Video-Interview mit Hannelore Kraft (SPD) zur aktuellen politischen Lage
Heute fand in Dortmund eine so genannte Regionalversammlung der nordrhein-westfälischen SPD-Region Westliches Westfalen statt, in der Hannelore Kraft, die Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD Nordhein-Westfalens, auf die politische Lage nach den Sondierungsgesprächen mit allen im Landtag vertretenen Parteien einging.
In dieser partei-öffentlichen Veranstaltung (das bedeutet, dass nur Parteimitglieder zugelassen waren – die Medien konnten nur kurz zu Beginn ‚rein) sollte die Basis über die aktuellen Entwicklungen informiert werden. Natürlich halte ich mich daran und werde hier nichts substantielles von der Sitzung selber schreiben. An einer Stelle hieß es beispielsweise auch, dass man ja „unter uns“ sei und das ganze ja nicht ‚rausgetragen oder gar getwittert wird, worauf mich (und mein iPad) dann einige anschauten. A propos iPad anschauen: Das schauten sich einige gerne an, vor allem als ich das Titelbild des aktuellen SPIEGEL oder aber die FAZ-Meldung über einen möglichen Rücktritt Guttenbergs zeigte (letzteres wurde dann auch gleich in einem Redebeitrag aufgegriffen).
Ich nutzte jedoch nach der Regionalversammlung die Gelegenheit kurz Hannelore Kraft zu befragen.
Aufgrund eines direkt danach angesetzten Interview-Termins (mit dem WDR für die Tagesschau – das sollte gleich im Fernsehen zu sehen sein) und meiner eigenen Zeitplanung, musste ich das ganze ein wenig straffen – und so entstand dann ein für Pottblog-Verhältnisse ausnahmsweise mal richtig kurzes Video (was wegen der Zeitgründe auch etwas schneller gesprochen wurde…):
(die HD-Variante des Videos gibt es bei Vimeo: Interview mit Hannelore Kraft)
Nachfolgend ein paar der Aussagen von Hannelore Kraft aus dem Interview in Textform:
Wie soll es in NRW nach dem Ende der Sondierungsgespräche weitergehen?
Hannelore Kraft: „[…] Wir sind für den Politikwechsel gewählt worden. Uns geht es um Inhalte. Und wir werden diese Inhalte jetzt über das Parlament nach vorne bringen, und das wird sehr gut möglich sein, denn wir haben mit Rot-Grün 10 Stimmen mehr als Schwarz-Gelb, das heißt wir können jetzt viele unserer Vorstellungen einbringen. Da gibt es ja große Ãœbereinstimmungen zwischen Rot und Grün, und das werden wir dann auch transportieren, wir werden das um- und durchsetzen, nehmen wir nur das Landespersonalvertretungsgesetz, den § 107 der Gemeindeordnung für die kommunalen Unternehmen. Alles das können wir sehr schnell in Realität umsetzen – da brauchen wir die Regierung gar nicht für, denn Gesetzgeber ist das Parlament. […] Wir wollen den Politikwechsel jetzt aus der Mitte des Parlamentes heraus entscheiden, dafür haben wir Mehrheiten und die werden wir auch realisieren.“
Wie sieht es auf Bundesebene mit dem Bundesrat aus?
Hannelore Kraft: „Wir lassen gerade prüfen, was er [Jürgen Rüttgers; Anm. d. Bloggers] als geschäftsführender Ministerpräsident mit einer geschäftsführenden Regierung noch darf und was er nicht darf. Da gibt es bei den Juristen wie immer unterschiedliche Auffasungen, da warten wir erstmal ab, was die Prüfung ergibt. Im Bundesrat muss man das beobachten. […]“
Morgen geht es dann mit den Regionalversammlungen weiter (siehe den Pottblog-Beitrag NRWSPD: Das Wochenende der Parteibücher.
[…] Hannelore Kraft: Interview zur aktuellen Lage … pottblog […]
[…] online. Bis dahin möchte ich nur auf das “für nebenan im Pottblog” erstellte Video-Interview mit Hannelore Kraft verweisen, in dem Hannelore Kraft ihre Pläne skizziert. Diese Pläne werden übrigens […]
Tja. Die politische Zukunft einzelner Personen ist halt wichtiger, als ernsthaft Verantwortung zu übernehmen.
Irgendwie traurig…
Das klingt nicht verantwortungsvoll, was Frau Kraft da erzählt hat. Eher darum, was Maik angemerkt hat. Ernsthaft Verantwortung übernehmen kann auch Verzicht bedeuten und wenn es nur vorübergehend ist. So wirkt das Interview auf mich, als würde Kraft es Herrn Rüttgers mal richtig zeigen wollte. Insbesondere Teil, in dem es um den Bundesrat geht (und das ist für die SPD doch von besonderer politischer Bedeutung) war sie ja fast trotzig wie ein Kind… „Mal sehen, was Rüttgers überhaupt noch darf oder nicht darf“…
Wohin soll das nur führen?
„[…] Weisungsbefugnisse gegenüber den Mitgliedern des Bundesrates gibt es nicht. Die Landtage können sie zwar im Wege des schlichten Parlamentsbeschlusses zu einem bestimmten Stimmverhalten im Bundesrat auffordern; rechtliche Verbindlichkeit besitzt das aber nicht. Selbst eine Änderung der Landesverfassung, die eine solche Verbindlichkeit zum Ziele hätte, wäre unzulässig, da sie gegen Sinn und Zweck des Art. 51 Abs. 1 GG verstieße.“
[Roman Herzog in: HStR III 3. Aufl. 2005, § 59 Rn xy]
@maik (3):
Ganz im Gegenteil – zu mindestens bei der SPD und Hannelore Kraft! Im Vorfeld wollte ihr niemand glauben, dass sie nicht um jeden Preis Ministerpräsidentin werden will und jetzt wird sie von den selben, die damals jammerten, angegriffen, weil das macht, was sie vor der Wahl gesagt hat.
@Horst Schmidt (4):
Das sehe ich anders. Siehe Antwort zu Maik.
@Peter (5):
Danke für den Hinweis. Bin gespannt ob auch für diesen Passus das berühmt-berüchtigte „Zwei Juristen = 3 Meinungen“ gilt…
@Jens (6):
Selbstverständlich gibt es auch in dieser Frage unterschiedliche Auffassungen. Ob Frau Kraft (die SPD) daraus Nutzen ziehen kann, wage ich zu bezweifeln.
Die Frage, ob eine Landesregierung, die nur geschäftsführend im Amt ist, weiter das Stimmrecht im Bundesrat ausüben darf, war zuletzt 2008 in Hessen aktuell. Die geschäftsführende Landesregierung unter Roland Koch konnte, auch ohne eigene Landtagsmehrheit, im Bundesrat weiter abstimmen wie gehabt. Erfolgreiche Klagen dagegen sind mir nicht bekannt. In Nordrhein-Westfalen dürfte die Rechtslage nicht anders sein.
Die grundsätzliche Diskussion um den Einfluss des Landtages auf die Stimmabgabe im Bundesrat, ist m.E. bestenfalls ein Gelehrtenstreit. Die herrschende Meinung verneint einen solchen Einfluss, das BVerfG [BVerfGE 8, 104] ebenso.
Das Dilemma, in dem sich Frau Kraft befindet, verstehe ich wohl. Neuwahlen sind nicht populär, andere Koalitionen passen der SPD nicht in den Kram. Die Große Koalition gleich gar nicht, weil die SPD in dieser wieder zu alter „Größe“ zurückfinden würde. Sie kann nur verlieren. Und sie wird auch verlieren. Auch wenn wir wohl davon ausgehen können, dass in ca. 2-3 Monaten klar ist, dass es Neuwahlen gibt. Die Leute werden das Taktieren bis dahin nicht vergessen haben.
@Peter (7):
Die Frage ist ja auch, wann überhaupt (bzw. ob überhaupt) wichtige Dinge im Bundesrat anstehen.
@Horst Schulte (8):
Ich fände es viel schöner, wenn die Leute mal sehen, wie Rüttgers taktiert, als Wahlgewinner nicht die Initiative ergreift und meiner Meinung nach seinem Amtseid durch sein Festhalten am Posten verletzt.
Auf die Idee von Hannelore Kraft muss man erstmal kommen. Ich finde es gut so.
Bei Neuwahlen, egal ob im Bund oder NRW, wäre die FDP raus aus dem Parlament. Von daher wären die eigentlich anzustreben..
Mein ausführlicher Kommentar:
Hessen in NRW!
http://dnzs-politik.blog.de/2010/06/13/hessen-nrw-8790724/
Also mir ist nicht klar, welche Strategie dahinter steht?
Grundsätzlich ist eine Politik aus der Mitte des Parlamentes heraus sehr zu begrüßen. Entscheidungen würden sich nach Themen orientieren. Leider aber wissen wir ja, dass hier nicht das Parlament und eine neue politische Kultur gestärkt werden sollen. Nein, es ist eine Strategie auf Zeit. Eine Strategie die sehr undurchsichtig ist. Vielleicht will Frau Kraft sich ein Image geben, die beim Souverän, dem Wähler, ankommen soll. (im Falle von Neuwahlen?) Eine Frau, der es nicht um jeden Preis um das Amt der Ministerpräsidentin , sondern um Inhalte geht. !?
Wie soll es mit der SPD NRW weitergehen?
Der Versuch eines Blicks auf die Wirklichkeit. Klugheit ist nichts anderes als die Wirklichkeit trotz aller ausgeprägten Teilabschnitte des Wahrnehmungshorizontes zu erkennen.
Daß. Es ist auch ein Werben für die Unterscheidung zwischen Wahlverdrossenheit und Wahlverweigerung (engl. shunning).
Volkszorn gegen Jürgen C. Brandt (SPD Duisburg)
http://jakobswege.wordpress.com/2010/06/24/volkszorn-gegen-jurgen-c-brandt-spd-duisburg/
Das Ende der Volkspartei SPD
http://jakobswege.wordpress.com/2010/06/23/das-ende-der-volkspartei-spd/
@Frank (10):
Wobei es meiner Meinung nach schon Gründe gibt, die gegen Neuwahlen sprechen. Man kann ja nicht so lange wählen, bis einem das Ergebnis endklich passt.
@Marty (11):
Ich denke man kann Hessen auf keinen Fall mit NRW vergleichen – dafür ist die Ausgangs- und Verfassungslage deutlich verschieden.