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Jens Matheuszik — 25. März 2013, 06:23 Uhr

NRW-Landesregierung stellt heute Gesetz für Journalismus-Stiftung „Vielfalt und Partizipation“ und Online-Konsultation für das Landesmediengesetz NRW vor


Schon im Entwurf des Koalitionsvertrags von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen nach der Landtagswahl 2012, war eine Stiftung für den Journalismus vorgesehen.

Damals hieß es dazu: Die Einrichtung einer Stiftung für „Vielfalt und Partizipation“ soll Qualität, Unabhängigkeit und Vielfalt bei der Produktion von Medieninhalten in NRW sicherstellen.

Inwiefern natürlich aktuelle medienpolitische Entscheidungen der Landesregierung dieser Tage ((die Rede ist hier natürlich von einem Durchwinken des umstrittenen Leistungsschutzrechtes)) Qualität, Unabhängigkeit und Vielfalt sichern sollen, sei nun mal dahingestellt…

Im Juni 2012 gab es dann von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Rahmen des Medienforums NRW ((wo übrigens Medien-Staatssekretär Marc Jan Eumann im Pottblog-Gespräch noch einmal versicherte, dass man das Leistungsschutzrecht nicht wolle…)) (siehe die Rede von Hannelore Kraft im Video) eine Grundsatzrede dazu, bevor sie dann danach den Koalitionsvertrag unterschrieb (siehe auch taz.de).

Zwischenzeitlich wurden die Pläne für die Stiftung konkreter – und am heutigen Montag soll die Landesregierung erstmals einen Gesetzentwurf dazu vorstellen:

So berichtet es jedenfalls DER SPIEGEL in der heutigen Ausgabe (siehe auch die Vorabmeldung NRW will Journalismusstiftung über Rundfunkbeitrag finanzieren). Die Welt am Sonntag sieht das ganze schon etwas kritischer (Geht die freie Presse bald baden?) und bei den Ruhrbaronen ist man der Meinung, dass Rot-Grün in NRW vor dem ersten Schritt zu öffentlich-rechtlichen Verlagen ist.

Solange der Gesetzentwurf noch nicht bekannt ist, ist es meiner Meinung nach verfrüht nur negative Aspekte zu sehen. Die Idee beispielsweise die Stiftung über die Mittel der Landesanstalt für Medien (LfM) zu finanzieren, spricht auf den ersten Blick für eine gewisse Staatsferne. Wenn man jedoch die rot-grünen Politiker immer wieder davon reden hört, dass eine solche Stiftung staatsfern sein soll und dann auch noch der Vergleich mit den öffentlich-rechtlichen Sendern gezogen wird, dann fragt man sich – spätestens seit der Kontroverse um die Vertragsverlängerung von Nikolaus Brender beim ZDF – schon, wie staatsfern das ganze sein kann.

Fraglich ist auch, inwiefern manche Elemente der geplanten Stiftung überhaupt notwendig sind – denn ob im Bereich Journalismus wirklich Weiterbildungsmaßnahmen ein drängendes Problem sind, sei mal dahingestellt.

Wie könnte eine Stiftung für mehr Vielfalt sorgen?

Schon als die ersten Ideen zu dieser Stiftung bekannt wurden habe ich mich gefragt, inwiefern die publizistische Vielfalt davon profitieren könnte. Vielleicht ist es eine egoistische Sichtweise, aber ich denke, dass eine solche Stiftung eher im Internet denn bei den Print-Publikationen wirken könnte. Denn die Stiftung dürfte wohl bei den großen Verlagen eigentlich nur ein müdes Lächeln verursachen, da ihre Mittel jetzt nicht so groß bemessen sind, als dass man damit eine bedrohte Zeitung vor der Pleite retten könnte.

Das Internet – die „Vielfaltsreserve“ für Vielfalt?

Eine Studie im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung, deren Ergebnisse vor einigen Wochen bekannt wurden, ergab, dass es eine sogenannte „Vielfaltsreserve“ im Internet gibt. Das ist ein Begriff, den ich erstmals von Studienautor Horst Röper hörte, der diesen auch immer wieder im Rahmen der Diskussionen rund um die Schließung der Westfälischen Rundschau (WR)-Redaktionen einwarf. Gemeint ist damit, dass für journalistische Vielfalt eher das Internet eine Chance darstellt als der Print-Bereich – die letzte erfolgreiche Neugründung hier liegt Jahrzehnte zurück und im Internet gibt es deutlich weniger Fixkosten als wenn man eine gedruckte Tageszeitung auf den Markt bringen will.

Blog-Dienstleistungen wie Buchführung, Rechtsberatung u.ä.?

Etablierte Blogs haben – auch in Nordrhein-Westfalen – immer wieder mal das Problem, dass es zu juristischen Auseinandersetzungen kommt. Ob nun Abmahnungen oder ähnliches – etwas, was einen großen Verlag eher nicht juckt, kann für ein Blog ein großes finanzielles Risiko darstellen.

Insofern wäre es ganz interessant zu wissen, ob eventuell durch eine solche Stiftung die Möglichkeit existiert, administrative Aufgaben/Dienstleistungen zu übernehmen.

Unterstützung für Selbständige bei Gründung/Aufbau

Gerade nach der Schließung der WR-Redaktionen (und man kann davon ausgehen, dass das nicht die letzten Entwicklungen dieser Art waren…) gründeten sich schnell alternative Angebote im Internet. Hier könnte die Stiftung für Anschubfinanzierungen und Aufbauhilfen sorgen. Was spräche beispielsweise dagegen, dass durch solche Stiftungsmittel notwendige Ressourcen (wie z.B. Serverkosten) zur Verfügung gestellt werden? Hier könnten dann auch Synergieeffekte eintreten, wenn beispielsweise verschiedene Angebote die gleichen Strukturen nutzen.

Kritik der FDP-Landtagsfraktion

Auch wenn die Gesetzespläne noch nicht komplett bekannt sind, gibt es bereits Kommentare der FDP-Landtagsfraktion dazu. So äußert sich Thomas Nückel, der medienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, zu den Plänen wie folgt:

„Politische Versprechen sollen jetzt also über die Rundfunkgebühren finanziert werden. Das gleicht einer Zweckentfremdung von Gebührengeldern, die vom geltenden Rundfunkstaatsvertrag nicht gedeckt ist. Staatssekretär Eumann betreibt ein gefährliches Spiel, um bislang unabhängige Print-Medien in öffentlich-rechtliche Strukturen zu überführen. Die von Rot-Grün geplante Journalismus-Stiftung scheint sich als Versuch zu entpuppen, Journalismus verstärkt dem Einfluss von Funktionären und der Politik auszusetzen.

Für fragwürdig halte ich den Zeitpunkt der Vorlage des Entwurfs für die Novelle des Landesmediengesetztes. Zwei der vier vorgesehen Wochen `Konsultationszeit´ liegen in der Osterpause. In der verbleibenden Zeit werden betroffene Verbände und Institutionen nur schwer noch in der Lage sein, den Arbeitsentwurf ausreichend in ihren Gremien zu beraten.“

Online-Konsultation zum Landesmediengesetz

Die gesetzliche Grundlage für die neue Stiftung ist das Landesmediengesetz NRW (LMG NRW). Im Entwurf zum neuen LMG NRW findet sich in § 116 folgender neuer Absatz (3) – die Hervorhebung stammt von mir:

(3) Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 88 verwendet die LfM von ihrem Anteil nach Absatz 1 Satz 1
a) mindestens 850.000 Euro jährlich zur Förderung der „Grimme-Institut Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH“;
b) mindestens 850.000 Euro jährlich für die Förderung der „Internationale Film Schule Köln GmbH“;
c) 1,6 Mio. Euro jährlich für die „Stiftung Vielfalt und Partizipation“ zur Förderung von Medienkompetenz. Dies soll insbesondere durch folgende Maßnahmen erfolgen:
– Förderung der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden, die mit der lokalen und regionalen Berichterstattung befasst sind,
– Finanzierung einer Stiftungsprofessur für Lokaljournalismus,
– Erteilung von Recherchestipendien,
– Förderung der Akzeptanz von lokaler und regionaler Berichterstattung beim Mediennutzer.
Die „Stiftung Vielfalt und Partizipation“ finanziert sich neben den Zuweisungen der LfM aus sonstigen Mitteln. Das Nähere ist in einer Satzung der „Stiftung Vielfalt und Partizipation“ zu regeln.

Das gesamte LMG NRW stellt die Landesregierung derzeit unter landesmediengesetz.nrw.de zur Diskussion. Bis zum 19. April kann man sich Gedanken zur Novellierung des LMG NRW machen und den Entwurf kommentieren.

Dr. Angelica Schwall-Düren, die Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen ((ja, die Ministerin, die vor kurzem noch in einem Ausschuss des Landtages sagte, sie würde das Leistubgsschutzrecht bekämpfen und eine Woche später im Bundesrat davon nichts mehr wusste…)) hofft auf rege Teilnahme.

Erfahrungen der bisherigen Online-Konsultationen nach, soll es jedoch zum Teil auf wundersame Weise passiert sein, dass bestimmte Punkte, die im Rahmen der Konsultation eher durchgefallen sind, doch den Weg in den Gesetzestext fanden.

Insofern bleibt es spannend zu sehen, einerseits inwiefern die Online-Konsultation zum LMG NRW wirklich genutzt wird und andererseits was davon wirklich in Gesetzestexte fließt – oder ob das ganze Procedere nur ein Feigenblatt unter dem Deckmantel der Teilhabe ist.


5 Kommentare »

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  1. (1) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 25. März 2013, 06:33 Uhr

    […] NRW III: Landesregierung stellt heute Gesetz für Journalismus-Stiftung vor…Pottblog […]


  2. (2) Kommentar von Karlheinz Stannies @ 25. März 2013, 14:56 Uhr

    Weil Du Dich das fragst, lieber Jens: Unter „Weiterbildung“ der Stiftung stelle ich mir vor allen möglich gemachte New-Media-Kurse für Lokaljournalisten vor. Die sind oft vor lauter Blattfüll-Stress nicht dazu gekommen, sich hier umfassend zukunftsfit zu machen. Den Ogottogott-Alarmismus der FDP und vom Ruhrbaron kann ich nicht nachvollziehen.


  3. (3) Kommentar von JohnSturges @ 26. März 2013, 07:09 Uhr

    Man stelle sich folgendes Szenario vor: Eine rechtsgerichtete, national gesinnte Zeitung (wie etwa die Junge Freiheit), der man allerdings keine strafrechtlich relevanten Verfehlungen vorwerfen kann, stünde am Rande der Insolvenz, bräuchte Unterstützung und beantragte Mittel bei der Journalisten-Stiftung. Man würde ihr die staatliche Unterstützung unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich Pressefreiheit kaum verwehren können, wenn man eine Stiftung zur Förderung des Journalismus erst einmal etabliert hat. Aber wollen wir wirklich eine Situation schaffen, in der – auch! – solches Gedankengut finanziell gefördert würde? Soweit denkt Rot/Grün wahrscheinlich nicht. Diesen Parteien geht es wie immer zunächst um das Bedienen ihrer eigenen Klientel. Das wird aber in diesem grundrechtlich äußerst sensiblen Bereich nicht gelingen. Also sollte man es lassen; der zu erwartende Schaden dürfte immens sein. Im übrigen sollte Journalismus staatsfrei sein. Ein Neues Deutschland von Hannelores Gnaden und zur Lobpreisung ihrer Klientelpolitik brauchen wir nicht!


  4. (4) Kommentar von Jens Matheuszik @ 31. März 2013, 14:19 Uhr

    @Karl-Heinz Stannies (2):
    Wobei ich da eher die Verlage in der Pflicht sehe. Wenn die ihren Leuten bisher solche Kurse nicht gewähren (wie sieht das eigentlich mit dem Arbeitnehmer-Bildungsurlaub bei Verlagen aus?), dann weiß ich nicht, ob sie es machen, wenn irgendeine Stiftung dahingehend was fördert.

    Das ich das ganze übrigens nicht unbedingt so wie die Ruhrbarone oder die FDP und ex-Ruhrbaron Nückel sehe liegt glaube ich auf der Hand.

    @John Sturges (3):
    Im Grunde hast Du recht, wobei es hier ja um lokale Projekte geht und insofern wäre das Beispiel der JF nicht zutreffend, da die ja eher national denn lokal ist (pun intended!).

    Inwiefern jedoch eine solche Stiftung der „eigenen Klientel“ hilft kann ich mir nicht so recht erklären…


  5. (5) Kommentar von JohnSturges @ 1. April 2013, 09:14 Uhr

    @Jens Matheuszik Zum lokalen Bezug: In NRW gibt es – leider – auch viele „nationale Projekte“ mit lokalem Bezug (vgl. z.B. Aktionen der sog. Borussenfront in Dortmund und ihrer Protagonisten, Stichwort SS-Siggi) Es dürfte rechtslastigen Postillen nicht schwer fallen, durch entsprechende Gestaltung ihrer Berichterstattung solche lokalen Bezüge herzustellen, um die Förderung abzugreifen.

    Zur „eigenen Klientel“. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass SPD und Grüne in aller Regel (ich glaube eher aus Naivität denn aus politischer Berechnung sowie meist mangels ausreichenden juristischen Sachverstandes) nur die positiven Aspekte der von ihnen initiierten staatlichen Leistung für sich und für die sie unterstützenden gesellschaftlichen Kräfte sehen (wollen?), ohne die übrigen Folgen zu bedenken. Ein Beispiel in diesem Kontext: Bei Schaffung des Antidiskriminierungsgesetzes sollte nach dem Willen von SPD und Grünen unbedingt auch das Differenzierungsverbot der politischen Weltanschauung ins Gesetz aufgenommen werden. SPD und Grüne hoben hervor, wie wichtig es für eine freie Gesellschaft sei, auch linkes Gedankengut nicht zu diskriminieren. Dass demgegenüber die größte Gefahr vom extremen rechten Rand drohte, blendeten sie dabei ignoranterweise völlig aus: Erst als ihnen Experten vor der 3. Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag eindringlich deutlich machten, dass dann zukünftig jeder Gastwirt seine Räumlichkeiten auch Neonazi-Vereinigungen zur Verfügung stellen müsste, schreckten SPD und Grüne auf und realisierten endlich, welch abstruse Folgen ihre (gut gemeinten, aber reichlich naiven und von keiner Rechtskenntnis getrübten) gesetzgeberischen Vorstellungen haben würden. Das Differenzierungsverbot der politischen Weltanschauung wurde gerade noch rechtzeitig aus dem Gesetzentwurf gestrichen – sehr zum Ärger sog. „Nationaler Kameradschaften“.

    Wenn man also eine staatliche Leistung einführt, muss man sich darüber im klaren sein, dass mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG auch die schlimmsten Gegner unserer Demokratie davon profitieren können, vor allen Dingen in einem so sensiblen Bereich wie der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, die das BVerfG auch den Feinden unserer Freiheit einräumt.

    Viele Grüße und noch einen schönen Feiertag
    John


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