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Jens Matheuszik — 3. Februar 2007, 12:43 Uhr

Unterschriftensammlung gegen das neue Sparkassengesetz in Nordrhein-Westfalen


Gerade hörte ich es noch im Radio, daß in Bochum auf der Kortumstraße die Sparkassen-Angestellten Unterschriften gegen das neue Sparkassen-Gesetz in Nordrhein-Westfalen sammeln, da sah ich dann auch schon vor einer Sparkassen-Filiale einen SPD-Stand, wo man gegen dieses Gesetz auch unterschreiben konnte, was ich auch gemacht habe, auch wenn ich selbst mit der Sparkasse nicht unbedingt die besten Erfahrungen gemacht habe… aber das ist ein anderes Thema, wo ich auch noch etwas nachträglich zu schreiben werde.

Worum geht es eigentlich bei den Protesten?
Die CDU-/FDP-Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers plant einige einschneidende Änderungen im Sparkassen-Gesetz:

So sollen die Sparkassen künftig gewinnorientiert(er) arbeiten und es soll die Möglichkeit der Privatisierung von Sparkassen geben. Grundsätzlich muß das beides ja nicht schlecht sein – aber wenn man sich die Konsequenzen vor Augen führt, dann kann man diese Änderungen eigentlich nur ablehnen.

So fördert z.B. (laut dem Radio-Bericht, den ich gerade gehört habe) alleine die Sparkasse in Bochum wohltätige Organisationen vor Ort mit rund 2 Millionen Euro pro Jahr. Das würde bei einer Privatisierung sicherlich nicht komplett wegfallen, aber doch zum großen Teil. Ehrlich gesagt ist es mir lieber, wenn Kindergärten, Sportvereine usw. von der Sparkasse unterstützt werden als irgendwelche Kapitalinvestoren.

Zwecks Gewinnmaximierung würden natürlich auch zahlreiche Filialen wegfallen bzw. wenn man „Glück“ hat, durch „Automaten“filialen ersetzt werden, was natürlich nicht unbedingt als kundenfreundlich zu bewerten ist. Das ganze wäre dann natürlich auch mit einem Stellenabbau verbunden – und in Zukunft würde man nicht nur Meldungen der Deutschen Bank lesen, wonach hohe Gewinne erzielt worden sind und gleichzeitig x-tausend Stellen abgebaut werden sollen… solche Meldungen könnten dann auch von der örtlichen Sparkasse (im kleineren Rahmen natürlich) kommen.

Bisher haben die Sparkassen vor Ort eine wichtige Funktion für die lokale Wirtschaft, da lokale Gewerbetreibende und Händler vor allem von Sparkassen Kredite erhalten. Andere Banken halten sich da vornehm zurück bzw. nehmen so horrende Zinsen und Gebühren, daß es sich für den Mittelstand vor Ort nicht lohnt – wenn sie denn überhaupt einen Kredit erhalten.

Auch haben die Sparkassen eine Art „Aufnahmepflicht“, d.h. sie müssen jeden Kunden akzeptieren – auch die sozial Schwächeren die z.B. die kostenlosen Girokonto-Angebote von Privatbanken nicht nutzen können, weil sie keine x-tausend Euro Geldeingang im Monat haben.
In England hat die Privatisierung der Sparkassen dazu geführt, daß rund 5 Millionen Menschen ohne ein Girokonto leben müssen. Heutzutage ist jedoch ein Girokonto quasi zwingend notwendig um überhaupt nur eine Chance auf ein Erwerbsleben zu haben. Selbst die Renten, die in alter Tradition früher immer über die Post ausgezahlt wurden, werden inzwischen u.a. vom Postrentenservice primär auf Bankkonten überwiesen.

All das droht jetzt durch das neue Sparkassengesetz wegzufallen, so daß ich gerne dagegen unterschrieben habe.

Mehr Details gibt es u.a. auf dieser SPD-Seite, wo man auch online dagegen „unterschreiben“ kann.


16 Kommentare »

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  1. (1) Kommentar von Peter @ 3. Februar 2007, 17:35 Uhr

    In allem Zustimmung, bis auf folgendes:

    „Bisher haben die Sparkassen vor Ort eine wichtige Funktion für die lokale Wirtschaft, da lokale Gewerbetreibende und Händler vor allem von Sparkassen Kredite erhalten. Andere Banken halten sich da vornehm zurück bzw. nehmen so horrende Zinsen und Gebühren, daß es sich für den Mittelstand vor Ort nicht lohnt – wenn sie denn überhaupt einen Kredit erhalten.“
    –> wie kommst du denn darauf? Das Hauptgeschäft machen Deutsche Bank und Co immernoch mit dem Kreditgeschäft, da stehen sie der Sparkasse auch im lokalen Bereich in Nichts nach. Was meinst du denn, warum Deutsche Bank und Co überhaupt in jeder Stadt eigene umfangreiche Filialen haben?!


  2. (2) Kommentar von Jens @ 3. Februar 2007, 18:05 Uhr

    @Peter:
    Die meisten kleinen Gewerbetreibenden bekommen nur von den örtlichen Instituten (Sparkassen, Volks- bzw. Genossenschaftsbanken) Kredite, während gerade „die großen“ aufgrund von Basel II u.ä. Dingen kaum noch für den kleinen Mittelstand mit vernünftigen Konditionen zur Verfügung stehen.


  3. (3) Kommentar von 50hz @ 3. Februar 2007, 20:51 Uhr

    Ich denke Jens, da liegst Du falsch: Dass Sparkassen netter zu KMUs sind, ist ein Märchen, das immer wieder gerne erzählt wird.
    Und auch den karitativen Aspekt sollte man nun mal nicht zu hoch hängen. Da tun sich Großbanken in ähnlicher Weise hervor.
    Und letztlich: Woher kommt eigentlich das Geld der Sparkassen, das sie freundlich unter die Leute streuen? Sie nutzen den Wettbewerbsvorteil, einen Teil ihrer Risiken auf die Allgemeinheit abzuwälzen. (Und besitzen ganz nebenbei die Hinterfotzigkeit, bei Privatkunden, die immer noch an die Seriösität des großen S glauben, Kreditzinsen und Gebühren aufzurufen, die bar jeder Beschreibung sind.)
    Das Geld kommt also von uns allen, den Bürgern. Da zahle ich lieber höhere Steuern, Eintrittspreise und Kindergartengebühren, statt Sparkassendirektoren den Dienstwagen mitzufinanzieren.
    Mich haben die Mädels in der Kortumstraße gar nicht erst gefragt, aber ich hätte sicher nach dem Papier gefragt, auf dem ich FÜR die Abschaffung aller Privilegien der Sparkassen unterschreiben könnte.


  4. (4) Kommentar von Peter @ 4. Februar 2007, 00:47 Uhr

    Ich kenne mehrere Unternehmer, die eben NICHT zur Sparkasse gingen, sondern bei den anderen Banken bessere Konditionen einfahren konnten.

    Dennoch begrüße ich die karritativen Aspekte der regionalen Sparkassen … ich glaube nicht, dass damit geholfen ist eine weitere Mär zu streuen, nämlich die der dicken Autos der Sparkassen-Chefs.


  5. (5) Kommentar von Andree @ 4. Februar 2007, 11:36 Uhr

    Sparkassen sind keineswegs ein Hort der Menschenfreunde. Im Gegenteil, in der Regel sind das politisch durchzogene, teilweise recht planwirtschaftlich arbeitende Insitiute, die ihren Standortvorteil überall vor Ort zu sein massiv ausnutzen. Meistens zu lasten der Kunden. Der völlig überdimensionierte Verwaltungskopf führt zu albernen Gebühren, horrenden Zinsen und schlechter Beartung, da man versucht die eigenen – meist unterdurchschnittlichen Produkte – an den Kunden zu bringen.
    Auf der Strecke bleiben da insbesondere ältere Menschen, die nicht wechselfreudig sind und Privatkunden ohne Ahnung. Zugegebenerweise kann man als wissender Kunde die Sparkassen zu anderen Tarifen zwingen, da die ja auch nicht blöd sind und um ihre grausem Konditionen wissen. Wer das aber nicht hinterfragt, wird abgezockt.

    Hinzu kommt als großes Übel, das mit der Trägerschaft durch Kommunen der politische Einfluss und damit die politische Vergabe von Krediten Gang und Gebe ist.

    Ganz nebenbei, musste man die Sparkasse vor einigen Jahren gerichtlich dazu zwingen Konton für wohnungslose Menschen zu eröffnen, obwohl die Sparkassen eigentlich einen Vertragszwang mit jedem der fragt haben, um eben eine flächendeckende Versorgung mit Zahlungsverkehr sicherzustellen.

    Als jemand, der aus dem öffentlich-rechtlichen Sparkassen-Sektor kommt, kann ich nur sagen, dass ich davon nur wenig halte und jede Lockerung dieses Systems begrüße.


  6. (6) Kommentar von Peter @ 4. Februar 2007, 14:00 Uhr

    Naja, aber das die Sparkasse eben gezwungen ist, allen Menschen ein Konto anzubieten, ist doch eine gute Sache …


  7. (7) Kommentar von Jens @ 4. Februar 2007, 16:52 Uhr

    @50hz:
    Abwälzung der Risiken auf die Allgemenheit
    Nun ja, seien wir mal ehrlich – dieses Haftungsprivileg kommt doch nicht wirklich zum Tragen. Oder ist irgendeine Sparkasse bekannt, die pleite ging und gemäß der Haftungsbedingungen von ihrer Stadt bzw. ihrem Kreis aufgepäppelt werden mußte?
    Ich würde das eher umgekehrt vermuten… ;)
    Sprich: Ich glaube nicht, daß meine Steuer-Euros in die örtlichen Sparkassen gehen.

    @Peter:
    Teilweise Zustimmung – es kommt natürlich immer auf den individuellen Einzelfall an. Wenn man sich aber anschaut, wie eine zeitlang z.B. die Deutsche Bank ihre „kleinen Kunden“ behandelte (Ausgliederung in die Deutsche Bank 24), dann kann man sich schon vorstellen, daß die bei einem örtlichen Geldinstitut besser wegkommen.
    Bzgl. der Mär der Sparkassendirektoren: Es ist leider keine Mär, sondern eigentlich usus, daß ein S-Chef mehr Geld verdient als z.B. eine gewisse Frau Merkel. Das finde ich irgendwie nicht vernünftig.

    @Andree:
    Da spricht ein Insider… wenn auch eher ein „mütterlicher“, nicht wahr? (kleiner Insider)

    Von diesem Urteil bzgl. der Sparkassen und dem Kontenzwang weiß ich jetzt nichts, ich weiß nur, daß sie eigentlich generell die Verpflichtung haben und das meines Wissens inzwischen auch machen. Da stand meine ich vor einiger Zeit mal in der Capital ein entsprechender Bericht zu drin, wonach gerade halt die Sparkassen oft für sozial Schwächere die letzte Möglichkeit darstellen.
    Und das finde ich gut und sollte nicht durch rüttgers’sche Eskapaden geändert werden.


  8. (8) Kommentar von 50hz @ 4. Februar 2007, 20:15 Uhr

    Die Kosten einer Bank resultieren nicht zuletzt aus ihrem Rating. Die Sparkassen genießen hier den Vorteil, einen „Lender of last Resort“ zu haben, der im Zweifel immer zahlt. Dass es dazu dann gottlob selten kommt, steht auf einem anderen Blatt. Aber! Schau Dir mal den Fall der Berliner Bank an.


  9. (9) Kommentar von Jens @ 4. Februar 2007, 20:20 Uhr

    @50hz:
    Aber auch die großen Privatbanken können damit konkurrieren, oder?

    Das mit der Berliner Bank ist natürlich ein ganz besonderer Fall, wobei das dort vor allem an der unerfreulichen Verquickung mit der Politik lag, die Andree schon angesprochen hatte.

    Aber um wieder auf einen anderen Punkt zu kommen: Fändest Du es gut, wenn sozial Schwächere bei anderen Banken kein Konto bekommen können?


  10. (10) Kommentar von 50hz @ 4. Februar 2007, 20:46 Uhr

    Meines Wissens sind ALLE Banken verpflichtet, jedem ein Konto einzurichten. Und wenn dem (noch) nicht so ist: Gesetz her! Geht bei den PKV doch auch. Es gibt fast immer eine verhältnismäßige Lösung. Dafür extra Sparkassen zu unterhalten ist doch etwas übertrieben, oder?


  11. (11) Kommentar von 50hz @ 4. Februar 2007, 20:48 Uhr

    Nachtrag: Aufgrund einer nur unvollständigen Kurzrecherche handelt es sich bislang wohl nur um eine Selbstverpflichtung.


  12. (12) Kommentar von Jens @ 4. Februar 2007, 22:24 Uhr

    … und an diese haben sich (ja, das untergräbt meine eigene Argumentation) auch die Sparkassen nicht gehalten, obwohl für sie sogar gesetzliche Vorgaben galten (siehe Andrees Beitrag).


  13. (13) Kommentar von Peter @ 4. Februar 2007, 23:46 Uhr

    Also Jens, nun doch privatisieren?

    wie sehen denn die Mehrheitsverhältnisse bei euch im Landtag aus? ist dagegen was zu machen?


  14. (14) Kommentar von Jens @ 5. Februar 2007, 23:10 Uhr

    @Peter:
    Nö, habe jetzt nämlich noch mehr dazu gelesen… so sollen demnächst Ãœberschüsse der Sparkassen an die Städte/Kreise fallen.
    An sich gut. Nur: Pro Euro den man extra als Stadt/Landkreis bekommt, bekommt man den entsprechenden Euro weniger als sogenannte Schlüsselzuweisung vom Land.

    Also geht es hier mal wieder nur um die Sanierung des Landes auf Kosten der Städte und Gemeinden und Sparkassen.

    Von den Mehrheitsverhältnissen her ist es klar, daß da jetzt eine Änderung kommt – es ist aber noch lange nicht gesagt, daß das 1:1 so kommt, wie Rüttgers & Co. es wollen.


  15. (15) Pingback von Die Zeit - Blogruf » Des Bürgerjournalismus’ Zukunft @ 14. November 2007, 21:27 Uhr

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