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Jens Matheuszik — 7. August 2008, 18:49 Uhr

Wolfgang Clements Variante einer Entschuldigung


Wolfgang ClementWährend im Internet bereits Clement muss bleiben! gefordert wurde, gab Wolfgang Clement, ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, ehemaliger „Superminister“ für Wirtschaft und Arbeit und ehemals stellvertretender SPD-Vorsitzender an seinem Wohnort Bonn (hingegen wird er in Bochum-Weitmar als SPD-Mitglied geführt) eine Pressekonferenz.

Anlass war natürlich die Entscheidung des Landesschiedskommission der nordrhein-westfälischen SPD, die Clement aus der SPD ausschließen wollte.

Meiner Meinung nach war diese Form des Beschlusses im Endergebnis nicht nachvollziehbar, denn Wolfgang Clement hat in seiner Welt am Sonntag-Kolumne „Modernes Deutschland“ namens Für Ypsilantis Pläne müsste Hessen zahlen zwar die hessische SPD-Politikerin Andrea Ypsilanti scharf kritisiert, aber meiner Meinung nach eben zu recht:

Es kann nicht sein, dass ein Industrieland wie Deutschland all seine bisherigen Energieträger ausmustert und stattdessen nur auf regenerativ Energien setzt, da diese (leider) derzeit die notwendige Grundlast in Deutschland nicht abdecken können. Insofern hat Clement nur konsequent argumentiert – nämlich in direkter Linie zum Regierungshandeln der SPD in Nordrhein-Westfalen.

Aufgrund seiner etwas – nun ja – burschikosen Art hat sich Clement jedoch nicht nur Freunde gemacht, so dass der heutige Pressetermin als eine Art „Gutmachungstermin“ galt. In seiner Rede entschuldigte er sich dann auch bei den hessischen Wahlkämpfern vor Ort (denen, die die Flugblätter verteilen und Plakate kleben) für seine Aussage. Bei DerWesten gibt es eine Dokumentation seiner Erklärung, wobei ich jedoch den Videostream auf der Internet-Seite von Phoenix empfehlen möchte, denn dort kann man einen durchaus selbstkritischen aber auch kämpferischen Clement in freier Rede hören.

Dort nimmt er zum Beispiel auch Bezug auf die „von Larcher“-Argumentation. Hierbei geht es um den ehemaligen SPD-Politiker Detlev von Larcher. Dieser rief in einem Leserbrief dazu auf die Linkspartei zu wählen und wurde daraufhin aus der SPD ausgeschlossen. Viele Clement-Gegner zogen dieses Beispiel immer als Vergleich heran. Aber nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Einerseits hat Clement nicht dazu aufgerufen eine andere Partei zu wählen und andererseits schien es auch nicht so, als ob von Larcher in der SPD hätte bleiben wollen. Auf die Frage eines Journalisten ob sich Clement jetzt für von Larcher einsetzen würde, reagierte er daher recht trocken mit der Frage, warum er das denn machen solle, denn von Larcher will ja eh nicht bleiben.

Es bleibt jetzt natürlich dennoch spannend wie die Bundesschiedskommission der SPD entscheiden wird. Ich denke jedoch, dass ein Rausschmiss eher zu den unwahrscheinlicheren Urteilsmöglichkeiten gehört… „und das ist auch gut so!“ – um einen anderen Sozialdemokraten zu zitieren.

PS: Es freut mich, dass selbst Clement-Kritiker jetzt nicht mehr den Parteiausschluß fordern.

PPS: Das Bild von Wolfgang Clement entstammt dem Wikipedia-Beitrag zu Wolfgang Clement.


11 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Christian S. @ 7. August 2008, 20:16 Uhr

    Der Link auf von Larcher ist falsch gesetzt, der vorletzte Absatz wird völlig falsch dargestellt. :)


  2. (2) Kommentar von Kai @ 7. August 2008, 20:31 Uhr

    Da muss ich Dir widersprechen. Es ist natürlich völlig in Ordnung und überhaupt nicht zu kritisieren, dass man andere Meinungen vertritt und das auch öffentlich dokumentiert. Das sind für mich aber nicht die entscheidenden Punkte hier; diese sind vielmehr wie folgt:

    1. Es gibt eine parteiinterne Demokratie. Innerhalb dieser haben wir als Sozialdemokraten bestimmte Entscheidungen zu energiepolitischen Themen getroffen. Und als Demokrat kann ich verlangen, dass die Unterlegegen die Mehrheitsentscheidung akzeptieren. Sie müssen nicht ihre Meinung ändern und können jederzeit für andere Mehrheiten kämpfen – aber eben nicht durch Zeitungskolumnen oder Interviews, sondern innerhalb der demokratischen Strukturen der Partei. Alle Befürworter der Agenda 2010 haben erwartet, dass die Partei sich nach dem Berliner Sonderparteitag 2003 hinter den Beschluss stellt; zu Recht, wie ich übrigens finde. Warum kann man jetzt nicht erwarten, dass die Atombefürworter wie Clement sich hinter die Mehrheitsbeschlüsse der Partei stellen?

    2. Es ist ein Schlag ins Gesicht all der ehrenamtlich Tätigen, wenn kurz vor der Wahl ein führender Genosse vor der eigenen Partei warnt! Da engagieren sich tausende Menschen in ihrer Freizeit, investieren Geld, Zeit und andere Ressourcen weil sie ihre Partei gewinnen sehen wollen und dann kommt jemand ohne Amt und Mandat, der mit dem Wahlkampf eigentlich auch nichts zu tun hat und veröffentlich so ein Statement. Sorry, aber das ist definitiv parteischädigendes Verhalten und allemal ein Grund für einen Rauswurf.

    Wohlgemerkt: Mir geht es in keinster Weise um die Meinung, die Clement geäußert hat. Mir geht es um sein Verhalten, das offenbar von großer Selbstüberzeugung geprägt ist. Er hat die Partei geschädigt und gehört rausgeworfen.


  3. (3) Kommentar von Jens @ 7. August 2008, 21:01 Uhr

    @Christian S. (1):
    Danke für den Hinweis, habe es so eben korrigiert.

    @Kai (2):
    zu 1)
    Clement ist aber nicht in der hessischen SPD. Die hessische SPD scheint eine gänzlich andere Energiepolitik als die NRWSPD zu haben. In der NRWSPD ist z.B. eine Abkehr von der Steinkohle nicht beschlossene Sache. Genau das was Clement auch gesagt hatte. Insofern passt das mit der innerparteilichen Demokratie jetzt nicht, da die von sozialdemokratisch-hessischer Sicht nicht auf Clement zutrifft.

    zu 2)
    Ich persönlich fand es auch sch…lecht was Clement gemacht hat. Deswegen soll er auch eine Rüge bekommen. Einen Rauswurf halte ich aber für übertrieben.


  4. (4) Kommentar von Thomas @ 7. August 2008, 21:55 Uhr

    Ich hätte Dich wirklich für nicht so naiv gehalten, der Glaube erneuerbare Energien könnten nicht unseren Energiebedarf stillen ist schlicht ein Irrglaube. Zudem sind sie ein Hightechsektor, noch dazu einer in dem Deutschland zurzeit führend in der Welt ist.

    Deutschland würde seine Stellung als Industrieland wahren, wenn es jetzt auf erneuerbare Energien setzt. Außerdem sind fossile Energieträger per Definition eine Sackgasse. Irgendwann ist schluss, dabei spielt es keine Rolle ob dies heute, morgen oder in 100 Jahren ist.


  5. (5) Kommentar von Jens @ 7. August 2008, 22:07 Uhr

    @Thomas (4):
    Ich spreche mich ja nicht gegen alternative Energien aus. Nur halte ich nichts davon, sie jetzt als alleinige Lösung zu verkaufen, wo sie momentan eben noch nicht den Energiebedarf vernünftig decken kann.

    Deswegen sollte man meiner Meinung nach auf einen Energiemix setzen und ruhig auch die Investitions- und Forschungsmittel für regenerative Energien stetig erhöhen, damit wir dort irgendwann einen Level erreicht haben, der dafür sorgt, dass die alten Energien nicht mehr notwendig sind.

    Aber jetzt einfach zu fordern: Nur noch regenerative Energien und der Strom kommt schon von alleine aus der Steckdose – das ist naiv!


  6. (6) Kommentar von Thomas @ 8. August 2008, 02:33 Uhr

    Erneuerbare Energien sind ein Energiemix und keiner hat gesagt alle Kohlekraftwerke sollen morgen abgeschaltet werden, doch es sollten keine neuen mehr gebaut werden.

    Das selbe gilt auch für die AKWs in Deutschland.

    Denn der Neubau von fossilen Kraftwerken würde den Umstieg auf erneuerbare Energien um ca. 40 Jahre verschieben, das ist nicht nur klimaschutzgründen inakzeptabel. Und ob der CO2-Abscheidung wirklich funktioniert ist noch nicht klar und selbst diese Technik wird erst in 20 Jahren bereitstehen, dann ist es für die heutigen Neubauten wohl zu spät, vor allem weil man in diesen 20 Jahren eine Mengen im Bereich erneuerbaren Energien umsetzen könnte, vor allem bei Photovoltaik.


  7. (7) Kommentar von Jens @ 8. August 2008, 06:04 Uhr

    @Thomas (6):
    Im Welt-Interview Nein zu Rot-Rot. Garantiert. (auch ein schöner Titel, nicht wahr?), welches übrigens der Anlass für Clements Kolumne wahr, hat Ypsilanti gesagt:

    Aber wir bekennen uns dazu, auch die Windkraft als Teil eines neuen Energiemixes, der die Atomkraft in Hessen ersetzen soll, ausbauen zu wollen. Wo es Widerstände gibt, müssen wir noch Ãœberzeugungsarbeit leisten. Die Auseinandersetzung schreckt uns nicht. Denn die Alternative hierzu heißt weiterhin Atomkraft – oder den Bau großer neuer Kohlekraftwerke. Beides wollen wir nicht.

    Und das hält Clement für falsch. Und ich auch. Jetzt zu sagen „Wir bauen keine Kohlekraftwerke mehr, weil wir mehr regenerative Energien nutzen wollen!“ ist meiner Meinung nach gefährlich. In diesem Punkt unterscheiden wir uns dann halt – aber es kann halt nicht jeder einer Meinung sein.


  8. (8) Kommentar von tboley @ 8. August 2008, 09:19 Uhr

    Ich für meinen Teil halte, wie ja schon gesagt, einen Rauswurf nicht für übertrieben, sondern für verdient. Seine angebliche Entschuldigung war nur halbherzig.

    Es sei nebenbei erwähnt, dass Clement sich früher sehr stark dafür gemacht hat, andere aus der Partei zu schmeissen.


  9. (9) Kommentar von Klaus @ 8. August 2008, 14:35 Uhr

    Es gibt hier eine ganz nette Seite, wo man das Thema nicht nur diskutieren, sondern die jeweiligen Aussagen dazu bewerten kann: http://www.trupoli.com/de/topics/162?sort=id

    Im übrigen hoffe ich das Clement bleibt. Seine Aussagen zur Energiepolitik sind nämlich absolut richtig! Die Konzentration auf regenerative Energie müssen wir zwar vollziehen, aber die Entwicklung in diesem Bereich dauert und bis dahin müssen wir auf Atomkraft und Kohle zurückgreifen können.

    Abgesehen davon sieht man, dass nicht nur Clement, sondern auch Franz Maget ein echtes Problem mit Andrea Ypsilanti hat. Diese Frau gefährdet den Erfolg der SPD, weil sie nur auf ihr Ziel „Ministerpräsidentin“ fixiert ist.

    Ich hoffe deshalb, dass die Partei-Spitze Ypsilanti absägt und nach Kurt Beck wieder eine starke Persönlichkeit, wie einst Gerhard Schröder folgt. Nur mit einem klaren Problem und einer konsequenten Führung wird die SPD nämlich aus der Krise kommen…


  10. (10) Pingback von deine-internet-infos » Blog Archive » Politiker u. Internet (war Re: Internet am Ende?) - Yahoo wehrt sich gegen Sperrung von Aukt… @ 9. August 2008, 16:03 Uhr

    […] Menschen… […] Früher hieß es “Wer nichts wird, wird Wirt”. Da aber in der heutigen Zeit selbst zum Führen einer Kneipe gewisse Qualifikationen erforderlich sind, müsste es eigentlich […]


  11. (11) Kommentar von Jens @ 10. August 2008, 14:45 Uhr

    @Klaus (9):
    Andrea Ypsilanti ist die Parteispitze. In Hessen jedenfalls.


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