Rot-Grün hätte bei Neuwahlen in NRW eine absolute Mehrheit
Heute wollen die SPD und die Grünen ihren Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen unterzeichnen, am Mittwoch soll dann Hannelore Kraft (SPD) zur neuen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin gewählt werden und den nur noch geschäftsführenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) und seine abgewählte CDU/FDP-Landesregierung ablösen.
Im Düsseldorfer Landtag fehlen SPD und Grüne zur absoluten Mehrheit nur eine Stimme – doch auf dem SPD-Landesparteitag in Köln, der am Samstag dem Koalitionsvertrag einstimmig beschloss, erklärte Karl-Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD, die geplante Minderheitsregierung zur gefühlten Mehrheitsregierung. Dem stets Fliege tragenden Politiker, der diesmal temperaturbedingt auf seinen Querbinder verzichtete, ist dabei die Hitze nicht zu Kopf gestiegen – wie eine aktuelle Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag von Westpol (WDR) zeigt:
Sonntagsfrage in Nordrhein-Westfalen
Der NRW-Trend Juli 2010 ((siehe auch DerWesten, RP-Online und T-Online)) zeigt ein klares Bild:
Die SPD kann sich gegenüber ihrem Stimmenanteil bei der Landtagswahl am 9. Mai 2010 um 1,5 Prozentpunkte auf 36 % verbessern, während die CDU sich um 2,6 Prozentpunkte auf 32 % verschlechtert, so dass klar die SPD die stärkste Kraft im Land wäre. Doch auch die Grünen profitieren momentan deutlich von der Stimmungslage – um satte 4,9 Prozentpunkte würden die Grünen auf dann 17 % ansteigen. Die FDP hingegen würde mit einem Verlust von 1,7 Prozentpunkten bei den kritischen 5 % landen, so dass hier auch ein Nicht-Einzug in den Landtag im Bereich des möglichen liegen würde. Die Linkspartei würde sich marginal um 0,4 Prozentpunkte auf 6 % verbessern.
Die geplante rot-grüne Minderheitsregierung ist damit der klare Gewinner in den Umfragen ((übrigens: normalerweise halte ich nicht viel von Umfragen, aber wie ich bereits öfters schrieb, sind meiner Meinung nach die Infratest-Umfragen noch am ehesten vertrauenswürdig)). Demnach scheint der Sondierungskurs weder der SPD noch den Grünen geschadet zu haben. Was jedoch verwundert ist das (leichte) Ansteigen der Linkspartei, wo man eher einen leichten Verlust vermutet hätte. Die Verluste bei CDU und FDP sind zu erwarten gewesen – dass die CDU gegenüber der FDP deutlich mehr Prozentpunkte verliert, dürfte man mit dem Stichwort „Dienstwagen“ in Verbindung bringen können.
Es fällt jedoch auf, dass es in diesem NRW-Trend mehr Gewinner als Verlierer gibt – demnach müssten eigentlich die weiteren Verluste bei den sonstigen Parteien zu finden sein. Wäre auch nicht unwahrscheinlich, da der spannende Wahlabend gezeigt hat, dass jede Stimme entscheidend sein könnte – da halte ich es für sehr gut möglich, dass die eine oder andere Person, die vorher eine kleine, sonstige Partei gewählt hat, sich jetzt für eine der größeren entschieden hat.
Was hält man von der Minderheitsregierung?
42 % der befragten 1001 Personen halten die rot-grüne Minderheitsregierung derzeit für sinnvoll, während 56 % eher für eine große Koalition plädierten. Interessant auch, dass 71 % glauben, dass Neuwahlen keine stabilen Mehrheiten bringen würden – denn die Personen die das gesagt haben, würden durch die Wahl der jeweiligen Partei in der Sonntagsfrage sehr wohl eine stabile Mehrheit (für SPD und Grüne) ermöglichen.
Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin
Einen Vertrauensvorschuss hat die designierte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) jetzt schon – 50 % der befragten Personen glauben, dass sie eine gute Ministerpräsidentin sein wird, während nur 29 % denken, dass das nicht der Fall sein wird.
Wer ist als CDU-Vorsitzender geeignet?
Auch mit der – bald – größten Oppositionspartei beschäftigte sich die Umfrage und stellte die Frage auf, wer denn als neuer Landesvorsitzender der CDU geeignet ist. Das Ergebnis hier ist insofern interessant, als dass ein Anwärter aus der Landespolitik eher auf den hinteren Plätzen landet:
Sowohl Karl-Josef Laumann (gerade frisch zum Fraktionsvorsitzenden gewählt) als auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen sind für 47 % geeignet für dieses parteipolitische Amt. Armin Laschet, Laumanns Gegenkandidat bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden, erhält hier nur 34 %, während Andreas Krautscheid, der amtierende Generalsekretär der CDU in NRW, nur von 10 % für geeignet gehalten wird. Dies dürfte für Krautscheid, dem Interesse an dieser Position nachgesagt wird, eine Enttäuschung sein. Grund hierfür könnte die Nähe zum noch amtierenden CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers und vor allem seine Nähe zum System Rüttgers sein – ein System, wo selbst eingefleischte CDU-Anhänger mehr oder weniger froh sind, dass es vorbei ist.
Nachtrag: Diese Frage nach dem geeigneten CDU-Vorsitzenden richtete sich in diesem Beispiel an CDU-Anhänger. Bei der allgemeinen Bevölkerung gab es andere Ergebnisse: 37 % Röttgen, 31 % Laumann, 27 % Laschet und 9 % Krautscheid.
Rauchverbot in NRW?
Auch wenn vielleicht gerade bei CDU-Mitgliedern und Amtsträgern die Köpfe rauchen – direkt mit der Landespolitik hat das Thema „Rauchen“ erst einmal nicht zu tun. Im Auftrag von Westpol wurde jedoch auch nach dem Rauchen in der Gastronomie gefragt. Anlass hierfür war natürlich der erfolgreiche Volksentscheid in Bayern, der ein striktes Rauchverbot zur Folge hat: Der Umfrage zufolge sprechen sich 48 % für keine Änderungen am bisherigen Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen aus, 38 % sind für ein totales Verbot und 12 % wollen weniger Ausnahmen.
Dieses Ergebnis wundert mich schon – denn ich hätte nicht gedacht, dass fast die Hälfte mit dem bisherigen Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen (mit seinen zahlreichen Ausnahmeregelungen) zufrieden ist.