Viel Lärm um Nichts – oder: DER SPIEGEL schreibt über die Laos-Reise von MdB Dagmar Wöhrl (CSU)
Die neue Ausgabe des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL, die ab Montag regulär im Verkauf ist ((und beispielsweise über die iPad-App bereits heute verfügbar ist)), weist unter anderem eine Geschichte namens Shopping mit VIP-Service auf, in der es um die Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl (CSU) und ihr „Verhalten“ auf offiziellen Auslandsreisen ((Wöhrl ist Vorsitzende des Entwicklungshilfeausschusses)) geht:
Wenn man sich den Artikel von Ralf Neukirch so durchliest, dann kann man schon den Eindruck gewinnen, dass Wöhrl nicht gerade eine Zierde der deutschen Außen- bzw. Entwicklungshilfepolitik ist, um es mal harmlos auszudrücken. Merkwürdig wird das ganze jedoch, wenn selbst der derzeit amtierende Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) eher positiv dargestellt wird – genau, der Dirk Niebel, der sein eigenes Ministerium früher abschaffen wollte (bevor er selber Minister wurde)…
Auch in der vorherigen Ausgabe des Spiegels gab es eine kurze Notiz zu Dagmar Wöhrl (Stichwort: 100 US$-Schein), die sie nicht gerade unbedingt positiv erschienen ließ.
Via Twitter wurde ich dann auf den Artikel Hau den Abgeordneten des freien Journalisten Heinrich Rudolf Bruns aufmerksam.
Dieser verweist auf Dagmar Wöhrls eigenen Beitrag Die Wildsau im Blätterwald – Meine Gegendarstellung, in dem diese auf die beiden Artikel des Spiegels ((und der Leipziger Volkszeitung (LVZ), deren Artikel ich zu diesem Thema jedoch nicht kenne)) reagiert.
Wenn man sich das ganze so durchliest, dann wundert man sich dann doch über Deutschlands Nachrichtenmagazin – denn Dagmar Wöhrl hat anscheinend alle Fragen von Ralf Neukirch beantwortet, im eigentlichen Artikel tauchen die in den Fragestellungen verdeckten offensichtlichen Vorwürfe jedoch weiterhin auf, ohne wirklich auf die Antworten der Politikerin einzugehen. So beschreibt Wöhrl beispielsweise, dass sie einen wahrzunehmenden Termin kurzfristig abgesagt hat, um Presseanfragen aus Deutschland zum Rücktritt des Bundespräsidenten zu beantworten. Dazu heißt es im ersten Teil des Artikels:
Sie hatte entschieden […] den anschließenden Besuch einer Berufsschule zu schwänzen.
Erst am Ende des Artikels, quasi im letzten Absatz wird auf Wöhrls Erklärung dazu eingegangen:
Wöhrl selbst habe die Reise anders in Erinnerung. Die Berufsschule habe sie nicht besucht, weil sie Anfragen aus Deutschland zum Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff gehabt habe.
Das wirkt ein wenig, als ob man pflichtschuldig wenigstens am Ende des Artikels auf die Reaktionen von Wöhrl eingehen wollte, aber im eigentlichen Artikel (Zitat „zu schwänzen“), wo die eigentlichen Vorwürfe, indirekt auftauchten, wird das nicht thematisiert.
Ich habe da schon fast ein wenig den Eindruck gewonnen, dass man beim Spiegel schon eine gewisse Vorstellung hatte, wie der Artikel auszusehen haben soll und dass das Ergebnis der dann doch dummerweise notwendigen Recherche leider nicht dieser Vorstellung entsprach, so dass man das nur kurz an’s Ende des Artikel gepackt hat. Da fragt man sich doch wirklich, ob das eine offene Recherche war, oder einfach nur irgendwelche Vorurteile bedient werden sollten. Schade eigentlich, denn es geht hier immer noch um den Spiegel und nicht irgendein Boulevardblättchen…
Ich zitiere dazu mal Heinrich Rudolf Bruns aus dem oben erwähnten Blogbeitrag:
Mittlerweile weiß ich, was mich an der Geschichte verstört und erschreckt: Die Qualität der Fragen des SPIEGEL. Das riecht nicht nach großem Skandal, das riecht nach kleiner Ans-Bein-Pinkelei. Sorry für den Ausdruck. Hauptsache, mal wieder ein Skandälchen publiziert, oder?
Das sehe ich auch so, und auch ich bin der CSU recht fernstehend.
Um mal Klaus Wowereit, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, dahingehend zu zitieren: Das ist auch gut so!
Nachtrag: Dagmar Wöhrl hat inzwischen direkt auf den neuen DER SPIEGEL-Artikel reagiert: Spiegelplag: Schuldig im Sinne des Anklägers
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Das ist aber nun Spiegel-Stil seit Gründung. Zuerst wird die Aussage des Artikels definiert, und dann alle Fakten so präsentiert, daß sie dazu passen. Oder eben nicht präsentiert, wenn sie nicht passen.
Der gute Ruf des Spiegels ist eigentlich völlig überhöht.
Ihr könnt wohl auch nur das billige Spiegel-Bashing? Die Tatsache, dass die Sichtweise des Spiegel auch von anderen Journalisten und Teilnehmern bestätigt wurde, wird wohl absichtlich ignoriert.