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Jens Matheuszik — 1. Januar 2010, 22:06 Uhr

Seit 40 Jahren: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (eine Chronologie)


Der heutige 1. Januar 2010 ist ein Geburtstag – heute kann man in Deutschland 40 Jahre Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall feiern:

Wer als „abhängig Beschäftigter“ (also als klassischer Arbeitnehmer) erkrankt, der kennt die links abgebildete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Diese reicht man unverzüglich seinem Arbeitgeber ein und auch die Krankenkasse bekommt ein Exemplar davon. Grund hierfür ist das „Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung“.

AU-Bescheinigung (Ausschnitt)Dieses Gesetz regelt, dass – unabhängig von anderen Vereinbarungen (tarifrechtlicher, betrieblicher Art) – jeder Arbeitnehmer ((das ist jetzt vereinfacht ausgedrückt – da gibt es noch weitere Regelungen, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte)) im Fall der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von maximal sechs Wochen (= 42 Tage) einen gesetzlichen Anspruch auf das Arbeitsentgelt hat.

Diese Regelung gehört als Baustein der sozialen Absicherung in Deutschland zu einem markanten Pfeiler der sozialen Marktwirtschaft – und ist inzwischen 40 Jahre alt, denn am 1. Januar 1970 trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es sehr unterschiedliche Regelungen. Nachfolgend eine kleine Chronologie:

1861

Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch, welches zuerst im Königreich Preußen galt, sorgte für eine gesetzliche Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern ((die auch heutzutage immer noch nicht vollständig aufgehoben ist)): Angestellte hatten eine gesetzliche Gehaltsfortzahlung, Arbeiter nicht. Zwar gab es natürlich durch betriebliche oder vertragsrechtliche Regelungen für nicht wenige Arbeiter dennoch entsprechende Regelungen, doch keinen allgemein gültigen gesetzlichen Anspruch.

1969

Erst der Regierungseintritt der SPD in die große Koalition unter Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger (CDU) und Vizekanzler Willy Brandt (SPD) schaffte es im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine gesetzliche Gleichheit zwischen Arbeitern und Angestellten zu schaffen. Seit diesem Gesetz aus dem Jahr 1969, welches am 1. Januar 1970 in Kraft trat, wird dahingehend kein Unterschied mehr gemacht.
Ãœbrigens: Die von den Arbeitgebern damals vorgetragenen Befürchtungen, dass gerade kleinere Betriebe unter Umständen zu sehr finanziell belastet werden, wurden mit der Schaffung der Umlage U1 entkräftet ((die kürzlich bei der Frage nach dem sinkenden bzw. steigenden Krankenstand eine Rolle spielte…)).

1994

Bis in die 90’er Jahre gab es keine Änderungen mehr an den gesetzlichen Regelungen, doch unter anderem aufgrund der deutschen Einheit wurde Reformbedarf sichtbar, da es verfassungs- bzw. europarechtliche Probleme ((beispielsweise gab es eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer zwischen der ehemaligen DDR und der BRD)) gab. Die damalige Regierungskoalition von CDU/CSU/FDP unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) versuchte hier Leistungseinschränkungen durchzusetzen, scheiterte damit jedoch an großen Widerständen seitens der Opposition und der Gewerkschaften. Stattdessen gab es dann einen Kompromiss mit dem Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall, welches die juristischen Probleme beseitigte, aber im Kern an den Regelungen nichts änderte.

1996

Zwei Jahe später setzte die schwarz-gelbe Bundesregierung mit ihrer Mehrheit im Bundestag eine Gesetzesänderung durch ((bei der diesmal keine Zustimmungspflicht des Bundesrates notwendig war)), die die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 % senkte ((alternativ hätte man auch dafür Urlaubstage anrechnen lassen können)).

1998

Die Aufhebung dieser Verschlechterung der Arbeitnehmerrechte war eine der ersten Amtshandlungen der neuen rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), die zum 1. Januar 1999 in Kraft trat.

Änderungen?

Seit 1998 gab es keine großen Änderungen mehr – zwar gab es immer wieder mal Versuche seitens der Arbeitgeber die Regelungen zu ändern, so schlug beispielsweise der Handwerkspräsident 2005 vor, dass Krankheitstage auf den Urlaub angerechnet werden sollen.


4 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Walter @ 1. Januar 2010, 22:42 Uhr

    Die Unterscheidung zwischen Angestellten (außer Azubis) und Arbeitern wurde aber hinsichtlich der U1 noch bis in die nicht allzuferne Vergangenheit beibehalten. (Genaues Datum mag ich im Moment nicht recherchieren).

    Bis dahin wurde die Lohnfortzahlung für Angestellte nicht erstattet. Allerdings musste für diese Beschäftigten auch keine U1 gezahlt werden.


  2. (2) Kommentar von Pottblogger @ 2. Januar 2010, 22:22 Uhr

    @Walter (1):
    Gleichstellung sollte ja der TVöD bringen, hat es aber auch nicht komplett. Aber zu sehr in die Materie wollte ich da auch nicht gehen.


  3. (3) Kommentar von Walter @ 3. Januar 2010, 00:53 Uhr

    Was ich meine ist die Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes in das Aufwendungsausgleichgesetz, das ab 1.1.2006 gilt.

    Seitdem sind auch Angestellte in die Erstattung der Aufwendungen und die Zahlung der U1 einbezogen.


  4. (4) Kommentar von Jens @ 3. Januar 2010, 16:44 Uhr

    @Walter (3):
    Okay, das könnte man doch schon als „nicht kleine Änderung“ bezeichnen. Wobei es interessanter wäre hier mal zu schauen, ob die Beschäftigtengrenzen der U1 heutzutage noch zeitgemäß sind oder nicht vielleicht mal aktualisiert werden sollten.


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