Vernünftiger Journalismus der WAZ Bochum? Beispiel: Herbert Grönemeyer
Seit einiger Zeit habe ich die WAZ abonniert und lese sie eigentlich recht gern. Gerade auch den Lokalteil von Bochum.
Dennoch habe ich hier im Blog auch die Lokalredaktion von Bochum das eine oder andere Mal kritisiert – vor allem in Bezug auf die Internet-Aktivitäten im Rahmen des WAZ-Portals DerWesten.de/bochum, welche sich meiner Meinung nach als „sehr ausbaufähig“ bezeichnen lassen dürften – siehe dazu auch den längeren Artikel WAZ Bochum macht auf Online: Ein Samstag voller Unzulänglichkeiten.
Einige der von mir angeprangerten Punkte sind zum Teil schon verbessert worden, bei anderen Themen hapert es noch und grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die WAZ-Lokalredaktion in Bochum den Internet-Auftritt de facto ignoriert, denn wie man mir seitens DerWesten.de versicherte, bekommt man als Lokalredaktion natürlich eine Mitteilung, sobald es Kommentare zu Artikeln gibt – da müßte man dann eigentlich auf Diskussionen wie hier reagieren.
Bisher war für mich die Devise klar: Print-Journalismus macht die WAZ Bochum gut, Online-Journalismus nicht. Inzwischen weiß ich nicht, ob der erste Punkt noch stimmt, denn angesichts zweier aktueller Ereignisse/Berichte komme ich ein wenig ins Grübeln. Ich bin kein Journalist und weiß daher nicht, ob das jetzt so üblich ist oder nicht.
Worum geht’s (zum ersten)?
Herbert Grönemeyers Konzert am Marienplatz
Bekanntlich trat am vergangenen Donnerstag Herbert Grönemeyer zugunsten der Bochumer Symphonie auf dem Marienplatz auf. Dabei sang er zweimal sein bekanntes Lied Bochum, was er auch eindrucksvoll begründete.
So habe er – nach seinem letzten Konzert in Bochum – sich von der hiesigen Presse einiges anhören müssen. Sie hätte nicht beschrieben, wie toll er gewesen sei – wo er das doch nach eigenen Angaben war – sondern nur, dass er Bochum nur einmal gespielt habe, und das auch noch am Anfang. Die lokalen Medien wären fast nur darauf eingegangen, was dazu geführt hatte, dass er sich schon Vorhaltungen machen lassen musste, ob er jetzt zu schnöselig sei, um Bochum in Bochum zu spielen und warum er das Lied gar nicht mehr spielen würde. Dabei hat er es doch gespielt, doch laut seinen Gesprächspartnern hätte ja in der Presse gestanden, dass es nicht so gewesen sei.
Deswegen wolle er nun bei seinem Kurzkonzert gleich nach dem ersten Mal noch ein zweites Mal Bochum spielen, damit sich diesmal ja keiner beschweren kann.
Worauf er anspielte? Wahrscheinlich auf Artikel wie den der WAZ namens Ohne „Bochum“ ließ er sie nach Hause.
Natürlich berichtet die WAZ Bochum am nächsten Tag Herbert singt „Bochum“ zweimal (siehe auch das nebenstehende Bild). Die Begründung, die Grönemeyer vor Ort abgegeben hat, findet sich jedoch nicht in dem Artikel (und auch nicht in anderen der WAZ-Mediengruppe zum Thema – egal ob Print- oder Online-Ausgabe).
Ich frage mich jetzt ob es vernünftiger Journalismus ist, dass diese kleine, aber doch vorhandene, Medienkritik Grönemeyers komplett ignoriert wird? Wenn die Politiker oder Sportler über die Medien schimpfen, dann wird das doch auch berichtet (okay, nicht in jedem Fall).
PS: Aber wenigstens ist die WAZ Bochum inzwischen auch auf den Geschmack der Bilderstrecke gekommen: Herbie“ singt in Bochum… dürfte vielleicht zum Ãœberholen von rp-online.de nicht schlecht sein, wenn man den ungekrönten Meister aller möglichen und unmöglichen Bilderstrecken in den positiven Aspekten nacheifert.
PPS: Das zweite Beispiel folgt morgen.
Die Kritik am Online-Auftritt der Bochumer WAZ ist meines Erachtens berechtigt und läuft wahrscheinlich doch ins Leere, da sich die Redaktion wohl nicht die Bohne dafür interessiert. Man sieht das Internet nicht als eigenständigen Kanal, sondern als Copy/Paste-Plattform für gedruckte Artikel. Somit wundere ich mich gar nicht mehr über die ganzen „Mehr auf Seite 2“ Papier-Links, die fehlenden Geo-Tags und vor allem die fehlenden Online-Profile der Redakteure.
Vielleicht fehlt es der Redaktion ja an Zeit. Die gröbsten Schnitzer könnte allerdings auch ein Hiwi ausbügeln, der sich abends durch das Online-Angebot klickt, Links zu anderen Artikel, Fotostrecken etc. und Geo-Tags setzt. Als User hat man selbst in Zeiten des Mitmach-Webs bald keine Lust mehr, das für die Redaktion zu erledigen.
Vielleicht fehlt aber auch die Motivation zu einer besseren Aufbereitung im Lokalteil durch die schwache Einbindung in die Startseite von DerWesten. Dort stehen selbst typische Ruhrgebiets-Themen wie die Extraschicht (die angeblich 160.000 Besucher hatte) ganz weit unten. Das sind 160.000 potentielle Leser die sich gerne durch Artikel und Fotostrecken an das Ereignis hätten erinnern wollen.
Zum Schluss noch ein Bochumer Negativbeispiel: http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/bochum/2008/6/22/news-57464269/detail.html enthält neben dem Papierlink zur „Kultur-Seite 4“ praktisch keinen Content; stattdessen hätte man die tolle Fotostrecke http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/bochum/2008/6/22/news-57451458/detail.html verlinken können.
Ich war auch beim Konzert und als Herbie das sagte, dachte ich mir gleich, dass davon nichts abgedruckt wird.
@Der Holmel (1):
Ich befürchte nicht so sehr, dass das ganze ins Leere läuft. Ich behaupte mir einzubilden, dass nach meinem letzten großen Kritikbeitrag sich ein wenig was geändert hat.
Ob es an zu wenig Zeit liegt kann ich nicht beurteilen, aber ich habe von WAZ-Redakteuren schon entsprechende Aussagen gehört.
Der Punkt mit der Einbindung der lokalen Nachrichten auf der Startseite ist auch nicht unwichtig. Wobei man hier natürlich einen Kompromiss finden muss. Aktuell: Der Bürgerentscheid in Bochum wäre meiner Meinung nach ein Thema, was auf die Startseite gemusst hätte. Die Meldung, dass beim Public Viewing in Bochum gute Stimmunt war – die gehört nicht da hin.
Das müsste man aber durch ein Prioritätssystem hinbekommen können.
Ãœbrigens: Das Negativbeispiel ist sehr gut. Leider.
@Bochumer:
Ehrlicherweise muss man erwähnen, dass auch andere Medien da nicht drüber berichtet haben.
@Jens (3):
Freut mich zu hören, dass es die Kritik wahrgenommen wird, und es Verbesserungen gibt.
Zum Geo-Tagging: vielleicht sollte DerWesten mal
klären, wofür das gut ist. Meiner Meinung nach geht es weniger darum, zu jedem Artikel den Ort auf der Karte zu sehen, sondern vielmehr darum, zu jedem Ort auf der Karte die Artikel zu sehen. Wenn diese Sicht auf die aktuellen Nachrichten leichter zu erreichen wäre als über die Community-Seite (vgl. Plazes ;-), hätte DerWesten anderen Seiten echt was voraus .
Zu den Regionalnachrichten auf der Homepage: Habe bei meinem Extraschicht-Beispiel vernachlässigt, dass das Zielgebiet von DerWesten wesentlich größer als das Ruhrgebiet ist. Typische Ruhrpottsthemen sind im Sauerland und in Düsseldorf nicht unbedingt so relevant. Man sollte fairerweise berücksichtigen, dass DerWesten mehr sein will als die Onlineausgabe der WAZ.
Bin gespannt auf Dein zweites Beispiel zur gedruckten Bochumer WAZ.