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Jens Matheuszik — 13. Dezember 2010, 16:23 Uhr

Was mich an der Diskussion und der Kritik rund um den umstrittenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) so anko… ärgert


Wie man durch Lektüre dieses Blogs sicherlich weiß, berichte ich seit geraumer Zeit über den umstrittenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und schildere dabei auch seine potentiellen Auswirkungen.

Dabei sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die mich ehrlich gesagt nerven (wenn nicht sogar mehr). 

Das ganze passt thematisch und zeitlich im Moment recht gut, denn am morgigen Dienstag sollen u.a. beispielsweise in NRW die Fraktionen von SPD und Grünen über den JMStV abschließend(?) beratschlagen: 

Genauer gesagt ist es vor allem eine Sache, die mich nervt und die ich kritisieren möchte: 

Ich nenne es mal so: Es gibt eine Gruppe der an sich interessierten, aber nicht aktiven Bürger, denen das Thema JMStV was bedeutet, die sich fragen, was das ganze soll – aber dennoch außer Unmutsbekundungen nichts machen ((und natürlich gibt es viele andere, die auch sehr aktiv sind, aber um die geht es ja gerade nicht…)):

Vorweg gesagt – ich habe in den gesamten Diskussionen (online, aber auch offline – nicht nur mit Netzexperten, sondern u.a. auch mit Medienpädagogen, in der Jugendarbeit Tätigen, Mitarbeitern von Jugendämtern usw.) fast nur Personen kennen gelernt, die den JMStV-E nicht gut finden. Eigentlich kann ich mich nur an zwei oder maximal drei Leute erinnern, die die Novelle zum JMStV begrüßen. 

Protest via Twitter, Facebook & Co.

Natürlich freut es mich, wenn in den sozialen Netzwerken das Thema JMStV (endlich) massiv ankommt. Noch vor kurzem war es beispielsweise beim CommunityCamp in Hannover oder beim BarCamp in Hamburg nur Insidern bekannt, die von den geplanten Änderungen nichts wussten. Insofern freut es mich, dass auf der Seite jmstv-ablehnen.de über 10.000 Besucher sich gegen den JMStV ausgesprochen haben. Auch der Erfolg von parlamentarische-zwaenge.de, wo mit mehreren tausend Beiträgen auf das widersprüchliche Verhalten der nordrhein-westfälischen Grünen eingegangen wurde, ist schön gewesen und erzielte auch eine gewisse Wirkung – nach außen, wie nach innen.

Das reicht aber nicht…

Digitaler Protest reicht nicht aus…

Der digitale Protest gegen den JMStV ist schön und gut. Er bewirkt auch etwas. Nicht umsonst verzögern gerade die Fraktionen von SPD und Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag ihre Entscheidung. Eigentlich sollte ja schon längst entschieden sein, wie es in Sachen JMStV weiter geht, aber gerade die massenhaften Reaktionen auf die „parlamentarischen Zwänge“ dürften sicherlich dazu beigetragen haben, dass die Fraktionen sich da noch nicht endgültig entschieden haben. Das massive Interesse zeigte sich auch daran, dass nach der Fraktionssitzung der Grünen der grüne Server, der über eine erneute Gesprächsbereitschaft der Grünen mit der SPD berichten sollte, nicht erreichbar war.

Doch dieser digitale Protest ist meiner Meinung nach alleine nicht ausreichend, denn mal ehrlich – glaubt jemand, der beispielsweise bei Twitter schreibt, dass er den JMStV ablehnt, dass das irgendein für den JMStV maßgeblicher Politiker mitbekommt? Wohl eher nicht…

Kontaktiere Deine/n Landtagsabgeordnete/n in NRW, Schleswig-Holstein & Co.

In dieser Woche der JMStV-Entscheidungen steht der JMStV in diversen Parlamenten auf der Tagesordnung. Mutmaßlich gibt es in den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein am ehesten die Chance, dass der JMStV gekippt wird.
Doch das gelingt nicht, nur wenn man mal in einem Tweet pro Tag bei Twitter sein Missfallen über den JMStV äußert. Die Anzahl der MdLs, die Twitter aktiv nutzt, dürfte unter der 5 %-Hürde liegen und daher erreicht man da nicht wirklich signifikant viele potentielle Entscheidungsträger.

Das war der Grund für mich, dass ich vielen die beispielsweise bei Twitter ihren Unmut über den JMStV gezeigt haben, dahingehend geantwortet habe, dass man doch entsprechend mal die zuständige oder den zuständigen Landtagsabgeordnete/n kontaktieren sollte. Schließlich entscheiden diese mit über den JMStV und es kann meiner Meinung nach nicht falsch sein, wenn man die Befürchtungen, die man mit dem JMStV hat, seinen gewählten Volksvertretern mitteilt. Hier sollte man jedoch einige Punkte beachten:

Wen soll man ansprechen oder anschreiben?

Jeder Mensch in Nordrhein-Westfalen hat seine/n Abgeordnete/n. Wenn man – was kein Verbrechen ist – gerade nicht weiss, wer den eigenen Wahlkreis im Landtag vertritt, dann schaut man beispielsweise bei abgeordnetenwatch.de (und dann unter NRW) nach. Dort erfährt man nach Eingabe der eigenen PLZ, wer für einen zuständig ist. Das können übrigens auch mehrere Abgeordnete sein, denn es werden in den Düsseldorfer Landtag nicht nur direkt gewählte Abgeordnete entsandt, sondern auch solche, die über die Reserveliste dank der Zweitstimme gewählt wurden ((ansonsten hätten wir auch keine Abgeordneten von der FDP, den Grünen und der Linkspartei im Parlament, da die Direktmandate allesamt nur an CDU- und SPD-Kandidaten gegangen sind)).

Ansonsten hilft es sicherlich auch, wenn man einfach mal die örtlichen Parteiseiten ansurft, da findet man dann oft schnell Links zu den jeweiligen Abgeordneten.

Da momentan in NRW die Entscheidungsfindung von CDU, SPD und den Grünen noch nicht klar ist, bietet es sich am ehesten an, die Abgeordneten dieser Parteien zu vertreten – am ehesten aber noch von SPD und Grünen, da es dort bekanntlich innerparteiliche Widerstände zum JMStV gibt.

Natürlich soll niemand gehindert werden, eine/n Abgeordnete/n von der FDP und/oder der Linkspartei anzusprechen – nur muss man ja nicht unbedingt noch Abgeordnete versuchen zu kontaktieren, die wahrscheinlich sowieso wie gewünscht stimmen. Insofern bringt es beispielsweise auch eher wenig, wenn man Abgeordnete aus Ländern wie z.B. Berlin oder Niedersachsen anschreibt, denn dort ist der JMStV bereits abschließend behandelt worden.

Förmliche Kontaktaufnahme

Schreiben zum JMStVAuch sollte man bei der Kontaktaufnahme die Form wahren. Bei einer eMail ((ein Brief würde jetzt wohl zu spät ankommen!)) sollte man schon die klassische Form wählen – sprich mit normalen Absender (postalische Anschrift, damit man auch sieht, dass es sich um einen potentiellen Wähler handelt) und Kontaktdaten. Wenn man zufällig eine eMail-Adresse hat, aus der die gleiche Parteiangehörigkeit zu erkennen ist, wie die der angeschriebenen Person, kann das nicht schaden – in anderen Fällen wäre eine neutralere Adresse unter Umständen besser. Die Angabe der Telefonnummer kann auch nicht schaden, gelegentlich wird man auch zurückgerufen und meistens – Ausnahmen bestätigen die Regel – sind diese Gespräche sehr konstruktiv.
Nicht wirklich konstruktiv sind jedoch Mails, Anrufe und dergleichen, wo den Abgeordneten Dummheit, Idiotie oder ähnliches vorgeworfen wird. Die Verwendung von Kraftausdrücken wird auch in den Parteien, die Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin gewählt haben, nicht geschätzt ((3,- Euro in die Wortspielkasse)) und sollte – der Sache Willen – lieber unterbleiben. Abgesehen davon, dass es natürlich auch Gründe für den JMStV geben mag und es unfein ist, wenn man die Vertreter anderer Meinungen pauschal verunglimpft. Ich denke die Argumente gegen den JMStV sprechen sowieso schon für sich.

Keine Musterbriefe oder ähnliches

Natürlich ist es toll, wenn man einfach nur einen Musterbrief sich als Vorlage nimmt, die persönlichen Absenderdaten und ggf. den Adressaten ändert und fertig. Aber sowas lohnt sich nicht wirklich, denn natürlich merken die Parlamentarier und deren Mitarbeiter das auch. Nur weil ein Musterbrief einhundertmal eingesandt wird, werden die Argumente dort auch nicht verhundertfacht. Da lohnt es sich wirklich eher, einen individuellen Brief zu schreiben – das kommt dann eher an. Vielleicht geht man noch auf die eigene Betroffenheit durch den JMStV ein (beispielsweise als Webmaster eines Forums, eines Blogs usw.).

Art der Kontaktaufnahme

Klar, wäre jetzt Wahlkampf und ihr würdet die für Euch zuständige Person aus dem Landtag auf dem Marktplatz sehen, dann wäre es kein Thema, wie man den Kontakt aufnimmt. Hingehen, ansprechen und fertig. Aber das geht momentan nicht. Sprich: Der persönliche Kontakt geht momentan eher nicht, vor allem haben auch MdLs nach einem langen Sitzungstag ein Privatleben und wollen nicht unbedingt abends in der Bahn auf solche Themen angesprochen werden. Telefonische Ansprache fällt wohl auch eher weg, so dass eigentlich nur ((nachdem der klassische Brief aufgrund Zeitablauf auch eher wegfällt…)) die eMail und das Telefax übrig bleiben. Die eMail hat Vor- und Nachteile: Man kann die eMail schnell schreiben und die meisten Abgeordneten können solche eMails auch ohne Probleme direkt mit ihren Handys lesen. Leider kann man eMails auch leicht löschen, vor allem wenn man glaubt, einer Mailkampagne zum Opfer gefallen zu sein. Insofern ist unter Umständen der Versand eines Faxes sinnvoller – wenn man die Möglichkeit dazu hat.

Es gibt mehr Themen als den JMStV…

Ja, auch andere Themen sind wichtig. Manche sogar deutlich wichtiger. In NRW beispielsweise die Verabschiedung des Nachtragshaushaltes. Sprich: Für die Abgeordneten gibt es andere Prioritäten. Dass jedoch das Thema JMStV kein unwichtiges ist, sieht man daran, dass es entgegen der ursprünglichen Planung ((wonach der JMStV schon längst ratifiziert worden wäre)) doch noch Gespräche, die Anhörung und einige weitere Sitzungen zu dem Thema gab – und gibt. 

Soll man es doch noch mit einer eMail oder einem Fax probieren?

Also ich persönlich vertrete die Meinung, dass es nicht verkehrt sein kann, wenn zumindestens jede/r Abgeordnete/r schon mal was vom JMStV gehört hat und auch weiß, dass es dazu Proteste gibt. Ob es sinnvoll ist, jetzt beispielsweise einem Abgeordneten die dreiundzwölfte eMail zum Thema zu schicken weiß ich nicht. Aber ich gehe mal davon aus, dass bisher vor allem die „Hauptprotagonisten“ (sprich auf NRW bezogen: die medien- bzw. netzpolitischen Sprecher, die Mitglieder im Haupt- und Medienausschuss usw.) schon entsprechend „versorgt“ wurden und nicht unbedingt jede Abgeordnete oder jeder Abgeordneter. Sollten da einzelne dann vielleicht die zweite eMail zum selben Thema innerhalb einiger Monate erhalten, wäre es auch ein Witz, wenn man sich da dann darüber beschweren würde.

Insofern würde ich zumindestens all denen, denen das Thema JMStV auf den Nägeln brennt, anraten, es zu versuchen – denn noch ist nichts entschieden (erst am Vormittag des morgigen Dienstags entscheiden in NRW die Fraktionen der Grünen und der SPD) und natürlich ist hinterher meckern immer einfacher. Wenn man aber versucht etwas dagegen zu unternehmen – dann ist das der richtige Weg, denn einfach nur meckern, das kann jede/r.

Wie sind Eure Erfahrungen?

Habt Ihr schon mit irgendwelchen MdLs zu dem Thema gesprochen, eMails ausgetauscht, telefoniert oder ähnliches? Wie waren die Reaktionen dabei?

Oder glaubt Ihr, dass das nichts ändert und man deswegen nichts machen muss?


3 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von julia witt @ 13. Dezember 2010, 18:45 Uhr

    Grossartiger Text, ambitioniert, realistisch, lass uns bei der re:publica eine session machen: “ wie die webelite den apfelturm verlaesst und in die reale welt hinein zu wirken lernt“ wir berliner kamen zu spaet


  2. (2) Kommentar von Herr Voß @ 13. Dezember 2010, 20:19 Uhr

    „Apfelturm“ :-D grandios. Ãœbernehm ich in den aktiven Wortschatz.


  3. (3) Kommentar von Jens @ 1. Januar 2011, 22:46 Uhr

    @julia witt (1):
    Danke – und gerne!

    @Herr Voß (2):
    Stimmt, der Begriff „Apfelturm“ ist sehr gut. :)


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