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Jens Matheuszik — 27. Februar 2011, 16:31 Uhr

Enttäuschender DER SPIEGEL-Titel 09/2011: BILD – Die Brandstifter


Als am Freitag die Titelgeschichte der Spiegel-Ausgabe 09/2011, die ab dem morgigen Montag im freien Verkauf erhältlich ist, bekannt wurde (BILD – Die Brandstifter) konnte man eine gewisse „Begeisterung“ im Internet bei Twitter, Facebook & Co. feststellen. So schrieb beispielsweise SaschaLobo bei Twitter:

Klingt nach einer soliden Attacke: der SPIEGEL-Titel von Montag ist „BILD – Die Brandstifter“ http://1.ly/Brandstifter

Insgesamt haben über 4.700 Leute über den URL-Verkürzungsdienst bit.ly die verlinkte Adresse zum Inhaltsverzeichnis des Spiegels 09/2011 aufgerufen, was schon auf ein gewisses Interesse hindeutete.

Als dann am späten Samstag (nach dem grandiosen 1:3-Sieg von Borussia Dortmund (BVB) über den FC Bayern München (FCB) endlich die neue Spiegel-Ausgabe auf dem Apple iPad verfügbar war, lud ich sie mir sofort herunter und wollte mir sofort die Titelgeschichte durchlesen. Doch das war ehrlich gesagt ein wenig enttäuschend:

Hausmitteilung

In der Hausmitteilung wird erklärt, warum man das Thema BILD zum Titelthema gemacht hat. Interessant dabei die Anmerkung, dass man auf Rücksicht auf die im Iran festgenommenen Reporter der Bild am Sonntag die Geschichte zurückgehalten habe, um „jedes Risiko diplomatischer Komplikationen zu vermeiden“. Damit wurde – zumindestens für mich – die Erwartungshaltung noch etwas höher geschraubt. Jetzt, so die Hausmitteilung weiter, müsse man aus aktuellem Anlass (Karl-Theodor zu Guttenberg, der von der BILD-Zeitung massivst publizistisch unterstützt wird) die Geschichte bringen.

Artikel „Im Namen des Volkes“

Im Titelartikel wird dann über die BILD-Zeitung und ihre Methoden berichtet. Wer auch nur gelegentlich das BILDblog liest, erfährt hier nicht wirklich etwas neues. Daher wundert es nicht, dass Christian Jakubetz ((ehemaliger Mitarbeiter beim BILDblog)) im Beitrag Neu bei BILDblog: Der Spiegel folgendes schreibt:

Man liest Dinge, die jeden Tag bei “Bildblog” hinreichend dokumentiert sind und man wundert sich, wo eigentlich die eigene Rechercheleistung einer Truppe von Titel-Autoren bleibt. Der gesamte Titel liest sich wie eine Zusammenfassung der besten Bildblog-Geschichten der letzten zwei Jahre […]
Gut, ein Interview mit Kai Diekmann werden die Bildblogger vermutlich nie bekommen. Aber auch die “Spiegel”-Redakteure stellen sich im Umgang mit Diekmann nicht sehr geschickt an. Man muss Diekmann nicht mögen oder ihn gar sympathisch finden, aber insgeheim ihm zumindest eine Art Respekt zollen, wie er die “Spiegel”-Leute immer wieder im Vorbeigehen erledigt. Es ist ja auch irgendwie selten dumm, Diekmann auf den Umgang der “Bild” mit Sarrazin festnageln zu wollen, wenn ausgerechnet das eigene Blatt Sarrazin mit (bezahlten) Vorabdrucken seines Machwerks erst eine große und seriöse Bühne gegeben hat. […]
Was mich wundert: Man will also publizistisch einen Nachweis über die Gefährlichkeit der “Bild” liefern und deren Chefredakteur, einen bekanntermaßen brillianten Rhetoriker, ins Kreuzverhör nehmen. Und dann bringt man nicht mehr zusammen, als eine bessere Bildblog-Zusammenfassung (ohne den Namen Bildblog auch nur ein einziges Mal zu erwähnen). Zudem ein Interview, bei dem man den Eindruck nicht los wird, dass Diekmann es absolviert, ohne sich auch nur ein einziges Mal anstrengen zu müssen. […]

Wobei ich anmerken muss – die Geschichte über Claudia Roth, die sich erfolgreich gegen die BILD-Zeitung gewehrt hat (und die man im Beitrag Wie Claudia Roth sich erfolgreich gegen BILD wehrte lesen kann ((wobei man sich fragen muss, ob man sich mittels dieser Zitierweise für die Doktor-Arbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg qualifizieren könnte…)) ), die war mir in dieser Form neu.

Video „Boykott an der Brötchentheke“

Ein rund zweiminütiges Video berichtet über den Bäcker André Krause, der sich seit geraumer Zeit weigert, die BILD-Zeitung bei sich im Laden zu verkaufen (siehe auch den taz-Artikel Kiosk-Besitzer über den Bild-Boykott: Jetzt ist Schluss). Dem Bäcker missfällt dabei die seiner Meinung nach menschenverachtende Spielerei der BILD-Zeitung mit dem rechten Rand und bringt als Gegenbeispiel dann auch – und das ist der aktuelle Zusammenhang – auch die hymnische Berichterstattung über Karl-Theodor zu Guttenberg auf.

Bis auf die Tatsache, dass dieses speziell für die iPad-Ausgabe erstellte Video ein paar Probleme mit den Texteinblendungen hat (die sehen teilweise „schmierig“ aus), kann es sich anfangs nicht ganz entscheiden, ob es eine akustisch unterlegte Bildershow ist oder wirklich ein bewegtes Bild.

Was wirklich neues bringt es jedoch nicht…

Interview mit Bild-Chefredakteur Kai Diekmann: „Zwischen allen Stühlen“

Eigentlich fällt es mir erst hier auf, obwohl es schon vorher so praktiziert wurde: Im einleitenden Text zu diesem Interview wird der Name Bild in Gänsefüßchen abgedruckt. Erinnert mich ein wenig an die „DDR“-Schreibweise der Bild-Zeitung…

Das Interview ist nicht wirklich überraschend. Christian Jakubetz schreibt dazu (im oben verlinkten Artikel):

„Man hat leider auch nur Fragen gelesen, die Diekmann schon in etlichen anderen Interviews gestellt wurden. Dass Diekmann so nicht zu packen sein würde, hätte man eigentlich schon vorher wissen können.“

Oder wie Robin Meyer-Lucht es im Carta-Artikel Spiegel: “Bild” ist eine Art rechtspopulistische Partei kurz und knapp formulierte:

„Auch ein Interview mit Bild-Chefredakteur Kai Diekmann vermag wenig Bemerkenswertes zu produzieren.“

Doch ein gutes hat dieses Interview:
Im Nachhinein erscheint Lukas Heinsers drei Jahre altes Video BILDblog trifft Kai Diekmann (siehe auch: Kai Diekmann aß neben mir einen Hotdog) nicht nur von der Bildführung ((haha, Wortwitz!)), sondern auch vom Inhalt her als deutlich frischer, innovativer und insgesamt gesehen als besser.

Fazit zum SPIEGEL-Titelthema „BILD – Die Brandstifter“

Viel Lärm um nichts wäre übertrieben. Aber irgendwo in der Nähe dieser Beurteilung bewegt sich meiner Meinung nach das Titelthema des aktuellen Spiegels. Es mag sicherlich die eine oder andere Person geben, die da mit vielen Neuigkeiten versorgt wird – aber wer die Medien kritisch beachtet und das BILDblog nicht für ein Blog der Bild-Zeitung hält, der erfährt nicht wirklich viel neues und wird enttäuscht.

A propos BILDblog…

Es zeugt schon von einer gewissen Chuzpe, dass man diese Titelgeschichte bringt ohne auch nur ein einziges Mal das BILDblog zu erwähnen oder gar zu verlinken (was ja in der iPad-Ausgabe möglich gewesen wäre).
Aber vielleicht hat das ja damit zu tun (und das ist nur eine spontane Vermutung von mir), dass es zwischen dem Spiegel und Stefan Niggemeier, dem Gründer und jetzigen Herausgeber des BILDblogs anscheinend „atmosphärische Störungen“ gibt.
Das vermute ich jedenfalls nach Lektüre des Spiegel-Artikels Kritiker in der Kritik, in dem Stefan Niggemeier kritisiert wird, und Stefan Niggemeiers Beitrag Wie ich in den „Spiegel“ kam als Replik dazu…


5 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Dirk @ 27. Februar 2011, 17:39 Uhr

    Ganz deiner Meinung.
    Ich habe die Titelgeschichte Samstag spät Abends noch auf dem iPad gelesen. Eben mit einer gewissen Erwartungshaltung.
    Nach der Hälfte des Artikels (auf dem iPad immerhin 21 Seiten lang) langweilte ich mich schon sehr. Denn, wie Du schon schreibst, für BildBlog leser nichts neues.

    Ich will jetzt nicht behaupten das es 4,- € umsonst gewesen sind, aber doch entäuschend.

    Ich habe jedoch die Hoffnung dass einige Printleser (die Abonnenten die ich kenne sind nicht gerade als Internetaktiv zu bezeichnen) jetzt doch mal neue Einblicke bekommen. Für die wird sicher einiges neu sein


  2. (2) Pingback von Coffee And TV: » Kampagnenjournalismus @ 27. Februar 2011, 21:41 Uhr

    […] habe das Heft noch nicht gelesen, die Vorabbesprechungen fallen ziemlich enttäuscht aus und doch ist es bemerkenswert, dass sich ein großes deutsches Medium so explizit mit […]


  3. (3) Pingback von Spiegel vs. Bild | Kotzendes Einhorn @ 28. Februar 2011, 11:33 Uhr

    […] Ich stehe mit meiner Enttäuschung nicht alleine da. Pottblog nimmt die gesamte Titelstory, und nicht nur wie ich das Interview, auseinander. […]


  4. (4) Kommentar von Leo @ 28. Februar 2011, 19:11 Uhr

    Naja…

    1. Nicht alle Spiegel-Leser lesen auch Bildblog.

    2. Scheint mir wohl entgangen zu sein, dass Bildblog die Bild in die rextrem rechte Ecke steckt. Allein das Spiegel-Titelbild. (Ein Tipp: http://de.wikipedia.org/wiki/Biedermann_und_die_Brandstifter#Bezug_zum_Nationalsozialismus)


  5. (5) Kommentar von Jens @ 16. März 2011, 00:36 Uhr

    @Dirk (1):
    Ja, enttäuschend trifft es gut.

    @Leo (4):
    Okay, das Bildblog macht nicht so eine Gleichsetzung..


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