Dortmund hat seit gestern den ersten Oberbürgermeister-Kandidaten: David Grade von der Piratenpartei
In den vergangenen Wochen beherrschte der potentielle Rücktritt des amtierenden Dortmunder Oberbürgermeisters Ullrich Sierau (SPD) das politische Geschehen (das Pottblog berichtete mehrfach – zuletzt in diesem Beitrag mit einem Video-Interview).
Seit letzter Woche Freitag weiß man es jetzt genau: Oberbürgermeister Sierau ist zurückgetreten bzw. hat den Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gestellt (dem formal gesehen noch entsprochen werden muss, davon ist aber auszugehen) und will für die SPD wieder als OB-Kandidat am 25. Mai 2014 bei den gemeinsamen Kommunalwahlen antreten. Darüber wird die SPD Dortmund erst Ende März noch abstimmen, bei den anderen Parteien gibt es auch noch keine endgültigen Entscheidungen. Doch dank der Piratenpartei Dortmund gibt es jetzt schon eine erste offiziell beschlossene Kandidatur für das Rathaus:
Am gestrigen Sonntag wählte die Piratenpartei Dortmund nicht nur die Direktkandidaten und Listenkandidaten für den Rat, sowie die Kandidaten für die Bezirksvertretungen, sondern auch – aufgrund der aktuellen Lage – einen OB-Kandidaten.
Auf Listenplatz 1 wurde Christian Gebel gewählt, auf Listenplatz 2 Nadja Reigl (@gloeckchen_78) und auf Listenplatz 3 David Grade (@gradewegs bei Twitter).
Der auf Listenplatz 3 gewählte David Grade (siehe Foto) wurde dann auch noch – auf Vorschlag von Christian Gebel – als OB-Kandidat vorgeschlagen.
Der einzige Bewerber wurde dabei mit deutlicher Mehrheit (bei 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung) gewählt.
Dem Pottblog stand er nach seiner Wahl kurzfristig für ein Gespräch zur Verfügung.
Dabei äußerte der 1980 geborenen Diplom-Pädagoge, der als Quartiersmanager in der Dortmunder Nordstadt arbeitet, sich auch grundlegend zur doch kurzfristigen OB-Wahl zu äußern. Hier äußerte er dabei Kritik am amtierenden Oberbürgermeister Ullrich Sierau, denn mit seinem geplanten Rücktritt und dem Wunsch nach erneuter Kandidatur, würde er insbesondere in seiner eigenen Partei, der SPD Dortmund, dafür sorgen, dass die Personen, die bei der regulären nächsten Wahl ggf. selber für das Amt des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin kandidieren wollten, jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Grade ist natürlich klar, dass seine Chancen auf die Amtskette des Oberbürgermeisters von Dortmund eher gering sei, aber er will mit seiner Kandidatur vor allem auch ein Zeichen setzen, dafür, dass in der Politik vor Ort mehr Transparenz herrscht, die Entscheidungswege offener werden und auch über politische Grenzen hinweg vernünftige Entscheidungen gefällt werden sollten.
Als zwei wichtige Themen, die die Piraten zukünftig in der Dortmunder Politik ansprechen müssen, zählt einerseits die Bewältigung der sogenannten Armutseinwanderung nach Dortmund und die Haushaltsprobleme der Stadt. Hier sei es beispielsweise sinnvoll vielleicht bei der Wirtschaftsförderung, die kurzfristig Auswirkungen hat, Gelder umzuschichten, die eher in den Bildungsbereich gehörten, da sich das langfristig auszahlen würde.
Um das Drogenproblem in der Dortmunder Nordstadt zu lösen seien Vorschläge abseits parteipolitischer Ebenen notwendig – hier verweis er beispielsweise auf eine Sitzung der Bezirksvertretung, wo sogar CDU und Linkspartei gemeinsam abstimmten (wo durch die Linkspartei ein Programm für Schwerstabhängige (Diamorphin) vorgeschlagen wurde). Solch lagerübergreifendes Denken wäre in der Dortmunder Politik notwendig und Grade hofft darauf, dass die Piraten da die entscheidenden Impulse setzen können. Dahingehend setzen die Piraten in Dortmund ja beispielsweise in Bezug auf die regulierte Cannabis-Freigabe. Grade zufolge würde dies viele Probleme lösen, da dadurch die illegalen Geschäfte mit Cannabis einbrechen würden und Kinder/Jugendliche, effektiver geschützt werden würden.
Kommentar zur Nominierung von David Grade:
Chapeau, Piratenpartei Dortmund!
Über die mögliche Harmonisierung der Wahltermine unter Einbeziehung der OB-Wahl waren eigentlich alle politischen Akteure vor Ort schon seit Wochen informiert. Doch während die SPD, der man dahingehend ja schon sinistre Gedanken unterstellte (dass sie das nur machen würde, um andere Parteien unter Zugzwang zu setzen), selber sich noch mehr als anderthalb Monate Zeit lässt, erklärt die CDU Dortmund beispielsweise selber den Wahlkampf für eröffnet, hat aber noch keinen Kandidaten bzw. keine Kandidatin. Die FDP/Bürgerliste will sich bisherigen Aussagen zufolge ggf. der CDU anschließen, von der Linkspartei ist bisher nur bekannt, dass sie eine eigene Kandidatur (die nicht Utz Kowalewski heißen soll) anstrebt.
Insofern Gratulation an die Piratenpartei Dortmund, dass sie als erste politische Akteure vor Ort sich positioniert haben. Dabei ist es egal, dass vermutlich der nächste Oberbürgermeister von Dortmund eben nicht David Grade heißen mag, denn zu einer Demokratie gehört auch die Auswahl unter verschiedenen Kandidaten und dass es da auch Verlierer gibt. Sollte die Piratenpartei Dortmund in die kommunalen Vertretungen (Stadtrat und Bezirksvertretungen) einziehen – das wäre für die Piratenpartei schon ein großer Gewinn. Die OB-Kandidatur wird dabei sicherlich helfen, für die Ziele der Piratenpartei in der Öffentlichkeit zu werben. Ob das am Ende erfolgreich sein wird, wird sich zeigen – die letzten bekannten Umfragewerte (aus dem November 2013) sahen die Piratenpartei ungefähr auf Höhe von 2 % (ähnlich wie die FDP).
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Zitat: „Hier sei es beispielsweise sinnvoll vielleicht bei der Wirtschaftsförderung, die kurzfristig Auswirkungen hat, Gelder umzuschichten, die eher in den Bildungsbereich gehörten, da sich das langfristig auszahlen würde.“
Insbesondere an dieser Aussage zeigt sich mehr als deutlich, dass die Piraten von dieser Stadt Dortmund keine Ahnung haben wie sie funktioniert.
Das Bildung ein wesentlicher Faktor im Gefüge einer Stadt ist, das wird wohl keiner bestreiten. Jedoch der Wirtschaftsförderung einen Teil der „nur“ 12 Mio. Euro entziehen zu wollen und statt dessen in die Bildung zu stecken, zeugt von wenig Weitsicht. Die Bildung kann keine Stadt alleine verbessern, dazu gehören Rahmenprogramme seitens der Landesregierung. Dortmund kann hier allenfalls rudimentär tätig werden. Hier sieht man mal wieder, Piraten haben wesentliche Merkmale einer vernünftigen Politik noch nicht verstanden.
Man kann eben keinen Haushalt sanieren, wenn man seine ansässigen Firmen nur mit mehr Abgaben belästigt. Das geht wohl eher wenn man Hand in Hand mit der Wirtschaft Ziele definiert und Lösungen für die Zukunft sucht. Erst dann wird sich ein langfristiger Nutzen einstellen.
Piraten versuchen an dieser Stelle auch nur wieder die Dinge, die seit Jahren in der Politik Usus sind – „umschichten ohne nachdenken“.
Schade – neue Politik sieht anders aus.