Abgeordnetenwatch.de: Kampagnen und Textbausteine (Teil 2)
Nachdem ich gestern den ersten Bericht Abgeordnetenwatch.de: Who watches the watcher? in der gleichnamigen Reihe rund um die Internet-Plattform abgeordnetenwatch.de veröffentlicht habe, folgt jetzt sogleich auch schon der zweite Teil.
Anlass hierfür ist die Diskussion um die Netzsperren gewesen:
Die Netzsperren und meine Fragen via abgeordnetenwatch.de
Im Rahmen der Diskussion um die Netzsperren versuchte ich meiner MdB Angelica Schwall-Düren (SPD) Fragen zum Thema über Abgeordnetenwatch.de zu stellen, obwohl ich mich eigentlich gerade im Urlaub auf Kreta befand. Da ich das Thema für wichtig hielt und halte, wollte ich jedoch – nach erfolglosen Versuchen via eMail und SMS – auf meine Abgeordnete einwirken.
Fragestellung via abgeordnetenwatch.de und das eigene Blog
Ich erstellte daraufhin einige Fragen und dokumentierte das ganze im oben verlinkten Beitrag und sandte das ganze via Abgeordnetenwatch.de an meine Abgeordnete. Das ganze habe ich gemacht, damit ich meine Anfrage transparent dokumentieren kann und weil ich in meinem Blog auch Links in den Text einbinden kann.
Aufgrund einer früheren Anfrage (an den MdB Marco Bülow zum Thema Vorratsdatenspeicherung) hatte ich schon Erfahrung damit.
Erste Reaktion von abgeordnetenwatch.de
Einige Stunden nach dem Absenden der Frage bekam ich von abgeordnetenwatch.de eine Mail in der folgendes stand:
Wir müssen Ihnen allerdings mitteilen, dass wir Ihre Nachricht in der uns vorliegenden Version nicht freischalten, da sie Tatsachenbehauptungen, statistische Daten oder Zitate enthält, die Sie nicht belegen.
Konkret geht es um folgende Passage: „dass Länder mit entsprechenden Netzsperren überwiegend andere Inhalte sperren (zum Teil auch sogar die Wikipedia)“
Ich wurde gebeten die Aussage zu belegen und sollte die Frage dann erneut stellen. Gesagt getan.
Zwischenzeitliche Reaktionen in der Blogosphäre
Anscheinend gefiel einigen Leute meine Formulierung, so dass sie diese als Basis für eigene Anfragen an ihre jeweiligen MdBs genommen haben, so beispielsweise Kosmar und Marco.
Das ganze fand und finde ich übrigens toll – schließlich ist es doch sinnvoll, wenn solche Fragen nicht nur von (m)einer MdB beantwortet werden, sondern auch von anderen.
Zweite Reaktion von abgeordnetenwatch.de
Einige Zeit später gab es wieder eine eMail von abgeordnetenwatch.de. In dieser hieß es:
Guten Tag Jens Matheuszik,
abgeordnetenwatch.de soll eine überparteiliche, sachliche und individuelle Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Abgeordneten ermöglichen.
Daraus ergibt sich, dass wir Kampagnen auf abgeordnetenwatch.de nicht zulassen. Da uns eine Vielzahl inhaltsähnlicher Beiträge erreicht hat und zur Befragung auf abgeordnetenwatch.de in dieser Sache aufgerufen wird, müssen wir leider davon ausgehen, dass Ihre Nachricht Teil einer Kampagne ist. […]
Des weiteren werde ich um Verständnis und weitere Nutzung von abgeordnetenwatch.de gebeten und solle mich doch bei Rückfragen zu dieser Entscheidung an das Moderationsteam wenden.
Die „Erklärung“ von abgeordnetenwatch.de
Meine Anfrage an abgeordnetenwatch.de kam an und mir wurde per eMail wie auch direkt per Blogkommentar geantwortet. Letzteres finde ich übrigens gut. Weniger gut hingegen, dass einfach ungefragt meine eMail in Auszügen zitiert wurde. Da hätte man meiner Meinung nach doch vorher fragen müssen ((in meiner eMail habe ich übrigens klar gesagt, dass meine Anfrage zwecks einer Veröffentlichung gestellt wurde)).
Der Antwort zufolge wurden meine Fragen nicht veröffentlicht, da „mehrere wortgleiche(!) Fragen zum Thema – nicht einfach nur inhaltsgleiche, das ist für uns ein wesentlicher Unterschied [vorlagen]“.
Da man mir indirekt vorwarf, dass ich meine Fragen nicht individuell formuliert hätte und das ganze Teil einer Kampagne sei, schrieb ich eine weitere eMail an abgeordnetenwatch.de:
Also Abgeordnetenwatch hat etwas dagegen, dass ich im Sinne von Transparenz MEINE Frage öffentlich gemacht habe und diese dann von anderen übernommen wurde, was nicht in meiner Verantwortung lag?
Sie werden in meinem Blogbeitrag sehen, dass ich nicht zur Ãœbernahme aufgefordert habe.
Eine Kampagne wurde es abgeordnetenwatch.de zufolge, weil Kosmar in seinem Blogbeitrag schrieb, dass man seinen Beitrag ruhig als Grundlage für eine Anfrage nehmen kann. Meine Antwort dazu lautete:
Aha. Ich schreibe also einen Text, habe diesen aus Gründen der Transparenz (war das nicht übrigens ein Grund, warum Abgeordnetenwatch gestartet wurde?) bei mir im Blog veröffentlicht (wo ich z.B. Links formatieren kann!) und weil dieser Text dann von anderen übernommen wird, wird auch meine Frage nicht gestellt?
Wenn Sie konsequent handeln würden, dann dürfte eine inhaltsgleiche Frage höchstens einmal gestellt werden – und in diesem Fall sicherlich die ursprüngliche, also meine.
Nachdem mir weiter indirekt vorgeworfen wurde, dass meine Fragen nicht individuell formuliert waren, habe ich mehrfach noch erklärt, dass die Fragen individuell waren.
Die „bösen“ Blogger…
In der abschließenden Antwort erkannte abgeordnetenwatch.de dann endlich an, dass meine Fragen auch wirklich von mir stammten und ich sie als Erster gestellt habe. Weiter heißt es in der Antwort ((da meine eMail durch den Mitarbeiter von abgeordnetenwatch.de zum Teil veröffentlicht wurde, erlaube ich mir das jetzt auch – vor allem hatte ich anfangs deutlich gemacht, dass ich zwecks einer Veröffentlichung im Pottblog anfrage)):
Aber es liegen nun mehrere wortgleiche (! ein Unterschied zu inhaltsgleich!) Fragen vor. Auch wenn Sie selbst nichts dafür können, bleibt die Angelegenheit die gleiche. In der Moderation wurde richtig entschieden. Sie sind da sicherlich ohne „böses“ Ansinnen „hineingeraten“. Das tut mir auch leid. Aber leider kann ich Ihnen dennoch keine andere Antwort geben.
Da können Sie sich – so hart es leider klingt – bei den anderen Bloggern „bedanken“, wie man sagt.
Ah ja! Jetzt will man die Schuld „den anderen Bloggern“ zuweisen. Das jedoch weder Kosmar noch Marco meine Fragen nicht veröffentlicht haben, sondern dass es das Moderationsteam von abgeordnetenwatch.de war, wird hier ignoriert.
Transparenz? Pustekuchen!
Ich kann die Bedenken von abgeordnetenwatch.de bezüglich Kampagnen schon ein kleines bißchen verstehen. Jedoch handelte es sich nicht um eine Kampagne – und selbst wenn, dann hätten höchstens die Anfragen von Kosmar und Marco nicht veröffentlicht werden dürfen.
Was mich besonders bei der Sache ärgert ist die Tatsache, dass die Veröffentlichung der Fragen in meinem Blog vor allem einer Sache dient – der Transparenz.
Gerade die Transparenz ist meines Wissens einer der Gründe für den Start von abgeordnetenwatch.de gewesen und noch jetzt wirbt die Plattform mit dem Transparenz-Argument für Spenden (siehe obige Abbildung).
Im voraussichtlich morgen erscheinenden dritten Teil geht es weiter – unter anderem mit Möglichkeiten, wie meiner Meinung nach abgeordnetenwatch.de besser werden könnte.
Mal ein Hinweis, dass Abgeordnetenwatch nicht so unabhängig ist:
rudolf-steiner.blogspot.com/2009/05/mehr-anthroposophie.html
Das mag jetzt ein bisschen OT sein, aber da Bülow „mein“ Wahlkreisabgeordneter ist habe ich Ihn auch mal zu seinem Abstimmungsverhalten bei der „Netzsperren“-Sache befragt.
http://www.abgeordnetenwatch.de/marco_buelow-650-5789–f195986.html#q195986
Vielleicht interessiert es dich ja?!
(Btw. es gab keine Probleme beim freischalten des Artikels)
@Tim (1):
Danke für den Hinweis – die Seite habe ich im 3. Teil der Reihe erwähnt (war schon vorher geplant, aber dennoch Danke!).
@Tapedeck (2):
Ja, das interessiert mich. Das die Frage ohne Probleme freigeschaltet wurde, dürfte daran liegen, dass es weder eine echte noch eine vermeintliche Kampagne ist.