„OnRuhr versteht sich als Stimme der Ruhrstadt.“ – Interview mit OnRuhr-Chef Uwe Knüpfer zur neuen Internet-Zeitung des Ruhrgebietes
„OnRuhr versteht sich als Stimme der Ruhrstadt.“
Uwe Knüpfer
Der Journalismus im Ruhrgebiet steht vor einer interessanten Entwicklung: Mehr und mehr Tageszeitungen stellen ihre Berichterstattung vor Ort ein, in immer mehr Städten gibt es ein Verlagsmonopol – und mitten drin entdecken die Verleger und Redakteure das Internet.
Die WAZ-Mediengruppe, mit ihrem Flaggschiff Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), war in der Vergangenheit nicht gerade für offene Kommunikation bekannt und so verwunderte es Freund und Feind sehr, daß – nachdem die Schließung von sieben Lokalredaktionen im Vest-Kreis Recklinghausen bekanntgegeben wurde – die WAZ groß ins Internet-Geschäft investieren will und Monate vorher schon offen darüber diskutierte.
Doch neben der WAZ-Offensive im Internet plant ein weiterer Verlag sich hier zu engagieren:
Wie DER SPIEGEL Mitte 2006 verkündete, soll mit der Internet-Zeitung OnRuhr eine völlig neue regionale Zeitung für das Ruhrgebiet nur im Internet entstehen. Neben einem allgemeinen Mantelteil sollen viele Lokalausgaben erscheinen, die von Bergkamen über Oer-Erkenschwick bis nach Witten das ganze Ruhrgebiet abdecken sollen. Der Ruhrpott geht also doppelt online.
Pikant wird das Projekt vor allem durch eine Personalie:
Verantwortlich für OnRuhr als Geschäftsführer und Chefredakteur ist Uwe Knüpfer (siehe Bild), der ehemalige Chefredakteur der WAZ. In 2005 lief sein Vertrag als Chefredakteur der WAZ aus und er wurde durch Ulrich Reitz, dem damaligen Chefredakteur der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen Post, abgelöst. Nach Medienberichten sollte Knüpfer neue Aufgaben im Verlag erhalten – doch jetzt wird er mit „OnRuhr“ direkter Konkurrent zu seinem ehemaligen Arbeitgeber, dessen Internet-Aktivitäten stark ausgebaut werden sollen. Seit August 2006 arbeitet die bekannte Bloggerin Katharina Borcher (Lyssa’s Lounge) als Online-Chefredakteurin der WAZ, versucht dem angestaubten Internet-Auftritt der WAZ schon jetzt neues Leben einzuhauchen und wird im Frühjahr 2007 das runderneuerte Internet-Portal der WAZ-Mediengruppe namens WestEins starten.
Das Pottblog freut sich, daß Uwe Knüpfer für ein Interview rund um OnRuhr zur Verfügung stand um alle möglichen (und unmöglichen) Fragen rund um OnRuhr zu beantworten.
Das Interview ist in zwei Teile aufgeteilt:
- „OnRuhr versteht sich als Stimme der Ruhrstadt.“ – Interview mit OnRuhr-Chef Uwe Knüpfer zur neuen Internet-Zeitung des Ruhrgebietes
- „…auf jedem Ruhr-Bildschirm die Startseite…“
Pottblog: Herr Knüpfer, bevor wir das eigentliche Interview starten, möchte ich Sie bitten, sich vielleicht kurz und knapp persönlich bzw. vom beruflichen Werdegang her vorzustellen, damit die Leser des Pottblogs ein Bild machen können.
Uwe Knüpfer: Ich stamme aus dem Herzen des Ruhrgebiets, nämlich Herne, bin dort aufgewachsen, habe nebenan in Bochum studiert, nebenbei auch mal mit anderen zusammen eine Kulturkneipe betrieben, eine Stadtteilzeitung gemacht, dann für die WAZ Herne geschrieben, später für die WAZ Herten, habe bei der WAZ volontiert und währenddessen auch den Sender Freies Berlin und Die Zeit kennengelernt, war dann bei WAZ erst für die Hochschulberichterstattung verantwortlich, später Reporter, bin mal für knapp vier Jahre als Pressesprecher fremdgegangen, habe dann wieder für die WAZ berichtet, diesmal aus Bonn, und von 1992-2000 für eine Reihe von Zeitungen aus den USA. Von 2000 bis 2005 war ich Chefredakteur der WAZ. Ich bin verheiratet, habe zwei Söhne und seit kurzem eine Enkelin.
Pottblog: Bis 2005 waren Sie Chefredakteur der WAZ; ihre Nachfolge trat Ulrich Reitz an. Was haben Sie nach dem Wechsel in der Position des Chefredakteurs gemacht? Laut Medien-Berichten sollten Sie eine andere Aufgabe im Verlag übernehmen.
Uwe Knüpfer: Ich habe mich in freundlichem Einvernehmen von der WAZ getrennt und nach einer kurzen kreativen Pause das Konzept der Lokalen Online Zeitung entwickelt – die nun in einigen Tagen als OnRuhr das Licht der Cyberwelt erblicken wird.
Pottblog: Was hat man sich genau unter OnRuhr vorzustellen? Handelt es sich hierbei um den x. Versuch eines Online-Portals oder ist das was ganz neues?
Uwe Knüpfer: OnRuhr ist eine Zeitung aus dem Netz. OnRuhr sieht aus wie eine Zeitung, ist geordnet wie eine Zeitung, folgt den journalistischen Regeln einer seriösen Qualitätszeitung und erscheint im Rhythmus einer Tageszeitung, allerdings schon um 0 Uhr. Wenn es journalistisch geboten ist, werden Seiten im Laufe des Tages aktualisiert, aber auch nur dann. Alle Seiten werden archiviert und können jederzeit gedruckt werden. Daneben enthält die OnRuhr-Website online-spezifische Ergänzungen (im html-Format).

Pottblog: Das heißt es gibt grundsätzlich erstmal nur „eine“ Ausgabe für ein bestimmtes Datum und keine stündlichen Aktualisierungen, außer wenn jetzt z.B. gerade in New York ein Baseball-Star sein Flugzeug in ein Haus steuert?
Uwe Knüpfer: Richtig. Wir aktualisieren die Titelseite des Lokalteils Bottrop nur, wenn z.B. morgens das Bottroper Rathaus brennt. Und nicht, wenn der Bürgermeister sein Auto umgeparkt hat.
Pottblog: Aber zeigen nicht Seiten wie SPIEGEL Online, das gerade die stetige Aktualisierung Besucher anzieht? Inzwischen gibt es ja selbst bei den Internet-Auftritten von Zeitungen wie z.B. der taz die Überlegung die fertigen Artikel nicht erst alle in einem Rutsch im Internet zu veröffentlichen, sondern dann, wenn sie geschrieben worden sind.
Uwe Knüpfer: Für alles Neue gibt es zunächst Interesse, auf Dauer setzt sich Qualität durch. Im Falle von Journalismus heißt das: Seriosität, Verlässlichkeit, Verständlichkeit. Ich will ja auch kein halbfertiges Auto kaufen. Für SPIEGEL Online lohnt sich die rasche Aktualisierung, weil national und weltweit nahezu ständig etwas geschieht, das Aktualisierung rechtfertigt. Für ein Medium mit lokalem und regionalem Schwerpunkt gilt das nicht.
Pottblog: Was unterscheidet denn dann OnRuhr von den Internet-Auftritten der etablierten Verlage? Dort wird ja auch nach Redaktionsschluß der normalen Printausgabe der Inhalt ins Netz gestellt und ist dann bis zum nächsten Redaktionsschluß zumeist unverändert abrufbar? Konkreter die Frage: Was ist der Mehrwert der OnRuhr?
Uwe Knüpfer: OnRuhr erscheint an sieben Tagen die Woche, ist um null Uhr verfügbar. wird aktualisiert, wenn angebracht (siehe oben), ist jederzeit kommentierbar, enthält nicht nur Zeitungsseiten, sondern auch Audio-Files und Videostreams und grundsätzlich soviel Stoff, wie berichtenswert ist und berichtet werden kann (keine Platzbeschränkung).
Pottblog: Ich stelle es mir schwierig vor eine PDF-Datei zu kommentieren. Oder werden die einzelnen Beiträge, die man in der PDF-Datei findet auch „normal“ im Internet präsentiert um sie dort kommentieren zu können?
Uwe Knüpfer: Das wird nicht schwierig sein. Es werden sich aus der PDF-Seite heraus ergänzende Weblogs öffnen lassen.
Pottblog: Als Blogger interessiert mich das natürlich sehr mit den ergänzenden Weblogs: Was genau hat man sich darunter vorzustellen? Wird es thematische Blogs z.B. zu bestimmten Städten oder zu bestimmten Themen geben, bei denen mehrere Leute mitwirken oder aber wird es autorenbezogene Blogs geben, so nach dem Motto „Der Ruhrbischof/Atze Schröder/Herbert Knebel oder auch Uwe Knüpfer bloggt bei OnRuhr„?
Uwe Knüpfer: Wir werden schlichtweg zu jedem Meinungsbeitrag die Diskussion mit und unter Lesern eröffnen. So wird aus einer Theaterrezension ein Gespräch unter (hoffentlich) kundigen Lesern über das Stück. Was den Nutzwert der Rezension für weitere Leser erhöht. Daneben werden wir in Foren Themen zur Diskussion stellen, die nicht an den Tag gebunden sind, wie das Nahverkehrsfiasko im Ruhrgebiet. Hier können sich Autoren, Redakteure und Leser beteiligen. Was wir nicht wollen, sind Bauchnabelbetrachtungen. Die können auch Unterhaltungswert haben, sind aber schon ausreichend anderswo zu finden.
Pottblog: Also eher das klassische Forum oder die klassische Kommentarfunktion und nicht gerade ein Blog mit Trackbacks, Pings, RSS-Feeds zum Abonnieren, Blogroll & Co.?
Uwe Knüpfer: Richtig.
Pottblog: Kommen wir nun erstmal von der Technik zu einem wichtigeren Punkt: dem Inhalt. Was erwartet den OnRuhr-Leser? Den klassischen Hauptteil einer Tageszeitung mit Politik, Wirtschaft usw., ein Feuilleton und die Lokalberichterstattung?
Uwe Knüpfer: Ja, OnRuhr ist eine Zeitung, kein Blog. OnRuhr hat Ressorts und Lokalteile wie eine „normale“ Zeitung. Sie wird Nachrichten und Berichte aus Berlin, Brüssel oder, zum Beispiel, Litauen enthalten. Der klare Schwerpunkt der Berichterstattung liegt aber auf dem Ruhrgebiet. OnRuhr will den Anspruch erheben, etwa das Kulturleben des Ruhrgebiets eines Tages komplett abzubilden, auf Seiten, die im Din-A-4-Format druckbar sind, aber in tendenziell unbegrenzter Seitenzahl. Der Umfang der Zeitung wird allmählich wachsen, im Verhältnis zur Autorenzahl. OnRuhr versteht sich als Stimme der Ruhrstadt. Neben der aktuellen Berichterstattung wird es Infoteile und Veranstaltungskalender geben.
Pottblog: Wird es auch einen Sportteil geben? Gerade im Ruhrgebiet ist ja z.B. der Fußball tief verwurzelt und es gibt nicht wenige Leute, die das Lesen der Zeitung mit den großen Buchstaben mit den täglichen Sportnachrichten zum bevorzugten Verein begründen.
Uwe Knüpfer: Natürlich wird es einen Sportteil geben. Dafür gilt analog, was ich zum Thema Kultur gesagt habe. Wir wollen über die großen Vereine und natürlich Fußball berichten, aber auch Trend- und Nischensportarten beachten – und auch den Behindertensport. Auch der Sportteil wird mit der Zeit wachsen.
Weiter geht es im zweiten Teil des Interviews.
OnRuhr: Uwe Knüpfer im Interview…
Das Online-Erwachen im Ruhrgebiet beginnt in Kürze:
Am 17. November 2006 startet das ambitionierte Projekt OnRuhr, eine Internet-Zeitung für das Ruhrgebiet. Der ehemalige Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), der gr…
Manuellertrackback:
http://wazsolls.blognic.net/post/2006/11/13/waz_redaktion_knupfer_onruhr
„Ach Uwe, bist Du jetzt schon bei den digitalen Drücker-Kolonnen für „Onruhr“?
Eine Anmerkung zum PDF-Format. Auch wenn es hier nicht explizit gesagt wird, dürfte der Gedanke sein, dass sich zeitungsartiges Layout im PDF-Format leichter transportieren lässt, als im HTML-Format (worüber man schon diskutieren könnte, siehe NY Times-Layout).
Ich halte es für die falsche Denke, denn ich gehe fest davon aus, das vor dem Ausdruck, das Lesen auf der Website stehen wird. In der Regel werden also mehr Leute den Content im Web lesen als ihn ausdrucken.
Wieso dann ein Format wählen, dass sich an die zweite, kleinere Gruppe richtet?
Wieso ausgerechnet ein PDF im A4-Hochkantformat und nicht im bildschirmgerechteren Querformat? Oder unterschiedliche Formate für unterschiedliche Medien (wie es verschiedene PDF-erzeugende Layoutprogramme ja erlauben)
Das ist für mich der Punkt, an dem bereits Zweifel aufkommen, wie internetkompatibel das gesamte OnRuhr-Projekt werden wird. Die Kommunikation via Internet sieht eher als Anhängsel aus, als Notnagel, weil es die scheinbar günstigste Form des Zeitungsvertriebes ist.
Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
@WAZsolls:
Wenn Du eine vernünftige Blog-Software verwenden würdest, müßte niemand manuelle Trackbacks verwenden. ;)
@dogfood:
Ich bin auch gespannt, wie das demnächst aussehen wird – momentan gibt es ja nur die täglichen Entwürfe, die noch nicht miteinander verlinkt sind. Ab Freitag wissen wir mehr.
@Jens: Du hast recht!
Coole Sache. Glückwunsch zum Interview. Bin schon auf den 2. Teil gespannt.
@dogfood: Ich finde auch, PDF ist das falsche Online-Format für Webseiten. Wenn es denn wirklich schwerpunktmäßig verwendet werden sollte, wäre der Misserfolg schon einkalkuliert. Für das Medium „Online“ ist nunmal HTML die bessere Wahl als PDF … aber schaun‘ wir mal, wie es wirklich aussehen wird.
> dogfood
Kann dem Ganzen jetzt aus der Praxis nur zustimmen,
erst will ich mal am Bildschirm lesen und das fällt hier schwer. Wenn ich „Vergrößern“ wählte, kann ich noch nicht mal schieben. Der PDF Ausdruck überzeugt auch nicht gerade durch besonders gute Lesbarkeit, und dem ganzen fehlt einfach die Modernität.
OnRuhr sucht Investoren…
OnRuhr, die lokale Online-Zeitung des Ruhrgebietes, sucht Investoren und wird dünner.
Bei OnRuhr handelt es sich um ein ambitioniertes Projekt einer täglich (auch am Sonntag!) erscheinenden Lokalzeitung für das Ruhrgebiet, die vom ehemal…
[…] Nach seinem Ausscheiden bei der WAZ-Mediengruppe versuchte er die Online-/PDF-Zeitungskombi onruhr im Ruhrgebiet zu etablieren (siehe dazu auch das Pottblog-Interview mit Uwe Knüpfer: onruhr versteht sich als Stimme der Ruhrstadt – Interview mit onruhr-Chef Uwe Knüpfer zur…). […]