Piratenpartei Bochum wählte keinen neuen Vorstand // Landesvorstand NRW übernimmt kommissarisch
Am Mittwoch fand eine Kreismitgliederversammlung (KMV) der Bochumer Piraten statt, da die Amtszeit des im Januar 2013 gewählten Vorstandes endet.
Doch entgegen der eigentlichen Planungen fand keine Wahl eines neuen Vorstandes statt, so dass teilweise bei einzelnen Teilnehmern der Versammlung der Eindruck aufkam, dass man sich jetzt umsonst getroffen habe. Stattdessen übernimmt jetzt der Landesvorstand der Piratenpartei NRW die Geschäfte des Vorstandes der Bochumer Piraten. Das klingt auf dem ersten Blick dramatischer als es eigentlich ist und nachfolgend wird aufgedröselt warum dem so ist:
Dazu hat das Pottblog den bisherigen Bochumer Vorsitzenden Bernd Worm und die beiden Mitglieder des Landtags (MdL) Simone Brand und Monika Pieper befragt. Vom Büro der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Monika Pieper erhielt das Pottblog die Information, dass die Abgeordneten der Piratenpartei sich derzeit auf einer Klausurtagung befinden und somit nicht auf die Anfragen reagieren können.
Bernd Worm stand jedoch dem Pottblog für Fragen zur Verfügung und erklärte, wie es gestern dazu kam, dass eben doch kein neuer Vorstand der Piratenpartei Bochum gewählt wurde:
Der Ablauf:
1.) Diskussion im Vorfeld der KMV
Am Tag der KMV hatten die MdL Brand und Pieper den Vorsitzenden kontaktiert, da bis dato keine Kandidaten für den Vorstand bekannt waren bzw. im Wiki der Piraten Bochum eingetragen waren.
Die Frage war, ob es nicht sinnvoll sei, die Wahlen zu verschieben und im Vorfeld eines neuen Termins ein Treffen mit allen Piraten des Kreisverbandes durchzuführen, bei dem darüber diskutiert werden kann, was die Basis für Erwartungen und Arbeitsaufträge für einen neuen Vorstand hat. Im Rahmen dieses Gesprächs erklärten die beiden auch, dass sie nicht in Abwesenheit für den Vorstand kandidieren würden.
Hintergrund hierfür waren sicherlich in der Vergangenheit aufgetretene atmosphärische Probleme zwischen verschiedenen Mitgliedern und auch ex-Mitgliedern der Bochumer Piraten. Die interne Mailingliste der Piratenpartei Bochum hatte in der Vergangenheit dahingehend schon in Piratenkreisen einen „legendären“ Charakter.
2.) Vorschlag zur Geschäftsordnung: Verschiebung der Wahl
Durch Bernd Worm wurde bei der Abstimmung über die Tagesordnung ein Geschäftsordnungs-Antrag eingebracht, um die Idee vorzutragen und darüber entscheiden zu lassen, ob man dieser Idee folgen wolle oder doch wie ursprünglich vorgesehen in der laufenden Versammlung einen neuen Vorstand zu wählen.
Hier entschied sich jedoch die Versammlung dagegen und wollte weiterhin wie geplant einen neuen Vorstand wählen.
3.) Der zweite Vorschlag zur Geschäftsordnung: (wieder) Verschiebung der Wahl
Im Verlauf der weiteren KMV wurde dieser Punkt durch einen weiteren Geschäftsordnungs-Antrag aufgegriffen – und diesmal wurde der Antrag angenommen und es wurde beschlossen, dass vor der Wahl eines neuen Vorstandes ein Arbeitstreffen durchgeführt werden soll.
Zwischenzeitlich wurden die MdL Simone Brand und Monika Pieper kontaktiert und gefragt, ob sie nicht ggf. doch in Abwesenheit für den Vorstand kandidieren würden. Da sie jedoch nicht erreicht werden konnten, war die Frage hinfällig.
Aufgrund des KMV-Beschlusses ist es dann zu keiner Neuwahl gekommen, wobei sich z.B. die bisherigen Vorstandsmitglieder Stephanie Kotalla und Markus Pieper bereit erklärt haben, grundsätzlich weiter im Vorstand zu arbeiten, während beispielsweise Bernd Worm selber aufgrund anderer Aufgaben im Bereich der Piratenpartei nicht mehr zur Verfügung steht.
4.) Der Landesvorstand übernimmt
Eigentlich könnte man ja annehmen, dass der bisherige Vorstand solange weiter im Amt bleibt, bis ein neuer Vorstand gewählt wurde (siehe auch § 4 (2) S. 2 der Satzung der Piraten Bochum. Doch die Piratenpartei handhabt das hier – u.a. mit Verweis auf das Parteiengesetz (ich habe aber weder hier noch im eher einschlägigen BGB einen entsprechenden Passus spontan gefunden…) – etwas anders – einschlägig ist hier wohl § 4 (6) der Satzung, in dem es heißt:
(6) Scheiden mehr als zwei Vorstandsmitglieder aus ihrem Amt aus oder erklärt sich der Vorstand selbst für handlungsunfähig, so führt der Landesvorstand die Geschäfte. Er beruft unverzüglich ein Kreisparteitag zur Wahl eines neuen Kreisverbandsvorstands ein.
Nach Pottblog-Informationen greift diese Satzungsregelung, da auf bzw. zeitlich gesehen zur KMV zwei Vorstandsmitglieder ihren Rücktritt erklärt hatten.
Dementsprechend hat sich auch bereits Patrick Schiffer, der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen Piratenpartei, quasi für den gesamten Vorstand bei den Bochumer Piraten in der örtlichen Mailingliste vorgestellt. Der nordrhein-westfälische Landesvorstand wird – in Zusammenarbeit mit dem bisherigen Kreisvorstand – eine neue KMV einberufen, auf der dann ordnungsgemäß ein neuer Vorstand gewählt werden kann.
Satz mit X? Oder war wirklich nix?
Bei einigen Mitgliedern der Bochumer Piraten kam angesichts des Verlaufes der Versammlung eine leicht gefrustete Stimmung auf. Nach dem Motto, das man nur umsonst dagewesen sei. Der alte Vorsitzende erklärte jedoch auf Pottblog-Anfrage dazu, dass unter anderem die Entlastung des alten Vorstandes und eine Behebung einer Diskrepanz zwischen Landes- und Kreissatzung sehr wohl als Ergebnisse der KMV zu werten seien.
„Wir wollen professioneller werden“
Am Anfang der Woche berichtete die WAZ Bochum unter der Ãœberschrift Piraten wollen professioneller werden grundsätzlich über den Bundesparteitag der Piraten in Bochum. Dort wurden jedoch auch die beiden MdL Brand und Pieper erwähnt, dort hieß es auch schon (obwohl es nach Pottblog-Informationen keinen gültigen Beschluss – jedenfalls in Bezug auf eine Reserveliste – dazu gibt), dass die beiden Landtagsabgeordneten auch für den Stadtrat kandidieren werden (das Wort „wollen“ wäre passender gewesen).
Es stellt sich jetzt angesichts des Verlaufes der KMV (es ist ja nicht so, dass diese plötzlich und unerwartet stattfand) die Frage, inwiefern das jetzt wirklich professionell ist. Kritisch könnte man auch anmerken, dass es schon merkwürdig erscheint, dass zum Thema „Verschiebung der Wahlen“ mehrfach abgestimmt wurde. Da könnte man ein Geschmäckle nach dem Motto „Man wählt so lange, bis das gewünschte Ergebnis passt.“ vermuten.
Sicherlich mag so eine Aussprache über die Aufgaben und Ausrichtung des Vorstandes sinnvoll sein (so etwas hatte die Piratenpartei ja auch auf Bundesebene durchgemacht) – aber auch hier stellt sich natürlich die Frage, warum man das erst jetzt machen will.
[…] Bochum: Piratenpartei wählte keinen neuen Vorstand…Pottblog […]
Der Landesvorstand übernimmt nicht kommissarisch, der alte Vorstand bleibt im Amt. Es sind eben nur zwei, und damit nicht mehr als zwei zurückgetreten. Und eine Entlastung ist keine Entlassung.
Bei den Piraten sieht ja alles anders aus, dennoch habe ich den Eindruck, dass gezielt die Ebene vor Ort ausgeschaltet wurde zu Gunsten der Funktionäre der Landesebene, den Fraktionsmitgliedern samt Landesvorstand. Wird dann in Düsseldorf über die Zukunft der Bochumer Piratenpartei entschieden? Das wirkt dann äußerlich im Ablauf nicht „professionell“, aber die professionellen bis hauptamtlichen Funktionäre geben jetzt den Ton an, bestimmen Termine, Orte, Geschäftsordnung und Sitzungsvorgaben. Solange der Verband selber nicht handlungsfähig ist, bleiben sie zudem allein handlungsfähig „qua Amt“.
Das ist dann der übliche Weg der Etablierung einer Partei. Die Professionellen bzw. Hauptamtlichen übernehmen einen Großteil der Führung. Sie kennen die Spielregeln. Das ist auch eine „Professionalisierung“, auch wenn es zunächst anders daher kommt bzw. im WAZ-Artikel einen anderen Eindruck erweckt. Die Piraten wandeln sich zur Kaderpartei. (Der begriff ist politikwissenschaftlich korrekt, in Deutschland aber als links bis kommunistischer Jargon verzerrt)
Die genannten Ex-Mitglieder, sind bereits vor 4 Monaten ausgetreten. Sie hatten immer wieder vergeblich gefordert, dass sich der Kreisverband eine handlungsfähige Struktur gibt, und systematisch ein Wahl- und Grundsatzprogramm für die Kommunalwahl entwickelt. Alles gibt es bis heute bei den Piraten nicht.
Alle Vorschläge, die die Ex-Mitglieder zu den brennenden Punkten immer wieder gemacht haben, wurden immer wieder als unwichtig verworfen.
Um etwas für die Stadt zu erreichen, blieb nur der Austritt. Aus dem Austrittsschreiben: „Mit der Piratenpartei konnte man in Bochum nichts auf die Beine stellen. Kein kommunalpolitisches Thema von Relevanz war dort nachhaltig einzubringen. Oberflächlichkeit und Marginalität hielt endgültig mit dem neuen Vorstand Einzug. Pöstchen waren wichtiger als Inhalte.“
Absehbar folgte die endgültige Bankrotterklärung jetzt. Der KV ist nicht mal mehr in der Lage einen Vorstand zu wählen. Trotzdem man weder Vorstand noch Programm hat will man aber trotzdem zur Kommunalwahl antreten… . In der Not übernehmen die Landtagsabgeordneten Brandt und Pieper wohl auch noch die Stadtrats- und Vorstandsposten.
Tiefer kann man als Partei, insbesondere mit den ehemals heeren Vorsätzen der Piratenpartei, kaum sinken.
Leider besteht nur wenig Hoffnung, dass man jetzt aus den Fehlern lernt und erkennt, dass eine Partei ohne Struktur und systematische Entwicklung von Inhalten keine Zukunft hat und keinen Anlass bietet, gewählt zu werden.
Die Piraten sind Geschichte, in ein Paar Jahren wird sich keiner mehr an Sie erinnern…
[…] vor drei Tagen berichtete das Pottblog, dass die Piratenpartei Bochum keinen neuen Vorstand wählte (obwohl das geplant war) und stattdessen der Landesvorstand NRW die Amtsgeschäfte kommissarisch […]
[…] nicht so aus, als ob die Aussage, wonach die MdLs bei der Kommunalwahl kandidieren werden (siehe diesen Pottblog-Bericht und den WAZ/DerWesten-Beitrag Piraten wollen professioneller werden) – jedenfalls nicht […]