WDR TV: „Tiere suchen ein Zuhause“ statt OB-Stichwahl in Duisburg und uninformierte WDR 2-Nachrichten
Es ist noch nicht lange her, da fand das Medienforum.NRW in Köln statt, bei dem es auch unter anderem um die Zukunft des Radios ging.
Auf dem Podium saß unter anderem Stefan Laurin von den Ruhrbaronen, der dort freimütig bekannte, dass er den Lokalfunk und die WDR-Radios eigentlich nicht hört und stattdessen lieber das Campusradio ct aus Bochum einschaltet. Im Verlauf der Diskussion ((wobei ich mich – genau so wie Stefan Laurin selbst – gefragt habe, warum gerade er zum Thema Radio dort geladen war!)) wurde auch das Thema Regionalkompetenz des WDR angesprochen und Stefan kritisierte den WDR.
Als Beispiel nannte er die Abwahl von Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und der mangelhaften Berichterstattung des WDR dazu. Die WDR-Vertreterin auf dem Podium sah das etwas anders – und am gestrigen Sonntag, den 1. Juli 2012, hatte ich dahingehend ein déjà -vu. Denn es ging wieder um Duisburg und den WDR:
Der politische Hintergrund:
Mehr oder weniger bekanntlich wurde im Februar 2012 Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) von den Duisburgerinnen und Duisburgern abgewählt, da man mehrheitlich der Meinung war, dass er mit der Loveparade-Katastrophe nicht richtig umgegangen ist.
Vor zwei Wochen sollte Duisburg dann erneut wählen und aufgrund der Anzahl von 13(!) Kandidatinnen und Kandidaten war schon ein wenig erwartet worden, dass es zwei Wochen später – am 1. Juli – zur Stichwahl kommen würde. Es sah zwar erst so aus, als ob es keine Stichwahl geben müsste, doch da am Ende der SPD-Kandidat Sören Link mit 48,3 % knapp unter der 50 %-Grenze lag, wurde die Sitchwahl doch noch nötig.
Gestern standen also nur noch die Namen von Sören Link (SPD) und Benno Lensdorf (CDU), dem zweitplatzierten Kandidaten aus der ersten Runde, auf dem Stimmzettel. Bis 18:00 Uhr wurde gewählt und damit beginnt jetzt endlich quasi diese Geschichte:
Die Wahl in den (sozialen) Medien:
Zwar konnte man schon um kurz nach 18:00 Uhr das endgültige Ergebnis nicht nur erahnen, sondern quasi wettsicher wissen ((weswegen ich auch einen entsprechenden Beitrag bei Twitter veröffentlichte)), aber die ersten offiziellen Zahlen der Schnellmeldungen brauchten dann doch noch ein paar Minuten, erste valide Zahlen hatte ich um 18:06 Uhr. Diese Schnelligkeit verwundert nicht, denn die Auszählung einer Stichwahl ist ja dann doch etwas leichter als beispielsweise die Auszählung einer Bundestagswahl.
WDR Fernsehen:
Zu einem Zeitpunkt (18:15 Uhr), als es schon die ersten Schnellmeldungen gab, schaltete ich das WDR-Fernsehen ein – und was lief da? Die Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“.
Wie schon bei der Abwahl von Adolf Sauerland (siehe den folgenden Ruhrbarone-Beitrag: Sauerlands letzte Worte: “Gott schütze die Stadt Duisburg!â€) waren diverse andere Medien deutlich schneller als der WDR.
Vielleicht hätte es keine Sondersendung gebraucht, aber wenn in der fünftgrößten Stadt des ganzen Landes ein neuer Oberbürgermeister gewählt wird, dann hätte man zumindestens mal ein Laufband einblenden können.
WDR 2:
Um 19:00 Uhr hörte ich den Radiosender WDR 2. Ich hatte ehrlich gesagt die Hoffnung, dass ich dort eine endgültige Nachricht über die Wahl von Sören Link zum neuen Oberbürgermeister von Duisburg hören würde. Doch was da um 19:00 Uhr gesendet wurde, besagte nur, dass es so aussehen würde, als ob Link neuer OB werden würde und dass das endgültige Ergebnis im Lauf der kommenden Stunde erwartet werden würde.
Ich nutzte direkt danach die Gelegenheit und informierte mich auf der Internet-Seite der Stadt Duisburg, da ich mich wunderte, dass der WDR noch kein Endergebnis hatte. Dort waren zu diesem Zeitpunkt aber bereits 402 (von 402) Schnellmeldungen verarbeitet, sprich: das Ergebnis war bekannt.
Auf einer Unternehmensseite des WDR zum Programmprofil heißt es:
WDR 2 begleitet den Tag mit Information – so schnell wie möglich, so ausführlich wie nötig. […] Was passiert in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft? […] Typisch WDR 2: Alles gut recherchiert und ganz nah dran.
Nun ja, andere klassische Medien waren dann da doch etwas schneller:
Radio Duisburg:
Schon um 18:20 Uhr brachte Radio Duisburg den folgenden Tweet:
#OBStichwahl #Duisburg : Sören #Link ist neuer Oberbürgermeister .
— Radio Duisburg (@radio_duisburg) Juli 1, 2012
DerWesten:
Bei DerWesten gibt es ausführlichere Informationen – auch um 18:20 Uhr:
Sören Link liegt bei der #Stichwahl mit 73% vorn und wird definitiv neuer OB in #Duisburg. Es gibt aber auch bis zu 4% ungültige Stimmen.
— DerWestenDU (@DerWestenDU) Juli 1, 2012
Wenige Minuten später (18:37 Uhr) fehlten – laut DerWesten – nur noch 13 Schnellmeldungen und Sören Link war uneinholbar vorne. Dem Bericht zufolge gab es die letzte der 402 Schnellmeldungen um 18:53 Uhr – ab diesem Zeitpunkt konnte man die 99,99999 %-Sicherheit, dass Sören Link Oberbürgermeister wird aufrunden.
RP Online:
Die Rheinische Post informierte bei Twitter um 19:00 Uhr:
Stichwahl in Duisburg: SPD-Mann Sören Link gewinnt mit über 70 Prozent rp-online.de/1.2893346
— RP ONLINE (@rponline) Juli 1, 2012
Im eigentlichen RP-Online-Artikel wird schon um 18:20 Uhr verkündet, dass Link neuer OB von Duisburg wird, die offiziellen Zahlen werden dort um 18:56 Uhr bekannt gegeben.
Wie der WDR meiner Meinung nach hätte reagieren müssen
Ob man für eine Wahl, die leider selbst in der eigenen Stadt kaum Leute interessiert ((die Wahlbeteiligung lag bei katastrophalen 25,75 Prozent)), eine Sondersendung im Fernsehen bringen sollte, das sei mal dahingestellt. Aber zu mindestens ein Laufband einblenden, das wäre meiner Meinung nach, nachdem die ersten Schnellmeldungen bekannt wurden, drin gewesen. Wir reden hier schließlich vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit Bildungsauftrag usw. – dem Sender(verbund), der auch zur verletzten Wade von Michael Ballack mal einen Brennpunkt zur besten Sendezeit in der ARD brachte…
Peinlicher als WDR TV sind jedoch die WDR 2-Nachrichten gewesen – denn ganz ehrlich: Wer um 19:00 Uhr noch die Nachricht bringt, dass Sören Link wahrscheinlich gewonnen hat, obwohl
a) das eigentliche Ergebnis (das er gewonnen hat) schon sehr lange bzw.
b) das konkrete Ergebnis (schon einige Minuten) bekannt ist, der informiert seine Hörerinnen und Hörer nicht vernünftig.
Ich kann zwar verstehen, dass man die ersten „Prognosen“ nicht unbedingt als Grundlage für eine Nachrichtensendung verwenden will, aber eine Nachrichtensendung, die um 19:00 Uhr stattfindet, sollte auch noch Neuigkeiten bzw. Aktualisierungen berücksichtigen können, die erst wenige Minuten vorher bekannt geworden sind.
Ãœbrigens: Der NDR hat das schon mehr als elf Minuten vor dem WDR gewusst und verbreitet:
Duisburg: SPD-Kandidat Link entscheidet OB-Stichwahl für sich bit.ly/QOgBBl
— tagesschau (@tagesschau) Juli 1, 2012
Wenn das „Infoflagschiff“ der ARD schon um 18:49 Uhr entsprechend berichten kann, dann ist es meiner Meinung nach extrem peinlich, wenn das die WDR 2-Nachrichten nicht aufgreifen können.
[…] 1995 (1) « WDR TV: “Tiere suchen ein Zuhause” statt OB-Stichwahl in Duisburg und uninformierte WDR … Pottblogger — 2. Juli 2012, 06:12 […]
[…] Medien: WDR TV “Tiere suchen ein Zuhause†statt OB-Stichwahl in Duisburg und uninformierte WDR 2-Nachrichten…Pottblog […]
Schön zu wissen, für welches „Qualitätsmedium“ die GEZ-Gebühren drauf gehen.
Anderseits waren die anderen Medien auch nicht sonderlich exakt. Zum Beispiel gab es nichts zu der hohen Anzahl an ungültig Stimmen.
@ulrics (3):
Das könnte daran liegen, dass es die ggf. erst recht spät gibt. Ich weiß leider nicht mehr genau wie das aussah, aber es könnte sein, dass die bei den Schnellmeldungen nicht explizit genannt wurden.