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Jens Matheuszik — 29. Dezember 2010, 22:31 Uhr

Interview mit Michael Townsend zum neuen Musikzentrum in Bochum (formerly known as „Konzerthaus“)


Michael TownsendDie Nachricht, dass die Landesregierung ein Musik-Zentrum im Bochumer Viktoria-Quartier (direkt am bekannten Bermudadreieck) finanziell unterstützt, machte gestern schnell die Runde und sorgte sowohl für Begeisterung (siehe beispielsweise den Artikel Der Himmel hängt voller Geigen bei der WAZ/DerWesten) als auch für Kritik (siehe dazu beispielsweise den Artikel Konzerthaus Bochum: Seid verschlungen, Millionen bei den Ruhrbaronen).

Zu dem neuen Musikzentrum, welches auch eine „Heimstätte für die Bochumer Symphoniker“ darstellen soll (um das inzwischen fast schon gebrandmarkte Wort „Konzerthaus“ zu vermeiden), wurde gestern sehr spontan ((die Einladung für den Termin um 13:00 Uhr erfolgte um 12:03 Uhr)) zu einem Pressegespräch ins Bochumer Rathaus geladen,

um Sie über die weitere Entwicklung im Viktoria-Quartier zu informieren.

An diesem Gespräch werden neben dem Kulturdezernenten Michael Townsend und dem Stadtbaurat Dr. Ernst Kratzsch auch der Landtagsabgeordnete Thomas Eiskirch teilnehmen.

Leider konnte ich an dem Pressegespräch nicht teilnehmen ((was eher an der Uhrzeit denn an der verständlichen Spontanität lag)), so dass ich stattdessen mit Michael Townsend ein Interview zum Thema Musikzentrum durchgeführt habe (nach dem großen Video-Interview mit Michael Townsend zur Kulturhauptstadt 2010 (Ruhr.2010) in Bochum diesmal in Textform).

Pottblog: „Herr Townsend, darf man Ihnen zu der heute bekannt gewordenen Ankündigung der Landesregierung gratulieren?“
Michael Townsend: „Gerne! Eine über Jahre dauernde Hängepartie geht damit zuende. Für Bochum geht mit dieser Perspektive das Kulturhauptstadtjahr mit Volldampf weiter.“

Pottblog: „Sie haben laut Presseberichten zusammen mit den Landesministern Schäfer und Voigtsberger, Herrn Gorny von der Kulturhauptstadt, den Landtagsabgeordneten Eiskirch, Gödecke und Yüksel und ihrem Kollegen Stadtbaurat Kratzsch in Düsseldorf verhandelt. Was gab Ihrer Meinung nach den Ausschlag für die Bewilligung der Landesmittel?“
Michael Townsend: „Wir haben mit der Arbeits- und Staatssekretärsebene der Ministerien, die für Kultur, Bauen und Wirtschaft zuständig sind, mit unseren drei Landtagsabgeordneten und Herrn Gorny zusammengesessen. Entscheidend für den positiven Ausgang der Gespräche dürfte gewesen sein, dass es uns gelungen ist, die Tragfähigkeit des Gesamtkonzepts sowohl unter künstlerischen als auch Stadtentwicklungsaspekten zu verdeutlichen. Das Konzept, im Kreativquartier ein hoch-innovatives Musikzentrum für alle entstehen zu lassen, hat überzeugt.“

Pottblog: „Wann haben Sie von der endgültigen Bewilligung erfahren? Eigentlich sind Sie ja gerade im Urlaub und haben diesen für das eine Stunde vor Beginn eingeladene Pressegespräch unterbrochen.“
Michael Townsend: „Wir wussten natürlich im engsten Kreis der Gesprächsteilnehmer von der zu erwartenden Entwicklung. Die positive Nachricht war jedoch erst sicher für die Kommunikation ca. eine halbe Stunde vor dem Ausgang der Einladungsmail für die Pressekonferenz. Ich selbst war in Erwartung dieser positiven Nachricht und des folgenden Pressegesprächs den ganzen Tag Stand-By in meinem Büro.“

Pottblog: „Früher hieß es Konzerthaus oder Bochumer Symphonie – und jetzt Musikzentrum im Viktoria-Quartier. Ist das nur alter Wein in neuen Schläuchen? Und was passiert jetzt mit dem Beschluss, dass die Marienkirche zum Kammermusiksaal werden soll?“
Michael Townsend: „Es wird ein Haus entstehen für Konzerte, musische Bildung, Produktion und Präsentation von Musik jeder Art. Natürlich wird es auch die Heimat für unser Orchester werden, sich jedoch weit öffnen für andere Kulturträger und Veranstaltungen. Steven Sloane trägt das Konzept nicht nur mit, sondern steht in personam dafür: Wer das Spektrum von ‚iSing‘ bis ‚Henze‘ beherrscht und mit Leidenschaft bedient, ist hier sicher der richtige Garant.“

Pottblog: „Wie wird sich das Konzerthaus von anderen Konzerthäusern der Region unterscheiden?“
Michael Townsend: „Es wird in Bochum kein weiteres reines Gastspiel-Konzerthaus gebaut, wie es sie in der Region schon gibt, sondern eine Heimat für in der Stadt und für die Stadt und die Region produzierte und präsentierte Musik. Dass das Haus hier nicht als Konkurrenz gesehen wird, belegen die positiven öffentlichen Stellungnahmen der Chefs der Häuser und Essen und Dortmund.“

Pottblog: „Wie erklären Sie den Bochumer Bürgerinnen und Bürgern, dass jetzt Geld für das Konzerthaus da ist, aber anscheinend nicht genug für den Winterdienst, die Sanierung des Straßennetzes wie z.B. der Oskar-Hoffmann-Straße, wo man ja fast schon Minigolf angesichts der vielen Schlaglöcher spielen kann oder aber für die sanierungsbedürftigen Schulen?“
Michael Townsend: „Selbst Gegner eines Konzerthausbaus in der Stadt haben immer zugestanden, dass natürlich gegenüber jeder Investition eine andere in Konkurrenz steht.

Jedem ist aber auch jenseits künstlerischer Argumente klar: Bochum als der zentrale und exzellenteste Wissenschaftsstandort benötigt nicht zuletzt zwingend ein attraktives Umfeld, damit die Menschen hier nicht nur gerne arbeiten, sondern auch leben. Stagnation in der Stadtentwicklung – besonders in der für das Gesamtbild so wichtigen Innenstadt – [ist da nicht hilfreich; Anm. d. Bloggers]“

Pottblog: „Was sagen Sie zur Kritik, z. B. der Ruhrgebiets-Grünen (in einem bisher noch nicht veröffentlichten Pottblog-Interview), wonach ein Konzerthaus in Bochum keine Bereicherung der Kultur sei und dadurch die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Kultureinrichtungen geschwächt werden würde? Dort sieht man die finanziellen Folgelasten als größtes Problem dabei.“
Michael Townsend: „Ich bin der festen Ãœberzeugung, dass es unter gleichgerichteten Kultureinrichtungen durchaus Kannibalisierungseffekte geben kann. Gleichzeitig halte ich jedoch daran fest, dass in Bochum eine musikalische Produktions-, Bildungs- und Präsentationsstätte entsteht, die keine Konkurrenzeinrichtung zu den Essener und Dortmunder Häusern darstellt, da sie völlig anders konzipiert ist, als diese.“

Pottblog: „Gibt es noch Hürden bis zum ersten Spatenstich? Muss die Stadt nicht erst noch einen genehmigten Haushalt bekommen?“
Michael Townsend: „Allgemein könnten man sagen: Hürden gibt es immer, solange die Projekte nicht abgeschlossen sind. Die liegen aber eher in den Zeitschienen sowie den konkreten Projektplanungen. Die Eigenmittel, die die Stadt für das Musikzentrum sowohl als Anteil an den Investitionskosten als auch für den Betrieb aufbringen muss, sind in den existierenden Haushaltsplänen und Prioritätenlisten für die nächsten Jahre enthalten. Das bedeutet, dass die Errichtung des Musikzentrums keinerlei Aufstockung der bestehenden Haushaltszahlungen erfordert.“

Pottblog: „Wem wird abschließend das Konzerthaus gehören und wer hat das Nutzungsrecht?“
Michael Townsend: „Die rechtlichen Konstruktionen werden jetzt umgehend entwickelt. Es bleibt aber dabei, dass sichergestellt werden muss, dass es um ein Haus der Musik geht, in dem sich unterschiedlichste musikalische Interessen wiederfinden.“

Pottblog: „Wann wird man das erste Mal offiziell Musik im Konzerthaus hören können – und welches Stück sollte das Ihrer Meinung nach sein?“
Michael Townsend: „Wir hoffen, dass das erste Konzert das Silvesterkonzert 2013 sein wird. Zu dem Stück, das ich mir als erstes wünsche, fragen Sie mich doch in einem Jahr noch mal.“

Zu den Aussagen (und Presseberichten), wonach die Bochumer Jahrhunderthalle eine teure Mitgift bei der Vereinbarung zum Musikzentrum sei, erklärt Michael Townsend:

  1. Zur Ãœbernahme der Jahrhunderthalle gibt es einen Grundsatzbeschluss des Rates der Stadt Bochum, der zur Zeit detailverhandelt wird.
  2. Vereinbart sind Regelungen, die die Stadt möglichst nahe an der derzeitigen Zahlung absichert. Insgesamt gibt es eine „Mitgiftregelung“ des Landes in Höhe von ca. 30 Mio Euro, zu der neben den Bauunterhaltungs- und Betriebskosten auch ein Mitgiftpaket von ca. 30 Mio. Euro gehört (u.a. auch für das Parkhaus und die Marienkirche (nicht jedoch die 7 Mio. für das Musikzentrum))!
  3. Die Verhandlungen zu dem Gesamtpaket haben begonnen mit einem Bauminister namens Oliver Wittke. Glaubt jemand an eine parteiische Kungelei zwischen dem CDU-Minister und der rot-grünen Mehrheit im Bochumer Stadtrat?
  4. Bochum ist der größte und exzellenteste Wissenschaftsstandort in der Region. Nimmt jemand ernsthaft an, dass das nicht ein entsprechendes Lebens- und Kulturumfeld erfordert?

Mit Dank an Michael Townsend der trotz seines Urlaubs kurzfristig für das Interview zur Verfügung stand!


3 Kommentare »

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  1. (1) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 30. Dezember 2010, 11:57 Uhr

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    […] den Ratsbürgerentscheid oder doch für das Bürgerbegehren? siehe dazu auch das Interview mit Michael Townsend zum neuen Musikzentrum in Bochum von Ende Dezmeber 2010 [↩]gerüchteweise wurden beispielsweise heute in der Bochumer […]


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