Merkwürdige Umfragen zur politischen Lage in Nordrhein-Westfalen: SPD und CDU gleichauf, mal ist die CDU besser, hohe Werte für die sonstigen Parteien usw.
Momentan geistern ein paar Umfragen in der politischen Landschaft Nordrhein-Westfalens herum, die es eigentlich meiner Meinung nach nicht wirklich wert sind, kommentiert zu werden. Aber irgendwie dann doch, denn ich denke, dass man dazu ein paar Worte zur Erklärung verlieren muss – denn ich persönlich halte von diesen Umfragen nichts und will auch gerne erklären warum.
Das ist übrigens kein neues Thema, denn dazu habe ich bereits einige Male etwas geschrieben. Beispielsweise ist die Frage, ob man sich vorstellen könne, die Partei XYZ zu wählen meiner Meinung nach nicht wirklich aussagekräftig, wie ich bereits vor über zwei Jahren im Beitrag Könnten Sie sich vorstellen, die Partei XYZ zu wählen? schrieb.
Aufgrund des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes im vergangenen Jahr habe ich meine Zweifel an Forsa-Umfragen geäußert und auch eine Kritik an der quasi täglichen Umfragen-Sau die durch’s Dorf getrieben wird formuliert.
Jetzt habe ich ein Déjà -vu, denn ab Ende Januar wurden wieder neue Umfragen veröffentlicht, bei denen ich mich nicht entscheiden kann, welche ich persönlich für am unseriösten halte…
Auf der Übersicht von wahlrecht.de über die Umfragen für Nordrhein-Westfalen sieht man die aktuellen Umfragen, wobei ich da auch noch eine ältere aus dem Dezember 2010 aufgelistet habe,  die von einem – natürlich ist das nur meine persönliche Meinung ((was ich glaube ich jetzt schon mehrfach klar gemacht habe…)) – seriösen Institut stammen.
YouGov und BILD:
Diese Umfrage wurde wohl von der BILD-Zeitung in Auftrag gegeben und interessanterweise wurde sie nur in Teilen in der BILD-Onlineausgabe erwähnt. Natürlich könnte das damit zu tun haben, dass man exklusiven Print-Content schaffen wollte, aber das halte ich in diesem Fall für eine falsche Begründung: Eigentlich haben Zeitungen Interesse an der Verbreitung solcher Inhalte, denn damit wird man ja auch von vielen anderen Medien zitiert. Aber vermutlich waren die eher merkwürdigen Umfrageergebnisse (man beachte die kombinierten Werte für die sonstigen Parteien, die mal eben locker flockig zu einem prozentualen Wert führen, der früher für einen respektablen 3. Platz im Parlament ausgereicht hätte) ein Grund dafür, diese Umfrage nicht ausführlicher zu veröffentlichen…
Der „Qualität“ dieser Umfrage widmet sich auch der lesenswerte Kommentar zur YouGov-Studie im Wir in NRW-Blog.
Emnid und RP-Online bzw. RP+:
Zum Start der iPad-App RP+ der Rheinischen Post gab es plötzlich die dazugehörige Meldung, wonach CDU und SPD in NRW Kopf an Kopf liegen. Gleichzeitig wurde auch der neue CDU-Landesvorsitzende, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, zum respektablen Gegenspieler von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aufgebauscht, der in diversen Kompetenzfeldern der Amtsinhabern nicht nur das Wasser reichen kann, sondern teilweise auch besser abschneidet. Dass jetzt gerade die Finanzen dabei auftauchen, wo bekanntlich die CDU in Nordrhein-Westfalen selber arge Finanzprobleme hat und dass „Wackeln am Atomkompromiss“ nicht abgefragt wurde, obwohl er da Topwerte erzielt hätte, sei mal dahingestellt.
Fragwürdig finde ich diese Umfrage dennoch, da diese Werte mit der gefühlten politischen Lage eher nicht korrespondieren. Aber sei´s drum, der dazugehörige Artikel wurde ja auch übrigens von einem Autoren geschrieben, der aufgrund seiner – achtunng Ironie! – wohlwollenden Berichterstattung auf Parteitagen der Grünen gerne namentlich begrüßt wird ((jedenfalls beim Landesparteirat der Grünen in Mülheim an der Ruhr)) und – zumindestens laut dem Wir in NRW-Blog – unter Verdacht steht, gewissen Kreisen – nicht gerade der Senioren-Union – der CDU NRW nahe zu stehen (siehe den Beitrag Das Zusammenspiel zwischen Partei und Medien – oder wie die CDU Politik macht dazu – in Bezug auf die Personalie Leonhard Kuckart).
Forsa und Stern/RTL:
Eigentlich ist ja über die Umfragen von Forsa schon genug geschrieben worden. Ich verweise da gerne auf die Beiträge von Andreas Grieß, der sowohl im eigenen Blog als in einem Artikel der taz dazu was geschrieben hat.
Die wöchentlichen Forsa-Umfragen, die immer wieder gerne zitiert werden, kann man gerne hinterfragen und so auch die aktuelle Variante, die sich nicht nur der Bundespolitik, sondern auch der nordrhein-westfälischen Landespolitik widmet: Rot-Grün in NRW stabile Mehrheit, CDU aber vor der SPD heißt es da und dürfte bei dem einen oder anderen in Düsseldorf die Ãœberlegung von Neuwahlen schmälern. Auch wenn die CDU hier überraschend vor der SPD liegt, wäre das kein wirklicher Sieg für die CDU. Schließlich würde sich Rot-Grün bei diesen Zahlen festigen. Wären diese Umfragezahlen das Wahlergebnis, wäre es höchstens ein Sieg für den Landtagspräsidenten Eckhard Uhlenberg (CDU), dessen Position dadurch theoretisch gefestigt würde, denn dann hätte die CDU wohl deutlich den Anspruch auf die Position des Landtagspräsidenten. Ob das auch praktisch für den amtierenden Landtagspräsidenten der Fall wäre und nach einer etwaigen Neuwahl er auch dieses Amt wieder bekommen würde ist jedoch fraglich – so soll er auch bei den eigenen Parteifreunden nicht den besten Ruf in Bezug auf seine Amtsführung genießen und seine eigene CDU-Fraktion will ja höchstgerichtlich feststellen lassen, dass der von der CDU aufgestellte Landtagspräsident sich im Landtag (bei der Durchführung des ersten Hammelsprunges in dieser Legislaturperiode) falsch verhalten habe…
Drei Umfragen und ein Fazit:
Die drei Umfragen sind meiner Meinung nach nahe an der Irrelevanz. Natürlich mag die Stimmungslage derzeit für die SPD auch in Nordrhein-Westfalen nicht mehr so gut sein, nachdem sich der Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) gelinde gesagt etwas politisch ungeschickt verhalten hat – aber im Grunde genommen ist es nur von Vorteil, wenn das Land mehr Geld in der Kasse hat als ursprünglich geplant und als sein Amtsvorgänger Helmut Linssen (CDU) im ersten Amtsjahr ähnliches widerfuhr, war die Aufregung bei weitem nicht so groß.
Interessant sind meiner Meinung nach erst wieder die Umfragewerte die beispielsweise für das WDR-Magazin Westpol von Infratest Dimap ermittelt werden. Deren Werte halte ich für deutlich seriöser und aussagekräftiger. Insofern kann man nur hoffen, dass es bald mal wieder von dort Zahlen gibt. Da zahlt man dann auch gerne seine GEZ-Gebühren für. Das ist mir dann auch lieber, als dass man Woche für Woche irgendwelche obskuren Zahlen von zum Teil (jedenfalls mir) eher unbekannten Instituten erhält, deren Relevanz meiner Meinung nach nicht wirklich vorhanden ist.
emnid und dimap sind übrigens beide TNS-Ableger ;)
@Andreas:
Oh, das wusste ich gar nicht, danke!
[…] Eine neue Umfrage von Infratest dimap, die für die WDR-Sendung Westpol (die am heutigen Sonntag, um 19:30 Uhr läuft) durchgeführt wurde, zeigt jetzt relativ eindeutig, dass es keine Neuwahlen geben wird. Dazu vorweg ein Hinweis: Die Umfragen von Infratest dimap für den WDR gehören zu den wenigen Umfragen, denen ich eine gewisse Relevanz zubilligen möchte. Andere Umfragen halte ich eher für merkwürdig und nicht aussagekräftig. […]
Du hast es perfekt auf den Punkt gebracht! So werden die Leute gelenkt…
[…] Wahlen) veröffentlicht werden, nicht so viel. Alles andere sind für mich dann doch eher merkwürdige Umfragen, über deren Wert man geteilter Meinung sein […]