Revier-Derby in Dortmund und die Rolle der Polizei: Ruhr Nachrichten, WAZ und RevierSport müssen helfen! (Update: Polizei und SPIEGEL)
Eigentlich könnte man ja das Revier-Derby zwischen Borussia Dortmund (BVB) und dem FC Schalke 04 (S04) – gerade als Fan von Dortmund – schnell gedanklich ad acta legen, vor allem, nachdem gestern der BVB „die Königlichen“ aus Madrid besiegt hat (siehe auch den Spielbericht Kein Traum sondern Real: Der BVB besiegt die Königlichen).
Aber da gibt es doch noch eine Sache, die man mal ansprechen muss:
Seitens schwatzgelb.de wurde zum Derby bzw. zum Verhalten der Polizei dabei ein offener Brief (Liebe Polizei) verfasst, der zahlreiche Fragen stellt, die sich sicherlich der eine oder andere Fan auch schon gestellt hat.
Beispielsweise wurde da auch die These der „konspirativen Anreise“ der Schalker Fans hinterfragt, denn meines Wissens muss man für Fußballspiele nicht vorher der Polizei seine Anreiseroute mitteilen (falls doch: ich plane am nächsten Samstag das Spiel der BVB II-Amateure zu sehen, ich vermute, dass ich da über die A40 anreisen werde). Auch der Bericht über die angeblich zerlegte Kneipe (siehe dazu auch am Rande meinen anderen Beitrag zum Derby), der sich als Falschmeldung (warum eigentlich?) erwies, sprach jetzt nicht gerade für die Polizei in Dortmund.
Die Reaktion der Polizei auf den Brief von schwatzgelb.de sollte jedoch für jeden BVB-Fan noch schlimmer als das Ergebnis des Revier-Derbys sein:
Die Reaktion, die man u.a. bei DerWesten und den Ruhr Nachrichten dazu lesen kann, ist mehr als ernüchternd:
Ruhr Nachrichten
Wir haben die Pressestelle der Dortmunder Polizei mit diesen Anwürfen konfrontiert. Sprecher Manfred Radecke schreibt dazu: „Zu Veröffentlichungen im Internet nimmt die Behörde grundsätzlich keine Stellung.“ Und weiter: „Es ist mehr als verwunderlich, dass erst nach den Geschehnissen vom Samstag jetzt aus diesen Reihen überhaupt etwas kommt, obwohl die Polizei im Vorfeld lange genug Gesprächsangebote gemacht hat. Wären diese angenommen worden, hätten wir am Samstag nicht diese Entwicklung gehabt.“
[…]
Die Dortmunder Polizei sei jedoch jederzeit für direkte Gespräche offen, schreibt Radecke, mit Gewalttätern, die den Beamten Steine, Flaschen und andere Gegenstände an die Köpfe werfen, rede man allerdings nicht.
Wo sind bitte die sogenannten „szenekundigen“ Beamten, die vielleicht ihren Kollegen der Pressestelle mal erklären, was schwatzgelb.de/ ist? Das ist keine Plattform derer, die für Randale eintreten (die natürlich abzulehnen ist) – aber das kann man auch wissen, wenn man sich den Artikel dort einfach nur einmal durchliest.
Natürlich wurde auch schwatzgelb.de kein Gesprächsangebot unterbreitet, wie von dort festgestellt wurde:
@rn_dortmund Wir wissen nicht, wem @polizeidortmund ein Gespräch angeboten hat. Uns allerdings nicht.
— schwatzgelb.de (@schwatzgelbde) Oktober 24, 2012
Die so genannte „Entwicklung“ wollte auch von schwatzgelb.de niemand, was auch klar aus dem Beitrag hervorgeht.
DerWesten
Im DerWesten-Artikel heißt es u.a.:
Polizei ist gesprächsbereit, nimmt aber keine Stellung
Die Polizei wollte auf Anfrage keine Stellung zu dem Text beziehen. Jederzeit sei die Behörde gesprächsbereit, „jedoch nicht mit Gewalttätern, die unseren Beamten Steine an die Köpfe werfen „. Im Vorfeld des Derbys habe es von Seiten der Polizei genügend Gesprächsangebote gegeben. Auf im Internet geäußerte Kritik reagiere die Polizei generell nicht.
Ist das jetzt eigentlich die Quadratur des Kreises, wenn man sich für gesprächsbereit erklärt, aber auf Vorwürfe und Fragen nicht reagiert? Nur weil sie aus dem Internet kommen? Falls ja, dann sollte die Polizei Dortmund vielleicht ihr Twitter-Konto @PolizeiDortmund abschalten, denn wenn ihr am Dialog nichts liegt, dann braucht man das auch nicht wirklich. Wobei: Sehr kommunikativ im Sinne von „Reagieren auf Anfragen“ ist der Account ja bisher nicht gewesen…
Normalerweise hätte ich es jetzt als meine Pflicht angesehen, auch die Polizei Dortmund noch einmal dazu zu befragen, bevor ich diesen Artikel hier veröffentliche. Aber da man ja auf das Internet eh nichts gibt und dieser Artikel nicht irgendwo gedruckt erscheint, habe ich es mal sein gelassen. Auch wenn ich in der Vergangenheit (obwohl es um ein Blog! im! Internet! ging!) schon (gute) Reaktionen der Polizei Dortmund auf Anfragen erhalten habe.
Meine Hoffnung in der Angelegenheit…
Mögen doch bitte die Vertreter der Print-Publikationen, die ja das Thema inzwischen kennen (hier sei auch noch RevierSport zu nennen), das ganze weiter aufgreifen und bei der Polizei nachhaken. Da diese Medien (auch) auf Papier erscheinen – vielleicht reagiert die Polizei ja dann…
PS: Auch die Ultras Gelsenkirchen reagieren auf die Geschehnisse in einer Veröffentlichung „bedingt durch die nicht enden wollende, mit Falschaussagen gespickte Berichterstattung rund um das Revierderby am vergangenen Samstag“.
Update (17:09 Uhr):
Wie das Pottblog – auf vermutlich konspirativen Wegen – erfahren konnte, werden die Geschehnisse rund um das Revier-Derby innerhalb der Dortmunder Polizei ausgewertet.
Wahrscheinlich wird es erst danach Antworten auf die Fragen geben. Vielleicht ja sogar nicht nur gegenüber den Print-Publikationen…
Außerdem gibt es bei SPIEGEL.de einen sehr interessanten Artikel zur Thematik von Rafael Buschmann (den Sportjournalisten des SPIEGEL-Verlages kann man beispielsweise auch durch den Doppelpass kennen, wo er schon als Experte zu Gast war), der zum Revier-Derby gemeinsam mit den Schalker Ultras anreiste – ganz „konspirativ“ mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Er schreibt im Artikel Debatte über Fußballfan-Gewalt: Mit Sicherheit am Ziel vorbei von Dingen, die einem als BVB- und/oder Fußball-Fan nicht gefallen dürften. Doch auch der Polizei dürfte das nicht gefallen – denn anscheinend war die Polizei mit maßgeblich für einige Vorfälle verantwortlich. Er schreibt (die Hervorhebung stammt von mir):
Gemeinsam mit etwa 600 bis 700 Schalker Fans, viele davon Ultras, stieg ich an der Dortmunder S-Bahn Station „Universität“ aus. […] Es sah aus wie ein Protestmarsch aus Schlumpfhausen, da alle Schalker Anhänger extra für dieses Spiel weiße Mützen zu ihren blauen Trikots angezogen hatten. Nicht wenige Beobachter dieses Marsches hatten wohl erwartet, dass die Fans anfangen zu randalieren. […] Doch es passierte: wenig. Die „Schlümpfe“ zogen friedlich durch die Siedlungen, Dortmunder Fans filmten und fotografierten den Zug.
Doch als wir am Stadion ankamen, eskalierte die Situation – und zwar herbeigeführt von der Polizei, die mit berittenen Einheiten mitten in die Fangruppe hineingaloppierte und diese gewaltsam sprengte. Die Ultras liefen teilweise in Panik quer über den Platz. Dabei kamen zwangsläufig Schalke-Fans mit Dortmund-Fans in Körperkontakt, was an verschiedenen Stellen zu kleineren Schlägereien führte. Das Polizeirezept in der nun wirklich unübersichtlichen Situation: Pfefferspray gegen alle. Mitten hinein in die Menge, teilweise aus 20, 30 Zentimetern direkt ins Gesicht. Viele Menschen rieben sich die Augen, husteten. Aus einer harmlosen Situation war ein Ausnahmezustand geworden. „Dortmunder und Schalker Gewalttäter haben unser Sicherheitskonzept bewusst unterlaufen und sind entgegen der Ankündigung konspirativ angereist“, erklärte der Einsatzleiter der Dortmunder Polizei, Dieter Keil, das Vorgehen.
Es wäre interessant von der Polizei Dortmund zu erfahren, wie sie dazu steht – dummerweise ist das jedoch ein Artikel bei SPIEGEL Online gewesen, so dass die Chancen auf eine Reaktion wohl gesunken wird…
[…] 1995 (1) « Revier-Derby in Dortmund und die Rolle der Polizei: Ruhr Nachrichten, WAZ und RevierSport müsse… Pottblogger — 26. Oktober 2012, 05:23 […]
[…] Ruhrgebiet IV:Â Revier-Derby in Dortmund und die Rolle der Polizei…Pottblog […]
Die inhaltliche Konsistenz ist nicht Sache der Polizei, vor allem nicht in Dortmund. Man muss sich da nur die peinlichen und irreführenden Aussagen zum Antifacamp ansehen.
Die Leute von Schwattzgelb müssten ihren offenen Brief einfach einmal ausdrucken, eintüten, frankieren und an diese Dillettanten in Grün senden. Dann haben die keinen Grund mehr, sich einer Stellungnahme zu entziehen. Ich finde den Brief sehr gelungen, zumal er das widerspiegelt, was ich an diesem Tag selbst beobachtet habe.
Könnte es nicht vielleicht auch sein, das die Eskalation gewollt war? Frei nach dem Motto: Ihr wollt mit uns nicht zu unseren Bedingungen reden? Na, das werdet ihr noch bereuen!
Insgesammt scheint mir der neue Polizeichef von Do, einer auf konfrontation aufgestellte Polizei, nicht abgeneigt zu sein.
@kai (5):
Das wäre eigentlich schade, denn das wäre sicherlich nicht zielführend. Aber damit erringt man natürlich u.U. die Stammtischhoheit. Nur nicht in Fußballkneipen. ;)