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Jens Matheuszik — 25. April 2010, 21:23 Uhr

Einseitig Bloggen à la Spreeblick und Carta – zur Netzpolitik der SPD


SPDIch habe mich geärgert. Ãœber den Artikel In der SPD bleibt die Angst vor dem großen dunklen Netz. Wie das so bei Bloggern ist, nutzen diese dann ja gerne ihr eigenes Blog um sich über die Sache, über die sie sich ärgern auszulassen – und genau das mache ich jetzt…

Dieser Artikel thematisiert ein Treffen der SPD-Netzwerker. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluß von SPD-Politikern, die sich nicht in das klassische Schema von Links ((Demokratische Linke)) bzw. Rechts ((Seeheimer Kreis)) eingruppieren wollten. Ob jetzt die „Netzwerker“ der „moderne Flügel“ der SPD sind (wie es Robin Meyer-Lucht in seinem Beitrag formuliert) will ich nicht beurteilen. Dafür kenne ich auch – obwohl ich selber SPD-Mitglied bin – diese Flügel zu wenig (bin ja schließlich kein Bundespolitiker).

Jedoch scheinen sowohl Meyer-Lucht als auch der Spreeblick-Autor Simon Columbus sich unabhängig von einander die (meiner Meinung nach falsche) Vorstellung gemacht haben, dass die Netzwerker für die Netzpolitik in der SPD stehen. Netzpolitik bezieht sich ja unter anderem auf das Internet, das Internet ist ein sehr großes Netzwerk, also müssen doch die Netzwerker was damit zu tun haben. Doch so leicht ist es dann doch nicht.

Carta zitierte Spreeblick wie folgt (und erklärte, dass damit das notwendige gesagt sei):

Was gab es also zu hören? Immer wieder das Eingeständnis, beim Zugangserschwerungsgesetz einen Fehler gemacht zu haben. Im Aufzug hörte ich einen Abgeordneten zu seinem Kollegen sagen, in Wirklichkeit sei es doch so gewesen, dass sie damals alle Angst gehabt hätten.

Aber die negative Einstellung zum Internet ist geblieben. Zumindestens in dem Teil der SPD, der sich unter den Netzwerkern formiert, wird das Internet noch immer vor allem als Bedrohung gesehen. Von Chancen ist kaum die Rede. Die Sozialdemokraten sind in der Netzpolitik vielleicht dabei, eine strategische Wende umzusetzen. Der geistige Wandel bleibt aber aus.

Erst einmal freut es mich, dass es inzwischen immer mehr in der SPD gibt, die die Netzsperren-Gesetzgebung als Fehler ansehen. Ich sehe es ja noch immer so, dass die Befürwortung der Netzsperren durch die SPD mit ein Grund für die Opposition ist.
Der „geistige Wandel“ ((diese Formulierung erinnert mich übrigens fatal an Helmut Kohls geistig-moralische Wende, die ja letztens auch Guido Westerwelle sinngemäß ausgerufen hat)) liegt aber angeblich nicht vor. Dabei widerspricht sich Columbus meiner Meinung nach, denn wenn die Abgeordneten damals – vor der Abstimmung zum Zugangserschwerungsgesetz – Angst hatten, dann zeigt das doch, dass sie nicht inhaltlich überzeugt waren. Ob das jetzt das ganze besser macht ist eine andere Sache.

Was ich jedoch bei der gesamten Diskussion vermisse (und auch gerade bei Anhängern der Piratenpartei) ist die Tatsache, dass die Politik ein Austausch von Positionen und das Finden von Kompromissen ist. Mit Maximalforderungen kommt man meistens nicht weiter, doch anscheinend sind viele zu sehr in der digitalen Welt verhaftet und kennen daher nur 0 und 1 ((was mich übrigens ein wenig an George W. Bush jr. und sein Politikverständnis, wonach es neben Freunden nur Feinde gibt, erinnert)) bzw. Schwarz und Weiß.

Schon in der damaligen – von mir übrigens immer noch abgelehnten – Gesetzgebung zu den Netzsperren gab es Änderungen am Gesetzentwurf, die das ganze meiner Meinung nach ein wenig verbessert haben. Nichtsdestotrotz (das wird noch zu meinem „ceterum censeo“) halte ich von dem Gesetz nicht viel, aber wenn ich die Auswahl zwischen einem sehr schlechten und einem schlechten Gesetz habe, dann ist mir das schlechte immer noch lieber.

Insofern sind manchmal kleine Schritte erforderlich und diese kleinen Schritte geht die SPD. So hat beispielsweise die NRWSPD im Entwurf zum Wahlprogramm auch die Netzpolitik thematisiert. Ich persönlich fand das gut. Aber während schlecht dem schlechteren vorzuziehen ist, ist das bessere der Feind des guten – insofern war ich der Meinung, dass man das Programm der NRWSPD verbessern kann.

Zum Wahlprogramm der NRWSPD gab es mehrere hundert Anträge und einer davon bezog sich auch auf die Netzpolitik und stammte aus meiner Feder eh Tastatur: Die netzpolitischen Anträge zum Landesparteitag der NRWSPD ((die sich neben dem Wahlprogramm auch einer innerparteilichen Organisationsform widmeten)) widmeten sich dem Wahlprogramm und ich hatte primär zwei Ziele damit:

  1. Der unsägliche Satz „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein.“ durfte so nicht stehenbleiben.
  2. Die Bedenken gegenüber dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) bzw. des aktuellen Entwurfes (JMStV-E) sollten aufgegriffen werden.

Wie man dem vorhin verlinkten Artikel entnehmen konnte, wurden die Anträge angenommen und das Wahlprogramm entsprechend geändert. Bei der Sammlung der notwendigen Unterschriften ((da ein Initiativantrag erst einmal Unterstützungsunterschriften benötigt)) habe ich feststellen dürfne, dass beispielsweise die Thematik „Löschen statt Sperren“ auch bei den einfachen Basismitgliedern und Delegierten angekommen ist, denn ich musste da nicht viel erklären, sondern hatte – zusammen mit meinen Unterstützern wie Anke und Claudia – sofort die Unterschriften erhalten.

Natürlich hätte man beispielsweise in Sachen JMStV vielleicht noch deutlichere Formulierungen finden können, aber Politik ist ja immer auch ein Finden von Kompromissen und ich finde die so gefundene Regelung gut. Es hätte besser sein können – aber wer weiß, ob ich dann eine Mehrheit auf dem Parteitag dafür bekommen hätte?

Übrigens war es keine reine Nebensache, dass die netzpolitischen Punkte für das Wahlprogramm einfach so geändert wurden. Kurze Zeit später erklärte Spitzenkandidatin Hannelore Kraft die Netzpolitik der NRWSPD und berücksichtigte dabei auch die Entwicklungen des Parteitages und die dort beschlossenen Änderungen. Anhand dieses kleinen Beispiels kann man sehen, dass Veränderungen möglich sind.

Zurück zum Spreeblick-Artikel:
Was mich auch noch störte war die Vereinfachung nach dem Motto „die SPD macht dies und jenes“. Hier wird mal eben ignoriert, dass die SPD eine pluralistische Partei ist, in der es mehrere Meinungen gibt. Sowas machen ja gerne auch klassische Medienvertreter – sobald irgendein SPD-Mitglied zu irgendeinem Thema seine persönliche Meinung sagt, heißt es wieder „die SPD ist für dies oder das“ ohne zu berücksichtigen, dass solche Verallgemeinerungen nicht sinnvoll sind.
Bei anderen Parteien sieht man das anscheinend anders – da kann auch mal eine grüne Zensursula von der GAL Hamburg sich auf dem Parteitag als Ursula von der Leyen in grün geben, aber dennoch ist die Netzpolitik der Grünen modern.

Insofern ist es meiner Meinung nach ein großer Fehler gewesen, dass man ein Treffen der SPD-Netzwerer als sinnbildlich für die Netzpolitik der SPD betrachtet. Da sollte man lieber mal ein Forum Netzpolitik der SPD aufsuchen

Dass wichtige Aspekte (zum Beispiel das Eintreten einer kritisierten SPD-Politikern für Netzneutralität) ignoriert wurden runden mein negatives Bild zu diesem Artikel nur noch ab. Ich kann sowohl Simon Columbus als auch Robin Meyer-Lucht nur den Rat geben vielleicht mal ein Forum Netzpolitik der SPD zu besuchen – wenn ich das richtig bei Twitter mitbekommen habe, wurde der Antrag auf ein Forum Netzpolitik für die SPD Berlin angenommen – insofern besteht da ja eine Chance…


6 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von simoncolumbus @ 25. April 2010, 22:28 Uhr

    Ich habe ziemlich deutlich gemacht, dass die Netzwerker lediglich ein Flügel der SPD sind und darauf nicht zwangsläufig auf die gesamte Partei geschlossen werden kann: „Zumindestens in dem Teil der SPD, der sich unter den Netzwerkern formiert, wird das Internet noch immer vor allem als Bedrohung gesehen.“
    Dennoch, und daher halte ich meine Überschrift weiterhin für gerechtfertigt, stellen die Netzwerker einen signifikanten Teil der SPD dar.

    Ich erkenne deine Bemühungen um eine bessere SPD-Netzpolitik gerne an und finde es gut, dass du dich darum bemühst. In meinem Beitrag auf Spreeblick schreibe ich auch: „Die Sozialdemokraten sind in der Netzpolitik vielleicht dabei, eine strategische Wende umzusetzen. Der geistige Wandel bleibt aber aus.“

    Und dazu stehe ich weiter: Bisher sehe ich politischen Wandel, etwa in dem von dir mitgestalteten Wahlprogramm. Was mir aber fehlt ist eine breite, überzeugende Unterstützung dieser Richtung gerade von Seiten der Parlamentarier. Denn versprechen kann man viel – das Vertrauen in die SPD-Netzpolitik ist (zurecht, wie du mir sicher zustimmen wirst) erst einmal zerrüttet (und die derzeitigen Vorkommnisse in RLP tragen nicht gerade dazu bei, es wieder herzustellen).


  2. (2) Kommentar von Kai @ 25. April 2010, 22:54 Uhr

    @Simon Naja, die letzte Technik, die wir als SPD positiv begrüßt haben, war die Kernkraft. Davon müssen wir uns erstmal erholen.


  3. (3) Kommentar von robin @ 25. April 2010, 23:01 Uhr

    Ich muss Jens hier zustimmen.


  4. (4) Kommentar von JoSchaefers @ 26. April 2010, 01:09 Uhr

    @Jens: Ganz ernsthaft, ich kann deine Kritik nicht nachvollziehen. Die von dir lobend erwähnten Änderungen am Zugangserschwerungsgesetz waren rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten.

    Die Unverfrorenheit diese – offenbar zwischen Dörmann und Krogmann bereits im Vorfeld abgesprochene Kungelei (auf Kosten eurer Glaubwürdigkeit) – nachträglich als Erfolg der SPD anzuführen, kann, bei aller Wahlkampfhysterie derzeit, doch bitte nicht dein/euer Ernst sein, oder? Die Nummer war damals schon peinlich. Ich dachte wirklich, die SPD hätte da aus ihren Fehlern gelernt.

    Und was bitte ist das überhaupt für ein Argument, ein nachweislich indiskutabel schlechtes Gesetz durchwinken zu wollen, nur weil angeblich irgendwo ein paar Details verbessert hat?

    „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.”
    — Charles de Montesquieu

    Manchmal ist es tatsächlich so einfach. Da braucht es nicht einmal drohende Schlagzeilen in der Bild. Was es braucht, sind E*er und eine klare politische Linie. Nicht mehr wünsche ich mir von der SPD. Aber auch nicht weniger.

    Ganz besonders bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang übrigens Hubertus Heils Vorwurf der Arroganz an die Kritiker.

    Das ist zwar eine Nebelkerze, die eigentlich aus konservativen Ecke kommt, aber da scheint sich Heil ja durchaus wohlzufühlen.

    Fakt ist: Die Sperrgegner hatten sich bereits mit der Petition eindeutig gegen Internetsperren ausgesprochen. Das war der kleinste gemeinsame Nenner. Später kam der Vorschlag „Löschen statt Verbergen (Sperren)!“ hinzu. Das ist nicht arrogant, das ist vor allem erstmal eine klare Position.

    In der SPD scheint die Meinungsfindug zum Themen Netzsperren hingegen immer noch nicht abgeschlossen zu sein. Das ist ok. So funktioniert innerparteilicher Pluralismus.

    Dann sollte man aber bitte darauf verzichten, sich mit dem JMSTV-E in der Hand – nach aussen die geläuterten Netzversteher zu spielen und gleichzeitig die zu beleidigen, die damals nicht „feige“ waren.

    So, und stell dir vor, du wärst ein netzpolitisch interessierter Bürger ohne Parteibuch. Also in etwa wie ich. Würdest du der SPD glauben? Du brauchst nicht sofort antworten, am 10. Mai reicht.


  5. (5) Kommentar von Ulrich Voß @ 26. April 2010, 10:48 Uhr

    „wenn ich die Auswahl zwischen einem sehr schlechten und einem schlechten Gesetz habe, dann ist mir das schlechte immer noch lieber.“

    Das ist der Grund für 50% Wahlbeteiligung! Wenn ein Gesetz schlecht ist, muss es in die Rundablage. Wir haben genügend Gesetze in den letzten 2 Jahrzehnten gehabt, die ein paar Jahre später von den obersten Richtern wieder kassiert wurde. Die Vorratsdatenspeicherung ist im Zusammenhang mit den Netz nur das prominenteste Beispiel. Und wenn ein Gesetz wie die Netzsperren so tief in die Grundfreiheiten einer Demokratie eingreift (was eine zentrale Sperrbehörde sicherlich ist), gehört dieses Gesetz eben auch in die Tonne. Die Frage, ob wir mit Netzsperren die Videos aus Afghanistan gesehen hätten, ist soooo abwegig nicht …

    Die Netzsperren sind ein so mächtiges Mittel, dass man die einfach nicht dilettantisch einstielen kann. Es muss in Deutschland nur mal ein George W. an die Macht kommen und Zack! werden die Netzsperren für ganz viele andere Sachen benutzt werden …


  6. (6) Kommentar von Jens @ 27. April 2010, 20:21 Uhr

    @simoncolumbus (1):
    Ich muss zugeben, dass das mit „Netzwerker = Netzpolitiker“ sich dann primär auf carta.info bezieht.

    Dennoch halte ich von der These nichts, denn Du wirst sowohl bei den Netzwerkern als auch bei der Parlamentarischen Linken wie auch den Seeheimern solche und solche finden. Daraus einen Trend abzuleiten halte ich für verkehrt.

    Mich stört dabei, dass Du die Aussagen von Einzelnen nutzt um die ganze Partei in Sippenhaft zu nehmen. Nur weil ich SPD-Mitglied bin kann man ja nicht sagen, dass die SPD XYZ fordert, wenn ich sage, dass ich XYZ fordere.
    Natürlich gibt es Unterschiede zwischen dem einfachen kleinen Basismitglied wie mir und Abgeordneten – aber auch da gibt es deutliche Unterschiede und da sollte man dann lieber auf die hören, die sich mit dem Thema besser auskennen.

    @Kai (2):
    *grins*
    Der war gut!

    @JoSchaefers (4):
    Wiedervorlage 10. Mai? Okay.

    @Ulrich Voß (5):
    Versteh mich nicht falsch – ich bin auch der Meinung, dass die Netzsperren in den Mülleimer der Geschichte gehören.


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