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Jens Matheuszik — 1. Juni 2014, 17:17 Uhr

Völlig subjektive Wahlanalyse zur Europa- und Kommunalwahl 2014 in Bochum – und schon jetzt: Stühlerücken im Rat! #ep14 #kw14bo


Wahlkampf-SelfieDie Europa- und die Kommunalwahl 2014 ist in Bochum seit ungefähr einer Woche Geschichte – über die Ergebnisse berichtete ich bereits allgemein: Kommunalwahl 2014 in Bochum: Rot-Grün wurde bestätigt, die SPD hat sich stabilisiert, die CDU ihr schlechtestes Wahlergebnis seit langem und der Rat wird bunter – und rechter.

Nachdem ich im Vorfeld der Wahlen bereits einen ultimativ subjektiven Wahlartikel veröffentlichte, ist das hier jetzt quasi die Fortsetzung.

Genau so subjektiv, aber auch mit neuen Informationen – das als Anreiz zum Lesen mit mindestens einer interessanten Personalie – denn das Stühlerücken im Rat geht schon los, bevor die gewählten Ratsmitglieder erstmalig auf ihren Stühlen Platz nehmen.

Europawahlen 2014 in Bochum:

Zuerst wurden ja die Stimmen für die Europawahl ausgezählt und anfangs gab es da eine deutliche Mehrheit bei der SPD – auch wenn das bei 2 ausgezählten Wahllokalen natürlich noch nicht repräsentativ war:

Auch eher kuriose Zahlen konnte man da sehen (nachher wurde mir berichtet, dass WDR 2 mich mit dem folgenden Tweet zitiert hat):

Irgendwann pendelte sich die SPD bei knapp unter 40 % ein (und die Tierschutzpartei lag am Ende hinter der FDP und der Piratenpartei). Insgesamt gesehen bin ich mit dem Wahlergebnis zufrieden – wobei ich es bedaure, dass die AfD ein so gutes Ergebnis (über 5 %) erzielt hat.

Auf gesamteuropäischer Ebene bin ich jetzt verwundert, dass Angela Merkel erst dem Kandidaten, hinter dem die meisten Sitze im EU-Parlament stehen (Jean-Claude Juncker) die Unterstützung verweigert und jetzt es wohl doch will. Vielleicht ist das aber auch nur eine ganz besondere Taktik…

Interessant jedoch übrigens, was ich irgendwo gelesen habe (leider habe ich den Link nicht mehr parat): Demnach haben die Parteien, die Martin Schulz unterstützt haben, absolut gesehen mehr Stimmen hatten als die Unterstützer von Juncker – aber das sind wohl die Merkwürdigkeiten der Wahlsysteme.

Der verschwundene Stimmbezirk?

Anfangs gab es insgesamt 384 Stimmbezirke bzw. Schnellmeldungen, bei den offiziellen Zahlen am Ende aber nur noch 383. Was sich hinter dem letzten Stimmbezirk verbirgt (vielleicht die Briefwahlen?) ist noch unklar, eine Anfrage dazu an die Stadt wurde bisher nicht beantwortet.

Kommunalwahlen 2014 in Bochum:

Natürlich finde ich es gut, dass es wieder eine Mehrheit für Rot-Grün in Bochum gibt, da das die von mir bevorzugte politische Konstellation gibt. Die SPD hat sich auf dem 2009’er Niveau stabilisiert (und sehr lange am Abend sah es auch so aus, als ob das von der SPD selbst ernannte 40 %-Ziel erreicht werden würde), die CDU hat nochmals schlechter abgeschnitten, die Grünen haben etwas besser abgeschnitten und ansonsten wird der Rat deutlich bunter aber auch rechter.

Ãœberrascht war ich, dass die Linkspartei nur ein Mandat verlor – schließlich hatte die komplette ehemalige Linksfraktion erklärt nicht mehr bei der Kommunalwahl erneut anzutreten – da das geplante Wahlprogramm der Linkspartei zu unrealistisch sei. Wenn schon die Abgeordneten der Linkspartei im Rat und den Bezirksvertretungen selbst das eigene Programm ablehnen, dann will das ja schon was heißen.

Der sicherlich engagierte Wahlkampf der FDP in Bochum brachte anscheinend nichts, wiewohl in anderen Städten der Gegend die FDP noch stärker verlor – und in Bochum gibt es ja noch die Sondersituation, dass die FDP-Fraktion im Bochumer Stadtrat sich aufgespalten hat. Von den ex-FDP-Ratsmitgliedern sitzt jetzt mit (dem ehemaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden) Jens Lücking ein Vertreter für die Freien Bürger Bochum im Rat (vorher hatte man – nach der Abspaltung noch mehrere Mandate und damit Fraktionsstärke).

Die UWG, die nur in Wattenscheid antrat, wurde auch reduziert – was sicherlich auch daran lag (wie es der langjährige UWG-Chef Klaus-Peter Hülder in der Pressekonferenz nach der Wahl formulierte), dass es diesmal bei den anderen Parteien soviel Wattenscheid wie noch nie gab, denn die großen Parteien SPD und CDU setzten in diesem Wahlkampf auch explizit auf Wattenscheider Themen. Da kann es dann schnell passieren, dass eine reine Wattenscheid-Partei etwas untergeht.

In der medialen Berichterstattung fast unbemerkt ging dann bisher auch merkwürdigerweise unter, dass in der Bezirksvertretung Wattenscheid, die so genannte „neue Mehrheit“ keine rechnerische Mehrheit mehr hat. Von 1999 bis 2014 gab es eine nicht nur rechnerische Mehrheit für CDU, UWG und FDP gegen die anderen Parteien des Bezirkes, insbesondere gegen die am meisten gewählte SPD. Hier konnte die CDU dann dank der Hilfe von UWG und FDP auch den einzigen Bezirksbürgermeister stellen.
Damit könnte jetzt – nach der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 – Schluss sein, denn in der Bezirksvertretung Wattenscheid gibt es die „neue Mehrheit“ rechnerisch nicht mehr (die FDP ist gar nicht mehr in der Bezirksvertretung vertreten) und es könnte eine Mehrheit geben, die dafür sorgt, dass die mehrheitlich gewählte SPD (34,68 %) anstelle der CDU (25,42 %) zukünftig die oder den Bezirksbürgermeister/in stellt.

Fast ganz abgestürzt ist die Soziale Liste, die erst nachdem quasi alle Wahllokale ausgezählt waren, sich wieder im Rat sah. Mit 0,85 % der Stimmen gab es ein Ratsmandat für die Soziale Liste, wo sich Außenstehende öfters fragen, warum es neben der Linkspartei denn noch die Soziale Liste gibt bzw. was die Unterschiede sind.

Neu im Rat sind hingegen die Piratenpartei und Die Stadtgestalter. Letztere schicken mit Dr. Volker Steude ihren Vordenker (vor allem gegen das Musikzentrum Bochum) in den Rat und haben sich sicherlich mehr ausgerechnet. Doch die Partei, die sich mit am deutlichsten gegen das Musikzentrum Bochum ausgesprochen hat, bekam gerade einmal 1,1 % der Stimmen, während die Befürworter des Baus ein dutzendfaches an Stimmen erzielten.

Bei den Piraten zeichnet sich schon vor der konstituierenden Sitzung ein Stühlerücken ab: Mit ihren 2,06 % der Stimmen kann die Piratenpartei zwei Vertreter über ihre Reserveliste in den Rat schicken: Melano Sascha Gärtner und Andre Kasper. Jedoch hat Spitzenkandidat Gärtner gegenüber dem Vorstand der Piratenpartei Bochum bereits mitgeteilt, dass er das Mandat nicht antreten werde. Sobald diese Mitteilung auch der Stadt Bochum gegenüber gemacht wird, dürfte dann mit Stephanie Kotalla die drittplatzierte der Piratenliste in den Rat einziehen.
Die Gründe für den Rückzug Gärtners sind nicht bekannt – es könnte jedoch sicherlich damit zusammen hängen, dass die Piratenpartei auch und gerade in Bochum öfters innerparteiliche Differenzen hat (man munkelt beispielsweise, dass die gerade erwähnten Stadtgestalter sich nur gegründet haben, weil damalige Piratenpartei-Mitglieder sich intern in der Angelegenheit Musikzentrum nicht durchsetzen konnten).

Ansonsten fällt noch auf, dass im Bochumer Rat auch Parteien rechts der CDU verortet werden. Neben der AfD die auf Anhieb Fraktionsstärke erzielte sind dies die NPD (1 Mandat; wie auch schon 2009 – aber prozentual gesehen mit leichten Verlusten) und Pro NRW.

Neben den allgemeinen Bochumer Ergebnissen habe ich mir noch zwei weitere Ergebnisse explizit herausgesucht:

Bochum-Wiemelhausen (Wahlbezirk 51):

Hier das Wahlergebnis für den Stadtrat im Wahlbezirk 51 (Wiemelhausen):

2009 hatte die CDU mit ihrer damals hier antretenden Kandidatin Erika Stahl nicht einmal 5 Prozentpunkte hinter dem damaligen SPD-Kandidaten gelegen. Doch 2014 trat Erika Stahl, die auch stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Bochum ((nach Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz (SPD) und der ersten stellvertretenden Bürgermeisterin Gabriela Schäfer (SPD) ist Erika Stahl von der CDU die zweite Bürgermeisterin von Bochum)) ist, hier nicht mehr an. 2009 betrug der Vorsprung der SPD vor der CDU nicht einmal 5 Prozentpunkte (sprich: für einen Mandatswechsel hätte die CDU gerade mal einen Swing von 2,5 Prozentpunkten erzeugen müssen). Der hier neu antretende SPD-Kandidat Bastian Hartmann hat den SPD-Vorsprung nicht nur verteidigt, sondern auch noch ausgebaut.
Vielleicht ist dem SPD-Kandidaten bei der Wahl entgegen gekommen, dass auch die CDU nicht mehr auf die bekannte Bürgermeisterin sondern auf einen neuen Kandidaten setzte?

Bochum-Ehrenfeld (Wahlbezirk 13):

Hier bin ich – als stellvertretender Vorsitzender des SPD Ortsvereins Bochum-Ehrenfeld natürlich befangen – aber das hier ist ja ein äußerst subjektiver Bericht. :)

Im Wahlbezirk 13 (Ehrenfeld) wurde der Stadtrat wie folgt gewählt:

Bochum-Ehrenfeld dürfte theoretisch einer der bekanntesten Kommunalwahlkreise Deutschland sein – bzw. einer der dortigen Kandidaten. Denn der CDU-Kandidat Dr. Stefan Jox bzw. dessen Wahlplakat war nicht nur Thema in den sozialen Netzwerken, sondern wurde sogar überregional im Fernsehen ausgestrahlt.

Zuletzt wurde eine „Veränderung“ seiner Wahlplakate bekannt, die man – so man die WAZ vom Samstag las (DerWesten: Jox ist für einen Jux zu haben) – seitens der CDU eher mit einem Schmunzeln betrachtete. Hier hatte ich zwar ursprünglich mal andere Aussagen gehört, aber besser ein Schmunzeln als ein wilder Anzeigenaktionismus, wie er von anderen Parteien bzw. Ratskandidaten gerüchteweise durchgeführt wurde.

Klar, Verfremdungen und gar Zerstörungen von Wahlplakaten sind Sachbeschädigung – aber man sollte auch mal die Kirche im Dorf lassen und es ist ja (entgegen manch öffentlicher Aussagen!) nicht so, dass nur die Wahlwerbung bestimmter Parteien betroffen ist – für die SPD könnte ich da einzige Plakate nennen, die verschandelt wurden. Was natürlich nicht in Ordnung ist – aber ob man da dann die viel beschäftigte Polizei für beschäftigen muss?

Direkt gewählt wurde trotz Verlusten mein Parteifreund Friedhelm Lueg, der auch in der Vergangenheit schon für das Ehrenfeld im Rat der Stadt Bochum saß.

Die große Bekanntheit des CDU-Kandidaten Dr. Stefan Jox zahlte sich also an den Wahlurnen nicht aus – hier waren die Verluste noch deutlicher. Das mögliche Ziel der CDU im rot-grün tickenden Ehrenfeld nach dem Motto „Wenn zwei sich um Platz 1 streiten, könnte man der lachende Dritte sein“ wurde deutlich nicht erreicht, stattdessen ist die CDU jetzt nur noch auf Platz 3, was vor allem am Erfolg der grünen Kandidatin lag.

Denn Barbara Jeßel hat es nicht nur geschafft die CDU vom 2. Platz zu verdrängen – sie zieht auch (über die grüne Reserveliste) in den Stadtrat ein und hat es damit aus dem Stand in den Rat geschafft. Das gute Ergebnis liegt sicherlich an ihrer Verwurzelung im Ehrenfeld (über ein Jahrzehnt war sie beispielsweise für die bekannte Orlando-Gastronomie verantwortlich).

Übrigens: Nachdem die WAZ Bochum jetzt Berichte über die zweitplatzierte und den drittplatzierten im Ehrenfeld hatte, wäre es vielleicht auch schön, wenn man über den erstplatzierten und direkt gewählten Ratsherrn Friedhelm Lueg was schreibt, oder?


1 Kommentar »

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  1. (1) Pingback von BO-litik: Thomas Eiskirch vereidigt, Ratsfrau der Linken verlässt Fraktion, Ratspiraten haben sich aufgelöst, Bürgersprechstunde der CDU #ratBO » Pottblog @ 23. Oktober 2015, 07:13 Uhr

    […] Dieser Prozess ist jedoch kein kurzfristiger, sondern beginnt schon quasi mit der Wahl der Piratenpartei in den Bochumer Rat: Denn schon direkt nach der Wahl gab es (virtuelles) Stühlerücken im Rat, denn Melano Gärtner, der ursprüngliche Spitzenkandidat der Piratenpartei Bochum, erklärte direkt nach …. […]


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