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Jens Matheuszik — 15. April 2014, 18:02 Uhr

Westdeutsche Allgemeine Zeitung: „Internet-Wüste Ruhrgebiet“ – aber: Wer ist da eigentlich weltfremd? Die Verwaltungen oder die WAZ?


Internet-Wüste Ruhrgebiet (WAZ 15.04.2014)

Internet-Wüste Ruhrgebiet (WAZ 15.04.2014)

Die heutige Ausgabe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) hat im überregionalen Teil einen großen Artikel über die so genannte „Internet-Wüste Ruhrgebiet“. Dort geht es darum, inwiefern in den Städten des Ruhrgebiets freies WLAN zur Verfügung steht. Der Artikel selbst (nicht aber die Ruhrgebiets-Karte, die man auf der Illustration unten links erahnen kann) ist bei DerWesten online: Gratis-Internet: Kostenlose Wlan-Hotspots sind im Ruhrgebiet noch Mangelware. Außerdem gibt es auch den kritischen Kommentar WLAN-Hotspots: Weltfremde Verwaltungen online, der in der Print-Ausgabe direkt auf Seite 2 oben links über das „rückständige Ruhrgebiet“ sich auslässt.

Der Artikel hat mich tatsächlich heute bei meiner Lektüre etwas gestört – natürlich, in der Sache bin ich voll und ganz bei den Forderungen. Aber ich fand das ganze dann doch etwas arg einseitig:

WLAN-Störerhaftung:

Erst einmal ignoriert der Artikel (und auch der Kommentar!) völlig den Grund, warum es hierzulande in Deutschland halt wenig freie WLANs gibt. Das liegt schließlich an der Rechtslage in Deutschland. Und so schwierig ist die Google-Suche nach WLAN Störerhaftung auch wieder nicht. So unbekannt scheint das übrigens bei DerWesten nicht zu sein – denn wenn man den eigentlichen Artikel sich genauer anschaut, findet man dort einen Verweis auf den Artikel Bei Hotspots in Hagener City herrscht Rechtsunsicherheit.

Zwar hat sich die große Koalition vorgenommen die Störerhaftung abzuschaffen (siehe auch netzpolitik.org), aber noch ist da meines Wissens nichts passiert. Wenn dann hätte es ja vielleicht auch im Artikel gestanden.

Weitere Merkwürdigkeiten im Artikel:

Neben der andauernden Nutzung des Wortes „HotSpot“ bzw. des Plurals davon (ich persönlich verbinde damit tatsächlich nur die entsprechenden (kostenpflichtigen) Angebote der Deutschen Telekom) wundern mich dann noch einige Punkte in den Artikeln. Abgesehen davon, dass meines Wissens neben Starbucks auch Filialen von McDonald’s kostenloses WLAN anbieten (über die Telekom) heißt es da beispielsweise in Sachen Gelsenkirchen:

„Die Gelsen-Net-Kunden zahlen nichts für diesen Service, andere Nutzer müssen eine Registrierungs-SMS an Gelsen-Net schicken. Kosten: 49 Cent am Tag. Das frisch renovierte Prunkstück Gelsenkirchens, das Hans-Sachs-Haus, ist bereits ein Internet-Hotspot.“

Das habe ich – nach einer Veranstaltung dort – auch mal gehört (sogar aus erster Hand, sprich vom Oberbürgermeister Frank Baranowski). Aber wenn man dort vor Ort ist, wird man nicht drauf hingewiesen, es gibt kein entsprechendes freies WLAN in das man sich einloggen kann und was über ggf. weitere (kostenpflichtige?) Schritte informiert.

Zu Bochum heißt es dort:

Bochum bietet selbst kein WLAN im Stadtgebiet an. Stadtsprecherin Barbara Gottschlich erinnert an die vielfältigen privaten Angebote, „darunter in der Gastronomie-Meile Bermuda3Eck“.

Da hätte man ja mal nachfragen können – unter dem Namen Kabel ab gab es sehr lange im Bochumer Bermudadreieck (über den Anbieter tmr.net) ein kostenloses WLAN. Durch die Eigentümerstruktur (TMR gehört den Stadtwerken Bochum, die Stadtwerke Bochum gehören direkt und indirekt mehrheitlich zur Stadt Bochum) war dann Kabelab ja quasi städtisch.

Die Domain kabelab.de ist jedoch inzwischen abgeschaltet und bei TMR (wie auch bei den Stadtwerken Bochum) konnte ich heute niemanden mehr dazu erreichen, der dazu was sagen kann. Seitens der Stadt kennt man sich übrigens auch mit kommerziellen WLAN-Anbietern aus, insofern hätte man da ja vielleicht noch nachhaken können.

Fazit zum Artikel der WAZ:

Wie gesagt: Die Grundintention des Artikels bzw. die Grundforderung („mehr freies WLAN“) teile ich. Aber etwas mehr Recherche, insbesondere warum es so wenige freie WLANs gibt, warum es oft über fremde Anbieter läuft (da damit die Haftungsfrage oft deligiert wird) – das hätte man eigentlich schon erwarten können, oder?

Ãœbrigens: Die einzige Stadt auf der Karte die „grün“ ist (sprich: freies WLAN anbietet) ist Düsseldorf. Inwiefern jetzt Düsseldorf auf einer Karte „WLAN im Ruhrgebiet“ auftauchen sollte – ich glaube da muss man nicht einmal Herbert Grönemeyer zitieren, um zu wissen, dass das Unsinn ist.

Freies WLAN in Bochum – das will die SPD vor Ort:

Interessanterweise hat die SPD Bochum den WAZ-Artikel heute zum Anlass genommen eine Pressemitteilung zu veröffentlichen:

Bereits in der Phase der Erstellung des SPD Wahlprogramms in Bochum wurde in der Ideenfindung die Frage eines offenen und kostenlosen WLANs für Bürgerinnen und Bürger diskutiert. Das Wahlprogramm „Bochum. Die Stadt für Dich. Gemeinsam Zukunft gestalten.“ ist eng an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in den verschiedenen Altersphasen orientiert. Ein freies WLAN bedient übergreifend verschiedene internetaffine Generationen. Ob zur Informationsgewinnung, Arbeit oder einfach Freizeitnutzung ist die Idee eines kostenlosen WLAN-Netzes eine die nah am Bürger ist.

Die Idee fand Einzug ins Wahlprogramm:

„Wir wollen die Innenstadt als offene WLAN Zone einrichten und damit unsere Stadt insgesamt noch einladender, kommunikativer und international vernetzter gestalten. Dieser Herausforderung sollen sich die öffentlichen Akteure wie Stadt und kommunale Unternehmen stellen, aber auch die privaten Eigentümer und Geschäftsinhaber, denen eine attraktive Innenstadt wichtig sein muss. Im Bermuda3Eck gibt es rund 70 gastronomische Betriebe. Dort befinden sich über 7.000 Plätze in der Gastronomie, davon 3.000 Freisitzplätze. Ein idealer Ort unter vielen weiteren, an denen WLAN frei zugänglich sein sollte.“

Die SPD macht hier aber nicht halt, sondern geht noch weiter, später heißt es: „Wir wollen an mehreren Orten Bochums, nicht nur in der Innenstadt, offene WLAN-Zonen einrichten.“

„Damit sind wir auf einem guten Weg. Unsere Forderung eines offenen kostenlosen WLAN-Netzes ist auch Teil unserer Abstimmungsmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger über die Dinge, die nach der Wahl zuerst angepackt werden sollen. Kurz: Wer schnell WLAN-Zonen in der Stadt möchte sollte sich am Abstimmungsverfahren an unseren Infoständen beteiligen.“, so Thomas Eiskirch, Vorsitzender der SPD Bochum.

Und es stimmt, das Kommunalwahlprogramm der SPD Bochum für 2014-2020 hat unter anderem auch freies WLAN als Thema (beschlossen wurde das ganze bereits im letzten Jahr – das Pottblog berichtete vom entsprechenden Parteitag der SPD Bochum).

PS: Ich bin übrigens Mitglied der SPD Bochum, habe aber mit der Erstellung des Wahlprogramms nichts zu tun – sondern freue mich tatsächlich, dass meine Partei ein solches Thema (und viele weitere wichtige(re)) anspricht und auch zeitnah auf den Artikel reagiert. :)

PPS: Wie ich erst jetzt sehe (eine entsprechende Pressemitteilung gab es dazu anscheinend nicht) haben die Piraten Bochum auch was zum Thema geschrieben: Internetwüste Bochum: Klarmachen zum ändern.


3 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Klaus Lohmann @ 15. April 2014, 18:21 Uhr

    Jo. Und „offen, frei und kostenlos“ bedeutet dann auch komplett offen ala Scheunentor, also NSA-Standard. Die ach-so „internetaffinen Generationen“ haben aber genau darauf keinen Bock mehr.

    Lass doch den peinlichen Funke-Verlag mit seinen Oma-Themen mal links liegen, da wirst Du kaum noch echte Recherche-Arbeit bekommen.


  2. (2) Kommentar von Lucas Reiter @ 15. April 2014, 22:38 Uhr

    Warum in Ruhrgebiet keine überregionale kostenlose Wlan-Nutzung von den Politikern verabschiedet wid, ist nicht nachvollziehbar.
    Das braucht doch nicht für jede Stadt erst mit ins Wahlprogramm aufzunehmen, damit dafür Mehrheiten gefunden werden.
    Völliger Blödsinn !!!

    In Unna wurde da nicht lange diskutiert. die Innenstadt erhält ein kostenlosen Wlan-Zugang. So sollte es auch in anderen Städten möglich sein ! Dann kann man auch dort in Ruhe kostenlos bei tennisprofi.info auch als Anfänger spielen. Dann weiss man auch warum Politiker dieses Spiel bevorzugen.:-) !


  3. (3) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 16. April 2014, 10:18 Uhr

    […] Ruhrgebiet: “Internet-Wüste Ruhrgebiet”…Pottblog […]


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