Django Unchained (Kinostart heute): Besprechung des neuen blutigen Meisterwerks von Quentin Tarantino
Der neueste Quentin Tarantino-Film Django Unchained (siehe auch den Wikipedia-Beitrag zu Django Unchained) spielt im Süden der USA – wenige Jahre vor dem Bürgerkrieg. Damals gab es in den Südstaaten noch die Sklavenhaltung, bei denen die Sklaven nicht wie Menschen, sondern wie Dinge behandelt wurden.
In dem Film, der sich alleine schon von den ersten Bildern und dem Soundtrack her wie ein klassischer Italo-Western anfühlt, sieht man erst den (von seinen „Besitzern“) mißhandelten Sklaven Django (Jamie Foxx), der nach einer Verkaufsaktion gerade dem neuen Besitzer überführt werden soll. Doch es kommt anders, denn der Treck der Sklaven und ihrer beiden Aufpasser begegnet einem äußerst freundlich und zivilisiert wirkenden älteren Mann auf seiner Kutsche, der sich als Zahnarzt herausstellt. Dr. King Schultz (Christoph Waltz) aus Deutschland versucht mit den beiden Sklaventreibern auf überaus höfliche und zuvorkommende Art und Weise – die ihm von einem der Sklaventreiber die Bezeichnung „Lackaffe“ verschafft – ins Geschäft über den Sklaven Django zu kommen.
Das scheitert jedoch und dann lässt der harmlos wirkende Dr. King Schultz äußerst überraschend und wirksam die Waffen sprechen.
Damit sind auch schon zwei der hauptsächlichen Stilmittel des Filmes beschrieben: edle Sprache, Wortwitz und Gewalt…
Damit alles seine Richtigkeit hat, fertigt Dr. King Schultz auch noch eine Urkunde über den Erwerb von Django an (der zu diesem Zeitpunkt noch lebende verbliebene Sklaventreiber bekommt sogar Geld dafür) und bedeutet ihm dann, ihn zu begleiten.
Der befreite Django weiß erst gar nicht wie ihm geschieht, bis ihm Dr. King Schultz erklärt, dass seine eigentliche Profession nicht mehr die eines Zahnarztes ist, sondern die eines Kopfgeldjägers. Er erklärt ihm das Konzept des Kopfgeldjägers, dass er aus Deutschland, genauer gesagt aus Düsseldorf(!) stammt, und hier im Süden der USA davon lebt, dass er den per Haftbefehl gesuchten Personen „tot oder lebendig“ (mit Betonung auf der ersten Auswahl!) auf die Schliche kommt.
Dr. King Schultz hat Django befreit bzw. gekauft, da er seine Hilfe benötigt um die berüchtigten Brittle-Brüder zu fangen, die er gar nicht kennt. Eigentlich würde er ja das Konzept der Sklaverei ablehnen, aber es würde ihm jetzt gut zu pass kommen, dass Django ihm gehorchen müsse. Er bietet ihm an im Gegenzug für dessen Hilfe zu helfen seine Frau Broomhilda zu suchen, die Dr. King Schultz übrigens nur als Brunhilde bezeichnet.
So machen sich Dr. King Schultz und Django auf dem Weg zu Calvin Candie, auf dessen Plantage Broomhilda arbeitet – und der Weg dorthin ist nicht steinig und schwer, sondern gewalttätig/blutig und auch witzig. Nicht die gewalttätigen Szenen sind witzig, sondern das Drumherum. In Rückblenden erfährt man mehr über Broomhilda und Django und wie sie in der Vergangenheit misshandelt wurden. In der filmerischen Gegenwart sorgt der auf einem Pferd reitende Django, der mal als gleichberechtigter Partner von Dr. King Schultz, mal als sein Lakai firmiert, bei der Bevölkerung des Südens (egal welcher Farbe) für deutliche Verwunderung.
Auf dem Weg zu Calvin Candie (der recht gut dekadent von Leonardo diCaprio dargestellt wird) bringt Dr. King Schultz Django „Freeman“ sein Geschäft gut bei und bringt ihm auch die deutsche Sagenwelt (mit Brunhilde und Siegfried) nahe…
Mein Fazit zu „Django Unchained“:
Eigentlich reichen zwei Worte zur Beschreibung: Quentin. Tarantino.
Wenn man will kann man das auch noch „erweitern“, dann reichen vielleicht auch zwei Namen zur Beschreibung: (Quentin Tarantino und) Christoph Waltz.
Um es etwas ausführlicher vorweg zu nehmen: Wer bisher die Quentin Tarantino-Filme gut fand, der kann bedenkenlos jetzt beim Kino seiner Wahl versuchen noch Tickets für heute Abend zu bekommen und braucht gar nicht weiterlesen.
Die Idee Tarantinos ein gesellschaftskritisches Thema (den Umgang der USA mit der Sklaverei, den Quentin Tarantino in einem aktuellen Interview mit DerWesten sogar als „Holocaust“ bezeichnete – was ich persönlich so nicht sehen würde) zu thematisieren und das im Stile eines alten Italo-Westerns kann man eigentlich nur gut finden. Mit viel Liebe zum cineastischen Detail (alleine der Soundtrack weckt Erinnerungen an früher und man denkt befürchtet immer, dass gleich Bud Spencer & Co. auftauchen) gestaltete Tarantino einen langen, aber nicht langatmigen, Film, der zwar trotz vieler Gewaltszenen doch mehr vom Wort lebt.
Ein gutes Händchen bewies Tarantino nicht nur bei der Geschichte, sondern auch beim Casting für den Film: Die (für mich) Hauptrolle ((offiziell wird Christoph Waltz nur als Nebendarsteller geführt)) von Christoph Waltz als Dr. King Schultz (alleine der Name!) ist perfekt besetzt und so klingt es auch glaubwürdig, wonach Tarantino – nach dem gemeinsamen Erfolg mit „Inglourious Basterds“ – die Rolle Waltz auf den Leib geschrieben hat.
Das der Film mehr vom Wort als von der Gewalt lebt, sieht man alleine schon an den Dialogen (die manchmal eher Monologe sind) von Dr. King Schultz. Diese sind ein Genuss, denn beim Schreiben der Zeilen muss da der eine oder andere Schelm beteiligt gewesen sein.
Auch Jamie Foxx als zweiter bzw. eigentlicher Hauptdarsteller ist gut besetzt und gerade seine charakterliche Entwicklung im Film ist bemerkenswert, denn das wird durch Foxx sehr gut dargestellt, so dass man den Eindruck gewinnen kann, dass man am Anfang eine andere Person sieht als am Ende des Filmes – aber dementsprechend ist ja auch Django im Film gereift.
Doch es gibt ja nicht nur die Hauptdarsteller die zu begeistern wissen – auch die Nebenrollen sind exquisit besetzt, da möchte ich einfach mal nur Don Johnson, Samuel L. Jackson, Leonardo diCaprio und Quentin Tarantino selbst ((im Gegensatz zu Alfred Hitchcock ist da auch wirklich eine etwas ausführlichere Sprechrolle zu verzeichnen, wobei diese natürlich das Drehbuch auch nicht sprengt)) nennen, die ihre jeweiligen Rollen einfach herrlich spielen.
Insgesamt gesehen zeigt der Film gut auf, wie in den Südstaaten der USA in der Vergangenheit die Sklaven behandelt wurden (obwohl die Leinwandfassung von der Gewalt her noch entschärft wurde!) und ist dabei nicht nur lehrreich sondern vor allem unterhaltend. Wobei man – trotz der „Entschärfung“ des Filmes – sich fragen muss, ob Tarantino Aktienanteile an „Wabbliges Kunstblut“-AG hat, denn was da so an Blutersatz durch den Film spritzt mag man kaum glauben. Somit halte ich auch die FSK 16-Freigabe deutlich für gerechtfertigt.
Der Film hat mir – wie man wohl erahnen kann – sehr gut gefallen, ich gebe ihm 9 von 10 Punkten und bin begeistert. Und überlege, ob ich ihn auch noch in der Originalversion sehen möchte (wobei mich da vor allem interessiert, wie dort die deutsche Sprache dann als Stilmittel genutzt wird).
Das Fazit von Achim dazu:
1A Unterhaltung. Genau was man erwartet, das bekommt man hier. Das typische Tarantino-Flair und ordentlich Blut und witzige Sprüche (wobei natürlich alles zu Düsseldorf in unseren Breitengraden zum doppelten Lacher führt). Meiner Meinung nach ist Django Unchained der beste Tarantino seit langer Zeit. Hier stimmt echt alles, und ich bin kurz davor eine 9 zu vergeben. Hab mich dann aber doch für 8+ (oder 8 mit Sternchen – ganz wie man will – oder halt ne 8.5) von 10 Punkten entschieden. Und ja, ich bin sehr kritisch und habe meine eigene Punktwertung. Ist bestimmt locker ’ne 9 für viele und ich kann es verstehen. :)
Was kann man noch sagen? Wenn man ein Faible für solche Filme (sprich auch die Filmemacher und Schauspieler) hat, dann wird man auf KEINEM Fall enttäuscht. Definitiv eine Empfehlung. Wenn man diesen Faible nicht hat, dann ist es bestimmt nix für einen gemütlichen Filmabend. Das Thema, die Gewalt und auch andere Sachen sind schon polarisierend.
Warum aber Christoph Waltz als Nebendarsteller (und nicht wie von Jens geschrieben als Hauptdarsteller) geführt wird ist mir aber ein Rätsel. Die Figuren von ihm und Jamie Foxx sind relativ gleichberechtigt und auch so für die Story gewichtet. Und schön auch das Don Johnson auf seine alten Tage Interesse an solchen schrägen Nebenrollen (hier trifft es zu) findet und sie entsprechend großartig spielt.
Das Fazit von Sonja dazu:
Vorab: Für Tarantino Fans ein Muss. Für alle anderen kann ich nicht sprechen, da Quentin Tarantino neben Robert Rodriguez und den Coen-Brüdern, zu meinen Lieblingsfilmemachern zählt.
Die Ansprüche an einen Tarantino-Film werden keineswegs enttäusch und schon gar nicht dadurch, dass er sich im Western-Genre abspielt. Der Film ist skurril, mega brutal, sehr lustig und die Dialoge sind beeindruckend (muss ihn unbedingt mal im Original sehen). Christoph Waltz spielt einen Deutschen (Dr. King Schultz ein deutschstämmiger Kopfgeldjäger) und redet teilweise sehr lyrisch. Es wird sich auch oft auf Deutschland bezogen. Ich vermute, dass Quentin momentan sehr von den deutschen „Dichtern und Denkern“ (was auch mal Wort wörtlich drin vorkam) beeindruckt ist.
Weiterhin übertrifft dieser Film alle blutspritzenden Szenen die ich bei Tarantino Filmen je gesehen habe. Quentin scheint zwischen solchen Extremen hin und hergerissen zu sein.
Die schauspielerische Leistung ist, wie nicht anders zu erwarten, überragend! Jamie Foxx ist der coolste Cowboy den ich je gesehen habe. Christoph Waltz ist ein echt ganz Großer. Wahrscheinlich liegt das aber auch daran, dass Tarantino ihm die Rolle auf den Leib geschrieben hat. ;-) Übrigens mimt er mal einen Guten (mit merkwürdigen Methoden). Leonardo DiCaprio ebenso wie Don Jonson sind u.a. die Bösen. Was aber, insbesondere von Leonardo, ihre ganze Schauspielleistung abverlangt. Auch alle anderen Schauspieler sind super besetzt und in Szene gesetzt.
Die Musik ist so voluminös und überzogen (Ennio Morricone hat selber einen Song geschrieben), dass sie schon wieder spitze ist. Es gibt diesmal keine Kunstbilder und Kunst-Kulissen sondern mal ungewohnt tolle Naturaufnahmen.
Der Film läuft 165 Min; ich glaube, dass Herr Tarantino sich einfach nicht entscheiden konnte welche Szenen er raus nimmt und finde „das ist auch gut so“ ;-)
Wenn ich „Django Unchained“ bewerten soll, dann mache ich das in dem Rahmen der anderen Tarantino-Filme und hier die Messlatte ganz oben. Also ich würde ihm 9 von 10 Punkte geben.
Trailer zu „Django Unchained“:
In der YouTube-Playlist zu „Django Unchained“ gibt es weitere Videos zum Film.
Weitere Berichte zu „Django Unchained“:
In den Blogs Kriminalakte, langweiledich.net, Popkulturschock gibt es auch Besprechungen zu „Django Unchained“.
Ansonsten gibt es neben einem kleinen Bericht bei RP-Online auch ein Interview mit Christoph Waltz und einen Bericht, über die Rolle von Düsseldorf(!) im Film dort.
Außerdem gibt es noch Beiträge bei DerWesten und WDR 2.
„Django Unchained“ im Podcast Schneakers
In die gerade aktuelle dritte Ausgabe des neuen Podcasts Schneakers, dem kinofil.me-Podcasts, hat „Django Unchained“ es nicht mehr geschafft, aber dafür vier andere Filme und in der nächsten Ausgabe wird sicherlich auch Quentin Tarantinos Film noch besprochen.
Übrigens: Unter @schneakers kann man unserem Podcast-Projekt auch direkt bei Twitter folgen. Im Zweifelsfall erfährt man dort als erstes, wann es etwas neues gibt. :)
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Seit ich als Kind das Buch „Onkel Toms Hütte“ gelesen habe, ist ein Kleiner Teil meines Gehirns permanent wütend auf Onkel Tom, der sich so traurig, lieb und ergeben ein Leben lang hat quälen lassen. Gestern abend im Kino wurde er endlich gerächt. Django hat die Geschichte gerade gerückt. Was damals passierte (ein Drittel der Südstaatenbevölkerung waren Sklaven!) ist ungeheuerlich und ich liebe Tarantino dafür, dass er in seinen Filmen die Opfer rächen lässt und die Verachteten stark macht. Was die filmische Qualität angeht geht es mir wie einem Musikbanausen, der Mozart hört. Ich begreife, dass ich es hier mit einem Meisterwerk zu tun habe, dass die Figuren unglaublich filigran komponiert wurden, dass die Dramaturgie der Bildgewalt auch einen Hitchcock oder Chaplin ehrfürchtig machen würde, dass der Aufbau der Story voller Ãœberraschungen und lyrischer Klangfarben ist – aber um das in seiner Komplexität zu begreifen brauchte ich einen Experten und ein Seminar – mindestens eine Woche lang in Vollzeit (würd ich buchen!). So sag ich einfach Tarantino vielen Dank, dass er meine Zellen gereinigt hat von einem alten Unrecht, das in mir wohnte. Und Onkel Tom wurde verwandelt in einen dämonischen „Haussklaven“, der starb als ungebrochener Antiheld (Samuel L. Jackson verdient einen Oskar für diese schillernde Rolle). Alles gut, alles frei, und ich kann endlich lachen.
@Eva (2):
Sehr gut! :)
Ich geh noch mal rein – aber hätte gern das Original mit deutschen Untertiteln… Ob das klappt?
@Eva (4):
Also ich hab es so in Bochum gesehen. Ich bin mir sicher, dass die Variante auch noch weiterhin läuft.