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Jens Matheuszik — 6. Dezember 2007, 20:14 Uhr

Die Linke vs. Wikipedia: Katina Schubert hat scheinbar keine Ahnung (und muss sie auch nicht haben…)


Vor wenigen Stunden berichtete ich bereits von Katina Schubert, die stellvertretende Vorsitzende der SED/PDS/Linkspartei/wie_die_Mauerpartei_auch_gerade_immer_heißen_mag, die eine Strafanzeige gegen die Wikipedia gestellt hat.

Das ganze schlägt natürlich Wellen und u.a. im taz-Artikel Linke-Vize zeigt Wikipedia an erfährt man, warum Schubert das macht:

„Konkret geht es laut Schubert um den Wikipedia-Eintrag zum Thema ‚Hitlerjugend‘ (HJ) und die darin verwendeten Nazi-Symbole. Es könne und dürfe nicht sein, dass bei dem Online-Lexikon Einträge aus NS-Quellen „ausführlichst zitiert“ würden, sagte Schubert taz.de.“

Ah ja. Was soll denn einen Eintrag zum Thema Hitlerjugend illustrieren? Ein antifaschistischer Schutzwall etwa?

Seitens von Wikimedia geht man übrigens davon aus, dass Schubert nur einen PR-Coup geplant hatte – nachdem der Stern in der aktuellen Ausgabe die Wikipedia positiv erwähnte und sogar aufs Titelbild hievte. Weiter heißt es im taz-Artikel (Hervorhebung von mir):

„Unklar ist, wie Schubert verhindern möchte, dass bei dem Online-Lexikon zumindest für kurze Zeit propagandistisches Material eingestellt wird – schließlich kann hier jeder editieren. Das ist die Grundprämisse des freien Online-Lexikons. Die Linkspartei-Politikerin sieht in dem demokratischen Ansatz des Mediums denn auch eine ‚erfreuliche Offenheit‘. Sie fürchtet nicht, dass durch ihre Strafanzeige ‚das Kind mit dem Bade ausgekippt‘ werden könnte, weil dann womöglich kein Beitrag mehr ohne Kontrolle online gestellt werden dürfte: ‚Wie das technisch funktioniert, weiß ich nicht, muss ich auch nicht wissen‘, sagte sie.“

Ah ja… sie muss es also nicht wissen, aber fordern kann sie es. Wo kämen wir denn dahin, dass Politiker WISSEN was sie fordern/beschließen/umsetzen…

Noch abstruser wird es, wenn man den Welt-Artikel Anzeige gegen Wikipedia wegen Nazi-Propaganda liest.

Nachdem Schubert die Anzeige erstattet hatte, eine Pressemitteilung bekanntgab und die ersten Kritiken auftauchten setzte sich Schubert doch noch mit Wikipedia-Verantwortlichen in Kontakt (etwas was sie vor der Erstattung der Anzeige und vor der Pressemitteilung nicht gemacht hat – ein Schelm wer Böses dabei denkt…) und erklärt laut Welt:

„Wenn sie bei Wikipedia einsehen, dass es solche Grauzonen gibt und dass man das kennzeichnen muss, dann wäre ich auch bereit, anders zu agieren.“

Wie gnädig von Frau Schubert! Sie wäre ggf. bereit anders zu agieren… ohne mich jetzt juristisch genau auszukennen ist ihre Anzeige nicht in Bezug auf ein Antragsdelikt gestellt worden, so dass meines Wissens die Staatsanwaltschaft die Anzeige verfolgen muss und nicht einfach Schubert das ganze zurückziehen könne.

Es gibt jedoch auch noch Mitglieder dieser Partei die das ganze etwas vernünftiger sehen – siehe z.B. den Beitrag Im Winterloch von Mark Seibert oder aber die Pressemitteilung der Linksfraktion in Sachsen. Dort heißt es:

„Die Position von Katina Schubert wird weder von mir [Heiko Hilker, dem Medienexperten der Linksfraktion in Sachsen; Anm. d. Pottblogs] noch von den medienpolitischen Experten der Bundestagsfraktion geteilt. Ihr Vorgehen, eine Strafanzeige gegen Wikipedia zu stellen, ist falsch und wird das von ihr dargelegte Problem nicht lösen.

Katina Schubert verkennt sowohl die funktionierenden inhaltlichen Selbstregulierungsmechanismen bei Wikipedia als auch die spezifische Funktions- und Kommunikationsweise des Internet: Rechtsextremismus im globalen Netz lässt sich nicht durch nationale strafrechtliche Verfolgungen bekämpfen. Der Debatte, wie mit rechtsextremistischen Umtrieben und Propaganda im Internet umzugehen ist, erweist Katina Schubert einen Bärendienst.

Schließlich könnte ihre Strafanzeige dazu führen, dass gerichtlicherseits ausgesprochene Auflagen de facto zu Selbstbeschränkung und Zensur führen und somit die lebendige Enzyklopädie totgemacht wird.“

Dem kann man ja glatt komplett zustimmen…


15 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Marco @ 6. Dezember 2007, 23:18 Uhr

    an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Linkspartei vom Verfassungsschutz beobachtet wird… mehr zu Katina Schubert und der SED/PDS: http://www.tutsi.de/katina-schubert-pds-linkspartei-zeigt-wikipedia-an/2007/12/06/tutsi-blog-aktuell/
    Gruß aus Berlin


  2. (2) Kommentar von Lukas @ 7. Dezember 2007, 00:42 Uhr

    Wie das technisch funktioniert, weiß ich nicht, muss ich auch nicht wissen

    Jetzt bitte tieeeeeeeef durchatmen. Nicht aufregen. Gaaaaaanz ruhig bleiben …

    AAAAAAAAAAARRRRRRRRGGGGGGHHHHHHHHH!!!!!!!!1

    (zu spät)


  3. (3) Kommentar von Tim 'avatar' Bartel @ 7. Dezember 2007, 02:34 Uhr

    Nachdem Schubert die Anzeige erstattet hatte, eine Pressemitteilung bekanntgab und die ersten Kritiken auftauchten setzte sich Schubert doch noch mit Wikipedia-Verantwortlichen in Kontakt.

    Diese Darstellung, die ich verschiedenen Medien entnehmen musste (die taz schrieb es glaube ich als erstes) ist falsch. Der Kontakt ging von uns aus.


  4. (4) Kommentar von Andreas F. @ 7. Dezember 2007, 09:13 Uhr

    Strafanzeige kann sie doch stellen. Das heisst doch nichts ausser einer PR für alle Beteiligten. Und dass sich jetzt eine Staatsanwaltschaft damit beschäftigen muss welche sich ihre eigene Einschätzung/Meinung zu den Fakten bilden wird.

    Ob die „Zurückruderer“ in der Partei es wirklich besser und vernünftiger sehen, oder nur Angst vor Negativ-PR haben, bleibt abzuwarten. Letzteres Verhalten habe ich schon sehr oft bei Partei-Politikern erlebt.

    Aber es bleibt auch eine Tatsache, dass die Wikipedia/media nicht im rechtsfreien Raum agiert und auch nicht über dem Recht steht. Sollte es also wirklich Rechtsverstösse geben, wäre das ein Beleg, dass die Selbstregulierung nicht so funktioniert, wie es gerne von den Vertretern/Funktionären behauptet wird.

    Wer ernsthaft verlangen sollte, dass sich nationales Rechte der Wikipedia unterordnen/anpassen soll, ist verwirrt und hat schon viel zu lange vor dem Rechner gesessen.

    Frau Schubert muss auch tatsächlich nicht wissen, wie das technisch genau abläuft. Sie hat einen Anfangsverdacht und ihre Strafanzeige ist eine Aufforderung an die Staatsanwaltschaft sich damit zu beschäftigen. Und letztere wird sich üblicherweise ihr eigenes Bild machen.

    Also Abwarten und Tee trinken …


  5. (5) Kommentar von jooonas @ 7. Dezember 2007, 12:10 Uhr

    Uuuäääh Politiker sind einfach zum kotzen.


  6. (6) Kommentar von jooonas @ 7. Dezember 2007, 12:46 Uhr

    Naja, ihre Publicity hat Sie ja jetzt bekommen. Gibt sogar eine internationale Pressemitteilung von Reuters.
    Wer schon immer mal wissen wollte, wie so eine Person aussieht, die keinen blassen Schimmer , von dem hat, was sie redet, der schaue sich: http://www.katina-schubert.de/ an


  7. (7) Kommentar von Briefeschreiber @ 7. Dezember 2007, 13:48 Uhr

    am interessantest an dieser sache finde ich die annahme, dass diese frau vor gericht recht bekommen könnte.

    wenn dem dann so ist, dann ist es eh egal ob durch sie oder später jemand anderen. einen besseren spiegel über unsere demokratie können wir kaum bekommen.

    das thema ist nun auf dem tisch, da kann es doch gleich mal endgültig geregelt werden. qualitativ seh ich nun nicht den unterschied zwischen der uninformierten person und der reflexhaften empörung über die sich diverseste folgen ausgemalt werden.


  8. (8) Kommentar von Briefeschreiber @ 7. Dezember 2007, 14:01 Uhr

    letzteres war in den falschen beitrag reingesetzt. das sollte da rüber, zu dem cdu-teil. bitte löschen oder verschieben. -.-

    btw: die „gute“ frau hat ihre klage nun bereits zurückgezogen und fordert einen ehrenkodex. ^^

    mir ist allerdings nicht klar, warum das abbilden der ehrenzeichen dieser vereinigung nun über das dokumentarische hinaus gehen sollen.

    im zweifelsfall seh ich das nun irgendwo und weiß nicht was dahintersteckt, befinde es für harmlos und dulde damit unbeabsichtigt das treiben mir nicht genehmer gestalten.


  9. (9) Kommentar von jooonas @ 7. Dezember 2007, 14:18 Uhr

    Sie müsste erstmal die zuständige Stelle verklagen, und die ist bei der Wikipedia in den USA.
    Bisher ist laut Wikipedia auch noch nichts eingegangen, es weiß also niemand, worauf sich diese Person überhaupt bezieht.

    Sieht halt wirklich sehr danach aus, als wollte sich da mal jemand ins Gespräch bringen. Ob sie vielleicht den Stern gelesen hat? Da gabs ne Coverstory über Wikipedia.

    Ich finde die Empörung völlig gerechtfertigt.


  10. (10) Kommentar von Andreas F. @ 7. Dezember 2007, 14:49 Uhr

    Vorab: Ich finde es sehr bedenklich, wenn jemand bei Nazi-Symbolen von „Ehrenzeichen“ schreibt, wie das ein Kommentator oben machte.

    @joonas: Wieso sollte jetzt schon was bei der Wikipedia eingehen? Verwechselst Du da vielleicht Straf- und Zivilrecht?

    Eine Strafverfolgung in den USA ist für deutsche Stellen bei Nazi-Themen leider recht schwierig, wie einige Strafverfolger schon bei verschiedenen Nazi-Seiten feststellen mussten, deren in den USA sitzende rechtsradikale Betreiber sich auf ihre dortige Redefreiheit berufen haben.


  11. (11) Kommentar von Briefeschreiber @ 7. Dezember 2007, 15:01 Uhr

    das waren halt damals ehrenabzeichen, allein auf das bezog sich die aussage. heute sind es wohl kaum noch, nur werde ich bei der bezeichnung von symbolen nicht anfangen von „damligen ehrabzeichen die es heute nicht mehr sind“ anzufangen.

    ein weniger dogmatisches gehirn könnte ja automatisch auf die idee kommen, dass diese damaligen ehrabzeichen heute nicht mehr als ehrabzeichen zu betrachten sind… zumal ich explit schrieb, dass diese personen mir nicht genehm sind.

    auf diesem niveau könnte man dann auch schnell zu der feststellung kommen, dass der name andreas mal von ein RAF-terroristen genutzt wurde. es also hochbedenklich ist, wenn dieser name auch heute noch genutzt wird. -.-
    so ein


  12. (12) Kommentar von der Tutsi @ 7. Dezember 2007, 15:36 Uhr

    Jetzt zieht das ganze sogar internationale Kreise und Kathina Schubert blamiert sich international so richtig klasse…


  13. (13) Kommentar von Andreas F. @ 7. Dezember 2007, 15:54 Uhr

    @Briefeschreiber: Ok, Du hast es nicht böse gemeint und die Worte nur versehentlich falsch verwendet.

    Es wurden von den Nazis tatsächlich auch Orden/Ehrenzeichen verliehen, daraus aber zu verallgemeinern, alle Nazi-Symbole könnte man heute als Ehrenzeichen bezeichnen, ist völlig falsch.

    Du spielst damit (ohne es zu wollen) verschiedenen rechtslastigen Ideologen in die Hände, die schleichend versuchen, durch wohlklingende Worte („Ehrenzeichen einer Vereinigung“ klingt besser, honoriger, als „Nazi-Symbole“) ewig gestriges Gedankengut positiver darzustellen.


  14. (14) Kommentar von Briefeschreiber @ 7. Dezember 2007, 16:19 Uhr

    ich sehe schlichtweg nicht so. ich habe absolut null drang zur skandalisierung oder dramatisierung… diese, deine, sichtweise aber fördert es in jeglicher hinsicht.

    ich hab absolut gar keine ängste. weder politische noch gesellschaftliche, was die rechte ecke betrifft. die jungs sind einfach zu benachteiligt um gesamtgesellschaftlich betrachtet eine gefahr darzustellen. da is oskar lafontaine gefährlicher, wenn auch weniger rabiat.

    würden wir uns net ständig mit diesen typen beschäftigen, wären sie bei weitem nicht so präsent und oberwässrig wie alle paar landeswahltage.

    ich sehe mich intellektuell in der lage mich diesem thema zu nähern ohne es gutzuheissen. und ich bin durchaus der meinung, dass allein die klassifizierung eines ehrabzeichens, als ehrabzeichen der hitlerjugend oder sonstiger vereinigungen dieser ecke, ausreicht um es entsprechend zu kategorisieren.

    eine ehrung hitlers, kann nix gutes sein. mit dem begriff wehrmachtsorden hätte wieder keiner probleme… aber such mal bei wikipedia nach „orden“, da wirste postwendend nach ehrabzeichen geleitet.

    daraus nen aufreger zu machen, trifft dann nicht nur die falschen… sondern stellt auch noch die falschen in die ecke, die man nicht fördern will.

    und genau das war ja auch der grund, warum ich mich dafür aussprach auch ruhig abbildungen dieser „zeichen“ darzustellen. denn die information an sich, ist wertfrei. ist sie immer und prinzipiell. erst unser umgang damit, schafft wertungen.


  15. (15) Kommentar von Jens @ 7. Dezember 2007, 17:40 Uhr

    @Marco (1):
    Aber sicherlich nicht deswegen… ;)

    @Lukas (2):
    Was dagegen machen… Du siehst, es wird immer wichtiger, dass Du selber politisch kandidierst. ;)

    @Tim (3):
    Danke für den Hinweis. Im neuen Artikel gehe ich bereits drauf ein. Hier werde ich das nachher noch korrigieren.

    @Andreas (4):
    Natürlich steht die Wikipedia nicht im rechtsfreien Raum, aber als rechtlicher Laie und Wikipedia-Kenner dürfte eigentlich klar sein, dass das ganze was dort abläuft legal ist.
    Ich bin aber dennoch der Meinung, dass Politiker schon ein wenig wissen sollten, wie etwas technisch abläuft. Ob sie es dann später verstanden haben – ich weiß es nicht.
    In diesem Fall glaube ich aber, dass ihre Parteifreunde, die sich stark gegen sie geäußert haben, auch inhaltlich von der Gegenmeinung überzeugt sind.

    @jooonas (5, 6):
    Na das ist ja jetzt eine Verallgemeinerung und was das Aussehen von Schubert mit ihrer Kompetenz zu tun hat verstehe ich auch nicht so ganz.

    @Briefeschreiber (7):
    Mit welcher Begründung sollte sie denn recht bekommen? Wobei Du natürlich u.U. recht hast – ich erinnere mich an das durchgestrichene Hakenkreuz und den damaligen Prozess…

    @Briefeschreiber (8):
    Beitrag wurde gelöscht – verschieben geht nicht.
    Ob sie die staatsanwaltlichen Ermittlungen einstellen kann (durch Rücknahme des Antrages) ist ja fraglich. Ich bin da nach Lektüre diverser Artikel anderer Meinung.

    @jooonas (9):
    Das vermute ich auch stark – sie wollte halt bekannt werden. Wer kannte schon vorher Katina Schubert?

    @allgemein:
    Bzgl. der „Ehrenabzeichen“:
    Nazisymbole oder Naziorden usw. trifft es meiner Meinung nach besser.


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