Das Ruhrgebiet ist keine Einheit
Das Ruhrgebiet sei keine Einheit, so klagt der Kommentator Wolfgang Pott in der heutigen Ausgabe der WAZ (siehe Abbildung).
Genauer gesagt in seinem Kommentar zum Artikel Neues Einkaufszentrum: 150 Läden für Dortmund.
Demnach soll auf dem Gelände der ehemaligen Thier-Brauerei mitten in der Dortmunder Innenstadt ein Einkaufszentrum (namens Stadtgalerie) entstehen, welches bis zu 150 Läden auf 29000 Quadratmetern beherbegen soll.
Grundsätzlich kann ich es ja schon verstehen, dass sich Pott dagegen ausspricht, weil es etwas „reflexhaftes“ hat, wenn direkt nach Eröffnung des Einkaufszentrums Limbecker Platz in Essen ein ebensolches Projekt auch in Dortmund angekündigt wird. Weiter heißt es:
„Langemeyer hat nicht gelernt aus den Fehlern der Vergangenheit. Im Ruhrgebiet geht es nicht darum, dass die eine Großstadt die andere aussticht. Es geht darum, gemeinsam eine Zukunft aufzubauen. Das aber scheint angesichts der Eitelkeiten mancher Stadtoberhäupter geradezu utopisch. Und wieder zeigt sich, dass das Ruhrgebiet keine Einheit ist, sondern nur ein Konglomerat einzelner Städte.“
Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen – natürlich gibt es viel Kirchturmdenken im Ruhrgebiet, aber mal ganz ehrlich:
Fährt man als Dortmunder zum Einkaufen nach Essen?
Selbst von Bochum ist es nach Essen ein gefühlt sehr weiter Weg, vor allem wenn er über die notorisch verstopfte A40 führt. Insofern halte ich es jetzt – vom Ruhrgebietsgedanken her – nicht für falsch, wenn in Dortmund ein solches Einkaufszentrum gebaut wird.
PS: Es ist übrigens eine Freude zu sehen, wie der WAZ-Artikel bei DerWesten präsentiert wird – direkt neben dem Artikel findet sich in einem Extrakasten der Kommentar! Sehr schön! Da sollte sich die Bochumer Lokalredaktion der WAZ mal ein Beispiel dran nehmen!
Ausgerechnet Einkaufszentren als Beleg für die nicht vorhandene Einheit ins Feld zu führen, finde ich albern: Wie viele Einkaufszentren gibt es beispielsweise in Berlin?
Der Binneneinkaufstourismus wird natürlich immer geringer – seit es in Bochum einen „Saturn“ gibt, habe ich auch keinen echten Grund mehr, nach Essen zu fahren.
es geht nicht unbedingt darum, Leute aus Bochum oder Essen nach Dortmund zu locken, sondern die aus der Umgebung (Hagen und Kreis UN, RE, EN etc). Für die macht es eben keinen großen Unterschied ob man nun in Dortmund oder Essen ist. Unsereins aus Dorsten fährt mit dem Zug gut ne halbe Stunde nach Essen und Oberhausen, etwas länger nach Dortmund, um die drei populärsten Einkaufsziele zu nennen. In Essen und Dortmund hat man halt die Stadt, aber bei Regen und wenn man nur Klamotten kaufen will, fährt man eben i.d.R. doch zum CentrO. Mit der Kombination von eh schon attraktiver Innenstadt und sehr nahe liegender Mall werde auch ich sicher in Zukunft wieder häufiger in Essen shoppen gehen…
Ich denke, das zum größten Teil nur Autofahrer diesen Einheitsgedanken hinbekommen. Natürlich wäre es schön, wenn das Ruhrgebiet innerhalb der Städte solidarischer wäre und als Einheit nach draußen auftreten würde. Dennoch sind es knapp 60 oder 70 Kilometer vom Ruhrpark Bochum zum Centro nach Oberhausen. Bottrop hätte ich ohne Auto höchstwahrscheinlich noch nicht erlebt.
Dennoch gibt es einen zarten Anfang mit dem Projekt Kulturhauptstadt. Hier versuchen wenigstens große Städte miteinander das Ruhrgebiet zu präsentieren. Oder denkt an die „Rettung“ der Love Parade. Sie ist nicht mein Fall, aber derzeit im Ruhrpott zuhause.
Was die Einkaufszentren angeht, überfällt uns meiner Meinung nach die Amiwelle. Jede Stadt, will nun sein eigenes haben und zieht sich nun für Millionen einen Klotz hoch. Die mögen schön und spektakulär sein, haben aber einen sehr großen Nachteil. Wer war schon mal in der Innenstadt von Oberhausen? Ich noch nie, denn wenn ich dahin fahre, dann ins Centro.
Die Essener bangen doch selber ziemlich um die Frage, wie voll wird die Innenstadt noch sein, wenn sich das EKZ etabliert hat? Es ist ein Menschensauger und ich befürchte das mal wieder der kleine Kaufmann zwei Straßen weiter leiden muss.
Allerdings sind in einem EKZ die Mieten so teuer, dass kein „1€“ Laden mehr zu finden sein wird.
Also, ich glaube schon, dass es den Städten immer mehr gelingen wird als Einheit aufzutreten. Es braucht aber noch sehr viel Zeit. Der Wille ist meiner Meinung nach da. Ich erinnere auch an die Route der Industriekultur sowie die Nacht hierzu.
Natürlich fährt ein Dortmunder zum Einkaufen nach Essen so wie ein Niederländer zum Einkaufen ins Centro: wenn es sich „lohnt“.
Ob „Malls“ oder „Glamour-Einkaufszentren“ – das ist der Zug der Zeit, der aus den anderen Städten Kaufkraft „abzieht“. Kirchturm hin oder her: Jede Stadt „muß“ über solche Konsumtempel nachdenken… sonst wäre man bislang bei der Genehmigung für factory outlet center wohl etwas freigiebiger gewesen. ;-)
Die älteren Herrschaften werden sich daran erinnern, daß selbstvertändlich jahr(zehnt)elang Kunden aus E und OB ins Mülheimer RR-Zentrum gefahren sind.
@Lukas (1):
Der Vergleich mit Berlin ist gut!
Das der Binnentourismus geringer wird – nun ja, im Zeiten von Klimawandel & Co. ist es doch nicht schlimm, wenn man vor Ort bleibt.
Aber Du konntest auch schon – zumindestens theoretisch – CDs in Bochum kaufen (Ruhr-Park).
@Daniel (2):
Für mich, der aus dem Münsterland stammt, war es früher nie eine Frage ob ich nach Essen fahre. Wenn ich zum Einkaufen gefahren bin, dann entweder nach DO oder nach RE – was aber sicherlich auch mit „verwandtschaftlicher Prägung“ zu tun hat. In E habe ich bisher noch nie eingekauft und ich war wahrscheinlich schon öfter in CAS als in E.
@Kai (3):
Das geplante EKZ in DO soll ja in der Innenstadt sein, das in E am Limbecker Platz ist auch direkt in der Innenstadt.
@derherold (4):
Die Frage ist: Ab wann lohnt es sich? Wenn ich alles vor Ort habe, wo ich ggf. auch zu Fuß hin, dann brauche ich mich nicht ins Auto oder eine Bahn zu setzen.