Tagesspiegel schreibt Unsinn über Drakensang (Das Schwarze Auge, DSA)
Das deutschsprachige Rollenspielsystem Das Schwarze Auge (DSA) hat mit seiner aktuellen Computerumsetzung namens Drakensang vor wenigen Tagen gleich zwei Preise beim ersten deutschen Computerspielepreis gewonnen – einerseits als bestes Jugendspiel und auch als bestes deutsches Spiel ((nicht nur für Jugendliche)) konnte die Rollenspielumsetzung der Berliner Softwareschmiede Radon Labs ergattern.
Die heutige Ausgabe des Tagesspiegels berichtet anlässlich des gewonnenen Preises über Radon Labs und inzwischen ((direkt heute morgen war das noch nicht der Fall)) ist der Artikel Auf nach Aventurien auch online.
Da heißt es dann unter anderem:
Um sich vom Fantasy-Klassiker „Herr der Ringe“ abzuheben, hält sich „Drakensang“ an die Zeit des europäischen Mittelalters und zeigt beispielsweise auch Kirchen. Verwendet wurden Fotos aus dem Rheinland und Franken, so erreichte man eine besonders realistische Grafik.
Sorry, das ist grober Unsinn!
Jeder, der sich mit Rollenspielen im Allgemeinen und DSA im Besonderen auskennt ((und ich behaupte ich bin so jemand, da ich für die Welt Aventurien auch schon diverses geschrieben und veröffentlicht habe)), der weiß einerseits, dass es quasi in jedem Fantasy-Rollenspiel Anlehnungen an Tolkiens Herr der Ringe gibt ((da man ohne Tolkien wohl den Begriff Elf eher mit einer Tankstellenkette verbinden würde)) und gerade auch DSA sehr viele Anlehnungen an den die Welt von J.R.R. Tolkien hat.
Außerdem – und das weiß jeder, der DSA nur wenige Stunden kennengelernt hat, egal ob in Rollenspielform oder als Buch oder auf dem Computer – gibt es bei DSA keine Kirchen aus der Zeit des europäischen Mittelalters.
Es ist zwar so, dass die Spielwelt Aventurien sich an der irdischen Historie grob orientiert und man dadurch automatisch Erinnerungen bei den Spielern weckt – aber von Kirchen ist da nicht die Rede, denn jeder, der sich mehr als fünf Minuten mit DSA beschäftigt, weiss dass sich die Religion(en) in Aventurien von irdischen Vorbildern sehr stark unterscheiden, da zum Beispiel der vorherrschende Glaube nicht monotheistisch wie das Christentum ist. Die so genannten „Zwölfe“ ((also die Zwölf Götter)) werden auch nicht in Kirchen verehrt sondern in Tempeln – und das sind sicherlich keine Kirchen in dem Sinne wie z.B. die christlichen Religionsgemeinschaften ((da wollte ich jetzt nicht das Wort „Kirchen“ verwenden…)) dieses Wort verstehen.
Für das Spiel selbst und für den Artikel des Tagesspiegels sind diese Fehler nicht wirklich gravierend, es geht ja eigentlich primär um den gewonnenen Preis, was Radon Labs mit dem Geld anfängt usw. Es stellt sich natürlich auch die Frage, was der Grund für den Fehler ist. Fehlerhafte Recherche oder wurde Drakensang, zur Förderung einer besseren Massenkompatibilität so dargestellt. Ich persönlich tendiere jedoch (leider) zu ersterem…
In solchen Fällen frage ich mich jedoch immer wieder, ob auch in anderen Bereichen so gearbeitet und (nicht) recherchiert wird. Ich lese Zeitungen, Magazine und dergleichen sehr gerne um mich zu informieren und weiterzubilden. Dabei sehe ich es immer mehr mit Schrecken, dass bei Themen, bei denen ich mich selber gut auskenne, die Fakten teilweise so dermaßen verdreht werden, dass ich mich frage ((und das ist eine rhetorische Frage…)), ob das auch bei den Themen ist, bei denen ich mich nicht selber so gut auskenne. Und die Antwort auf diese Frage – die lässt mich ehrlich gesagt manchmal verzweifeln.
Die 12 zum Gruße.
Von Kirchen wüsste ich was, aber gut dass dus schreibst. Denke ernsthaft darüber nach mir das Spiel zu kaufen, da mir derzeit die Gruppe fehlt, obwohl ich der geborene Non-Pc-Gamer bin. Danke in diesem Sinne für den Beitrag.
Moonica
Ich schätze mal, dass auch ein mies recherchierter
Artikel ein schönes Rollenspiel nicht schlechter macht.
Aber gut, dass du die Unstimmigkeiten mal erwähnt hast.
@Moonica (1):
Ich würd’s machen, das Spiel ist recht akkurat umgesetzt.
@Sheltie (2):
Nein, schlechter wird das Spiel dadurch sicherlich nicht. Erschreckend ist dieser Artikel dennoch.
Der Tagespiegel zitiert RadonLabs dort nicht falsch, aber unscharf und mißverständlich: Gemeint ist, das in DRAKENSANG das Aussehen der aventurischen Tempel so realisiert wurde, wie europäische Kirchen. Radon Labs hat sich zu diesem Thema bereits in anderen Publikationen geäußert. Zuvor hatte RadonLabs verschiedene Tempel Designs (griechisch, asiatisch, osteuropäisch) ausprobiert – aber alle wirkten sehr fremdartig. Erst die Verwendung der sehr vertrauten Formen ergab ein rundes aventurisches Bild. Außerdem hat RadonLabs auch immer betont, das auch bei der Architektur der FachwerkHäuser, Burgen usw. darauf geachtet wurde, nicht HerrDerRinge als Vorlage zu verwenden, sonderrn in ausgedehnten Reisen echte europäische Burgen fotografiert wurden. Das Herr der Ringe inhaltlich eine der großen Hauptwurzeln der Fantasy ist, ist aber natürlich selbstredend: Rakorium und Gandalf sind rein optisch doch sehr ähnlich – auch wenn ersterer wirr und paranoid ist.
@knickknack (4):
Danke für die Konkretisierung.