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Jens Matheuszik — 29. August 2011, 21:03 Uhr

Warum schon in diesem Jahr für die WAZ-Mediengruppe das Jahr 2015 sein könnte – oder: Aufkauf der Brost-Anteile durch den Funke-Stamm?


Mit einer solchen Nachricht hatte man erst in ungefähr vier Jahren gerechnet – denn Insidern zufolge sollte in diesem Fall eine testamentarische Bedingung enden. Doch wir schreiben den August 2011 und das ganze kommt sehr überraschend – aber fangen wir erst einmal an:

Durch einen Twitter-Beitrag von @lyssaslounge ((ehemalige Chefredakteurin von DerWesten, dem Internet-Portal der WAZ-Mediengruppe)) wurde ich heute nachmittag auf den Artikel WAZ-Gruppe vor dem Verkauf des Manager-Magazins aufmerksam. Die WAZ-Mediengruppe gehört zwei Familienstämmen, die sich auf die beiden Gründer zurückführen lassen. Beide Familienstämme (die Brosts und die Funkes) sollen sich untereinander nicht immer ganz grün gewesen sein und eine erforderliche Einstimmigkeit soll oft eher für einen Stillstand denn einen Fortschritt gesorgt haben.

Dem Manager-Magazin zufolge soll sich das jedoch ändern:

Die Herrschaft übernehmen will nach Informationen von manager magazin Petra Grotkamp (67), Tochter des WAZ-Mitgründers Jakob Funke und Ehefrau des langjährigen Verlagschefs Günther Grotkamp (84) und bislang mit durchgerechnet 16,67 Prozent an dem Unternehmen beteiligt.

Grotkamp hat ihren Mitgesellschaftern von der Brost-Holding einen Betrag von 500 Millionen Euro für deren 50-Prozent-Anteil geboten. Das Geschäft soll möglichst in den nächsten vier bis acht Wochen abgewickelt sein.

Fast genau ein Jahr ist es her, dass Anneliese Brost, die Witwe des WAZ-Gründes Erich Brost überraschend verstarb (siehe auch den Pottblog-Beitrag dazu ((der übrigens zeitlich gesehen vor DerWesten etwas zum Thema brachte))). Ob ein solches Geschäft zu Lebzeiten von Anneliese Brost zustande gekommen wäre, das mag man bezweifeln.
Jedoch scheinen die Erben Brosts mit dem Verlagswesen nicht so viel zu tun haben wollen und so rückt ein solches Geschäft dann doch näher. Wenn da nicht das Testament wäre…

Nachdem zwischenzeitlich diverse andere Medien darauf eingegangen sind (siehe beispielsweise die Ruhrbarone) hat auch die WAZ-Mediengruppe selber reagiert: In fast schon vorbildhafter Transparenz ((aber die Kommentarfunktion wurde vorsorglich abgeschaltet…)) berichtet niemand anderes als WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz im DerWesten-Artikel WAZ vor Änderung der Eigentumsverhältnisse über die jüngsten Entwicklungen. So schreibt er:

[…] Am Ende ist es also wahrscheinlich, dass die Funke-Seite im Hause WAZ die unternehmerische Führung übernimmt.

Das hängt davon ab, ob der Testamentsvollstrecker der Brost-Enkel dem Geschäft zustimmt. Peter Heinemann ist in keiner einfachen Lage. Er wurde zum Testamentsvollstrecker ernannt, um den Brost-Anteil in der Familie zu halten. Andererseits ist er dem Willen der Kinder des von Erich Brost ausgezahlten Sohnes Martin verpflichtet, die verkaufen möchten. Seine Stellungnahme weist auf dieses Dilemma hin: „Ich werde alles gründlich prüfen und die testamentarische Verfügung des Erblassers und die Interessen der Enkel abwägen.“

Das bezieht sich die Testamentsklausel des WAZ-Gründers Erich Brost. Durch die Testamentsvollstreckung durch Peter Heinemann ((den Sohn des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann)) soll der letzte Wille des verstorbenen Gründers gesichert werden. Demnach soll dadurch sichergestellt werden, dass bis 2015 die Anteile des Brost-Stammes in einer Hand bleiben. Insofern haben schon immer einige Auguren interessante Entwicklungen für das Jahr 2015 vorhergesehen, denn dann soll eigentlich die testamentarische Bindung auslaufen.

Für WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz ist die Sache anscheinend schon gelaufen, so klingt es jedenfalls in seinem Beitrag. Weiter schreibt er:

Petra Grotkamp versteht dies ausdrücklich als Signal „an die Leser und Mitarbeiter in allen Regionen des Verbreitungsgebietes, dass die Zukunft der Gruppe langfristig gesichert ist“. Die Erfahrung anderer Medienhäuser mit verlagsfernen Finanzinvestoren bleiben der WAZ mithin erspart.

Das kann ja nicht schlecht sein – vor allem nach die WAZ-Mediengruppe in den letzten Jahren die eine oder andere Investition gemacht hat, die sich anscheinend nicht so gerechnet hat… würden da irgendwelche „Heuschrecken“ sich die Filetstücke herausgreifen, wäre das sicherlich im Interesse von niemanden. Außer halt im Sinne der Heuschrecke.

Weiter heißt es:

Ändert sich etwas politisch? Immerhin: Erich Brost, der erste WAZ-Chefredakteur, war, wie seine Frau Anneliese, SPD-Mitglied. Jakob Funke war CDU-Mann. Nur: Die Zeitungen waren immer politisch frei, die jeweiligen Chefredakteure haben die Richtlinienkompetenz. Heute macht kein Chefredakteur ein parteipolitisch ausgerichtetes Blatt, die Leser würden es auch nicht wollen.

Und auch in der Geschäftsführung spielt die alte Arbeitsteilung schon lange keine Rolle mehr. Bodo Hombach saß seinerzeit so gerne mit Jürgen Rüttgers zusammen wie heute mit Hannelore Kraft. Und sein Funke-Pendant Christian Nienhaus gehört zwar der CDU an, hat aber in seiner Karriere die Geschäfte von sechs eher linken Blättern geführt. Und so verwundert kaum, dass Petra Grotkamp betont, „selbstverständlich“ würden die in den Gesellschafterverträgen verankerten redaktionellen Grundsätze über die Ausrichtung der Zeitungen „weiter strikt beachtet“.

Da muss ich natürlich schon ein wenig schmunzeln. Nicht weil ich SPD-Mitglied ((Karteileiche im Ortsverein Olfen im Münsterland; ich sollte mich mal ummelden…)) bin, sondern weil ich – wie viele andere auch – schon den Eindruck gewonnen habe, dass gerade die WAZ (und damit wäre auch Ulrich Reitz als Chefredakteur gemeint) in den letzten Jahren sich dann doch eher konservativer aufgeführt hat als es früher der Fall war. Dass man sich gut mit dem nach nur einer Amtszeit abgewählten nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) verstand, ist ja auch kein großes Geheimnis ((genau so wenig, wie das plötzlich im Mai 2010 sich dann änderte…)) im Land. Es hat ja wohl schon seinen Grund, warum die eine oder andere für die CDU NRW peinliche Geschichte nicht in der WAZ, sondern im Wir in NRW-Blog veröffentlicht wurde.
Insofern glaube ich wirklich nicht, dass sich da politisch viel ändern wird, denn das geht gar nicht unbedingt. Für weiteres Fremdschäm-Potential bei der WAZ ist also sicherlich gesorgt, wenn man der kessen Schlagzeile über die Ministerpräsidentin und ihren Mann wegen mal eben so was störendes wie die Wahrheit ignoriert.

Interessant wird der Beitrag von Ulrich Reitz jedoch am Ende des Artikels. Dort schreibt er (die Hervorhebung stammt von mir):

Wenn der Deal läuft wie geplant, gerät die traditionelle Simultan-Geschäftsführung, ein Manager von Brost, einer von Funke, an ihr Ende. Hombach, das kämpferische Ruhrgebietskind, würde nach neun Jahren an der WAZ-Spitze gehen.

Also interessant, dass ein WAZ-Chefredakteur jetzt schon einem der WAZ-Gruppengeschäftsführer zwischen den Zeilen direkt mitteilt, dass seine Zeit wohl gekommen sei. Da scheint man sich ob des geplanten Deals schon sehr sicher zu sein. Da wird Bodo Hombach eventuell sogar fast schon zur tragischen Figur ((wer hätte das mal gedacht…))… Dieser hatte beispielsweise noch im letzten Jahr im Namen der Verlegerwitwe Brost auf die Briefe der Mitarbeiter geantwortet, die mit den Sparplänen der Geschäftsführung nicht zufrieden waren. Jetzt, wo die Sanierungspläne deutlich fortgeschrittener sind, scheint es so, als ob man seine Dienste nicht mehr benötigt.

Sollte Christian Nienhaus alleiniger Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe werden, dann hat er vielleicht demnächst mehr zu tun und kann nicht mehr im Verlegerverband tätig sein und seinen Klagekollegen der FAZ verunglückte PR-Interviews in Sachen Tagesschau-App geben.
A propos FAZ-Interview: Am Samstag berichtete die WAZ selber ((ohne Autorenkürzel)) über das Interview mit ihrem Gruppengeschäftsführer. Auch dort wurde der Vorwurf noch einmal erwähnt, wonach der WDR die Landtagsabgeordneten von NRW quasi erpressen würde, wenn man dem neuen Gebührenmodell für die öffentlich-rechtlichen Sender nicht zustimmt (wobei DerWesten selber meldet, dass die Mehrheit für die neue GEZ-Abgabe im Landtag wackelt). Belege, Nachweise oder konkretere Angaben zu dieser meiner Meinung nach ungeheuerlichen Behauptung finden sich dort natürlich nicht…

PS: Auch medienmoral-nrw.de berichtet darüber.


5 Kommentare »

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  1. (1) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 30. August 2011, 09:59 Uhr

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  2. (2) Pingback von Kommende (?) WAZ-Eignerin Petra Großkamp will weiter mit Christian Nienhaus arbeiten – jedoch kein Wort zu Bodo Hombach » Pottblog @ 31. August 2011, 16:44 Uhr

    […] wonach Petra Großkamp die Mehrheit an der WAZ-Mediengruppe erwerben will (siehe auch den Beitrag im Pottblog dazu). Sollte die Tochter von einem der beiden WAZ-Gründer es wirklich schaffen, das […]


  3. (3) Pingback von Umstrukturierungen bei der WAZ-Mediengruppe: Kauft Petra Grotkamp vom Funke-Stamm die Mehrheit der WAZ von den Brost-Erben? (Linkliste) » Pottblog @ 2. September 2011, 06:55 Uhr

    […] Mit tiefgreifenden Änderungen im Gesellschafterkreis der WAZ-Mediengruppe wurde eigentlich frühestens für 2015 gerechnet (wenn testamentarische Bindungen auslaufen sollen), doch Ende August 2011 wurde bekannt, dass Petra Grotkamp (Tochter des WAZ-Gründers Jakob Funke und 1/3-Erbins des Funke-Anteils von 50 % der WAZ-Mediengruppe) den kompletten Anteil des WAZ-Gründers Erich Brost übernehmen will, dessen Erben die anderen 50 % an der WAZ-Mediengruppe halten (siehe dazu auch den Beitrag im Pottblog). […]


  4. (4) Pingback von Umstrukturierungen bei der WAZ-Mediengruppe: Kauft Petra Grotkamp vom Funke-Stamm die Mehrheit der WAZ von den Brost-Erben? (Linkliste) » Pottblog @ 2. September 2011, 06:58 Uhr

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  5. (5) Pingback von Morgenlinks mit Beigeschmack, Rundshow & Testament | netzfeuilleton.de @ 13. September 2011, 08:54 Uhr

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