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Jens Matheuszik — 27. Oktober 2010, 07:23 Uhr

WDR 2 Klartext zum Bahnstreik: Einseitig und parteiisch


WDR 2Gestern fand ein Warnstreik bei den Bahnunternehmen statt, was logischerweise – ansonsten wäre ein solcher Streik ja nicht zielführend – zu Einschränkungen im Nah- und auch im Fernverkehr führte.

Ob jetzt der Streik gerechtfertigt ist oder nicht, da kann man sich sicherlich drüber streiten – aber grundsätzlich finde ich es richtig, dass die Gewerkschaften sich dagegen aussprechen, dass beispielsweise die Deutsche Bahn AG Tochterunternehmen gründet um eigene Tarifverträge zu umgehen und aktiv Lohndumping betreibt. Insofern empfinde ich die Forderung nach einheitlichen Bedingungen im Regionalverkehr für vernünftig. Erst recht meiner Meinung nach bei den privaten Bahnbetreibern, denn wenn die Wettbewerb nur über ein Lohndumping betreiben wollen, dann hilft das niemanden – vor allem auch nicht den Bahnkunden.

Worüber ich mich gestern im Zusammenhang mit dem Bahnstreik aufgeregt habe, war der WDR 2 Klartext „Bahn: Mini-Streik, Maxi-Auswirkung“ vom WDR 2-Wirtschaftsredakteur Carsten Schabosky:
Zwar sagte Schabosky am Anfang gleich, dass er Verständnis für den Streik habe, um das ganze dann aber sofort mit einem dicken ABER zu relativieren:

[…] Trotzdem: Heute wurde zu laut getrommelt!
[…] Denn zur Zeit zeigt sich nur eine Seite nicht besonders flexibel: Die Gewerkschaften! Ihr Wunsch, dass sich ein neuer Lohn, für die gesamte Bahn-Branche, an dem Lohn der Deutschen Bahn orientieren sollte, ist kaum praxistauglich. Der Lohn, der dort gezahlt wird, ist eher unflexibel, orientiert sich kaum an regionalen Gegebenheiten und enthält Dinge wie einen „Vor-Feiertags-Zuschlag“. Das ein privatwirtschaftliches Unternehmen so ein Lohnmodell nicht unbedingt übernehmen möchte – ich finde das nachvollziehbar. […]

Vielleicht findet er diese Position nachvollziehbar, weil er sie morgens vom eigenen Senderverbund schon so hören konnte (siehe das Interview mit Hans-Peter Ackmann, Geschäftsführer Arbeitgeberverband Deutscher Eisenbahnen auf WDR 5 ((auf das ich via Twitter aufmerksam gemacht wurde, Danke!)) ). Die Positionen des Arbeitgeberverbandes finden sich sehr ähnlich beim WDR 2-Klartext. Dass die Arbeitgeber eine dezidiert andere Meinung als die Gewerkschaften haben finde ich in Ordnung, das ist deren Aufgabe. Es ist aber auch die Aufgabe der Gewerkschaften für ihre Beschäftigten das Optimum herauszuholen und Dumpinglöhne sind auch gesamtgesellschaftlich nicht sinnvoll.

Das jedoch der WDR 2-Klartext einseitig Partei für die Arbeitgeber ergreift ist meiner Meinung nach nicht vernünftig. Es hat übrigens schon ein gewisses Geschmäckle, wenn ein WDR 2-Redakteur das Tarifmodell der Deutschen Bahn angreift, für unflexibel hält und für privatwirtschaftliche Unternehmen als unattraktiv darstellt. Das dürfte nämlich wahrscheinlich der selbe WDR 2-Redakteur sein, der wohl nach dem WDR-Tarifvertrag (und nicht nach den Tarifen für den privaten Rundfunk) bezahlt wird – übrigens vermutlich auch von den GEZ-Gebühren der streikenden Eisenbahner.


10 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Stefan @ 27. Oktober 2010, 10:06 Uhr

    Wer einen Vor-Feiertags-Zuschlag hat, ist in der Wirklichkeit nicht angekommen. Lokführer gibt es auf den meisten Zügen gibt es ohnehin nur noch aus psychologischen Gründen. Loks ohne Mensch an Bord wären sicherer und preiswerter. Mit jeder Lohnerhöhung treiben sie die Automatisierung voran.


  2. (2) Pingback von Der Ruhrpilot | Ruhrbarone @ 27. Oktober 2010, 10:20 Uhr

    […] Bahnstreik: WDR einseitig und parteiisch…Pottblog […]


  3. (3) Kommentar von Ulrich Voß @ 27. Oktober 2010, 10:37 Uhr

    Naja, ein Streik, bei dem die Bahn bestreikt wird, damit die Konkurrenten der Bahn das Lohnniveau auf das der Bahn anheben, sorgt zumindest bei mir für ein gewisses Stirnrunzeln …

    Aber wahrscheinlich weiss die Gewerkschaft zwar, dass das ziemlich sinnlos ist, allerdings sieht sie auch keine andere Chance, was zu bewirken, weil der Organisationsgrad bei der Konkurrenz so niedrig ist, dass ein Streik dort niemanden jucken würde.


  4. (4) Kommentar von Andreas F. @ 27. Oktober 2010, 10:51 Uhr

    Der „WDR-Klartext“ ist kein redaktioneller Beitrag der sachlich, richtig und ausgeglichen sein sollte, sondern ein Kommentar, der eine Meinung, hier die von Herrn Schabosky, präsentiert. Ist doch ganz klar als seine „Meinung“ (aka Kommentar) gekennzeichnet.

    Insofern ist der WDR-Klartext als solcher nicht einseitig, wenn er (evtl. einseitige) Meinungen darstellt, weil er verschiedene Meinungen (mit der Zeit) darstellt.

    Ansonsten: Um sich darüber eine qualifizierte eigene Meinung zu bilden, müsste man sich in den ganzen Kosten- sowie Gehaltstrukturen der Bahnbranche gut auskennen. Sonst spiegelt die eigene Meinung eh nur das wieder, was von den „Interessenvertretern“ gestreut wird.


  5. (5) Kommentar von Christian @ 27. Oktober 2010, 11:36 Uhr

    Einem Kommentar vorzuwerfen, dass er parteiisch ist, ist aber auch eine ungewöhnliche Sichtweise.


  6. (6) Kommentar von Stefan @ 27. Oktober 2010, 14:16 Uhr

    ad 4: ganz genau.
    Kommentar = Meinungsäußerung = möglicherweise einseitig.

    Man kann zwar anderer Meinung als der Autor sein und ihm auch vorwerfen, dass seine Meinung nicht logisch begründet sei — aber dass er seine Meinung, ordnungsgemäß als Kommentar deklariert, äußert, ist völlig legitim.

    Wichtig ist eher, dass die WDR2-Klartext-Beiträge / Kommentare im WDR insgesamt ein ausgewogenes Meinungsspektrum spiegeln.


  7. (7) Kommentar von Frank (Frontmotor) @ 27. Oktober 2010, 20:34 Uhr

    Ich gebe Jens recht: Und zwar wegen des letzten Satzes. Wer selbst aus GEZ Zwangsgebühren bezahlt wird, sollte nicht über unflexible staatliche Gehaltstarife mosern. Der Mann sitzt im Glashaus.


  8. (8) Kommentar von Jens @ 28. Oktober 2010, 06:04 Uhr

    @Stefan (1):
    Naja, darum geht es ja eigentlich nicht…

    @Ulrich Voß (3):
    Wobei ja angeblich die privaten Mitbewerber auch bestreikt werden. Das jedoch da zum Teil auch Töchter der Bahn dabei sind, sollte man auch bedenken.

    @Andreas F. (4):
    Ich kenne schon den Unterschied zwischen einem Kommentar und einem normalen redaktionellen Beitrag (wobei auch diese oftmals in die eine oder andere Richtung „gefärbt“ sein können, gerade beim WDR).

    @Christian (5):
    Ich hätte den Fokus eher auf die Absurdität des Vorwurfes legen sollen…

    @Stefan (6):
    Tun sie das denn? Ich habe keinen pro Bahngewerkschaften-Kommentar beim WDR gehört.

    @Frank (7):
    Genau das ist primär der Grund meiner Aufregung gewesen. Ist aber wohl leider etwas untergegangen und aus dem eigentlichen Beitrag nicht klar geworden.


  9. (9) Kommentar von Andreas F. @ 28. Oktober 2010, 07:16 Uhr

    @Frank(7), @Jens(8).

    Ãœberspitzt heisst eurer Vorwurf, dass ein Journalist, der nach „Tarifvertrag“ bezahlt wird und Arbeitnehmer ist, nicht „unparteiisch“ bei Tarifstreitigkeiten Anderer sein kann/darf, weil er sich eigentlich immer mit den anderen Arbeitnehmern, die auch um einen Tarifvertrag kämpfen, zu solidarisieren hat und deren Sicht als die „bessere/richtige“ darzustellen hat?

    Das kann es ja wohl nicht sein.


  10. (10) Kommentar von Jens @ 1. November 2010, 21:02 Uhr

    @Andreas F. (9):
    Wenn man es so zusammenfasst, wie Du es hier gemacht hast, dann kann es wirklich so nicht sein. Ich würde es jedoch anders zusammenfassen:

    Da wird ein Journalist, der einen Tarifvertrag besitzt, der nicht den normalen Marktmechanismen unterliegt, kritisiert, weil er bei anderen Leuten einen vergleichbaren Tarifvertrag kritisiert.

    Oder anders ausgedrückt: Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen!


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