Hannelore Kraft äußert sich zur aktuellen Sondierungslage nach den Landtagswahlen in NRW (aktualisiert)
Gestern wurden die Gespräche zur Sondierung einer möglichen rot-grün-roten Koalition bestehend aus der SPD, den Grünen und der Linkspartei von den Grünen und der SPD einstimmig abgebrochen. Jetzt äußerte sich Hannelore Kraft ((die nordrhein-westfälische SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende sowie Spitzenkandidatin zur Landtagswahl)) in einer eMail an die Mitglieder der SPD (bei den Grünen gibt es auch einen Brief an die Mitglieder namens Sondierungsgespräche beendet – Die Linke verhindert einen Politikwechsel in NRW, der von Sylvia Löhrmann (((Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Grünen)) sowie Arndt Klocke und Daniela Schneckenburger ((den beiden Landesparteivorsitzenden der Grünen)) stammt).
Hannelore Kraft schreibt in dieser Mail folgendes (und die Hervorhebungen stammen von mir persönlich):
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und der Partei „Die Linke“ sind am Donnerstagabend gescheitert. Wir mussten nach knapp fünfstündigen Beratungen feststellen, dass es mit der Linken keine ausreichende Basis für ein vertrauensvolles und verlässliches Regierungshandeln gibt. Unser Eindruck aus dem Wahlkampf hat sich bestätigt: Die Linke ist weder koalitions- noch regierungsfähig.
In dieser Bewertung waren sich SPD und Grüne vollkommen einig. In beiden Delegationen ist deshalb einstimmig entschieden worden, die Sondierungsgespräche nicht fortzusetzen. Wir haben gemeinsam mit den Grünen das Gespräch ernsthaft, fair und ergebnisoffen begonnen. Aber die Linke hat erhebliche Zweifel daran aufkommen lassen, ob man mit ihr eine verlässliche Regierung bilden kann. Sie erweckte den Eindruck, als wolle sie zugleich Regierung und Opposition sein. Sie wollte beispielsweise ausdrücklich nicht ausschließen, dass die Partei nicht gegen das Handeln einer rot-rot-grünen Regierung mobil machen würde. Gerade in der schwierigen politischen Lage unseres Landes ist eine derartige Doppelstrategie aber nicht tragbar. Wir haben darüber hinaus bei den Linken in keinster Weise erkennen können, wie in Zukunft eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik gerade auch vor dem Hintergrund der erheblichen Finanzprobleme des Landes gemeinsam gestaltet werden könnte.
Die Linke hat sich aber auch nicht zu dem Satz bekennen können, dass der demokratisch legitimierte Verfassungsschutz dem Schutz der freiheitlichen Grundordnung und der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dient. Vielmehr haben sie deutlich gemacht, dass es ihnen um die Abschaffung des Verfassungsschutzes geht, wenn auch nicht gleich schnell in dieser Legislaturperiode.
Entscheidend für das Scheitern der Gespräche war letztlich auch, dass es nicht möglich war, ein gemeinsames Demokratieverständnis herzustellen. Die Linke war nicht bereit, die ehemalige DDR unzweideutig und klar als „Unrechtsstaat“ zu bezeichnen. In diesem Punkt gab es immer wieder völlig inakzeptable Relativierungen. Auch in dem für uns zentralen Punkt einer Bewertung der Zwangsvereinigung von SPD und KPD kam es seitens der Linken zu abenteuerlichen historischen Verdrehungen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir haben uns nach der Verweigerung der FDP und dem Scheitern der Sondierungsgespräche mit den Linken dazu entschieden, auch der CDU das Angebot zu einem ersten Sondierungsgespräch zukommen zu lassen. Das entspricht der Linie, die wir nach der Wahl im Landesvorstand gemeinsam besprochen haben: Wir wollen mit allen im Landtag vertretenen Parteien über eine stabile Regierung für Nordrhein-Westfalen reden.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang folgendes: Es handelt sich bei dem geplanten Treffen mit der CDU nicht um förmliche Koalitionsverhandlungen. Es soll in einem ersten Schritt ausgelotet werden, ob die CDU in Nordrhein-Westfalen zu einem echten Politikwechsel bereit ist und ob es auf der Grundlage unserer zentralen Forderungen (Beste Bildung, Stärkung der Finanzkraft der Kommunen, Gute Arbeit, Ökologische Industriepolitik) zu einer Verständigung kommen kann. Wir können selbstbewusst in diese Gespräche gehen und werden für diese guten Inhalte stehen. Ich setze dabei – wie schon im Wahlkampf – auf Eure Unterstützung.
Eure
Hannelore Kraft
Meiner Meinung nach eine gute Aussage von Hannelore Kraft. Das die SPD ohne einen Politikwechsel nicht für eine große Koalition zu haben ist, dürfte klar sein. Schaut man sich an, inwieweit die CDU in anderen Konstellationen, wo sie nicht gleichstarke Partner hat, bereit ist, auf deren Politikwünsche einzugehen, dann dürfte das ganze auch umsetzbar sein – denn in Hamburg und im Saarland hat die CDU deutlich mehr Sitze in der Bürgerschaft bzw. im Landtag als ihre Koalitionspartner. Im nordrhein-westfälischen Landtag wäre das ganz anders, da SPD und CDU gleich berechtigte und gleich starke Fraktionen aufweisen.
Nachtrag: Michael Spreng beschreibt in seinem Blog Sprengsatz die „hidden agenda“ von Hannelore Kraft, die zu einer rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen führen soll. Also ausnahmsweise kann ich mal zu 100 % hoffen, dass Spreng hier richtig liegt, obwohl mir eigentlich der Gedanke an Neuwahlen nicht so gut gefällt…
Was soll’s Hannelore,
sag einfach „Ich will an die Macht.“ Das wäre ehrlich, aber die Show gestern, nein danke. Das war’s dann. Du passt prima in die Reihe derer die sichmit dem 4.8.1914 gebildet hat.
ich persönlich finde diese argumentation von frau kraft sehr ärgerlich. allerdings nicht nur bei ihr, sondern ganz allgemein.
warum werden entscheidungen eigentlich nicht aufgrund von abstimmungen geschaffen, in denen die einzelnen abgeordneten nach „bestem wissen und gewissen“ entscheiden?
die aussage der linken klingt danach, sich nicht zu verkaufen. und ich halte das für eine richtige entscheidung.
einen verkauf der spd an die cdu halte ich für grundlegend falsch und für einen verrat am wähler.
Der Verfassungsschutz dient in der Regel nicht dem Schutz der Freiheitlichen Demokratischen Grundordnung, da er ein bürokratisches Monstrum ist.
D.h. im besten Fall macht er nix vernünftiges, im schlechtestes Fall ist er in Mordfälle verwickelt (wie der Schmücker-Mord, wo die Tatwaffe beim LfV in Berlin gefunden wurde).
@NoMoreSPD (1):
*gähn*
Welch lächerlicher Vorwurf. Wenn es Hannelore Kraft nur um die persönliche Macht gegangen wäre
@Marc (2):
Ich kenne kaum einen SPD-Abgeordneten, der mit dieser Linkspartei zusammen arbeiten will. Das würde also nicht wirklich was ändern.
@Alden (3):
Das ist eine Sichtweise die ich nicht teile. Ich habe grundlegend ein Vertrauen in den Staat und seine Institutionen.