenden Wahlgänge wollte dann die AfD-Fraktion plötzlich bei allen Wahlgängen, wo auch eine Liste der AfD zur Wahl stand, eine geheime Wahl. Hier kam es dann auch zu leichten Differenzen was denn wer wie genau gemeint habe, denn einerseits wurde die geheime Wahl durch den ersten redenden Vertreter der AfD-Fraktion als Antrag geäußert (nachdem die Oberbürgermeisterin darauf hingewiesen wurde, dass sie die vorherige Aussage nicht zu deuten habe, und daher dann das mit dem Antrag explizit so formuliert wurde), andererseits widersprich der zweite AfD-Redner zur Thematik dahingehend, als dass es sich eben nicht um einen Antrag handeln würde.

Jedoch wurde nicht geheim abgestimmt, was von der Ratsmehrheit entsprechend entschieden wurde. Die AfD fühlte sich daraufhin in ihren Rechten grundlegend verletzt, dass sie selber ihren eigenen weiteren Listenvorschläge nicht mehr zugestimmt hat. Die AfD prüft jetzt rechtliche Schritte – wobei der Passus, wonach geheim zu wählen ist, sich eher auf Wahlen und nicht auf Benennungen bezieht…

Kuriosum am Rande: Das die AfD ihre eigene Listen nicht mehr wählte, hinderte dann beispielsweise ProNRW nicht daran (teilweise alleine) für die AfD-Liste zu stimmen.

Verwaltungstrakt des Musikzentrums:

Bei der Diskussion um das Musikzentrum ging es darum, dass die Oberbürgermeisterin und das Ratsmitglied Christian Haardt gemeinsam eine Eilentscheidung getroffen haben – über die Annahme einer Schenkung der Stiftung Bochumer Symphonie, mit der der Verwaltungstrakt des Musikzentrums realisiert werden soll. Solche Dringlichkeitsentscheidungen sind ein übliches Vorgehen zwischen Ratssitzungen und werden in der folgenden Ratssitzung bestätigt – was heute auf der Tagesordnung stand.

Für die FDP/UWG-Fraktion sah jedoch Felix Haltt die Dringlichkeit als fragwürdig an und er vermutete, dass in Sachen Verwaltungstrakt damals (bei der letzten Ratsentscheidung zum Musikzentrum) die Kosten hierfür extra herausgerechnet hat, da man Angst um die Mehrheit hatte. Jetzt hätte man es aber einfach wieder ‚reingerechnet. Für die FDP/UWG-Fraktion stand vor allem fest, dass der Entscheidungsdruck in dieser Sache zu kritisieren sei.

Seitens der AfD wurde erst einmal festgestellt, dass der Fraktionsvorsitzende auch ein Freund von klassischer Musik und der Bochumer Symphoniker sei. Aber das solle nicht auf Kosten der Bürger geschehen und Geld der Stadt wäre wo anders besser aufgehoben (wobei hier ignoriert wurde, dass ein Großteil der Aufwendungen für das Musikzentrum aus privaten Spenden eben für das Musikzentrum und nicht für eine Straßensanierung gedacht sind; die Fördermittel sind auch für das Musikzentrum und nicht andere Dinge vorgesehen).

Für die CDU Bochum sprach dann erstmalig bei diesem Tagesordnungspunkt mit Christian Haardt ein Befürworter der Entscheidung – was nicht verwundert, schließlich hatte er ja selbst den Dringlichkeitsbeschluss unterzeichnet. Dazu erwähnte er auch, dass er die Rückendeckung seiner Fraktion hatte, denn er habe sich erst dazu entschieden, nachdem in der Fraktion das ganze auch als dringlich und wichtig gesehen wurde.

Ralf-D. Lange von der Linkspartei und Volker Steude von den Stadtgestaltern zeigten noch einmal die grundlegende Ablehnung des Musikzentrums und letzterer vermutete am Rednerpult, dass es den Befürwortern des Musikzentrums doch „scheißegal“ sei, wieviel es teurer wird oder nicht – nichts anderes würde das jetzige Vorgehen zeigen, wo doch selbst elementare Dinge wie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung fehlen würden.

Nach einem weiteren AfD-Redner der nicht überraschend auch gegen die Entscheidung sprach, richtete sich Stadtdirektor und Kulturdezernent Michael Townsend an den Rat. Er erklärte, dass es natürlich immer die Idee zur Verwirklichung des Verwaltungstraktes gegeben habe, er selbst habe aber persönlich diesen aus den Entwürfen gestrichen, damit der Kostenrahmen erreicht wird.
Durch die Spende der Stiftung von 600.000 Euro sei es jedoch so gewesen, dass dadurch die Realisierung des Verwaltungstraktes wirtschaftlicher geworden sei als die Anmietung von passenden Flächen vor Ort. Denn vergleichbare Mietobjekte seien gar nicht verfügbar und man müsse auch bedenken, dass jetzt ein Gebäude aus einem Guss entstehen würde, welches auch nach den neuesten energetischen Standards gebaut wird. Zusätzlich gab Townsend bekannt, dass die Fördermittelgeber sich aufgrund des bürgerschaftlichen Engagements (gerade auch in Sachen Verwaltungstrakt) dazu entschieden hätten, dass das Musikzentrum rund vier Monate länger brauchen darf, bis es fertiggestellt sein muss.

Bei der abschließenden Entscheidung über die Dringlichkeit war es nicht überraschend: Auf der einen Seite stimmten SPD, Grüne, CDU und Jens Lücking von den Freien Bürgern. Die Gegenstimmen gab es von der Linkspartei, der FDP/UWG, der AfD, der Piratenpartei, dem Stadtgestalter Volker Steude sowie den Vertretern von Sozialer Liste, NPD und ProNRW.

Kein Fracking in Bochum:

Beim Thema Fracking versuchte die Linkspartei erneut (nachdem ein Dringlichkeitsantrag zur letzten Sitzung scheiterte) das Thema Fracking auf die Tagesordnung zu setzen. Dies wurde jedoch von der großen Mehrheit des Rates abgelehnt bzw. genauer gesagt, wurde der Antrag der Linkspartei abgeändert. Die Mehrheit bezog sich dann auf den gerade einmal zwei Jahre alten Beschluss des Rates, der sich bereits damals gegen Fracking aussprach.

Raumsituation der Parteien:

Neben den Ratsfraktionen die Geschäftsstellen unterhalten werden auch die Gruppe der Piraten sowie die Ratsmitglieder, die keiner Gruppe bzw. Fraktion angehören (das sind in diesem Fall die Ratsmitglieder der Freien Bürger Bochum, NPD, ProNRW und der Sozialen Liste), organisatorisch durch die Stadtverwaltung unterstützt. Die Linkspartei zog jedoch ihren Antrag zurück, da drei wichtige Ziele jetzt erreicht seien (die Zitate stammen direkt aus der entsprechenden Rede):

  1. Der Antrag hat das wichtige Ziel erreicht – es wird über „städtische Räume für Nazis“ diskutiert.
  2. Der Linkspartei zufolge haben die Verantwortlichen in Politik/Verwaltung bisher bewusst oder unbewusst die Öffentlichkeit getäuscht, wenn man den Eindruck erweckt hätte, dass man diese Unterstützung wegen der Gemeindeordnung hätte vornehmen müssen.
  3. Es sei beschämend wie „nazifreundlich“ Rat/Verwaltung sich in der Vergangenheit verhalten haben.

Abschließend erklärte Lange für die Linkspartei, dass er zu einem runden Tisch aller demokratischen Parteien (ohne die „rassistische AfD“) einladen würde.

Letzteres verbat sich Roland Mitschke für die CDU-Fraktion, der gegenüber der Linkspartei erklärte, dass diese Partei – vor allem eingedenk ihres geschichtlichen Hintergrundes – hier nicht zu entscheiden habe wer demokratisch sei oder nicht und er wehre sich gegen Extremismus von Rechts wie auch von Links.

Fremdwährungskredite:

Die von der Stadt aufgenommenen Fremdwährungskredite waren auch ein Thema. Man war sich einig, dass man riskante Finanzoperationen eigentlich nicht wünsche. Kämmerer Busch machte auch klar, dass die Buchverluste bei den Fremdwährungskrediten nicht an der Arbeit der Kämmerei liegen würden, sondern an der Staatsschuldenkrise und der sich daraus resultierenden Entwicklung. Jedoch müsse man auch bedenken, dass den Buchverlusten von 34 Millionen Euro auch Gewinne in dreistelliger Höhe entgegenstehen, die auch aus der Staatsschuldenkrise resultieren (wegen geringerer Zinssätze).


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  1. (1) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 7. November 2014, 09:12 Uhr

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