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Jens Matheuszik — 23. September 2009, 10:08 Uhr

Hannelore Kraft, die Vorsitzende der NRWSPD, verteidigt Dortmunds gewählten OB Ullrich Sierau (SPD)


Hannelore Kraft (SPD) beim Wahlkampf-Auftritt in BochumAm gestrigen Dienstag war ich beim Wahlkampfauftritt von Frank-Walter Steinmeier, dem Kanzlerkandidaten der SPD, in Dortmund. Dazu werde ich auch noch allgemein berichten, doch jetzt erst einmal eine Dokumentation der ersten „richtigen“ ((nach zwei, drei Talkrunden auf der Bühne)) politischen Rede. Als erste Hauptrednerin sprach Hannelore Kraft, die Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen.

Sie griff dabei das Wahlkampfthema „Starke SPD statt Schwarz-Gelber Kahlschlag“ auf und demonstrierte am Beispiel der CDU/FDP-Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, warum dieses Modell schlecht für Deutschland sei.

Dabei verwies sie auf verschiedene Themenfelder, die deutlich zeigen würden, warum sich Schwarz-Gelb nicht als Blaupause für die Bundesrepublik eignet. Eines der angesprochenen Themen war das Thema der kommunalen Finanzen. Angesichts der Tatsache, dass die Haushaltssituation in Dortmund derzeit eine ganz besondere ist, sprach sie damit natürlich ein brennendes Thema an, zu dem sie sich bisher nicht in der Öffentlichkeit geäußert hatte, und ergriff Partei für den ebenfalls anwesenden ((in erster Reihe vor der Bühne sitzenden)) Ullrich Sierau, den gewählten Oberbürgermeister der Stadt Dortmund.

Nachfolgend der dazugehörige Ausschnitt aus ihrer Rede:

Dieses Video direkt bei YouTube: Hannelore Kraft, die Vorsitzende der NRWSPD, verteidigt Dortmunds gewählten OB Ullrich Sierau (SPD) (für die HD-Variante einfach auf den HD-Button im Videoplayer klicken)

Am Ende gab es zwar vereinzelte Buhrufe ((von Randbereichen des alten Marktes in Dortmund)), die jedoch recht schnell durch „Ulli, Ulli“-Rufe übertönt wurden. Insofern stärkte nicht nur Hannelore Kraft als Landesvorsitzende ihrem Parteifreund Ulli Sierau den Rücken, sondern auch der deutlich überwiegende Teil des anwesenden Publikums.

Nachfolgend ein paar ihrer Zitate (die ich hoffentlich korrekt wiedergegeben habe):

„Und da schauen wir auf die Blaupause Umgang mit den kommunalen Finanzen. Ja, meine Damen und Herren, und da bin ich hier in Dortmund an der richtigen Stelle. Ihr habt hier, liebe Genossinnen und Genossen einen grandiosen Wahlsieg errungen in Dortmund und dazu gratuliere ich Euch von Herzen […]“

Nach ihren Vorwürfen, wonach CDU und FDP eine Schmutzkampagne fahren würden um sich an die Macht zu schleichen, erklärte sie, dass es Haushaltsprobleme fast überall im Lande geben würde und dass dies vor allem an der Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) liegen würde:

„Ja, es gibt Haushaltsprobleme in Dortmund. In Essen, in Duisburg, in Krefeld. Viele Städte in Nordrhein-Westfalen haben ähnliche Finanzsorgen wie Dortmund. Das ist kein Einzelfall. Alle diese Kommunen leiden unter der Landesregierung Schwarz-Gelb, die sie systematisch ausplündert. Insgesamt 3,3 Milliarden Euro hat die Regierung Rüttgers den Kommunen in diesem Land weggenommen seit 2005. Es wird Zeit, dass diese Abzockerei beendet wird meine Damen und Herren.“

Doch auch eigene Fehler bzw. Fehler der Politik/Verwaltung in Dortmund wurden angesprochen – um dann gleich die Rolle von Helmut Diegel (CDU), dem Regierungspräsidenten von Arnsberg ((der die Kommunalaufsicht für die Stadt Dortmund ausübt)), zu hinterfragen:

„Bei der Darstellung der Haushaltsprobleme hat es Fehler gegeben. Das wissen alle Beteiligten. Da wo es notwendig war sind die Konsequenzen gezogen worden. [..] Da sitzt ein CDU-Regierungspräsident in Arnsberg […] der sein eigenes Spiel spielt. […] Deshalb macht er gnadenlos CDU-Wahlkampf, er betätigt sich als Brandstifter. Noch vor dem Abschluss der Prüfung der Haushaltslage, da verbreitet Herr Diegel Halbwahrheiten, verteilt interne Papiere und Protokolle und die auch noch unvollständig. Ich fordere den Innenminister dieses Landes auf seinen wildgewordenen Regierungspräsidenten zurückzupfeifen. […]“

Direkt nach ihr begann dann der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) seine Rede – wenn alles ((vor allem zeitlich…)) klappt, gibt es diese auch bald im Pottblog zu sehen.

PS: Das Video habe ich mit meiner neuen ((siehe hier)) Kodak Zi8 gemacht (in voller HD-Auflösung), um die Kamera mal zu testen.

PPS: Das Bild von Hannelore Kraft ist von ihrer Rede beim Besuch von Frank-Walter Steinmeier in Bochum (einen Tag zuvor).

PPPS: Inzwischen haben auch die Zeitungen über die Rede von Hannelore Kraft berichtet – sowohl die Ruhr Nachrichten als auch die Westfälische Rundschau/DerWesten.


14 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von peteron @ 23. September 2009, 10:57 Uhr

    Danke; sehr informativ!!!


  2. (2) Kommentar von Stefan @ 23. September 2009, 12:48 Uhr

    Wenn die Vorwürfen gegen Sierau eine Schmutzkampagne von CDU und FDP sind frage ich mich warum die Dortmunder Grünen ebenfalls von Wahlbetrug sprechen. Die sind in Dortmund mit der SPS an der Macht und haben es nicht nötig sich an diese zu schleichen.


  3. (3) Kommentar von masch @ 23. September 2009, 13:14 Uhr

    Ich kann nicht nachvollziehen, was an der Rede von Fr. Kraft an positiver Wahlaussage zur SPD für den Bürger enthalten sein soll. Bloße Schuldzuweisungen und gespielte Einsicht. Vielleicht wäre es an der Zeit, das die SPD einsieht, das Sie mit dem (Steuer)Geld der Bürger umsichtig und offen zu agieren hat.
    Es ist schon sehr gewagt zu behaupten das die anderen (nicht regierenden Parteien) Wahlkampf mit dem Haushalt auf dem Rücken der Dortmunder Bürger betreiben. Und auch die Aussage, dass die finanziellen Nöte schon lange bekannt und nicht verwunderlich sind, überrascht mich. Hätte sich der Rat das denken müssen, nachdem OB und Kämmerei kurz vor der Wahl etwas anders beurkundet hatten?
    Tut mir Leid, nach der Rede ist meine Haltung bestätigt. Die SPD hat nur noch Angst vor Machtverlust.
    Um auf den letzten Absatz von Fr. Kraft noch etwas zu ergänzen: Wenn H.Sierau so offen, transparent und was sonst noch für Attribute genutzt wurden ist, warum hat er das als Stadtdirektor noch nicht gelebt? Muss man dafür OB sein? Als Chef der Stadtverwaltung hätte Ihm das auch gut zu Gesicht gestanden. Anstatt schwarz-gelber Kahlschlag gilt in unserer Stadt „Dortmund blutet rot aus“


  4. (4) Kommentar von vaikl @ 23. September 2009, 15:33 Uhr

    Frau Kraft wurde schlichtweg falsch gebrieft oder kann selbst für ihren „Ziehsohn“ Sierau nichts anderes als holzschnittartige Polemik beitragen. Die Verniedlichung des Haushaltslochs zur „Delle“ wird ihr angesichts der immer größer werdenden Minuszahl im Hals steckenbleiben. Und, mit Verlaub, Diegel schaut nicht erst seit der Wahl auf den Haushalt, sondern seit anderthalb Jahren. Wer diese Schmutzkampagne gegen ihn unterstützt, übersieht geflissentlich, dass es die SPD war, die einen Doppelhaushalt 08/09 aufsetzte, um einem Nachtragshaushalt *vor* der Kommunalwahl zu entgehen, obwohl dieser schon letztes Jahr aus Kommunalaufsichts-Perpektive zwingend nötig gewesen wäre.
    Scheinheiliges, lautes Schreien im Wald von Kraft, während sich „Uns Ulli“ feige duckt.


  5. (5) Kommentar von Jörg Häusler @ 23. September 2009, 16:09 Uhr

    „Am Ende gab es zwar vereinzelte Buhrufe3, die jedoch recht schnell durch “Ulli, Ulli”-Rufe übertönt wurden. Insofern stärkte nicht nur Hannelore Kraft als Landesvorsitzende ihrem Parteifreund Ulli Sierau den Rücken, sondern auch der deutlich überwiegende Teil des anwesenden Publikums.“

    Was, bitteschön, ist denn bei einem Treffen von Parteimitgliedern zu erwarten? Sollen sie einen der Ihren zerfleischen?

    Eine Krähe hackt der anderen nunmal kein Auge aus. Wofür soll diese Aussage also ein Indiz sein? *kopfschüttel*


  6. (6) Kommentar von ulrichvoss @ 23. September 2009, 22:03 Uhr

    Ich hätte mich an Stelle von Kraft nicht für Sierau so weit aus dem Fenster gelehnt. Der Schuss könnte nach hinten los gehen. Nur meine taktische Einschätzung …

    Dass du den Sierau geradezu feierst zeigt nur, dass meine Einschätzung stimmt, dass für die meisten Parteimitglieder (egal welcher Partei) ein gerütteltetes Maß Realitätsverzerrung Grundbedingung ist.

    Wenn ein ähnliches Haushaltsloch in einer CDU regierten Stadt am Tag nach der Wahl rausgekommen wäre, meine Güte, was gäbe es hier für ein Palaver. Aber so ist das irgendwie alles Ok und erklärbar. Seltsam.


  7. (7) Kommentar von Jens @ 24. September 2009, 11:13 Uhr

    @Stefan (2):
    Primär wurde ja Diegel in Arnsberg angegriffen. Das finde ich auch nachvollziehbar.

    @masch (3):
    Sierau ist als Stadtdirektor meines Wissens nicht Chef der Stadtverwaltung. Das ist der Oberbürgermeister und nicht einer der Dezernenten.

    @Jörg Häusler (5):
    Die „Ulli, Ulli“-Rufe kamen (wie auch die vereinzelten Buh-Rufe) meiner Meinung nach aus dem hinteren Teil des alten Marktes, wo bei weitem nicht nur SPD-Mitglieder waren.

    @ulrichvoss (6):
    Also primär berichte ich hier – die Rede habe ich nicht gehalten. Ãœbrigens: Ähnliche Haushaltslöcher sind kurz nach der Wahl beispielsweise in Duisburg und anderen Städten (ich habe jetzt gerade keine Liste parat, aber es sind noch mehr Städte gewesen) aufgetaucht. Da spricht man nicht von „Wahlbetrug“ – vielleicht weil dort die CDU regiert?


  8. (8) Kommentar von vaikl @ 24. September 2009, 12:33 Uhr

    @Jens
    Stammt dieses „Du Ar…loch“ aus dem Off, als Kraft den Diegel nannte, eigentlich von Dir? Auch wenn nicht, wundern würde mich das bei diesen auf Linie gebürsteten Antworten von Dir nicht.

    Sierau war selbstverständlich stellv. Stadtdirektor und somit direkt nach Langemeyer stellv. Verwaltungschef, also hätte er in allen internen Haushaltsdetails wenigstens involviert sein müssen. Er hat es ja auch scheibchenweise zugeben müssen, als man ihn mit den entspr. Protokollen konfrontierte.

    Es geht beim Vorwurf der Wählertäuschung (übrigens ein Straftatbestand nach §108a StGB) auch nicht um die Tatsache an sich, dass der Haushalt wie in anderen Städten große Löcher aufweist, sondern um die Tatsache, dass Langemeyer dies noch 4 Tage vor der Wahl gegenüber einer offiziellen Anfrage aus dem Rat geleugnet hatte, obwohl die jetzt veröffentlichte Sparliste ja schon über Monate in der Schublade lag.

    Ein Wort noch zu Diegel/Arnsberg: In den letzten Jahren wurden mehr CDU-geführte Kommunen aus seinem Bezirk unter seine Haushaltsaufsicht gestellt als SPD-geführte. Und wer seit anderthalb Jahren die Schieflage des Dortmunder Doppelhaushalts bemängelt, ohne die durchaus legale Chance zu nutzen, im Wahlkampf den Hammer auszupacken, dem kann man weder Parteilichkeit noch persönliche Animositäten unterstellen.


  9. (9) Kommentar von Jens @ 24. September 2009, 12:36 Uhr

    @vaikl (8):
    Natürlich nicht!

    Und dass Du mir das zutrauen würdest, zeigt leider, dass Du mich nicht kennst.

    Zu Deinem letzten Absatz i.S. Diegel/Arnsberg:
    Dann scheint ja die Finanzkompetenz der SPD-geführten Gemeinden und Städte im Regierungsbezirk Arnsberg besser zu sein, als die der von der CDU regierten Kommunen.


  10. (10) Kommentar von vaikl @ 24. September 2009, 12:49 Uhr

    @Jens

    Die meisten dieser CDU-Kommunen sitzen im strukturschwachen Sauerland und hatten ihre ohnehin schmalen Rücklagen weit früher aufgebraucht, als einige SPD-Städte, die mit Großkonzern-Altbeteiligungen aus den roten Zeiten der Landesregierung gefüttert wurden. Und es gibt durchaus SPD-Städte, die nicht auf einen kindischen Kleinkrieg mit Diegel aus waren, sondern rechtzeitig mit ihm zusammenarbeiten.


  11. (11) Kommentar von vaikl @ 24. September 2009, 12:52 Uhr

    PS: Und es gibt Städte wie Düsseldorf, die sich in der Not von solchen Konzernbeteiligungen trennten und so ihren Haushalt saniert haben.


  12. (12) Kommentar von Jens @ 25. September 2009, 00:01 Uhr

    @vaikl:
    Naja, der „kindische Kleinkrieg“ hat vielleicht auch zwei Seiten. Es gibt auch Regierungspräsidenten, die das anders handhaben.

    Bzgl. Konzernbeteiligungen: Damit gibt man natürlich auch Einflussmöglichkeiten ab. Außerdem: Momentan lohnt sich das ja nicht wirklich.


  13. (13) Kommentar von vaikl @ 25. September 2009, 00:47 Uhr

    @Jens
    Bei „Mr. Arroganz“ Langemeyer wäre ich mir auch nicht sicher, ob ich betont neutral reagieren könnte. Andere RP aus anderen Bezirken hatten auch nicht mit *ihm* zu tun und selbst Diegels Vorgängerin, Renate Drewke (SPD!), ist ja mit *ihm* aneinandergeraten.

    Fakt ist aber weiterhin, dass alle warnenden haushaltsbezogenen Voraussagen der Kommunalaufsicht – in personam Diegel – genau so eingetroffen sind und die Stadtspitze trotz Kenntnis der Notwendigkeit eines Haushaltsstopps inkl. Nachtragshaushalts im Wahlkampf weiter munter Wahlgeschenke (z.B. 50 Mio. Schuldenübernahme fürs Klinikum) verteilte. In der freien Wirtschaft nennt man das Insolvenzverschleppung.

    Deine „Einflussmöglichkeit“ hat ja die DSW21 und demnach auch die Stadt im Juli diesen Jahres nochmals 100 Mios gekostet, um von den RWE veräußerte WestLB-Anteile zu kaufen und sich damit überhaupt den Einfluss auf Zeit zu sichern. Aber auch wenn damit die Anteilsrendite erstmal steuerfrei bleibt – wer garantiert denn, dass die RWE sich nicht von den Kommunen trennen will, um ihr Geschäft zu internationalisieren?

    Allein diese 100-Mio-Transaktion, die eben auch nur deshalb vom Rat genehmigt wurde, weil man ihn über den tatsächlichen Zustand des Haushalts täuschte, würde mir als Kämmerer schlaflose Nächte bereiten, wie man neuen RWE-Veräußerungen begegnen kann. Dieser „Einfluss“ ist tatsächlich nur ein Hase-Igel-Spiel.


  14. (14) Kommentar von vaikl @ 25. September 2009, 01:10 Uhr

    Auch hier nochmal ein PS:
    Die DSW21 hat mit dem Dortmunder Flughafen einen Schuldenklotz am Bein, den sie mit jährlich mehr als 20 Mios aus ihren Beteiligungen finanziert und der noch nicht mal ansatzweise irgendwann den ReturnOnInvestment verspricht. Man muss im Gegenteil mit dem zu Jahresende erwarteten Urteil aus Brüssel mit noch mehr Verlusten rechnen.

    Und wenn man ernsthaft annimmt, dass nur ein Ausbau den FH in die Gewinnzone bringen *könnte*, dann sind dafür allein nochmals mind. 120 Mios fällig. Ich frage mich, wie dann noch ein Einfluss bei den RWE wichtig sein kann, wenn auch die DSW21 in Zahlungsschwierigkeiten kommt, zumal selbst der Phoenix-See mit seinen erhofften Grunstückserträgen auch nur eine Lotto-Ziehung ist.


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