Dieter Gorny, der schlechteste Pate beim Grimme Online Award 2011
Bei der Preisverleihung des Grimme Online Awards 2011 (GOA bzw. #goa11) vor zwei Tagen in Köln (siehe dazu auch: Grimme Online Award 2011: Videos von der Preisverleihung) wurden die Preise in der Kategorie Spezial von Dieter Gorny (siehe Abbildung) vergeben. Schon vor der Veranstaltung, als er den roten Teppich vor der Kölner Vulkanhalle betrat, wurde ein wenig gewitzelt – ob denn das Einreiseverbot für Köln ((aufgrund der Tatsache, dass er die Popkomm von Köln nach Berlin umziehen ließ)) inzwischen aufgehoben sei. Als er dann als Preispate in der Kategorie „Spezial“ fungierte, war das eher weniger zum lachen.
Dieter Gorny, der beispielsweise künstlerischer Direktor beim Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt Europas 2010 Ruhr.2010 war ((und in dieser Funktion erklärte, dass eine Absage der Loveparade 2010 in Duisburg eine Blamage sei…)), ist inzwischen wieder vor allem als Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie e. V. bekannt. Auf der Bühne überraschte er dann doch ein wenig, als er beispielsweise auf die Frage, ob er denn (Stichwort: Gefahren im Internet) sein Haus bei Google StreetView verpixelt habe, das rigoros verneinte und sich eher überrascht darüber zeigte. Das brachte ihm auch ein wenig Szenenapplaus ein. Angesprochen auf die Frage nach den Möglichkeiten des Netzes und der Schwarmintelligenz erklärte er, dass er der Meinung sei, dass die Leistungen des Einzelnen der Schwarmintelligenz deutlich überlegen seien.
GuttenPlag Wiki
In seiner Laudatio auf den ersten Preisträger der Kategorie Spezial, dem GuttenPlag Wiki nutzte er dann auch gleich die Gelegenheit, um für einen besseren Umgang mit dem Urheberrecht zu werben. Das würde ja auch das GuttenPlagWiki zeigen, denn zu Guttenberg hätte ja vor auch und vor allem das Urheberrecht verletzt. Denn nach der Jury-Begründung ergänzte er:
„[…] Ich glaube da ist aber auch noch mehr passiert, nämlich klammheimlich hat uns diese Tätigkeit und diese Plattform auch eine quer durch die Gesellschaft gehende immer noch andauernde Debatte aufgezwungen, wie wir es eigentlich mit dem Wert geistiger Kreativität halten. […]“
Kein Wunder, dass schon während der Preisverleihung, die dank eines Livestreams gezeigt im Internet gezeigt wurde, Protest auch bei vielen GuttenPlag-Beteiligten aufkam – die haben auch nicht vergessen, dass Dieter Gorny für Netzsperren nach dem Modell „Three Strikes“ ist.
Da verwundert es dann nicht, dass Tim Bartel, der für GuttenPlagWiki den Preis aus der Hand von Dieter Gorny in Empfang nehmen durfte, eher gequält lächelt – und nachher erklärte, dass einige GuttenPlag-Teilnehmer sich wahrscheinlich überlegt hätten, den Preis aus der Hand von Dieter Gorny nicht anzunehmen.
Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten
Das ZEIT-Projekt Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten bekam den zweiten Preis.
Dazu sagte Dieter Gorny lieber nichts selber (außer den Text der Begründung durch die Jury) – dafür meldete sich der leider aus Krankheitsgründen abwesende Malte Spitz, dessen Vorratsdaten als Grundlage für das Projekt dienten, via Twitter zu Wort, denn er verfolgte die Verleihung des Grimme Online Awards via Internet:
leider nicht beim #goa11 sonst hätte ich Gorny noch einmal deutlich gesagt das sein Verband (Musikindustrie) #vds fordert
Quelle: twitter.com/maltespitz
Damit bezieht sich Malte Spitz auf das Plädoyer der Musikindustrie für die Vorratsdatenspeicherung, die sich beim Bundesverfassungsgericht deutlich für die Vorratsdatenspeicherung einsetzen.
Man kann bei der (gesamten) Auswahl der Preispaten natürlich unterschiedlicher Meinung sein – solange der GOA jedoch kein reiner Blogpreis ist, ist es sicherlich angemessen und vernünftig, wenn Vertreter „alter Medien“ wie des Fernsehens da auf der Bühne stehen und ein wenig Glamour in die Veranstaltung bringen. Nur sollte man schon ein wenig auf die Auswahl der Preispaten achten, ob das wenigstens ein bisschen passt. Was leider gerade bei der Spezial-Kategorie nicht gemacht worden ist. Es ist meiner Meinung nach ziemlich verfroren, dass gerade Dieter Gorny Preispate für das Zeit-Projekt „Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten“ gewesen ist. Da macht man den sprichwörtlichen Bock zum Gärtner und beweist keinerlei Sensibilität dem Preisträger gegenüber!
Es ist daher kein Wunder, dass sowohl direkt in der Vulkanhalle (bei Preisträgern) als auch im Netz über eine nicht-Annahme des Preises diskutiert wurde…
Interview mit Dieter Gorny dazu
Eigentlich wollte ich direkt dazu Dieter Gorny befragen – dieser verließ jedoch die Vulkanhalle quasi sofort nach dem Ende des offiziellen Programms. Selbst die obligatorischen Fotos der Preisträger mit den Laudatoren waren mit ihm nicht mehr möglich – worüber die Preisträger natürlich nicht wirklich traurig waren.
Interview mit Uwe Kammann vom Grimme-Institut
Da ich Dieter Gorny nicht befragen konnte, habe ich stattdessen mit Uwe Kammann, dem Geschäftsführer des Grimme-Instituts in Marl, darüber kurz gesprochen und ihn zu der umstrittenen Personalie Dieter Gorny befragt:
Ganz überzeugend finde ich persönlich diese Antworten jetzt nicht.
Man stelle sich mal vor, wenn jeder Bock, der zum Gärtner gemacht wird, solche Preise verleihen würde… wenn beispielsweise Angela Merkel ein Projekt zur Ablösung von Schwarz-Gelb prämieren würde ((wobei: will sie das nicht insgeheim, weil sie schwarz-gelb keine Chance mehr gibt?)), wenn Kardinal Meisner für die katholische Kirche einen Preis einem Kondomproduzenten verleihen würde, wenn Borussia Dortmund einem eingefleischten Schalke-Fan die Ehrenmitgliedschaft überreicht oder wenn die BILDblog-Macher den BILD-Chefredakteur Kai Diekmann für seine journalistische Arbeit ehren würden.
PS: Das verwendete Foto von Dieter Gorny stammt vom Grimme-Insitut (Jens Becker), wurde bei Flickr veröffentlicht und darf nach Rücksprache hier verwendet werden.
Vielleicht will das Adolf-Grimme-Institut dadurch andeuten, dass es von der Auswahl der Jury nicht ganz überzeugt ist. Würde man ansonsten Dieter Gorny eine solche Plattform bieten?
Ich nehme Herrn Gorny immer noch übel, dass er Vivaplus kaputt gemacht hat.
@Peter (1):
Das glaube ich eher nicht.
@Mike Stelaris (2):
Ja, auch kein Punkt, mit dem man Sympathien weckt.