SPD in NRW und Datenschützer aus NRW und Schleswig-Holstein zum „Schultrojaner“ und Stellungnahme von Ministerin Sylvia Löhrmann
Ende Oktober wurde die Diskussion um den so genannten „Schultrojaner“ bekannt (siehe den Beitrag: NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann lässt Schultrojaner-Bericht prüfen), bei dem es im Kern darum geht, dass eine Software ((die man von der Funktionsweise eher nicht als Trojaner bezeichnen sollte…)) auf Schulservern eingesetzt werden soll um illegale Kopien von urheberrechtlich geschützten Materialien der Schulbuchverlage zu finden.
Die Aufregung zu diesem Thema war entsprechend groß, da die Nutzung der Software ((die noch gar nicht vorliegt)) weitreichende arbeits- und dienstrechtliche Konsequenzen bedeuten könnte – und auch auf einer übergeordneten Ebene zeigt der Vertrag der sechszehn Bundesländer mit den Schulbuchverlagen eher eine falsche Richtung in Sachen Bildungspolitik auf. Im Rahmen des ursprünglichen Beitrages hat das Pottblog bei allen Fraktionen des Landtages in Nordrhein-Westfalen, dem Ministerium für Schule und Weiterbildung und bei den Datenschutzbehörden der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ((denn auch dort soll ja der entsprechende Vertrag gelten)) nachgehakt. Erste offizielle Reaktionen gab es vom Ministerium und den Fraktionen der Linkspartei und der FDP.
Jetzt gibt es weitere Reaktionen:
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD)
Das ULD habe ich auch angeschrieben, da das ULD als wohl bekannteste Datenschutzbehörde in Deutschland gilt und der Schultrojaner ja nicht nur auf Nordrhein-Westfalen beschränkt ist. Daraufhin wurde mir vor einigen Tagen mitgeteilt, dass
„[…] eine datenschutzrechtliche Bewertung […] erst möglich sein [wird; Anm. d. Bloggers], wenn uns nähere Informationen zur Software und zur Art und Weise des geplanten Einsatzes vorliegen.
Wir haben zwischenzeitlich den Minister für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein angeschrieben und darum gebeten, uns vor dem Einsatz die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.“
Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (LDI NRW)
Seitens des LDI NRW wurde mir kurz nach Eingang der ULD-Antwort mitgeteilt, dass der LDI NRW
„[…] durch die aktuelle Presseberichterstattung auf den geplanten Einsatz einer Plagiatssoftware an Schulen („Schultrojaner“) aufmerksam geworden [ist; Anm. d. Bloggers]“
Man nahm dies zum Anlass,
„[…] das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen um Stellungnahme zu dem Vorhaben zu bitten. Eine datenschutzrechtliche Beurteilung kann erst erfolgen, wenn uns nähere Informationen zu dem beabsichtigten Verfahren und der einzusetzenden Software vorliegen.“
Stellungnahme von Sören Link MdL
Seit gestern gibt es auch eine Rückmeldung der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, die mir von Sören Link, dem schulpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, geschickt wurde:
„[…] Wie die Schulministerin des Landes NRW, Frau Löhrmann, in der Sitzung des Schulausschusses des Landtags erklärt hat, ist ein Rahmenvertrag der Bundesländer zur geschlossen worden, der die Möglichkeit, Kopien aus urheberrechtlich geschützten Werken für den Unterrichts- und Prüfungsgebrauch regelt und pauschal abgilt. Die Entwicklung und insbesondere der Einsatz einer ‚Plagiatssoftware‘ der Verlage, die stichprobenartig auf Schulservern zur Identifizierung digitaler Kopien eingesetzt werden soll, stehen dabei noch aus. Sobald die Software vorliegt, wird die technische, die datenschutzrechtliche und die mitbestimmungsrechtliche Unbedenklichkeit selbstverständlich überprüft. Auf Grundlage dieser Ãœberprüfung wird dann über einen evtl. Einsatz der Software zu diskutieren und zu entscheiden sein. Um es noch einmal klar zu sagen, erst wenn die entsprechenden Fragen zufriedenstellend und restlos beantwortet worden sind, wird über das weitere Verfahren entschieden – nicht vorher.
Mit ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass ein ordnungsgemäßer, unbürokratischer Schulbetrieb sowie der Einsatz von modernen Medien und Hilfsmitteln im Unterricht gewährleistet bleibt.
Für eine Misstrauens-Kultur und einen Generalverdacht gegenüber Schulen besteht aus meiner Sicht ausdrücklich kein Anlass.“
Weitere Reaktionen
Der Telepolis zufolge verteidigt die NRW-Grüne Löhrmann den Schultrojaner um das „Urheberrecht der Verlage“ [sic] schützen. Im Landtag gab es zu dieser Angelegenheit eine Anfrage der FDP-Fraktion und die Ministerin äußerte sich im entsprechenden Ausschuss Anfang November (das Protokoll ist leider noch nicht verfügbar).
Die Stellungnahmen der Fraktionen von Bündnis ’90/Die Grünen und der CDU liegen noch nicht vor, werden aber nachgereicht, sollten sie noch kommen.
Was ich fragwürdig finde ist folgendes:
Es wird von verschiedenen Seiten auf die Problematik des Passus, mittels einer Software die schuleigenen Netze auf „verbotene“ elektronische Kopien urheberrechtlich geschützter Druckwerke (und anderer Werke) durchsuchen zu lassen.
In den meisten Antworten öffentlicher Stellen zu der Anfrage, die hier bisher bekannt gemacht wurden, wird immer darauf verwiesen, dass man erst auf die Software warten wird, um dann zu beurteilen, ob diese eingesetzt wird oder nicht.
Ist so eine Software erstmal entwickelt, wird diese auch eingesetzt (wenn nicht sofort, dann irgendwann später). Weshalb bekommen es die zuständigen Stellen nicht hin, erst den Sinn und Zweck dieser Software und die damit verbundene Problematik genau zu prüfen, bevor dann grünes Licht für die Entwicklung der Software gegeben wird. Auch wenn das in letzter Konsequenz heißt, dass der Vertrag der bundesländer mit den Schulbuchverlagen in dieser Position neu verhandelt werden muss.
Was soll dieses Vorgehen?
MfG
Jürgen
@Jürgen (1):
Das ist wirklich eine gute Frage. Mal sehen was da noch kommt, ich bleibe da noch am Ball.