Twitter-Verbot bei der SPD-Bundestagsfraktion?
Vor einigen Tagen kam es zu einem angeblichen Skandal, weil von der Bundesversammlung aus die Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler getwittert wurde.
Bildquelle: Blog von Volker Beck (mit freundlicher Genehmigung es hier zu nutzen)
Ich persönlich sehe das nicht so dramatisch und teile da zum Beispiel die Meinung von Volker Beck ausdrücklich nicht.
Jetzt berichte die BILD-Zeitung von einem Twitter-Verbot bei der SPD-Bundestagsfraktion. Der Fraktionsvorsitzende Peter Struck soll seinen Abgeordneten das twittern aus nicht-öffentlichen Sitzungen verboten haben.
Hier ist der Sachverhalt meiner Meinung nach jedoch ein anderer:
Eine nicht-öffentliche Sitzung heißt nicht umsonst nicht-öffentlich. Es gibt Gründe dafür, dass solche Sitzungen hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden. Mag ja sein, dass man aus solchen Sitzungen ggf. via SMS andere Personen informiert (so soll ja Angela Merkel gerne SMS verschicken), aber auch wenn das u.U. schon ein Bruch der Nicht-Öffentlichkeit ist, ist es bei twitter gleich was anderes, da hier quasi fast jeder Internet-Nutzer zu den Empfängern zählen könnte.
Insofern finde ich es vernünftig, dass Peter Struck da durchgegriffen hat. Ich selber habe zwar auch vielleicht schon das eine oder andere Mal aus einer Sitzung getwittert – aber wenn ich mich recht entsinne eher nur allgemeines (nach dem Motto „Bin jetzt in der Fraktionssitzung“) und keine inhaltlichen Details über die eigentliche Sitzung und über die Diskussionen dort. Das gebietet einem ja auch der gesunde Menschenverstand.
Nur weil man ggf. in einer Situation twittern kann heißt das noch lange nicht, dass man es auch machen sollte. Hier sollte jedoch twitter nicht verdammt werden – denn twitter ist einfach nur ein Werkzeug, welches richtig aber auch falsch genutzt werden kann.
PS: Bei Lukas gibt es den Beitrag Reinigendes Gewitter dazu, den ich eigentlich in Bezug auf das Twitter-Verbot bei der SPD-Bundestagsfraktion Wort für Wort unterschreiben kann ((insbesondere hätte ich auch gerne den Wutanfall von Peter Struck mitbekommen!)), wobei ich das jedoch in Bezug auf die Bundesversammlung und die Bundespräsidentenwahl dann doch anders sehe.
Einen weiteren Beitrag zur Angelegenheit gibt es bei Valentin, der jedoch meiner Meinung nach die flapsige Bemerkung von Steffi Lemke ((Bundesgeschäftsführerin von Bündnis ’90 / Die Grünen)) – die natürlich via twitter verbreitet wurde – jedoch zu ernst nimmt.
Hihi. Dann sind ja wenigstens wir uns einig.
Du müsstest die Bundesversammlung aber genauso bewerten, wie ein Twitter-Verbot aus nicht-öffentlichen Sitzungen. Denn kritisiert wurde nicht, DASS das Ergebnis der Bundesversammlung getwittert wurde. Kritisiert wurde, dass das Ergebnis von einer Abgeordneten, die bei der Stimmauszählung beteiligt war VOR Bekanntgabe des Ergebnisses dieses gezwitschert hatte.
Das Ergebnis war auch noch nicht öffentlich. Nicht einmal den Mitgliedern der Bundesversammlung war es bekannt zu diesem Zeitpunkt.
Auf SPD-Bundesparteitagen müssen die Mitglieder der Zählkommission immer solange im Auszählraum verharren bis das ausgezählte Ergebnis im Plenum den Delegierten mitgeteilt wird. Die paar Minuten kann und muss auch eine Twittergemeinde warten können.
@diekm Du irrst. Teile Bundesversammlung und zahlreiche Medienvertreter wussten bereits kurz nach 14 Uhr Bescheid. Die Fraktionsvorsitzenden waren informiert und hatten teilweise geplaudert. Das haben Duin und Kelber nur transparent gemacht. Dafür sollte man sie nicht schelten, sondern loben.
Über die Rolle von Kloeckner muss man wegen ihrer Mitgliedschaft in der Zählkommission möglicherweise anders urteilen.
Aber ich bezog mich ausschließlich auf die Kloeckner. Sie ist der Keim der Kritik.
Da hast du recht!
Aber ansonsten gilt ja das Presserecht.
Hm… aber was wurde denn inhaltliches getwittert? Das Steibrück für die Schuldenbremse plädiert weiß jeder doch aus der Zeitungslektüre und ob nur 10, 20, 30 oder 300 Wortmeldungen zur Schuldenbremse ist auch eher sinnfreie Info als wirklich inhaltlich….
Nicht-öffentlich ist nicht-öffentlich, ja! Aber das gilt doch eher für den wirklichen Inhalt. Belanglosigkeiten habe ich auch schon getwittert, aber nie Argumentationsketten oder Diskussionsergebnisse.
Und den Unterschied, den du zwischen SMS und twitter machst teile ich nicht unbedingt. Wenn eine SMS mit Inhalt aus einer nicht-öffentlichen Sitzung – vornehmlich an Journalisten – geschickt wird, hat das ja ein klares Ziel. Man will die Info vorab verbreiten, sich Reputation bei dem Journalisten erarbeiten, der diese Info am Ende als „aus gut informierten Kreisen“ nutzt. Der Urheber ist nicht erkennbar und da geht es um klare Aussagen. Nicht sowas inhaltsleeres wie im Fall der hier vorliegt…….
Schwieriges Thema, zumal wohl noch keine Fraktion im Bundestag regeln festgelegt hat, wie es z.B. Unternehmen beim Corporate Blogging machen.
Aber die erste Richtlinie sollte immer sein
„Erst denken, dann twittern!“
Würde sicherlich viele vermeintliche „Skandale“ verhindern
@50hz (1):
;) Ja, kommt ja auch immer mal wieder vor.
@diekm (2):
Das muss man unterscheiden. Die beiden SPD-Abgeordneten die getwittert haben, sorgten quasi für „Waffengleichheit“, während das Twittern der CDU-Abgeordneten aus Auszählerin schon eher kritisch zu sehen ist.
@diekm (4):
Naja, Duin und Kelber wurden auch kritisiert.
@Markus (5):
Was sagt das Presserecht dazu?
@Simon Zeimke (6):
Ich denke Struck ging es – nach den Ereignissen rund um die Köhlerwahl – darum ein Exempel zu statuieren.
Ich stimme dir völlig zu.
Und auf den gesunden Menschenverstand bezüglich Twitter geb ich nicht all zu viel, nachdem Leute tatsächliche von Beerdigungen twittern.Ich würde mich nicht mal richtig wundern, wenn demnächst jemand twittert: „Ich geh gerade fremd. Sagts aber nicht meiner Frau.“
@AnKa (8):
Ich glaube das Beispiel mit dem Fremdgehen gab’s schon mal. Aber ich habe immer ncoh die Hoffnung, dass das eher ein Scherz war.
„Eine nicht-öffentliche Sitzung heißt nicht umsonst nicht-öffentlich. Es gibt Gründe dafür, dass solche Sitzungen hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden.“ (Zitat aus dem Blogeintrag)
Ist zwar etwas offtopic aber diese Gründe, warum es geheime Sitzungen geben muss, würde ich gerne wissen wollen.
Meinem Demokratie- und Staatsempfinden nach sollte der Staat und nicht seine Bürger gläsern sein. Daher widerspreche ich der obigen Aussage. Der Staat bzw. die Bundesregierung muss vollständig transparent werden bzw. handeln!
Abgeordnete sind nichts weiter als Volksvertreter und um korrekt und überprüfbar vertreten werden zu können muss der Staat gläsern sein. Mehr Basisdemokratie ist von nöten!
@H.Schrozberg (10):
Also die Aussage kann ich nicht unterschreiben, ich denke schon, dass wenn politische Pläne vorbereitet werden, das auch erstmal in einer Art geschützten Sphäre geschehen muss, damit nicht sofort von Anfang an alles zerredet wird.