Verzögerungen beim Musikzentrum Bochum durch die Landtagswahlen? Jahrhunderhalle: Lohnt sich die Übernahme für die Stadt Bochum?
Das Bürgerbegehren gegen das Musikzentrum, welches vor allem durch die vielen Beiträge und Kommentare des Initiators Dr. Volker Steude auf diversen Internet-Seiten (auch hier im Pottblog) auffällt ((es soll Parteifreunde von Dr. Steude geben, die darüber spotten, dass man die Zeit lieber in das Sammeln von Unterschriften investieren sollte…)), hat in den letzten Wochen einige Pressemitteilungen herausgegeben, über die auch das Pottblog berichtetet (I, II und III).
In den Medienberichten (auch im Pottblog) hieß es teilweise, dass die vorgezogenen Landtagswahlen und alle damit verbundenen Aspekte ((noch keine neu gewählte Landesregierung, noch kein verabschiedeter Haushalt usw.)) den Prozess der Bewilligung des Musikzentrums durch das Land Nordrhein-Westfalen verzögern könnten. So erklärte beispielsweise die FDP-Gruppe im Bochumer Rat auf Anfrage des Pottblogs dazu:
„Der Bochumer Kulturdezernent Michael Townsend hat deutlich gemacht, dass die Stiftung Bochumer Symphonie ihre Mittel nachweisen muss, bevor das Land seine Fördermittel bewilligt. Allerdings konnte die Stiftung am inoffiziellen Stichtag 31. Mai 2012 nicht verkünden, dass die Spendengelder in gewünschter Höhe vorliegen. Jede Verzögerung verringert jedoch den Zeitraum, in dem das Land Förderbescheide erteilen kann. Der Bochumer Rat soll ja am 28. Juni über den Bau des Musikzentrums Bochum beraten und abstimmen. Im Land stehen jedoch noch ganz andere Entscheidungen an. Eine Woche vor dem geplanten Votum des Bochumer Rates steht voraussichtlich die Wahl der Ministerpräsidentin und die Vereidigung des Landeskabinetts an. Falls jedoch die Koalitionsverhandlungen länger dauern, kann sich dieser Termin noch verschieben. Ob das Land jedoch Förderbescheide in Millionenhöhe für ein Großprojekt ausstellt, bevor die neue Landesregierung im Amt ist, halten wir für zweifelhaft. Wie rechtssicher eine Förderzusage des Landes angesichts der Tatsache, dass der Landeshaushalt frühestens im September verabschiedet werden soll, sein wird, bleibt abzuwarten. Die Finanzierung des Musikzentrums steht also noch nicht auf einem festen Fundament, der Finanzierungsplan ist insgesamt diffizil. Wird an einer Stelle eine Mittelzusage nicht eingehalten, bricht der gesamte Finanzierungsplan wie ein Kartenhaus zusammen.“
Da die Thematik „Verzögerung des Bochumer Musikzentrums wegen der Landtagswahlen?“ unterschiedlich von einzelnen politischen Akteuren aufgefasst wurde, hat das Pottblog bei den zuständigen Akteuren (auf Landes- wie auch auf Stadtebene) nachgehakt.
Im Fragenkatalog des Pottblogs wurde dabei unter anderem gefragt, ob der geplante Zeitablauf (erst legt die Stiftung ihre Zahlen rechtsverbindlich vor, dann wird das Land NRW rechtsverbindlich die Förderung zusagen und dann entscheidet der Rat der Stadt Bochum am 28. Juni 2012) so eingehalten werden kann, ob es Verzögerungen wegen der Landtagswahlen gab und ob die Vereinbarung, welche dafür sorgt, dass die Jahrhunderthalle in den Besitz der Stadt Bochum geht, sich für Bochum lohnen würde.
Landtagsabgeordnete Thomas Eiskirch, Carina Gödecke und Serdar Yüksel
Seitens des Bochumer SPD-Vorsitzenden Thomas Eiskirch, der auch im Namen seiner Landtagskollegen Carina Gödecke und Serdar Yüksel antwortete, erklärte dieser kurz und knapp ((als Mitglied der laut WDR-Westpol so genannten „Todesgruppe“ ist er noch in den Koalitionsgesprächen mit den Grünen auf Landesebene involviert…)), dass es bei dem Zeitrahmen bleiben würde und dass er davon ausgeht, dass Ende Juni der Bochumer Rat entsprechend feststellen wird, dass der Ablauf (erst Stiftung, dann das Land) eingehalten wurde.
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass die Stiftung Bochumer Symphonie die von ihr zu leistenden 14,3 Millionen Euro rechtssicher garantieren wird (siehe dazu den Pottblog-Artikel Stiftung Bochumer Symphonie kann 14,3 Mio Euro für das Musikzentrum Bochum rechtssicher garantieren).
Kulturdezernent Michael Townsend
Bochums Kulturdezernent Michael Townsend (siehe Abbildung) bestätigte den Zeitplan und erklärte ergänzend, dass das Land sich erst dann äußert, wenn die Gesamtfinanzierung steht. Außerdem wies er darauf hin, dass der Rat der Stadt Bochum gar keinen neuen Beschluss am 28. Juni 2012 fassen wird, sondern nur feststellt, dass die Bestimmungen des ursprünglichen Ratsbeschlusses vom März 2011 erfüllt sind (oder auch nicht).
Auf die Frage ob denn diese Bedingungen wirklich erfüllt seien, da schließlich auch der Kostenrahmen einzuhalten sei und der Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbes darüber liegen würde, erklärte er, dass die Kostenkalkulation der Entwerfer im Kostenrahmen seien, und dass man bei Entwürfen eine geringe Planungstiefe habe, da dort noch keine Details geplant worden sind.
Es soll eine Kostenschätzung nach DIN angefertigt werden, bei der es dann Varianten mit +/- 15 % der Kosten gibt. Genaues dazu weiß man aber erst im weiteren Planungsverfahren. Townsend zufolge gäbe es kein einziges Wettbewerbsverfahren der Welt, wo man am Ende des Wettbewerbsverfahren schon die genauen Kostenkalkulation kennen würde.
Jedoch gehe man seitens der Stadt davon aus, dass die Kostenstrukur völlig entspannt sei, da man im Rahmen der Detailplanung nach steuern könne. Außerdem sei der Gewinnerentwurf nicht 1.700.000 Euro über den Plan, sondern nur 500.000 Euro – und das sei bei der Gesamtsumme für einen Entwurf im Wettbewerbsverfahren eine Punktlandung. Außerdem könne man noch nachjustieren. Er sagte dazu:
„Bis Beton fließt, haben Sie den Prozess im Griff.“
In Bezug auf die rechtssichere Zusage des Landes verwies er darauf, dass dies aufgrund der Kompetenzen/Zuständigkeiten nicht seine Angelegenheit sei, aber er davon ausgehe, dass das klappt. Der interne Zeitplan mit dem mal genannten Stichtag 31. Mai 2012 sei nicht eingehalten worden, aber das entscheidende Gespräch mit dem Land wird Mitte Juni 2012 stattfinden. Daher würde es reichen, wenn die Stiftung eine Stunde vor Gesprächsbeginn mitteilt, dass die Summe gesichert sei.
Dass Michael Townsend hier so sicher war, liegt sicherlich daran, dass der Kulturdezernent wahrscheinlich schon ungefähr wusste, was die Stiftung der Bochumer Symphonie kurze Zeit später öffentlich verkünden würde: Stiftung Bochumer Symphonie kann 14,3 Mio Euro für das Musikzentrum Bochum rechtssicher garantieren
Im Gespräch mit dem Pottblog bat Michael Townsend um ein wenig Verständnis für die Stiftung der Bochumer Symphonie und warb auch für einen besseren Umgang mit den Spenderinnen und Spendern. Hierzu äußerte er sich wie folgt:
„Der Umgang mit der Stiftung ist ein Problem. Private Menschen stellen ihr privates Eigentum zur Verfügung. Die können ihr Geld auch wegwerfen, verbrennen oder sonstwas damit machen. Die Attitüde des ständigen Forderns ist die falsche Einstellung gegenüber diesem bürgerschaftlichen Engagement.“
Auf die direkte Nachfrage, ob er sich dahingehend geäußert habe, dass es auf Landesseite (z.B. aufgrund der Wahlen) zu Verzögerungen kommen könnte, erklärte Townsend, dass das nicht der Fall sei und eventuell sei da etwas irrtümlich aufgefasst worden. Der letzte Abstimmungstermin mit dem Land ist Mitte Juni (und damit nach dem 31. Mai 2012) und es gibt seinen Aussagen zufolge keine Verzögerung im Verfahren. Dies würde sich daran zeigen, dass es zeitig das Wettbewerbsverfahren gab und man jetzt bis zum 28. Juni 2012 noch letzte interne Abstimmungen treffen würde.
Die Thematik, ob die Jahrhunderthalle sich für die Stadt Bochum aufgrund von kolportierten vier Millionen Euro Kosten/Jahr nicht rechnen würde, erklärte er, dass man das nicht so einfach sehen könne, da man plant, dass erst 2017 der Vertrag über die „Route der Industriekultur“ endet, im Jahr 2023 die Bindung der Fördermittel ausläuft und ab dann könne man mit der Halle machen was man wolle – zur Not auch kostengünstig einmotten.
Townsend geht davon aus, dass man im Rahmen der Überleitung der Jahrhunderthalle vom Land zur Stadt eine Vertragsgestaltung finden wird, die auch die bisherigen Kosten von ca. 400.000 Euro pro Jahr berücksichtigen wird. Die kolportierte Summe von 4.000.000 Euro hält er daher für falsch.
Außerdem weist er im Gespräch darauf hin, dass man die Jahrhunderthalle nicht übernehmen möchte, weil man nett zum Land sein möchte, sondern weil man eine Planung für die Entwicklung zum Westpark hat, wo die Jahrhunderthalle dazu gehört. Das Land gibt auch eine Mitgift in Höhe von 30.000.000 Euro, was man dabei nicht vergessen dürfe.
Jedoch gehe es nicht nur um die betriebswirtschaftlichen Aspekte bei der Jahrhunderthalle, sondern auch um die inhaltlichen Aspekte. Wer alle Dinge, die die Stadt Bochum Geld kosten, nicht wolle, der verurteile Bochum zum Stillstand. Sparen sei kein Selbstzweck. Es gehe darum Mittel freizusetzen oder zur Verfügung zu haben, damit die Stadt sich weiterentwickeln könne – so abschließend der Kulturdezernent.
Am Rande erwähnt: 4.000.000 oder 400.000 Euro pro Jahr für die Jahrhunderthalle?
In der aktuellen Pressemitteilung von Dr. Volker Steude, dem Initiator des Bürgerbegehrens gegen das Musikzentrum, geht er auf die Situation der Jahrhunderthalle ein. Diese gehört momentan dem Land Nordrhein-Westfalen und soll von der Stadt Bochum übernommen werden. Diese Pläne, die nach Pottblog-Informationen schon recht alt sind, wurden jetzt aktuell immer wieder in Zusammenhang mit dem geplanten Musikzentrum Bochum gesetzt.
Laut der Pressemitteilung, die von Volker Steude selbständig als Artikel im Lokalkompass veröffentlicht wurde, soll die Jahrhunderthalle die Stadt pro Jahr vier Millionen Euro kosten. Als Beleg bezieht sich dahingehend selbstreferentiell auf den Ruhrbarone-Beitrag Teurer Tausch: Musikzentrum gegen Jahrhunderthalle von: Dr. Volker Steude…
Prima dass hier einiges klar und richtig gestellt wurde und bestätigt wird, dass die Aussagen des BÜRGERBEGEHRENS MUSIKZENTRUMS (http://buergerbegehren-musikzentrum.de) richtig waren.
Zu den Kosten der aktuellen Planung eine Ergänzung (RN vom 11.06.):
Zitat: „Der Entwurf der Architekten Bez + Kock lag jedoch deutlich über dieser Obergrenze: 1,7 Millionen Euro teurer werde der Bau, so die Schätzungen.
Ein von der Stadtverwaltung beauftragtes Büro hat die Baukosten überprüft. Diese Feinschätzung „liegt etwa eine halbe Million Euro über dem Budget“, sagt Kulturdezernent Michael Townsend. “
Es kommt offensichtlich nur darauf an, wen man beauftragt, die Kosten zu kalkulieren.
(http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/bochum/Feinschaetzung-fuer-den-Entwurf-500-000-Euro-zu-teuer;art932,1672763)
Zu teuer ist aber gleichwohl zu teuer. Laut Grundsatzbeschluss, muss eine Planung vorliegen, die die Kosten einhält. Da ist kein Spielraum, auch nicht eine „geringe Planungstiefe“.
Folgende Fragen beantwortet Townsend leider auch hier nicht:
Welche Gründe sprechen dafür, dass die Stadt statt dem Land Eigentümerin der Jahrhunderthalle wird? Kann die Stadt die Jahrhunderthalle besser betreiben und die Gewerbeflächen besser vermarkten als das Land?
Mit was für Folgen und Risiken ist der Kauf der Jahrhunderthalle für die Stadt verbunden? Was sagt die Kosten-Nutzen Kalkulation? Wo ist die Risko-Analyse?
Wie schön, dass man vieles schönrechnen kann.
Es wird kommen die Stunde der Wahrheit, dann wird sein Heulen und Zähneklappern!
[…] (6)Â Â https://www.pottblog.de/2012/06/11/verzogerungen-beim-musikzentrum-bochum-durch-die-landtagswahlen-ja… […]