Spaltung der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bochum in Fraktion der freien Bürger und eine Rest-FDP-Gruppe?
Bei den Kommunalwahlen am 30. August 2009 kandidierte noch der abgebildete Jens Lücking für die FDP als Oberbürgermeisterkandidat. Lücking war bis vor kurzem in Personalunion sowohl der Vorsitzende der FDP als Partei (also des Kreisverbandes Bochum) als auch der FDP-Fraktion im Rat.
Im Amt als Parteivorsitzender wurde er kürzlich – da er nicht wieder kandidierte – durch Bastian Gläser abgelöst (siehe auch diese Meldung).
Als FDP-Fraktionsvorsitzender ist er jetzt auch nicht mehr im Amt, aber er ist weiterhin bzw. wieder Fraktionsvorsitzender… Dies kann man jedenfalls einer aktuellen Pressemitteilung entnehmen, die das Pottblog am Montag Abend erhalten hat und nachfolgend 1:1 dokumentiert:
Neue politische Fraktion im Bochumer Rathaus
Freie Bürger im Rat der Stadt Bochum steigen in den politischen Ring
Die Ratsmitglieder Jens Lücking, Hans-Friedel Donschen, Dr. Axel Riemann und Sascha Merz haben am Montag, den 27. Februar 2012 den Grundstein für eine neue politische Kraft in Bochum gelegt.
Unter dem Namen: „Freie Bürger im Rat der Stadt Bochum“ – kurz FB – wollen sie künftig die Interessen der Bochumer Bürger in den politischen Gremien vertreten. Einstimmig wurden Jens Lücking zum Fraktionsvorsitzenden sowie Sascha Merz zum Stellvertreter gewählt.Die Freien Bürger entscheidet über ihre Politik im Rat der Stadt Bochum auf der Grundlage von Freiheit, Verantwortung, wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Transparenz und Bürgernähe im liberalen Geist.
Lücking: „Ziel der Freien Bürger ist es, dem Bochumer Bürger eine größtmögliche Mitbestimmung am Geschehen in der Stadt einzuräumen und ihn in die Entscheidungsfindungen konsultativ mit einzubeziehen. Da wir dabei keiner politischen Partei verpflichtet sind, können wir entsprechend frei handeln.“
Merz erläutert: „Für uns zählen gute Ideen, problem- und aufgabenorientierte Lösungen sowie visionäre Denkmodelle – und das nahezu unabhängig von der politischen Einstellung des Ideengebers, denn: Menschen haben Ideen – nicht Parteien.“
Die Freien Bürger wollen sich bei ihrer gesamten Arbeit an den Werten der demokratischen Gesellschaft orientieren. Eine Radikalisierung der Politik, egal ob rechts- oder linksgerichtet, lehnt sie strikt ab.
Die Fraktion der Freien Bürger geht im Wesentlichen aus der früheren FDP Fraktion hervor.
Interessanterweise bestehen die Freien Bürger fast aus der gesamten ehemaligen FDP-Fraktion – abzüglich der beiden Personen Heiko Fröhlich und Felix Haltt, die unlängst beim FDP-Parteitag jeweils als stellvertretender Vorsitzender bestätigt (Felix Haltt) bzw. erstmals gewählt (Heiko Fröhlich) worden sind.
Die Verwirrung geht noch eine Stufe weiter, denn sowohl Heiko Fröhlich als auch Felix Haltt berichteten übereinstimmend, dass sie am Montag aus der (da noch existierenden) FDP-Fraktion ausgeschlossen wurden. Haltt berichtete dazu wie folgt:
Nach acht Jahren Mitgliedschaft in der FDP-Ratsfraktion wurde ich heute zusammen [mit; Anm. d. Bloggers] Heiko Fröhlich ausgeschlossen.
Was ist bei der FDP in Bochum passiert?
Basierend auf den dem Pottblog zugänglichen Informationen ((siehe dazu auch den Blogbeitrag FDP Bochum hat sich zerlegt – Hintergründe des CDU-Ratsherren Dirk Schmidt)) scheint sich das ganze wie folgt entwickelt haben:
Kreisparteitag der FDP Bochum
Beim Kreisparteitag der FDP Bochum am Wochenende des 18. und 19. Februar 2012 gab es einen Führungswechsel:
Der Pressemitteilung von fdp-bochum.de zufolge, trat der bisherige Partei- (und auch Fraktions-)Vorsitzende Jens Lücking nicht mehr an, stattdessen wurde Bastian Gläser gewählt. Als Stellvertreter wurden die beiden Ratsmitglieder Heiko Fröhlich (erstmalig) und Felix Haltt (bestätigt) gewählt.
Fraktionssitzung der (noch) FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bochum
Im Rahmen der regulären Fraktionssitzung der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bochum wurden die beiden Ratsmitglieder Heiko Fröhlich und Felix Haltt aus der FDP-Fraktion ausgeschlossen. Grund hierfür war anscheinend die Unzufriedenheit mit den Wahlergebnissen des Kreisparteitages kurz zuvor bzw. die mangelnde Vertrauensbasis untereinander.
Austritt aus der FDP (als Partei)
Die übrig gebliebenen Fraktionsmitglieder der noch FDP-Fraktion im Rat der Stadt Bochum sollen alle aus der FDP (als Partei) ausgetreten sein.
Bildung der Freien Bürger im Rat der Stadt Bochum
Die vier ehemaligen FDP-Mitglieder Hans-Friedel Donschen, Jens Lücking, Sascha Merz und Dr. Axel Riemann bilden nun die „Freien Bürger im Rat der Stadt Bochum“ in Fraktionsstärke. Als Fraktionsvorsitzender wurde Jens Lücking einstimmig gewählt.
Aus der Pressemitteilung (siehe oben) geht nicht hervor, dass die neue Fraktion auch neu gegründet wurde – vielmehr ist davon auszugehen, dass sie quasi eine Umbenennung der ehemaligen FDP-Fraktion ist. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass beispielsweise die Pressemitteilung von einer – bis dato – Mitarbeiterin der FDP-Fraktion verschickt wurde.
Warum erst der Ausschluss der FDP-Mitglieder und dann die Umbenennung?
Es wirkt natürlich merkwürdig, dass erst die im Endeffekt verbliebenen Mitglieder der FDP (als Partei) aus der Fraktion ausgeschlossen werden und sich die Fraktion dann umbenennt. Wenn die vier Ratsmitglieder so unzufrieden mit der FDP gewesen sind, hätten sie ja auch aus der FDP-Fraktion austreten können. Doch, so vermutet es jedenfalls Dirk Schmidt, durch diesen Schachzug haben sie gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
zum anderen behält man aber Fraktion und ein paar weitere nette Sachen. Nachdem man sich von den beiden getrennt hat, sollen die in der FDP-Fraktion verbliebenen Ratsmitglieder ihren Austritt aus der FDP-Partei erklärt haben und ihre Fraktion umbenannt haben. So verstehe ich die Nachrichten auf den Facebook-Seiten von Haltt und Fröhlich. Dann können Sie ja alles behalten: Die Gelder in der Kasse, die Angestellten, die Räume etc.
Wie geht es mit der FDP als Gruppe im Bochumer Rat weiter?
Als Gruppe haben die beiden dann einzigen FDP-Vertreter im Rat der Stadt Bochum deutlich weniger Rechte als eine Fraktion und kann beispielsweise nicht einfach zu jedem Ausschuss Vertreter entsenden. Auch die (finanzielle) Ausstattung einer Gruppe ist anders als bei einer Fraktion.
Erste Bewertung
Politisch gesehen ist das ganze recht interessant, denn so etwas kommt nicht alle Tage vor. Natürlich ist es nichts neues, dass mal ein Fraktionsmitglied wechselt und die eigene Fraktion und Partei verlässt – aber normalerweise sind das eher Einzelfälle. Hier ist es aber so, dass die Wechselwilligen in der Mehrheit waren und quasi anscheinend eine Art „Mehrheitsputsch“ durchgeführt haben und den letzten beiden verbliebenen FDP-Mitgliedern im Rat auch noch ein paar Brocken in den Weg geschmissen haben.
Die Gründe, die zu dieser Entwicklung geführt haben, sind noch ungeklärt – wobei wahrscheinlich eher verletzte Eitelkeiten als sachliche Gründe entscheidend gewesen sein dürften…
… man darf gespannt sein, wie es weitergeht und die örtlichen Tageszeitung (Ruhr Nachrichten, WAZ) am morgigen/heutigen Dienstag darüber berichten!
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