Aktuelles zu den Netzsperren: de facto-Auflösung des Online-Beirates der SPD, Parteiaustritt usw.
Kaum ist man mal einige Zeit lang weg ((ich hatte 14 Tage Urlaub und war auf Kreta nur sporadisch online, um z.B. mal über die Netzsperren zu bloggen)) passiert eine ganze Menge.
Beim SPD-Wahlparteitages in Berlin hat es anscheinend eine geschickte Parteitagsstrategie geschafft, den u.a. von Franziska Drohsel und Björn Böhning eingebrachten Initiativantrag „Löschen statt Sperren: Kinderpornographie wirksam bekämpfen, Internetzensur verhindern!“ erst gar nicht zu behandeln.
Direkt danach war ich noch der Meinung, dass die Netzsperren dennoch nicht kommen werden, musste mich aber kurze Zeit später eines besseren belehren lassen, da sich CDU/CSU ((und BILD)) sowie die SPD relativ schnell einig wurden.
Der letzte Versuch auf meine MdB Angelica Schwall-Düren (SPD) einzuwirken war leider auch erfolglos ((ich habe bereits erfragt, ob ich die offizielle Argumentations-PDF-Dateien veröffentlichen darf – bisher habe ich dazu noch keine Antwort erhalten)), so dass ich schlicht und ergreifend konstantieren muss:
Die SPD hat – und das ist noch freundlich formuliert – meiner Meinung nach ziemlich von CDU/CSU und deren Verbündeten übertölpeln lassen. Das wird auch ziemlich deutlich bei der CDU/CSU-Pressemitteilung zum SPD-Bundesparteitag – übrigens einer Pressemitteilung in der gleich auch noch andere Themen wie Urheberrechtsverletzungen angesprochen werden.
Eigentlich müsste die CDU ihr C einigen Genossen bei der SPD ausleihen, denn da müssten gemäß dem Motto „Wer’s glaubt wird selig!“ recht viele selig sein, wenn man wirklich glaubt, dass die Netzsperren nur für eine Sache genutzt werden sollen.
Inzwischen gibt es einige weitere Reaktionen – auch und vor allem innerhalb der SPD:
Via vorwaerts.de habe ich erfahren, dass zahlreiche Mitglieder des Online-Beirates der SPD ((einem rein beratenden Gremium)) wie z.B. Markus Hagge, Nico Lumma und Jan Schmidt eine Erklärung zu den Netzsperren abgegeben haben, die u.a. bei den WebSozis veröffentlicht wurde:
Demnach spricht man sich deutlich gegen die Netzsperren aus, verweist auf die damit verbundenen Gefahren und schreibt am Ende folgendes:
Sollte es mit der Unterstützung der SPD-Fraktion zu den Netzsperren kommen, werden die unterzeichnenden Mitglieder des Online-Beirats die Beirats- und Repräsentationstätigkeit bis auf Weiteres ruhen lassen.
Chapeau! Nur befürchte ich, dass die SPD-Bundestagsfraktion sich davon nicht beeindrucken lassen wird ((da sich meiner Meinung nach in der Vergangenheit ja gezeigt hat, dass die Angst vor BILD & Co. größer ist als die Wirksamkeit von Argumenten)).
Einen ersten Parteiaustritt aus der SPD gibt es bereits – und ich befürchte, es werden weitere folgen. Zusätzlich zur Wahlverweigerung bei kommenden Wahlen, die bei Spreeblick mit den schlichten Worten Auf Nimmerwiedersehen, SPD! angekündigt wurde.
Ich persönlich bin zwar der Meinung, dass die SPD in Sachen Netzsperren sich ziemlich falsch verhalten hat (was aber z.B. john dean bei Spreeblick anders kommentiert), dennoch denke ich nicht, dass die SPD dadurch unwählbar wird.
Man darf nicht vergessen, dass das Thema Netzsperren zwar ein wichtiges Thema ist – aber es gibt auch andere Themen, für die meiner Meinung nach die SPD die vernünftigen und richtigen Antworten hat, wo man keinesfalls CDU/CSU in Kombination mit der FDP das Feld überlassen sollte.
Daher hoffe ich einfach mal auf eine Ampelkoalition bei der kommenden Bundestagswahl – denn dann sollten die netzaffinen Kräfte bei der SPD gemeinsam mit Bündnis ’90 / Die Grünen und der FDP es schaffen, die Abschaffung der Netzsperren wieder abzuschaffen!
PS: Bittere Anekdote: Dieser Beitrag war ursprünglich ein anderer. Im Entwurf hatte dieser Beitrag den Titel SPD: Initiativantrag gegen Netzsperren erfolgreich! und sollte im Fall einer erfolgreichen Annahme des Initiativantrages durch den außerordentlichen SPD-Bundesparteitag veröffentlicht werden. Ich bedauere es sehr, dass dies nun doch nicht notwendig geworden ist.
[…] beschäftigen sich mit den SPD-internen Querangeleyen um die Internetsperren und auch auf pottblog.de/ geht es um dasselbe […]
[…] Pottblog zu den Netzsperren, auch mit Verweis auf […]
Die SPD hat sich nicht überteupeln lassen, sie schwimmt im Fahrwasser pseudodemokratischer Laienpolitiker und übergeht dabei mal eben eine historisch einmalige Petition. Ich finde, das reicht um unwählbar zu werden. Ich bin unendlich enttäuscht.
Dennis hat Recht. Die SPD steht hinter diesem Gesetz. Es ging ohne jedes Problem durch das Kabinett von Schwarz-Rot und auf dem Parteitag wurde es noch nicht einmal diskutiert. Dieses Gesetz ist Politik von CDU und SPD. Rede das doch bitte nicht schön Jens. Ansonsten: Willkommen Daheim!
Ich stimme Dir nicht zu das „nur“ dieses Gesetz kein Grund ist die SPD nicht zu wählen. Die Aufhebung der Gewaltenteilung in diesem Gesetz – ein Grundpfeiler der Demoktraie immerhin – ist für mich durchaus Grund genug.
Aber selbst wenn man diesem Argument nicht folgt – vorher gab es den Grundrechtsschleifer Schilly, Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung, das soziale Verbrechen Hartz-IV und endlos mehr.
Schon eine Zypries alleine ist Grund genug die Verräterpartei nicht zu wählen.
Viel Spaß beim Projekt 18.
Dass es über 300 Abgeordnete im deutschen Bundestag gibt, die so mirnichts, dirnichts Art. 20 GG (Gewaltenteilung) aushebeln, macht mich fassungslos! Dabei ist mir deren Parteibuch völlig schnuppe.
@Dennis (3):
Ich bin auch enttäuscht.
Aber die SPD ist für mich keine reine Netzpartei. Wenn sie diesen Anspruch hätte, dann wäre sie für mich unwählbar, da sie in diesem zentralen Punkt dann versagt hätte.
@Stefan (4):
Nein, ich finde nicht, dass die SPD wirklich dahintersteckt. Die haben nur Angst vor den Connections von Krogmann zu Draxler & Co.
Nachdem die BILD Björn Böhning zum Verlierer des Tages machte, weil er es wagte der PR-Show von Ursula von der Leyen Argumente entgegenzusetzen – da war es aus mit einer internetaffinen Verfahrensweise der SPD. Leider.
@thogo (5):
Naja, ich muss das nicht so sehen – das ist das schöne an der Meinungsfreiheit, die wir haben. :)
@Will Sagen (6):
Das ist natürlich wirklich bedenklich. Das könnte auch einer der Ansatzpunkte sein, der dieses Gesetz zum Fall bringen könnte.
Jens, Deiner Antwort an @Stefan (4) kann ich hinzufügen, dass das etwa die Begründung von Kajo für den PV-Antrag Löschen vor Sperren beim Onliner-Unterstützertreffen im WBH vor dem Parteitag war.
Direkt im Anschluss hatte ich es noch als Kompromiss gesehen, mit dem ich gerade noch leben könnte. Als dann aber der Antrag beim Parteitag einfach ohne Diskussion so durchgewunken wurde, hatte sich der BTW-Wahlkampf 2009 für mich erledigt.
@Thomas (8):
Das sagen ja einem die SPD’ler auch hinter vorgehaltener Hand so. Fast jedem ist bewusst, dass es sich um eine merkwürdige PR-Show von Ursula von der Leyen handelt – aber dagegen eintreten will keiner.
Wenn die SPD auf ihrem Parteitag mehrheitlich sich gegen den Antrag von Björn Böhning & Co. ausgesprochen hätte, dann würde ich das zwar vom Ergebnis her nicht toll finden, aber es wäre eine demokratische Entscheidung.
Und es war der Tag an dem er Politikern den letzten Rest an Masse aus dem Gehirn sog und das letzte ihrer Menschlichkeit beraubte.
Von diesem Tage ab, blieben sie Geister. Gefangen in ihrer Hülle. Es folgten Gesetze unter denen das Volk noch jahrelang leiden musste. Es herrschte Willkür im Staate, es folgten immer mehr, immer neue Gesetze.
Es bildete sich ein Schattenvolk.
Die Geister die man rief, blieben für eine lange, lange Zeit. Es folgten immer mehr neue Ermächtigungsgesetze.
Tief auf dem Friedhof fand sich ein vermodertes Kreutz, dort stand unleserlich das Wort Demokratie.
Zu Grabe getragen, von Volksvertretern, die es nicht wert waren, gewählt zu werden.
[…] Die SPD ist trotz allem noch eine gute Wahlentscheidung, denn in der Debatte um die Netzsperren vergessen viele, dass es noch andere Themen neben dem Internet gibt. (So vertreten etwa vom SPD-Mitglied und Pottblogger Jens Matheuszik) […]
[…] beschäftigen sich mit den SPD-internen Querangeleyen um die Internetsperren und auch auf pottblog.de/ geht es um dasselbe […]