Ist Anstand in der Politik nichts mehr wert?
Diese Frage stellt sich mir, wenn ich mir die Aussagen des abgebildeten Friedrich Claudius Schlumberger, seines Zeichens Generalsekretär der CDU in Rheinland-Pfalz (von dort stammt auch das Bild) anschaue.
Im sogenannten Medienportal der CDU Rheinland-Pfalz hat er einen Beitrag zum Rücktritt von Matthias Platzeck als SPD-Vorsitzenden veröffentlicht (ein von mir geschriebenes Statement der WebSozis dazu findet sich im dortigen Blog).
Normalerweise würde ich nicht ein sogenanntes „fullquote“ machen und den ganzen Text zitieren – aber wer weiß, vielleicht gibt es ja bei der Christlich Demokratischen Union der noch was von Moral versteht und daher den nachfolgenden Text abändert:
Beck hat sein eigentliches Ziel erreicht
„Schneller als erwartet hat Kurt Beck sein eigentliches Ziel – den Sprung nach Berlin – erreicht.“ So lautet der Kommentar des Generalsekretärs der CDU Rheinland-Pfalz Claudius Schlumberger zum Vorrücken des rheinland-pfälzischen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck an die Spitze der Bundespartei. Der nicht überraschende Rücktritt des SPD-Bundesvorsitzenden Matthias Platzeck werfe viele Fragen auf. Insbesondere sei zu fragen, welchen Beitrag Kurt Beck als Profiteur des Abtritts dazu geleistet habe, dass Platzeck nie wirklich an der Parteispitze Tritt fassen konnte.
Im politischen Berlin, so Schlumberger, sei seit langem bekannt, dass Platzeck parteiintern mit massiven Widerständen zu kämpfen hatte. „Es ist tragisch, dass Platzeck nach nur 5 Monaten an der Parteispitze dieses Amt aus gesundheitlichen Gründen abgeben muss. Es spricht allerdings vieles dafür, dass er auch unabhängig davon schon länger an Rücktritt gedacht hat.“
Trotz seiner Enttäuschung über das Verhalten führender Parteigenossen habe sich Platzeck offensichtlich bis zuletzt in die Parteidisziplin einbinden lassen, so Schlumberger. Obwohl er mit massiven gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, habe er mit seinem Rücktritt die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz abgewartet, um die Wahlchance der SPD, die ganz auf Beck gesetzt hat, nicht zu gefährden: „Mit seiner Ankündigung, für das Amt des Parteivorsitzenden zu kandidieren, hat Beck nun die Katze aus dem Sack gelassen und sein eigentliches Ziel erreicht. Er hat den Wechsel nach Berlin seit langem geplant und die Wählerinnen und Wähler in Rheinland-Pfalz getäuscht.“
Um das mal mit einem Kraftausdruck zu kommentieren: Das ist ja wohl absoluter Mist!
Glaubt der Claudius Schlumberger wirklich diesen Unsinn den er da schreibt? Oder versucht er damit vom Wahldesaster der CDU in Rheinland-Pfalz und auch von den Spekulationen um seinen Posten abzulenken?
Ich finde es sehr daneben, wenn so über den (meiner Meinung nach sehr) bedauernswerten Rücktritt von Matthias Platzeck aus gesundheitlichen Gründen und den Nachfolger Kurt Beck berichtet wird. Als ob der Kurt Beck das so gewollt oder gar geplant hätte!
Auch die Aussage, daß Beck damit die Wähler in Rheinland-Pfalz getäuscht habe ist Nonsens – schließlich heißt es in dieser Erklärung von Kurt Beck eindeutig:
Ich bin und ich will Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz bleiben.
[…] Das ganze “Meisterwerk” ist z.B. im Pottblog zu finden. Ich finde es unmöglich, wie der politische Gegner mit dem Rücktritt von Matthias Platzeck umgeht! Es ist tragisch, dass Matthias nur fünf Monate im Amt sein konnte und aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste. Abgesehen davon hat Beck bereits gesagt, dass er auf jeden Fall Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz blieben werde. « Bürgerversammlung: Fußball WM 2006 – was erwartet Westend? […]
Danke Matthias
Heute Morgen hatte ich mir fest vorgenommen etwas zu Matthias Platzecks Essay beim Spiegel zu schreiben. Es ist auch wirklich lesenswert und bringt viele gute Ansätze für die Programmdebatte der SPD mit. Deshalb verlinke ich es auch. (Link g…