Geierabend 2012 – Premiere von „Durchs wilde Ruhrdistan“
Die alljährlich zu Beginn des Jahres stattfindende Reihe des Geierabends feierte am vergangenen Donnerstag die Premiere mit dem 2012’er Programm Durch das wilde Ruhrdistan.
Noch bis zum 21. Februar 2012 gibt es insgesamt 36 Vorstellungen ((für die es zum Teil noch Karten gibt)) im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern II/IV in Dortmund (oder aber „Auffe Zeche, aum Pütt, vonne Schule, nache Arbeit, auffe Schicht, nach Untertage, im Streb, inne Dunkelheit, am Malochen, vor Kohle, mitte Kumpels, anne Schüppe, zum Ende, vorrer Rente, aus, zu, vorbei, bisse im Arsch….ist datt denn so schwer?“ wie es in einem „running gag“ des Geierabends heißt).
Der Geierabend ist – jedenfalls dem Wikipedia-Eintrag zum Geierabend zufolge – ein
„[…] alternativer Karneval […] bei dem ähnlich der Stunksitzung und gemäß der eher unjecken westfälischen Tradition eine Prunksitzung persifliert [wird], garniert mit typischem Humor des Ruhrgebiets.“
Diese Beschreibung stimmt zwar, aber auch nur zum Teil – denn Elemente einer klassischen Prunksitzung mit Elferrat, Sitzungspräsident und davor auftretenden Künstlern im Fips Asmussen-Stil, die nachher Bützchen erhalten – die gibt es beim Geierabend nicht.
Stattdessen wechseln sich beim Geierabend die diversen Sketche, musikalischen Darbietungen und Moderationen des Steigers (Martin Kaysh) ab. Doch zuerst kommt natürlich der Präsident auf die Bühne (soviel Karnevalsbewusstsein muss sein), wobei Roman Henri Marczewski mit seiner roten Babystrumpfhose auf dem Kopf jetzt nicht ganz dem klassischen Sitzungspräsidenten entspricht.
Geierabend 2012 – Durch das wilde Ruhrdistan
Schon die Eingangsnummer zwischen Präsident und Steiger, der ansonsten aus der Lore kommentiert und moderiert, zeigt die Bissigkeit des Geierabends, wenn der Steiger den Präsident so fragt, wo er denn Urlaub gemacht habe, ob er bei Freunden übernachtet hätte usw. – doch hier kann der Präsident schnell kontern, dass er in Kanada (wo er Urlaub gemacht hat) keine Freunde hat, während er in Bochum (wo er wohnt) zwar Freunde habe, aber dort nie Urlaub machen würde.
Direkt danach geht es dann gleich musikalisch weiter und getreu dem Motto „Durch das wilde Ruhrdistan“ gibt es eine musikalische Darbietung zu den bekannten Klängen von Dschinghis Kahn, bei der ein Großteil des Ensembles auf der Bühne steht. Das nach Karl May klingende Motto wird auch noch bei der ersten Nummer, bei dem es um den Schatz im Phoenixsee geht, aufgegriffen, bevor es dann nicht weiter thematisiert wird (was aber jetzt auch nicht negativ aufgefallen ist).
Doch nicht nur Dortmunder Themen werden aufgegriffen, sondern auch bundesweit bedeutende wie beispielsweise der Aufstieg der Piratenpartei. Hier werden die Vorurteile(?) gegenüber den Piraten gekonnt und zum Teil sehr sehr bissig aufgegriffen, wenn beispielsweise einzelne Experten der Piratenpartei (vor)namentlich genannt werden.
Neben eher harmlosen Themen werden auch heiße Eisen angefasst – so beispielsweise die Naziaufmärsche in Dortmund, die hier mal eben einfach als Tourismusförderung deklariert werden, denn schließlich kommen die Nazis immer von außerhalb und nicht aus der eigenen Stadt. So wird dann vorgeschlagen die Nazis demnächst im Dortmunder U-Turm unterzubringen, denn damit könne man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Das Nazi-Problem lösen und gleichzeitig könnte der Plan, die Besucherzahlen des U-Turmes, wo auch das „ECCE“ (das „European Center for Criminal Energy“) residiert, in zweistellige Dimensionen zu führen, gelingen.
Die Qualität der einzelnen Darbietungen variiert – während beispielsweise die oben genannte Thematik sehr gut dargestellt wird, ist beispielsweise der Sketch mit der Schwulenquote beim DFB eher schlecht. Hier hätte man sich an die vom Steiger geleakten Drehbücher des Dortmunder Tatorts halten sollen und nicht so viele Klischees eingebaut.
Doch ansonsten dominieren viele Highlights die rund drei-vier Stunden dauernde 2012’er Vorstellung – hier ist besonders die Facebook-Nummer hervorzuheben, bei der die überragende Franziska Mense-Moritz der Dietrich gleich chansonniert „Sag mir wo die Daten sind, wo sind sie geblieben?“ und parallel davon zwei Facebook-Junkies versuchen sich in echt – im analogen Leben – zu vereinbaren, was von zahlreichen „Gefällt mir“-Daumen kongenial „kommentiert“ wird.
Natürlich gibt es auch wieder altbekannte Figuren in neuen Aufführungen: Ob nun „Die Zwei vonne Südtribüne“, wo Lollo und Immi über die mangelnden Qualitäten von Borussia Dortmund in der Champions League sinnieren, Udo und Moni von der FDP Dortmunder Nordstadt, Joachim Schlendersack aus Schnöttentrop oder die Hossa-Boys – hier weiß man woran man ist.
Local Hero: Herne
Als Besonderheit kürt der Geierabend in jeder Session eine Stadt des Ruhrgebietes zur Partnerstadt, zum „Local Hero“ des Geierabends. Nach Castrop-Rauxel und Witten ist diesmal Herne an der Reihe. Die dazugehörige Tegtmeier-Nummer wirkt jedoch fast wie ein Fremdkörper im Programm – da sind die zahlreichen Herne-Anspielungen über den ganzen Abend hinweg besser. Besser auch, wie sich die Stadt Herne selber beim Geierabend präsentiert, denn man macht hier – unter anderem mit dem Maskottchen Fritz – Werbung für die Cranger Kirmes und nutzt damit die Gelegenheit die Geierabend-Besucher auf das größte Volksfest Nordrhein-Westfalens aufmerksam zu machen.
Pannekopp des Jahres
Alljährlich wählen auch die Besucher des Geierabends einen Preisträger – den Pannekopp des Jahres. Wie man es sich anhand des Namens denken kann, ist diese Auszeichnung jetzt nicht ganz positiv gemeint, denn – wie man den knallharten Regeln zum Pannekopp entnehmen kann, werden damit Behörden/Organisationen/Personen geehrt, die sich ganz „besondere“ Verdienste um das Ruhrgebiet verdient haben und dafür den 25 kg schweren Pannekopp-Orden umgehängt bekommen sollen.
In diesem Jahr sind der Essener Kämmerer Martin Klieve (CDU) nominiert, der vorschlug nicht einfach Bibliotheken, Kulturzentren und Schwimmbäder in Pleitestädten zu schließen, sondern ganze Städte aufzulösen. Der Steiger, der die Pannekopp-Wahl leitet, exerzierte das am Beispiel von – ganz zufällig – Gelsenkirchen ((Klieve war früher Kämmerer in Gelsenkirchen)) durch. Der zweite Nominierte ist Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ((der von mir vorgeschlagen wurde)), dem die geplante Förderung der Tourismusbranche im Ruhrgebiet zu verdanken ist. Will er doch durch das gesamte Ruhrgebiet Castor-Transporte durchführen lassen, so dass endlich die Anti-Atom-Demonstranten nicht mehr von hier ins Wendland reisen müssen und zusätzlich viele Demonstranten ins Ruhrgebiet kommen.
Das Ensemble und die Band
Neben dem eingespielten Team, welches schon länger beim Geierabend dabei ist, bereichert in diesem Jahr Benedikt Hahn das Ensemble als Gast ((Martina Rixen war schon letztes Jahr dabei und ist schon eine Art alte Häsin)) und hat große Glück – ob Zufall oder nicht ist unbekannt – vor allem in den besten Nummern des gesamten Programmes aufzutreten. Man merkt dem gebürtigen Hertener, der in der Stadt mit den zwei Kirchtürmen knapp hinter der VRR-Tarifgrenze wohnt, nicht an, dass es seine Premiere beim Geierabend ist.
Das Ensemble, von dem auch noch Franziska Mense-Moritz ((die übrigens wohl eine herrliche Hannelore Kraft abgeben würde – so als kostenlose Anregung für den Geierabend 2013)) und Martin Kaysh ((letzterer aber mehr als Steiger denn als Vorsitzender der FDP Nordstadt)) gesondert zu erwähnen sind, wird von einer sehr guten Band begleitet, die sich für die musikalische Untermalung sehr gut verantwortlich zeigt und zum Teil auch bei einzelnen Nummern das Ensemble unterstützt.
Töffte ((ruhrgebietsdeutsch für: gut, schön, passend))
- sehr gute Unterhaltung
- gutes Aufgreifen von aktuellen Themen
- bissig, kreativ, respektlos und witzig
Panne ((ruhrgebietsdeutsch für: u.a. Zustand der Dösigkeit, etwas was nicht toll ist))
- Tegtmeier-Nummer wirkte wie ein Fremdkörper
- weiterhin leicht dortmundlastig ((das ich sowas mal als „Panne“ bewerten würde…))
- es gibt die tollen Lieder nicht auf CD
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[…] Momentan läuft die 2012′er Session vom Geierabend mit dem Programm Durch das wilde Ruhrdistan (siehe dazu auch den Pottblog-Beitrag über die Geierabend 2012-Premiere). […]
[…] In der vergangenen Woche veranstaltete das Pottblog zusammen mit dem Geierabend ein Gewinnspiel zum aktuellen Programm Durch das wilde Ruhrdistan (siehe dazu auch den Pottblog-Beitrag über die Geierabend 2012-Premiere). […]
[…] ein Rückblick auf die vergangene Session gezogen, die Anfang Januar startete (siehe auch den Premieren-Bericht: Geierabend 2012 – Durch das wilde Ruhrdistan und die Interviews mit den Oberbürgermeistern von Dortmund und Herne zur […]
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[…] Nummern beim diesjährigen Geierabend “Durch das wilde Ruhrdistan” (siehe auch die Besprechung von der Geierabend 2012-Premiere) war die, die im Dortmunder U-Turm spielte und den Erfolg des U-Turmes zum Thema […]
[…] neben Klassikern des Geierabends (siehe beispielsweise die Besprechung zum 2012′er Programm Durchs wilde Ruhrdistan oder Pott to go aus dem Jahr 2011) auch die besten Nummern der vergangenen Session und auch […]
[…] dauert das Programm rund zwei Stunden und auch wer in diesem Jahr das Programm Geierabend 2012: Durchs wilde Ruhrdistan bereits in der Zeche2 gesehen hat, der hat zwar an der einen oder anderen Stelle ein déjà -vu, […]
[…] also das Pottblog so etwas schreibt (das ganze bezieht sich übrigens auf den Bericht zur Geierabend 2012-Premiere von: “Durchs wilde Ruhrdistan”3), dann wird das wohl schon […]
[…] auch Klassiker des Geierabends (siehe beispielsweise die Besprechung zum 2012′er Programm Durchs wilde Ruhrdistan oder Pott to go aus dem Jahr 2011) sehen […]