Will Hagen den Regionalverband Ruhr (RVR) wieder verlassen?
Schon vor einigen Jahren gab es die Diskussion, dass einzelne Städte/Kreise sich im Regionalverband Ruhr (RVR) nicht angemessen berücksichtigt fühlten. Im Juli 2007 gab es dazu hier im Pottblog den Beitrag Zerfällt das Ruhrgebiet.
Ein Jahr später kam es dann in den diversen politischen Gremien vor Ort zur Entscheidung – ob man nun den RVR verlässt oder nicht. In keinem dieser Gremien kam es zu einer qualifizierten 2/3-Mehrheit, die für einen RVR-Ausstieg notwendig gewesen wäre.
Doch während der Diskussion um den Ausstieg der Stadt Hagen aus dem RVR wurde der Beschluss gefasst, dass man sich zukünftig genauer mit dem RVR beschäftigen würde um herauszufinden, ob sich denn eine Mitgliedschaft weiter lohnen würde. Unter dem sperrigen Titel Übersicht über die Effekte der Mitgliedschaft der Stadt Hagen im Regionalverband Ruhr (RVR) für das Jahr 2009 diskutierte vor kurzem der Rat der Stadt Hagen darüber und nahm die entsprechende Übersicht zur Kenntnis. Dort finden sich beispielsweise folgende Informationen:
Summa summarum habe die Stadt Hagen im Jahr 2009 mehr als 1,6 Millionen Euro an den RVR gezahlt, aber nur etwas mehr als 150.000 Euro zurückbekommen. Doch auch die „nicht-materiellen Vorteile“ ((Digitalisierung der Landschaftspläne, indirekte kulturelle Förderungen z.B. bei der „Langen Nacht der Industriekultur EXTRASCHICHT“)) werden aufgelistet. Ebenfalls wird dokumentiert, welche Initiativen und Anträge für Hagen in der Verbandsversammlung des RVR durch die lokalen Vertreter dort eingebracht wurden, wobei man überraschenderweise seitens der Stadt Hagen feststellen musste, dass üblicherweise keine Einzelpersonen Anträge stellen.
Schlussendlich stellt man in der Ratsvorlage fest, dass bestimmte Hagener Projekte nicht gefördert werden können, da dies nicht den Richtlinien entsprechen würde.
Würde man den Tenor dieser Vorlage noch nicht verstehen, erhält man zum Schluss noch einmal deutlich mitgeteilt, welch Geistes Kind die Vorlage ist und erhält mitgeteilt, dass gemäß § 3 des RVR-Gesetzes zum Herbst 2019 möglich sei, wobei die Kündigung bis zum 20. Oktober 2010 ((20.10.2010 – interessant aussehendes Datum…)) erfolgen müsste.
Der Rat der Stadt Hagen hat daraufhin eine Resolution verabschiedet, in der es unter anderem wie folgt heißt:
Der Rat der Stadt Hagen fordert den Regionalverband Ruhr ausdrücklich auf,
- seine Leistungen gegenüber der Stadt Hagen in ein angemessenes Verhältnis zum Aufwand der Stadt zu bringen.
- eindrucksvoll und nachhaltig der Wahrnehmung entgegenzutreten, die Stadt Hagen subventioniere mit ihren kreditfinanzierten Umlagebeträgen Strukturen in anderen Städten, die sich diese selbst nicht leisten könnten.
- von sich aus für seine Mitgliedskommunen eine jährliche Leistungsbilanz vorzulegen und dadurch zu einer verbesserten Transparenz innerhalb des Verbandes zu sorgen.
Inwiefern es sinnvoll ist, dass diese Resolution den entsprechenden Gremien nur „zu Protokoll zu geben“ ist, sei jetzt mal dahingestellt, nichtsdestotrotz ist das ein wichtiges Thema für das Ruhrgebiet, den RVR und natürlich auch die Stadt Hagen (und alle anderen Kommunen, die ähnliche Gedanken hegen).
Es sollte jedoch allen politischen Verantwortlichen klar sein, dass
- eine umlagefinanzierte Einrichtung wie der RVR kein Sparclub ist, aus dem man die eingezahlten Gelder und zusätzlich noch Zinsen erhält ((wenn jeder so argumentieren würde, dann würde es keine Bundesrepublik Deutschland mehr geben, wo einzelne Länder schon immer mehr in den Länderfinanzausgleich gezahlt haben als sie zurückerhielten)).
- die seitens der Stadt Hagen geforderte stärkere Berücksichtigung bei Projekten nicht innerhalb eines Jahres sofort umsetzbar ist.
- es viele immaterielle Vorteile hat, dass Hagen Teil des Ruhrgebietes und damit aktuell beispielsweise der Kulturhauptstadt Europas ist.
PS: Auch die Westfalenpost und die Westfälische Rundschau berichteten zum Thema.
[…] Ruhrgebiet: Will Hagen raus?…Pottblog […]
Liest man die Zahlen, wird es einem natürlich erstmal etwas anders, grad in Anbetracht der Haushaltslage der Stadt Hagen und den für alle Bewohner spürbar negativen (aber dennoch nötigen) Sparmaßnahmen.
Allerdings hat die Stadt Hagen noch viel mehr Positives aus der Mitgliedschaft, als sich in Zahlen fassen lässt. Und sei es nur die identitätsstiftende Wirkung für viele und besonders für junge Hagener.
Was ich mir wünschen würde, wäre eine weitere Annäherung an das Ruhrgebiet. Alte kleinkarierte Denkstrukturen müssen aufgelöst werden, so können auch Kosten reduziert werden.
Warum findet keine engere Zusammenarbeit zwischen den Städten des Ruhrgebiets z.B. in den Bereichen öffentlicher Personennahverkehr oder Kultur statt? Warum müssen im Rurhgebiet zig öffentliche Verkehrsbetriebe, Sinfonieorchester u.ä. unterhalten werden – die sich gegenseitig im besten Fall ignorieren oder unbewusst behindern, im schlechtesten Fall Konkurrenz machen?
Hier sollten die Stadt Hagen und andere Ruhrgebietsstädte (vielleicht mit dem RVR als moderierender Einrichtung?) stärker als bislang anfangen, umzudenken und ihre Eitelkeiten über Bord werfen, sich zu vernetzen und Ressourcen gemeinsam nutzen!
Es wird Zeit, sich auch jenseits von „ich hab jenes gezahlt und will dafür nun welches Haben“ als Gemeinschaft, ja als Einheit zu sehen und daraus Stärke zu ziehen!
Die bestehende Kleinstädterei ist das Gegenteil von dem, was das Ruhrgebiet sein möchte – eine Metropole.
Und genau dort, wo sich von dieser erste kleine Zeichen zeigen, zieht Hagen momentan eine seiner größten Stärken heraus.
Ein Austritt aus dem RVR wäre die vielleicht größte in einer langen Kette von Fehlentscheidungen der Verwaltung der Stadt Hagen.
@Jan Eckhoff (2):
Ungefähr das was Du hier gerade geschrieben hast, sind alles Forderungen der Initiative RuhrStadt, die dazu dienen sollen, das Ruhrgebiet zu stärken und zur Ruhrstadt zu entwickeln.