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Jens Matheuszik — 30. Dezember 2013, 17:32 Uhr

Indizien für geheime Nebenabreden der SPD mit CDU/CSU in Sachen Rente und Arbeitslosigkeit?


Sigmar Gabriel, Angela Merkel, Horst Seehofer - Unterschriften unter dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, Foto von Martin Rulsch Wikimedia Commons CC-by-sa 3.0 de

Sigmar Gabriel, Angela Merkel, Horst Seehofer präsentieren die Unterschriften unter dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD
Foto von Martin Rulsch, Wikimedia Commons, CC-by-sa 3.0/de

Als der Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD zur Bildung einer großen Koalition bekannt wurde (der inzwischen – siehe obiges Bild – von den Parteivorsitzenden unterzeichnet wurde), gab es gleich ein wenig mediale Aufregung – denn es wurden von geheimen Zusatzvereinbarungen berichtet.

Zusammen mit anderen SPD-Mitgliedern aus Bochum diskutierte ich auch über den Koalitionsvertrag und wir kamen auch auf die angeblichen Nebenabreden zu sprechen. Wir waren uns eigentlich einig, dass so etwas in den Bereich der Verschwörungstheorien einzusortieren ist.

Wenn es da nicht dummerweise das eine oder andere Indiz geben würde…

Das ganze ist jetzt schon eine Zeit lang her, aber ich erinnere mich daran, dass wir einige Punkte im Bereich der Gesundheits- und der Rentenpolitik „entdeckt“ hatten, die von den Verhandlungsteilnehmern als Einigung präsentiert wurden, aber nicht im endgültigen Koalitionsvertrag auftauchten (und auch nicht in den diversen Entwürfen, die es vorab gab).

Tatsächlich habe ich das ganze wieder vergessen, bis jetzt am Wochenende der Tagesspiegel aus Berlin folgenden Artikel veröffentlichte: Große Koalition: Schwarz-Rot startet mit Rentenstreit.

Im Artikel heißt es sinngemäß, dass für die abschlagsfreie Rente mit 63 auch Zeiten Arbeitslosigkeitszeiten berücksichtigt werden sollen. Jedoch scheint man seitens CDU/CSU und SPD andere Auffassungen über den Umfang der Berücksichtigung zu haben:

Unterstützt von den Gewerkschaften fordern SPD-Experten, für die geplante abschlagsfreie Rente mit 63 auch „unbegrenzt“ Zeiten von Arbeitslosigkeit anzurechnen. […] Die Union dagegen pocht darauf, bei den erforderlichen 45 Beitragsjahren nur bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen.

SPD-Sprecher Tobias Dünow dagegen verwies darauf, dass bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes im SPD-geführten Arbeitsministerium für anzurechnende Zeiten von Arbeitslosigkeit „keine Obergrenze vorgesehen“ sei.

Auch das Handelsblatt berichtet bereits darüber. Und darüber fiel mir die Angelegenheit wieder ein, denn tatsächlich war die Frage nach der Anrechenbarkeit der Arbeitslosigkeits-Zeiten ein Indiz für eine Nebenabrede zum offiziellen Koalitionsvertrag. Denn im Koalitionsvertrag stand zum Umfang der Anrechnung tatsächlich nichts.

Aber der am 2. Dezember 2013 verschickte SPD-Mitgliederbrief mit der Ãœberschrift Unsere Handschrift im Koalitionsvertrag – Die gute Rente zum Leben bzw. die Anlage ist eindeutig (die Hervorhebung stammt von mir):

SPD: Die gute Rente zum Leben

WIE LANGE MUSS ICH ARBEITEN, UM MEINE VOLLE RENTE ZU BEKOMMEN ?
Wer 45 Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt hat, wird ab dem 1. Juli 2014 schon schon zwei Jahre früher als bisher in Rente gehen können – ohne Abschläge! Auch, wenn bis zu 5 Jahre Arbeitslosigkeit dabei waren. Konkret heißt das: Für Ältere ist dann der Ruhestand mit voller Rente schon ab 63 möglich, für Jüngere ab 64 beziehungsweise 65 Jahren.

Der Mitgliederbrief der die SPD-Mitglieder über die Verhandlungsergebnisse informiert war der Mail übrigens nicht direkt beigefügt, sondern durch einen Link auf die entsprechende Datei auf dem spd.de-Server. Ich weiß jetzt nicht ob es Zufall ist – aber es ist so, dass just diese Datei auf spd.de nicht mehr abrufbar ist – während die entsprechenden Dateien zu anderen Themen (z.B. zum Thema Handlungsfähige Städte und Gemeinden) noch verfügbar sind.

Reaktion der SPD dazu?

Ich habe bei der Pressestelle des SPD-Parteivorstandes nachgehakt und gefragt, ob es irgendwelche Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag gab. Hierzu teilte man mir mit, dass es lediglich eine Zusatzabsprache zur Gesundheitspolitik gibt. „Darüber hinaus gibt es keinerlei Nebenabsprachen oder Protokollnotizen und erst Recht keine Geheimabsprachen.“

Zum Mitgliederbrief und der Angabe der 5 Jahre Arbeitslosigkeit hieß es wie folgt:

Im genannten Dokument gab es einen redaktionellen Fehler, der später behoben wurde. Es wurde bei der Rente mit 63 fälschlicherweise von der Anrechnung von 5 Jahren Arbeitslosigkeit gesprochen, obwohl der Koalitionsvertrag lediglich von 45 Beitragsjahren „einschließlich Zeiten der Arbeitslosigkeit“ spricht, also keine Begrenzung festschreibt. Der Fehler im Dokument kam dadurch zustande, dass an anderer Stelle – nämlich bei der solidarischen Lebensleistungsrente – im Koalitionsvertrag festgelegt ist, dass „bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit wie Beitragsjahre behandelt“ werden sollen. Diese Verwechslung wurde bemerkt und in späteren Dokumenten der SPD sind die Ergebnisse des Koalitionsvertrages korrekt dargestellt.

Der „redaktionelle Fehler“ sei auch der Grund, warum die Datei vom Server genommen wurde, damit der Fehler korrigiert wird.


1 Kommentar »

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  1. (1) Kommentar von Michael Marheine @ 1. Januar 2014, 11:53 Uhr

    Bisher konnten sich alle Parteien immer sicher sein – wenn auch nach langem Hin und Her – eine Regierungsbildung hin zu bekommen.

    Es wird allgemein unterschätzt, dass es mittlerweile eine – noch nicht organisierte – weitere Partei gibt in unserem Lande. Diese hat eine gemeinsame Haltung und ist sich durchaus mittlerweile bewusst, warum sie diese Haltung hat. Die Nichtwähler-Partei!

    Es geht nicht um Faulheit, zum Wahllokal zu gehen. Es geht um das Gefühl der Machtlosigkeit und das das Geschacher eh immer los geht, nachdem Meinungen abgegeben wurden. Der Einfluss der Wahl hat viel zu wenig direkte Wirkung auf die Regierungsbildung, wie man dieses Mal wieder sah. Letztendlich hat eine kleine Gruppe der deutlichen Wahlverlierer über die Regierung entschieden.

    Wenn die Nichtwählerschaft ansteigt – also die Wahlbeteiligung so niedrig wird, dass die Wahl nicht mehr repräsentativ ist oder sie sich einmal entschließt zur Formierung, dann wäre eine Reform hierzulande möglich, bei der mal frischer Wind in die Sache käme und viele „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden könnten.


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