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Jens Matheuszik — 27. März 2012, 23:20 Uhr

center.tv Ruhr(gebiet): Konkurs für das „Heimatfernsehen“


Vier Jahre und ein paar Tage – so alt wurde Center TV Ruhr, das „Heimatfernsehen“ genannte Regionalprogramm für einen Teil des Ruhrgebietes.

2007 gab es die Lizenz für center.tv Essen ((damals übrigens mit dem selben Foto von Zeche Zollverein wie im Pottblog-Header)), am 20. März 2008 startete das „Heimatfernsehen Ruhr“ und heute wurde Konkurs für den inzwischen in Bochum ansässigen Sender angemeldet, wie w&v berichtet.

Andre Zalbertus, der Medienunternehmer und Gründer der diversen center tv-Sender ((neben dem Ruhrgebiet gibt es center tv u.a. auch im Raum Aachen, Köln und Düsseldorf)), erklärte laut w&v dazu, dass er „die wirtschaftliche Dramatik und den Niedergang des Ruhrgebiets unterschätzt [habe]“. Damit spielt er sicherlich auf die Klagen einiger Ruhrgebiets-Oberbürgermeister an, die eine Änderung des Solidarpakts in Sachen Aufbau Ost medienwirksam forderten.

Die Aussage, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen das Ruhrgebiet zu kämpfen hat, auch die Gründe seien, warum center tv im Ruhrgebiet nicht erfolgreich war, kann jedoch nicht so ganz nachvollzogen werden. Eher hat man den Eindruck, dass Zalbertus etwas überdramatisiert. So ist folgende Aussage, die nur ein paar Tage alt ist, in Bezug auf den Konkurs von center tv Ruhrgebiet sicherlich interessant:

Hinweis: Wolfram Kiwit ist Chefredakteur der in Dortmund ansässigen Ruhr Nachrichten.

Mit ein Grund für das Scheitern des Programms könnte vielleicht eher auch die eingeschränkte Empfangbarkeit gewesen sein: So konnte man center.tv Ruhr neben dem Internet-Livestream nur in ausgewählten Kabelnetzen ((Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Dortmund, Ennepetal, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Hagen, Hamm, Hattingen, Herne, Herten, Iserlohn, Kamen, Lünen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Unna, Schwerte, Wetter, Witten)) empfangen. Zwar strebte center.tv Ruhr vor drei Jahren eine Satellitenausstrahlung an, daraus wurde jedoch anscheinend nichts – ebenso wenig, wie man IPTV-Plattformen wie Telekom Entertain bediente ((obwohl beispielsweise center tv Köln darüber bundesweit empfangbar ist)).

Vielleicht hätte man auch mehr von dem umsetzen sollen, was man angekündigt hatte; da gab es ja einiges in der Vergangenheit – wie beispielsweise die Ankündigung aus center.tv Ruhr eine Genossenschaft zu machen. Doch wie an diesen beiden Beispielen demonstriert – aus den Ankündigungen wurde anscheinend nicht häufig etwas.

Mitentscheidend – so berichtet es auch w&v – dürfte aber gewesen sein, dass center.tv Ruhr ohne publizistische Rückendeckung durch einen der großen Zeitungsverlage auf dem Markt bestehen musste, während die anderen center.tv-Sender mit lokalen Medienhäusern kooperieren bzw. ihnen sogar inzwischen teilweise gehören.

Die jetzige Entwicklung zum Konkurs war übrigens fast schon ein wenig abzusehen – abgesehen davon, dass beispielsweise der YouTube-Kanal von center.tv Ruhrgebiet seit geraumer Zeit abgeschaltet wurde, gab es auch beispielsweise im RuhrWiki-Projekt von center.tv (welches im Jahr 2009) startete in letzter Zeit auch so gut wie keine Aktualisierungen. Angeblich soll es auch in jüngster Zeit schon zu ersten Sendeausfällen gekommen sein.

Das Scheitern von center.tv Ruhr ist auf eine gewisse Art und Weise tragisch zu nennen – das Ruhrgebiet hätte es verdient gehabt, einen erfolgreichen Sender zu haben, der auch dem Wir-Gefühl inhaltlich Rechnung trägt. Das hat jedoch anscheinend nie so recht geklappt, was sicherlich auch an der Focussierung auf die Kabelnetze lag, denn wenn center.tv Ruhr breiter hätte empfangen werden können ((beispielsweise über DVB-T?)), wäre es sicherlich erfolgreicher gewesen – und dann hätte das auch mit der Werbung gepasst. Ob jedoch Sendeinseln wie zwei Stunden sonnenklar.tv dazu beitragen – das wage ich zu bezweifeln…

Bitterer Beigeschmack ist jedoch – neben den wohl unweigerlich drohenden persönlichen Schicksalen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort – die Begründung Andre Zalbertus‘, wonach der wirtschaftliche Niedergang des Ruhrgebiets dafür verantwortlich sei. Da möchte man dem Wahl-Düsseldorfer gerne ein Zitat von Herbert Grönemeyer entgegen rufen…


8 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Stefan @ 28. März 2012, 07:47 Uhr

    Um die Jobs ist es natürlich schade – aber CenterTV war grottenschlecht. So ganz ohne Qualität geht es anscheinend doch nicht. Und das ist keine schlechte Nachricht.


  2. (2) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 28. März 2012, 08:37 Uhr

    […] Medien: center.tv Ruhr – Konkurs für das “Heimatfernsehen”…Pottblog […]


  3. (3) Kommentar von Roman @ 28. März 2012, 13:32 Uhr

    Der Grund, den Herrn Zalbertus für das Scheitern nennt, ist lachhaft. Es sollte eher heissen: Center.TV Ruhr war von Anfang an einfach die größte Grütze der Medienlandschaft. So kann man kein Fernsehen machen, vor allem nicht heutzutage mit der Konkurrenz durch das Netz. Qualität ist da gefragt. Zalbertus Philosophie mit Center.TV war es jedoch, technisch und inhaltlich billig zu produzieren (z.B. keine richtige Beleuchtung, max. semi-professionelle „Camcorder“, inhaltich hauptsächlich nur einfach Formate wie Interviews oder „Bürgerreportagen“, die einfach nur Bilder im eher fotografischen Stil von Stadtteilen zeigten) und daraus einen max. Werbeerlös zu erzielen. Und das alles tarnte er noch unter dem Deckmantel seiner „Medien- oder TV-Revolution“, mit der er das Fernsehen in die Hand der Bürger geben wollte. Fakt ist, er wollte damit billige oder kostenlose Arbeitskräfte generieren (zudem gab es dort ein „Hauptschüler-Projekt“, bei dem Hauptschüler als günstige Praktikanten eingestellt wurden und den jungen Leuten vorgekaukelt wurde, dass die dadurch später im TV arbeiten könnten). Natürlich wollte keiner das sehen, nicht mal Rentner, und erst recht keiner werben. Die WAZ hatte es nicht nötig zu investieren. Die relativen Erfolge der anderen Center.TV-Sender fundieren übrigens nicht auf der Arbeit von Zalbertus, sondern auch nur auf den Investitionen der Verlage. Da sieht man ja schon die Idee hinter Center.TV: Gründen, irgendwas machen, Werbeplattform schaffen und schnell den ganzen Laden verkaufen, um möglichst viel Gelg rauszuhauen. Interessant übrigens, was Center.TV Ruhr auf ihrer website als „gute“ (und einzige) Pressereferenz angibt – ein guter, aber sehr kritischer Artikel des Handelsblatts: http://www.centertv-ruhr.de/index.php?option=com_content&view=article&id=198&Itemid=193


  4. (4) Kommentar von Thomas Nückel @ 28. März 2012, 14:09 Uhr

    Ich glaube, der Hauptgrund für den „Rückzug“ von Zalbertus und seinem centerTV Ruhr ist darin zu sehen, dass er zu lange geglaubt hat, dass die WAZ-Mediengruppe oder gar die RN einsteigen. Im Grunde war das ja auch sein Interesse an der Rheinschiene. Dort ist seine Rechnung als kleiner „Lizenzhändler“ aufgegangen. Die WAZ wollte aber ursprünglich selbst etwas schaffen bzw. lieber gleich eine Nummer größer einsteigen: Erst Tv.nrw (um 2000) und dann Jahre später nrw.tv, aber jedes Mal begann man eine Sache ohne sie dann aber auch konsequent durchzuziehen. Die TV-Aktivitäten der WAZ wirken irgendwie unprofessionell und einem Medienkonzern unwürdig.


  5. (5) Kommentar von Roman @ 29. März 2012, 15:03 Uhr

    @ Thomas: Das stimmt natürlich auch. Obwohl man sagen muss, das hinter nrw.tv eine deutlich professionellere Technik und Struktur steckt, als bei center.tv. Inhaltlich und stilistisch natürlich nicht der Hit, im Gegenteil, erinnert an center.tv (Apps-Night, Bilder-Schleifen von Städten, verkaufter Sendeplatz an Advertorial-Sendungen, Interviews von und mit „Zombies“ – Roger Horne). Da müsste vllt. etwas aufgeräumt und mehr Mut gefasst werden (samt größeren finanziellen Investitionen), dann könnte das ein halbwegs vernünftiges Regional-TV werden, Basis ist da. Ich glaube, das Problem ist einfach immer vorhanden, wenn etablierte Print-Verlage TV machen wollen. Es herrscht wenig Verständnis dafür, was es heisst dieses Medium zu machen. In allen Belangen – journalistisch, stilistisch, inhaltlich und vor allem finanziell. Der nötige Aufwand ist größer und teurer als bei Printprodukten, die Investionsbereitschaft, z.B. für Kameras den Preis von gehobenen Mittelklassen-Wagen zu bezahlen, aber gering bis nicht vorhanden.


  6. (6) Kommentar von Stefan @ 29. März 2012, 21:11 Uhr

    Eine gute Ergänzung zu dem Artikel habe ich vorhin auf Newsroom gefunden: http://www.newsroom.de/news/detail/$HVCOEOFNLRHL/ruhrgebietssender_insolvent_wir_wurden_boykottiert Ich finde es schade um den Sender, auch diese Sache mit den Hauptschülern fand ich gut. Wer gibt sonst solchen jungen Leuten eine Chance in den Medien? Niemand!!!


  7. (7) Kommentar von RUHR.TV @ 30. März 2012, 14:26 Uhr

    Das Ruhrgebiet ist selten eins, dafür immer wieder ein sensibler Ballungsraum. Gut, das es seit über 10 Jahren wenigstens das RUHR.TV als Live Webcam Portal zu mehr Wetter- und Heimatgefühl für die Metropole Ruhr gibt.

    From Ruhr with love

    RuhrTV


  8. (8) Kommentar von Jens @ 18. April 2012, 06:20 Uhr

    @Stefan (1):
    So kann man es natürlich auch sehen.

    @Roman (3):
    Tja, das mit dem Verkaufen der Senderanteile war anscheinend Teil des Geschäftsmodells.

    @Thomas Nückel (4):
    Man fragt sich: Wenn selbst die das nicht schaffen, wer dann?


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