Kann mir jemand die Notwendigkeit für das neu geplante Bochumer Konzerthaus erklären?
Es ist schon so, daß ich von dem Beschluss zum Bau des Bochumer Konzerthauses etwas mitbekommen habe – da unterscheide ich mich ein wenig von Karsten.
Jedoch verstehe ich nicht so ganz, warum das ganze überhaupt notwendig ist. Ich würde es nicht so harsch sehen wie Christian Scholze bei Westropolis. Er schreibt dort:
„Das ist ein pubertärer Rückfall in schlimmste Abgrenzungszeiten, von klarem überregionalem Denken keine Spur. Keine Rede davon, dass die Metropole Ruhr zusammenwächst und sich ergänzt. Hat da mal jemand nach Berlin geguckt was für Schwierigkeiten es dort mit den Opernhäusern gibt? Nein, wozu denn? Da hat Dortmund sein Konzerthaus bekommen, da wurde in Essen der Saalbau renoviert, Duisburg bekommt einen Mehrzwecksaal, ja meine Güte, da könnte man ja den Eindruck gewinnen, Bochum sei nicht so viel wert wie die anderen Städte. Das geht aber nicht, böse, böse!
[…]
Es ist ekelhaft! 30 Millionen Euro!
30 Millionen Euro!
30 Millionen Euro!Die Stadt stellt 15 Millionen bereit. Wo kommen die her? Ich dachte, alle Städte im Ruhrgebiet sind pleite?
Was soll das, einen zusätzlichen Konzerttempel dahinzusetzen, wenn schon die Häuser in Dortmund und Essen wirklich kämpfen müssen, um ihr Publikum zu halten. Da kommen Weltstars hin und die Säle sind nur halbvoll.
Das ist wirklich ein Blödsinn. Statt darüber nachzudenken, ob es vielleicht etwas gibt, das das eh schon derartig umfangreiche Ruhrgebietsprogramm inspirierend ergänzen könnte, nein, wir brauchen ein Konzerthaus.
Wartet ab, als nächstes wollen sie in Wattenscheid und Kettwig Opernhäuser.“
Ich persönlich fand die Entscheidung auf dem ersten Blick auch etwas befremdlich, denn meiner Meinung nach, braucht nicht jede Stadt alle möglichen kulturellen Einrichtungen.
Wobei dieser Standpunkt von mir auch etwas von meiner Heimat Olfen her geprägt ist:
Olfen ist ein kleines Städtchen mit ca. 12.000 Einwohnern, welches am südlichen Rande des Münsterlandes ungefähr zwischen Dortmund und Münster liegt. Als Olfener ist man es gewohnt, daß man sich für bestimmte Aktivitäten (und das ist manchmal schon der Großeinkauf – wobei diese Bedürfnisse in Olfen inzwischen gut befriedigt werden kann) aus Olfen wegentfernt. Klar, es gibt auch Einzelhändler, aber zum Einkaufen oder eher gesagt – wie Frauen es differenzieren würden – zum Shopping fährt man wo anders hin. Interessanterweise spaltet sich dort die Olfener Bevölkerung ein wenig:
Der eine Teil ist nach Norden gen Münster orientiert, während der andere Teil sich gen Ruhrgebiet orientiert. Was für mich und meine Familie gilt, sollte man sich denken können, ansonsten erwähne ich noch, daß meine Mutter aus Recklinghausen stammt und mein Vater aus Dortmund. Jetzt sollte es klar sein, warum das hier auch nicht Kiepenkerlblog heißt. ;)
Insofern ist man es als Olfener gewöhnt, daß man zum Einkaufen ins Ruhrgebiet oder nach Münster, das nächste Kino in Dülmen und Lüdinghausen liegt usw.
Daher weiß ich nicht wirklich, ob Bochum ein eigenes neues Konzerthaus für 30 Millionen Euro benötigt, wo es doch in der Nähe einige andere Konzerthäuser gibt. Doch vielleicht gibt es ja wirklich Gründe die dafür sprechen – so schreibt z.B. der Kommentator Ansgar im oben verlinkten Westropolis-Beitrag:
„… keine Ahnung von dem Verhältnis der Bochumer zu „Ihren“ Bosys [Bochumer Symphonikern].
Einfach nur platt und polemisch …“
Sollte es also doch Gründe geben, die dafür sprechen? Vielleicht kann das jemand, der sich damit besser auskennt, mal kommentieren – es lesen ja einige hier mit, die sich besser mit Bochum auskennen als ich.
Ach, ich finde die Worte jetzt nicht zu harsch. Da wird doch wieder ein Haufen Geld für ein mikroskopisch kleine Zielgruppe ausgegeben.
Die Bochumer wünschen sich die Spielstätte für Ihre Bosys seit gefühlten 60 Jahren. Und dennoch fragt man sich, warum jetzt (noch).
Denn diejenigen, die da so sehnlich seit seit 60 Jahren hoffen und klagen, sind inzwischen 60 Jahre älter geworden. Der Nutzwert des geplanten Konzerthauses für die immer weniger zahlreichen Jungen, dürfte recht beschränkt sein.
Gleichzeitig hat sich die Situation der Bosys mit der Spielstätte Jahrhunderthalle deutlich verbessert. Eine kleinere Lösung, gemeinsam mit einem Neubau von Thürmer, vor allem zur Verbesserung der Probensituation hätte vielleicht auch gereicht.
Aber dafür hätte Faber keine 5 Mille gespendet.
Dürfte ich allein entscheiden, ich hätte anders entschieden. Schaut man auf die Gesamtsituation, kann ich damit leben.
Im übrigen: Ich glaube erst an den Bau, wenn mit dem Hochbau begonnen ist. Es gibt so viel Unwägbarkeiten in dem Konzept. Die größte: Ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept für die Marienkirche.
Wenn es wirklich 15 Millionen sind, die de Stadt noch locker macht, sollte man das Projekt in der jetzigen Situation sofort einstellen.
Die Jahunderthalle ist als Dach über dem Kopf ist doch jetzt auch nicht so wirklich schlimm.
Steven Sloane findet heute in der WAZ ein paar treffende Erklärungen, wozu er das Haus braucht. Auf jeden Fall nicht als Wettbewerb zu Dortmund und Essen.
Das deutlich größere Haus in Dortmund hat übrigens 48,3 Mio. gekostet.
[…] rund zwei Jahren fragte ich noch nach der Notwendigkeit für das Bochumer Konzerthaus, welches die Bochumer Symphoniker beziehen […]