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Jens Matheuszik — 11. Oktober 2009, 23:13 Uhr

Holland eh Saarland in Not – warum die SPD ruhig bleiben sollte!


Zweitstimmenanteile Bundestagswahl 2009Die Bundestagswahlen 2009 (siehe Grafik) haben das Land scheinbar in zwei Lager gespaltet – die angeblich „bürgerlich“-konservative Seite bestehend aus CDU/CSU und FDP und das angeblich linke Lager aus SPD, Linkspartei und Bündnis ’90/Die Grünen.

Doch schon die aktuelle Entscheidung der Grünen im Saarland für eine so genannte Jamaika-Koalition zeigt, dass lagerübergreifendes Denken immer noch möglich ist. Und das begrüße ich.

Ich begrüße natürlich nicht, dass die CDU unter Peter Müller weiterhin in der saarländischen Landesregierung die bestimmende Partei sein wird. Mir wäre auch eine andere Koalition lieber gewesen, wobei meine Wunschkoalition sowieso von dem Wahlergebnis gar nicht abgedeckt gewesen wäre…

Mit einigem Entsetzen registriere ich jedoch das schon nicht mehr konstruktiv-kritische Bewerten der geplanten saarländischen Jamaika-Koalition, welches den schmalen Grat ‚rüber zur Schmähkritik bereits deutlich überschritten hat:

Wenn die Grünen untereinander – neben lesenswerten Ausnahmen – sich zoffen, dann ist mir das als SPD-Mitglied zwar nicht ganz egal, aber ich finde beispielsweise den polemischen Beitrag Was ist das Saarland wert? im Blog von Julia Seeliger ((ehemaliges Parteiratsmitglied der Grünen auf Bundesebene, bei Twitter als zeitrafferin bekannt)) und vor allem die Kommentare dort sehr unterhaltsam. Jetzt kann ich nachvollziehen, warum sich manchmal Angehöriger anderer Parteien über publik gemachte interne SPD-Diskussionen amüsieren…

Was ich jedoch gar nicht mag, sind Aussagen wie diese, die ich auch von SPD-Mitgliedern lesen konnte:

Was ist der Unterschied zwischen Grünen und Nutten? Gibt keinen. Beide machens mit Jedem.

Abgesehen davon, dass dieser (u.a. bei Twitter verbreitete) Spruch auf eine gewisse Art und Weise schon menschenverachtend ist, finde ich, sollte man als Sozialdemokrat ((übrigens hat die SPD zusammen mit Bündnis ’90/Die Grünen im Jahr 2001 das Prostitutionsgesetz zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation von Prostituierten beschlossen)) sich da doch ein wenig geschlossen halten:

Die SPD ist schließlich die einzige Partei, die bisher mit (aktuell) allen im Bundestag vertretenen Parteien bereits koaliert hat:

  • CDU: Klar, die große Koalition auf Bundesebene (die gibt es ja noch) – aber auch auf Landesebene gab und gibt es immer wieder große Koalitionen, zur Zeit noch beispielsweise in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
  • CSU: Auch hier die große Koalition auf Bundesebene – und auf Landesebene haben SPD und CSU auch mal koaliert… wobei das schon ein paar Jahrzehnte her ist… ;)
  • FDP: Neben der sozial-liberalen Koalition unter den Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt gab es auch immer wieder Koalitionen auf Landesebene. Wäre die SPD in Rheinland-Pfalz mit Ministerpräsident Kurt Beck nicht so erfolgreich gewesen ((bei der letzten Wahl erzielte die SPD die absolute Mehrheit der Mandate dort)), dann würde Rot-Gelb dort wohl noch immer regieren.
  • Bündnis ’90/Die Grünen: Rot-Grün auf Bundesebene dürfte noch bekannt sein – aber auch in den Ländern gab es immer wieder rot-grüne Bündnisse, aktuell derzeit jedoch nur in Bremen.
  • Linkspartei: Momentan nur in Berlin, aber es gab auch in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt Tolerierungen/Koalitionen.

Insofern sollte man doch etwas vorsichtiger sein, wenn man den Grünen vorwirft mit anderen Parteien zu koalieren. Ganz im Gegenteil sollte man sich freuen, wenn (hoffentlich!) dadurch die Lagergrenzen verwischen und somit so ein Quatsch wie die „Ausschließeritis“ vor Wahlen keine Partei mehr betrifft – denn das sorgt meiner Meinung nach für unnötigen Dissens und verhindert gesellschaftlichen und politischen Fortschritt (vor allem wenn es zur von mir immer wieder favorisierten Ampel-Koalition gibt).

Noch etwas zu Jamaika im Saarland:

Das Jamaika im Saarland möglich wurde hat man meiner Meinung nach Oskar Lafontaine von der Linkspartei zu verdanken. Seine Entscheidung in der saarländischen Politik aktiv zu werden (so gut das auch für die Bundesebene sein mag) dürfte bei den grünen Delegierten entscheidend gewesen sein.

Die Grünen hingegen dürften – den genauen Koalitionsvertrag gibt es ja erst nach den entsprechenden Verhandlungen – in zentralen Punkten ihren Willen durchgesetzt haben. Etwas was die GAL in Hamburg ja nicht wirklich geschafft hat…

PS: Das verwendete Bild wurde dem Wikipedia-Artikel Bundestagswahl 2009 entnommen und ist laut den dortigen Lizenzbeschreibungen gemeinfrei.


8 Kommentare »

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  1. (1) Pingback von Saarland: Jamiaka statt Rot-Rot-Grün « OBSERVATOR INTERNATIONAL @ 11. Oktober 2009, 23:34 Uhr

    […] Deutschland) / Schwampel im Saarland (Die blinde Eule) / Die Wahlbetrüger von der Saar (F!XMBR) / Saarland in Not (pottblog.de) Es gibt kein bürgerliches Lager. Seit der Bundestagswahl hat das rechte Lager einen […]


  2. (2) Kommentar von Christian S. @ 11. Oktober 2009, 23:38 Uhr

    Prinzipiell richtig, nur: noch (!) ist die SPD eine große Partei (über 500.000 Mitglieder), und will Volkpartei sein. Die SPD muss deshalb koalitionsfähig mit allen demokratischen Parteien sein, und kann die Spannungen auch aushalten. Eine kleine Partei wie die Grünen (46.000 Mitglieder) hingegen wird die Spannungen, die sich daraus ergeben, möglicherweise nur schwer aushalten.


  3. (3) Kommentar von Wolfgang G. Wettach @ 12. Oktober 2009, 00:00 Uhr

    Was die Spannungen angeht, gebe ich Christian Recht: Ich habe im Vorfeld vertreten, dass Jamaica im Saarland nur mit RotRotGrün in Thüringen den Grünen zu vermitteln wäre.

    Es spricht für die basisdemokratische Vielfalt der Partei dass 3/4 der Saar-Delegierten das anders gesehen haben, obwohl diesmal nur 1/3 von ihnen aus dem Umfeld des Landesvorsitzenden Hubert Ulrich kamen.

    Till hat aber Recht darauf hinzuweisen, dass der Erfolgsdruck für diese Koalition jetzt sehr hoch ist, denn auf absehbare Zeit wird Jamaica nirgendwo anders ausprobiert werden.

    Die besondere Situation dort (SPD für Kohlekraftwerke, Linke für Kohlebergbau, Lafontaines massiver Anti-Grüner Wahlkampf) lässt dort diese Option naheliegender scheinen als eine Koalition mit Oskar Lafontaine (den ich als SPD-Vorsitzenden einst gar nicht mal so schlecht fand). Auf Twitter wurde schon darauf hingewiesen dass es hier um ein Gebiet nicht größer als der Großraum Hannover und eine Bevölkerung nicht größer als Köln geht – überbewerten muss man das also nicht:
    Das Saarland ist nicht die Republik, Saarbrücken nicht Berlin und Müller ist nicht Schäuble.


  4. (4) Pingback von Die Saar-Entscheidung - Schwierig aber verständlich - Grüne Kraft für Europa - Wolfgang G. Wettach - http://gruene.wettach.org @ 12. Oktober 2009, 05:09 Uhr

    […] zur Entscheidung an der Saar, kurz weil zum einen hier und hier und hier und hier viel dazu schon geschrieben wurde, zum anderen weil mir Europa nach dieser […]


  5. (5) Kommentar von Henning @ 12. Oktober 2009, 11:39 Uhr

    Guter Artikel! (Für mehr gerade keine Zeit.)


  6. (6) Kommentar von ulrichvoss @ 12. Oktober 2009, 20:53 Uhr

    Guter Artikel erstmal. Überraschend die große Mehrheit, mit der die Grünen für die aktuelle Koalition gestimmt haben. Verblüffend wie wenig das einige akzeptieren mögen. Wie war das mit innerparteilicher Demokratie? Oder gar Basisdemokratie?

    Man muss die Grünen fast beglückwunschen. Mit so wenig Stimmen zwei so wichtige Ministerien zu bekommen, ist nicht zu verachten!

    Dass Lafo direkt 6 Tage nach der Rückkehr ins Saarland eine Klatsche, wie sie heftiger kaum sein könnte, bekommt, finde *ich* sehr beruhigend. Bin mal gespannt, ob der jetzt nach Berlin zurück geht …

    Übrigens: Die durchaus komfortable Koalitionssituation der SPD ist richtig erfasst. Ich erzähle das schon länger. Eine SPD mit 25% der Stimmen muss gar nicht unbedingt seltener an der Regierung sein als eine CDU mit 35. Sie hat einfach mehr Optionen (allerdings nur solange, wie die SPD die Linke nicht verdammt und die CDU nicht Jamaika auf Bundesebene will).


  7. (7) Kommentar von Jens @ 13. Oktober 2009, 13:00 Uhr

    @Christian S. (2):
    Naja, finde jetzt den Vergleich irgendwie nicht passend. Denn dann dürften ja nur CDU und SPD mit allen Parteien koalieren.

    @Wolfgang G. Wettach (4):
    Ãœber die Personalie Lafontaine (auch und gerade als SPD-Vorsitzender!) kann man anderer Meinung sein… ;)

    Ich finde an der Jamaika-Entscheidung im Saarland vor allem interessant, inwieweit sich CDU/FDP von ihren eigenen programmatischen Zielen entfernt haben, um die Macht zu behalten/erringen.

    @Henning (5):
    Danke! Und viel Erfolg beim Schreiben! :)

    @ulrichvoss (6):
    Ich glaube bei Jamaika auf Bundesebene liegt es nicht an der CDU, sondern viel eher an den Grünen (und auch an der FDP).


  8. (8) Kommentar von Ulrich Voss @ 13. Oktober 2009, 13:44 Uhr

    Dass stimmt natürlich auch. FDP und Grüne sind die beiden Parteien, die nicht zueinander passen. Obwohl ich mir fast sicher bin, dass die FDP sich weichklopfen lassen würde …
    Im jetzigen Wahlkmapf war es ausgeschlossen, weil die FDP Lagerwahlkampf gemacht hat, um die Stimmen von der CDU zu bekommen, die eigentlich CDU wählen, aber keine große Koalition wollten. Deshalb war die eindeutige und klare Wahlaussage nötig.

    In 4 Jahren kann das ganz anders aussehen, vor allem wenn dann Scharz-Gelb keine Mehrheit haben sollte, mit den Grünen zusammen aber doch …


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