6. Ruhrkonferenz der RuhrSPD in Gelsenkirchen mit Sigmar Gabriel und ordentlich Tacheles
Am vergangenen Freitag fand die 6. Ruhrkonferenz der RuhrSPD statt. Formaler Grund für die Einladung nach Gelsenkirchen ins Hans-Sachs-Haus war die Aufstellung einer Reserveliste für das Ruhrparlament des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Die Zusammensetzung des Ruhrparlaments entscheidet sich auch bei der kommenden Kommunalwahl im Mai und hier wurden dann Wahlvorschläge für die Reserveliste präsentiert. Zwar gibt es für das Ruhrparlament (noch) keine Direktwahlkreise, aber die Stadträte entsenden nach der Kommunalwahl nach den jeweiligen Wahlergebnissen Vertreter in das Ruhrparlament – und für den Fall des Ausscheidens gibt es die zu wählende Reserveliste.
Doch das eigentlich beherrschende Thema der Ruhrkonferenz war das geplante Bundesteilhabegesetz. Dabei geht es darum, dass die Bundesregierung die Kosten für die Integration von Behinderten von den Kommunen übernimmt. Hier geistert immer wieder die Zahl von 5 Milliarden Euro als Entlastungssumme durch den Raum – eine enorme Summe, die natürlich die Haushalte der Städte deutlich entlasten würde. Doch hier fühlten sich viele (gerade auch SPD-regierte) Kommunen hintergangen, nachdem das ganze doch nicht so schnell kommen soll, wie es ursprünglich teilweise gedacht wurde.
Von der Ruhrkonferenz habe ich via Twitter – über den dafür eingerichteten Account @PottblogLive – berichtet (eine Zusammenfassung der gesammelten Tweets, Links usw. gibt es am Ende des Beitrages), jedenfalls dann, wenn man mal Netz hatte (das Hans-Sachs-Haus sorgt durch seine spezielle Verglasung nicht nur für eine gute Energieoptimierung, sondern auch für erschwerte Mobilfunkverbindungen…).
Die Diskussion zum Bundesteilhabegesetz (aber auch zu anderen Themen wie der Energiewende) nahm einiges an Fahrt auf und teilweise hatte ich schon den Eindruck, dass manche Teilnehmer gar nicht wussten, dass auch Presse vor Ort war („hier unter uns kann man das ja mal sagen“). Einige der Teilnehmer betonten auch immer wieder, dass man ja hier im Ruhrgebiet sei und Tacheles reden würde – was auch Sigmar Gabriel dann für sich beanspruchte und auch auf einige Vorwürfe entsprechend reagierte.
Besonders kritisierte er, dass die Arbeit der SPD in der großen Koalition anscheinend nicht richtig gewürdigt würde, denn obwohl die SPD hier seiner Meinung nach in den ersten 100 Tagen mehr erreicht hätte, als die große Koalition von 2005-2009, wäre das in der Wahrnehmung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es sei wohl Unart der SPD, dass man die eigenen Erfolge als gegeben hinnehmen würde (und mehr fordert!), anstatt sich mal drüber zu freuen. Und man müsse aufpassen, dass beispielsweise bei Verabschiedung des Mindestlohnes garantiert die CDU anfangen würde, sich den Erfolg dahinter auf die eigenen Fahnen zu schreiben. Ganz getreu nach dem Motto:
Wir von der CDU waren ja immer für den Mindestlohn.
In der Diskussion meldeten sich zahlreiche Mandatsträger zu Wort:
Ob nun beispielsweise der Bochumer SPD-Vorsitzende Thomas Eiskirch, der es kritisierte, dass es Wolfgang Schäuble gelungen sei, dass der Zwist mit den Kommunalpolitikern jetzt in der SPD ausgefochten wird und nicht dort, wo er seiner Meinung nach hin gehören würde (zur CDU), oder aber der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD), der nicht nur fußballerische Weitsicht bewies (da er doch korrekterweise sowohl den Sieg des FC Schalke 04 als auch den von Borussia Dortmund einen Tag später prophezeite), sondern auch forderte, dass beispielsweise die RuhrSPD mal auf Heller und Pfennig berechnen sollte, wie die Städte und Gemeinden von der großen Koalition profitieren würden.
Auch kritische Stimmen wie die der Essener Politikerin Britta Altenkamp, die ein Gegeneinanderausspielen von Kommunal- und Sozialpolitikern entschieden ablehnte (und sich dazu dann aber eine entsprechend deutliche Antwort von Sigmar Gabriel anhören durfte, nachdem er sie erst noch fragen musste, ob sie ihm jetzt auch zuzuhören würde) und der Bochumer Bundestagsabgeordnete sowie stellvertretende Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer (der auch Vorsitzender der NRW-Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion ist) kamen zu Wort. Schäfer kritisierte allgemein die Lage der Sozialdemokratie, wo nach es nicht sein könne, dass man auf Bundesebene endlich für das schwierige Thema Doppelpass/Optionspflicht eine gute Lösung gefunden habe (die Berichterstattern zufolge als deutlicher SPD-Sieg aufgefasst wird, das nur als Anmerkung am Rande) und dann schon wenige Stunden später mit Torsten Albig ein sozialdemokratischer Ministerpräsident das ganze ablehnen würde, obwohl er wahrscheinlich noch nicht einmal das Gesetz gelesen habe. Das sei einfach „scheiße“ – und damit erwähne ich nur den zitierfähigen Teil der Rede des Bundestagsabgeordneten, der in Bezug auf eine andere Person noch deutlicher wurde…
A propos Fußball:
Am Ende des „Sigmar Gabriel“-Teils der Ruhrkonferenz präsentierte Frank Baranowski dem SPD-Vorsitzenden einen kombinierten Fußballschal.
Man hätte ja aus der Vergangenheit gelernt, denn als Fotos von Peer Steinbrück (der beim BVB im Aufsichtsrat sitzt) mit Schalke-Schal bekannt geworden wären, hätte es ja etwas Aufruhr gegeben. Daher habe man einen kombinierten Ruhrgebietsschal als Unikat für Sigmar Gabriel erstellt. Borussia Dortmund, FC Schalke 04, Rot-Weiss-Essen und der VfL Bochum wären da drauf (siehe auch das Bild ganz oben). Auf die Frage der Duisburger Genossen was denn mit dem MSV sei antwortete Baranowski lapidar, dass seitens der Duisburger kein Schal kurzfristig zur Verfügung gestellt werden konnte und Sigmar Gabriel gab sich selber als Spielverderber (eine typische Position in der Sozialdemokratie, wie er selber zugab) und erklärte, dass er ja Werder Bremen-Fan sei.
Bevor dann die Reserveliste gewählt werden konnte, musste Sigmar Gabriel musste die Veranstaltung vorzeitig verlassen, schließlich hätte er noch einen Termin – auf Schalke. Was die designierte Dortmunder SPD-Vorsitzende Nadja Lüders im Laufe der Versammlung auch mal sinngemäß mit „Du brauchst uns morgen gar nicht nach Dortmund kommen!“ kommentierte (beim UB-Parteitag der SPD Dortmund war Sigmar Gabriel auch als Ehrengast vor Ort).
Zum Thema Schalke und Dortmund hatte Sigmar Gabriel dann noch eine Anekdote parat:
Er war mal bei einer Veranstaltung in Dortmund, wo ihm ein Genosse erklärt hätte, dass er mit der SPD und der Wahl vor Ort nicht mehr weiter wüsste. Er hätte ja alles von der SPD mitgetragen, egal was sie für Entscheidungen getroffen hätten, selbst die Agenda 2010 und Hartz IV. Aber jetzt hätten ihm die Genossen einen SPD-Kandidaten vorgesetzt, den er eigentlich wählen müsste, der aber Mitglied des FC Schalke 04 sei. Das würde doch nicht gehen.
Sigmar Gabriel zufolge dachte er erst, dass ihn dieses Parteimitglied veräppeln würde, merkte dann aber doch schnell, wie ernst es ihm sei…
Das Wahlergebnis der Reserveliste ist nicht bekannt – es ist jedoch davon auszugehen, dass die Wahlvorschläge so in der genannten Reihenfolge auch beschlossen wurden. Eine entsprechende Mitteilung der RuhrSPD dazu gibt es noch nicht. Insofern hätte man dort dann auch noch Zeit um einen groben Fehler zu korrigieren:
Eigentlich sollte man bei der RuhrSPD wissen, dass Mülheim ohne H geschrieben wird… ;)
Gesammelte Tweets und Links von der 6. Ruhrkonferenz der RuhrSPD:
Nachfolgend die gesammelten Beiträge via Twitter & Co. von der 6. Ruhrkonferenz der RuhrSPD im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus:
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